Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 10.10.2023, Az.: 10 A 683/22

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
10.10.2023
Aktenzeichen
10 A 683/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 42177
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2023:1010.10A683.22.00

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen die Heranziehung zu einer monatlichen Benutzungsgebühr in Höhe von 411 EUR für die Unterbringung in der städtischen Unterkunft im Taubenfelde 14 in A-Stadt.

Der Kläger ist beninischer Staatsangehöriger. Er hält sich seit August 2015 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Die Beklagte hat den Kläger in den nachfolgenden Zeiträumen durch Bescheid folgenden Unterkünften zugewiesen:

13. August 2015 - 23. September 2015Messegelände 21
23. September 2015 - 19. Januar 2016Badenstedter Straße 128
19. Januar 2016 - 21. Januar 2016Rumannstraße 17/19
21. Januar 2016 - 8. Februar 2016Aufenthalt unbekannt
8. Februar 2016 - 31. März 2016Badenstedter Straße 128
31. März 2016 - 28. Juni 2016Büthnerstraße 19
28. Juni 2016 - 28. April 2017Aufenthalt unbekannt
28. April 2017 - 14. April 2019Dorotheenstraße 8
15. April 2019 - bis zum 28. Februar 2022Im Taubenfelde 14.

In der Zeit vom 1. September 2017 bis zum 28. Februar 2021 absolvierte der Kläger eine Ausbildung bei der F. GmbH in G.. Dort verdiente er im ersten Ausbildungsjahr monatlich 584 EUR, im zweiten Ausbildungsjahr monatlich 648 EUR, im dritten Ausbildungsjahr monatlich 672 EUR und im vierten Ausbildungsjahr monatlich 728 EUR. Am 19. März 2020 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger eine Berufsausbildungshilfe in Höhe von monatlich 669 EUR vom 1. Februar 2020 bis zum 31. Juli 2020 und in Höhe von monatlich 676 EUR im Zeitraum vom 1. August 2020 bis zum 28. Februar 2021.

Am 26. März 2020 beschloss der Rat der Beklagten eine neue Satzung über die Unterbringung Obdachloser und Geflüchteter im Stadtgebiet, die zum 1. August 2020 in Kraft trat und die u.a. Folgendes zur Gebührenerhebung enthält:

§ 13

Gebührenmaßstab und Gebührenhöhe

(1) Für jede zugewiesene Person ist eine Benutzungsgebühr zu zahlen. Die Kosten der Möblierung und die Betriebskosten sind in der Benutzungsgebühr enthalten.

(2) In Wohnungen sind die Energiekosten von den Bewohner*innen direkt und zusätzlich zu zahlen.

(3) Einzelpersonen gelten als einzeln untergebracht unabhängig davon, ob die zur Verfügung gestellte Wohneinheit oder das Zimmer mit einer anderen Person geteilt werden muss. Als Haushaltsgemeinschaft gelten Ehepaare und andere Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben und gemeinsam untergebracht werden. Minderjährige Kinder, die gemeinsam mit den sorgeberechtigten Personen untergebracht werden, werden der Haushaltsgemeinschaft zugerechnet.

(4) Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem als Anlage 1 beigefügtem Gebührenverzeichnis, welches Bestandteil dieser Satzung ist.

§ 14

Reduzierung der Benutzungsgebühr

(1) Auf Antrag wird die Benutzungsgebühr für 6 Monate gemäß Anlage 2 reduziert, sofern das Haushaltsnettoeinkommen oberhalb des Mindestnettoeinkommens und unterhalb des Maximalnettoeinkommens gemäß Anlage 2 liegt.

(2) Die Benutzungsgebühr für die Unterbringung in dezentralen Wohnungen wird nicht reduziert.

(3) Eine reduzierte Gebühr wird zum ersten Tag des Monats gewährt in dem der Antrag auf Reduzierung der Benutzungsgebühr eingegangen ist. Der Antrag ist beim Bereich Unterbringung der Landeshauptstadt A-Stadt zu stellen. Dem Antrag kann nur entsprochen werden, wenn die Gebührenschuldner*innen das Haushaltsnettoeinkommen nachweisen.

(4) Die Reduzierung der Benutzungsgebühren kann insgesamt für längstens 30 Monate gewährt werden. Zur Bemessung des Gesamtreduzierungszeitraums auf längstens 30 Monate werden auch der Wechsel von Unterkünften oder Zeiträume vorheriger Unterbringungen mit gewährter Reduzierung berücksichtigt.

(5) Zeiträume, in denen ein Leistungsanspruch nach dem AsylbLG möglich ist, werden nicht auf den Gesamtreduzierungszeitraum nach Abs. 4 angerechnet.

(...)

Anlage 1

Gebührenverzeichnis zu § 13 der Satzung über die Unterbringung Obdachloser und Geflüchteter in der Landeshauptstadt A-Stadt

Für die Unterbringung in den in § 2 Abs. 1 genannten Unterkünften (Notunterkünfte, Wohnheime, Wohnprojekte, Wohnungen) werden in Abhängigkeit von der Haushaltsgröße folgende monatliche Gebühren erhoben:

Einzelperson 411 EUR

2 Personen 511 EUR

3 Personen 606 EUR

4 Personen 717 EUR

jede weitere Person + 92 EUR.

Anlage 2

Gebührenverzeichnis zu § 14 der Satzung über die Unterbringung Obdachloser und Geflüchteter in der Landeshauptstadt A-Stadt

Im Falle einer Reduzierung i.S.d. § 14 der Satzung werden - in Abhängigkeit von der Haushaltsgröße, der Unterkunftsart und dem nachgewiesenen Einkommen - folgende monatliche Gebühren erhoben:

(Haushaltsgröße/Mindestnettoeinkommen/Maximalnettoeinkommen/Notunterkunft/ Gemeinschaftsunterkunft/Wohnprojekte)

Einzelperson 718 EUR, 1.300 EUR, 123 EUR, 206 EUR, 288 EUR

2 Personen 1.183 EUR, 2.300 EUR, 153 EUR, 256 EUR, 358 EUR

3 Personen 1.583 EUR, 3.300 EUR, 182 EUR, 303 EUR, 424 EUR

4 Personen 2.049 EUR, 4.300 EUR, 215 EUR, 359 EUR, 502 EUR

+ jede zus. Person + 398 EUR, + 900 EUR, 28 EUR, 46 EUR, 64 EUR.

Am 15. September 2020 erließ die Beklagte auf der Grundlage der neuen Satzung einen Änderungsbescheid gegen den Kläger. Darin änderte sie den Zuweisungsbescheid zur Unterkunft im Taubenfelde 14 vom 15. April 2019 mit Wirkung zum 1. August 2020 dahingehend, dass die Benutzungsgebühren auf monatlich 411 EUR festgesetzt wurden.

Mit Schreiben vom 30. September 2020 und 15. Oktober 2020 wandte sich der Kläger an die Beklagte und begehrte die Reduzierung der Unterbringungskosten; mit dem letzteren Schreiben widersprach der Kläger zudem den erhöhten Nutzungsgebühren. Dem Begehren nach Gebührenreduzierung kam die Beklagte nicht nach und lehnte die Anträge mit Bescheid vom 13. November 2020 ab. Dies begründete sie damit, dass die Gebühr nach der einschlägigen Satzung für die Unterbringung in dezentralen Wohnungen nicht reduziert werde.

Mit Bescheid vom 12. Februar 2021 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Erhebung der Nutzungsgebühren zurück. Dies begründete sie damit, dass die erhöhten Gebühren nach der am 1. August 2020 in Kraft getretenen Unterbringungssatzung zu verlangen seien. Die rückwirkende Festsetzung der erhöhten Gebühren liege innerhalb des Rahmens, der in § 169 der Abgabenordnung vorgegeben werde.

Hiergegen hat der Kläger am 10. März 2021 Klage zum Sozialgericht A-Stadt erhoben. Die Klage hat der Kläger damit begründet, dass ein Verstoß gegen das Äquivalenz- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip verstoße, da die Nutzungsgebühr in keinem ausgewogenen Verhältnis zum Wert der bereitgestellten Leistung stehe. Nach dem Mietspiegel für das Jahr 2021 belaufe sich der höchste Mietzins für Wohnungen mit besten Ausstattungsmerkmalen und in bestem Umfeld auf ca. 15 EUR pro Quadratmeter, der niedrigste auf 4,73 EUR. Er sei in einer dem Standard nach unterdurchschnittlichen Wohnung untergekommen. Demnach sei die Vermietung der Wohnung zu diesen Konditionen als Wucher im Sinne des § 138 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu qualifizieren, da die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 50 Prozent überstiegen werde. Ihm sei die Wohnung zugewiesen worden. Er habe sie nicht frei aussuchen können. Ihm sei nicht bekannt, dass die Satzung auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen Gebührenkalkulation erstellt worden sei, aus der sich die kostendeckende Gebührensatzobergrenze ergebe. Die Satzung sei bereits deshalb rechtswidrig.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2020 und den Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2021 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die Bescheide und ihr Vorgehen.

Der Satzung liege eine ordnungsgemäße Gebührenkalkulation zugrunde. Diese könne unter https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/3321-2019N1 abgerufen werden.

Das Äquivalenzprinzip sei nicht verletzt. Zwischen einer ermittelten Vergleichsmiete für Wohnraum und der Benutzungsgebühr für staatliche Asylbewerber- bzw. Obdachlosenunterkünfte bestehe keinerlei unmittelbarerer Zusammenhang. Ein Vergleich mit marktüblichen Mietpreisen sei deshalb schon aufgrund des unterschiedlichen Leistungsumfangs nicht zielführend. Entscheidend für die Gebührenbemessung sei die konkrete Kostenermittlung. Diese ergebe sich aus der Gebührenkalkulation, wonach die streitgegenständliche Gebühr deutlich unter den tatsächlich ermittelten Kosten liege.

Das Sozialgericht A-Stadt hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 8. Februar 2022 an das Verwaltungsgericht Hannover verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15. September 2020 und der Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2021 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung sind §§ 1, 2 und 5 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. April 2017 (Nds. GVBl. S. 121) in der durch Art. 1 des Gesetzes vom 24. Oktober 2019 (Nds. GVBl. S. 309) geänderten Fassung (NKAG) und §§ 12 und 13 sowie Anlage 1 der Satzung über die Unterbringung von Obdachlosen und Flüchtlingen in der Landeshauptstadt A-Stadt vom 26. März 2020 (Unterbringungssatzung); demnach sind für die Unterbringung einer Person in einer dezentralen Wohnung in A-Stadt monatlich 411 EUR zu zahlen. Die Unterbringungssatzung der Beklagten ist auch anwendbar, da sie in formeller (a.) und materieller Hinsicht (b.) rechtmäßig ist.

a. Es ist nicht ersichtlich, dass die Unterbringungssatzung an formellen Fehlern leidet. Insbesondere ist sie rechtmäßig zustande gekommen. Gegenteiliges ist weder substantiiert vorgetragen worden noch ist dies sonst ersichtlich.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NKAG dürfen kommunale Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden, über die nach § 40 Abs. 1 Nr. 5 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) von der Vertretung - hier also dem Rat der Beklagten - zu beschließen ist. Voraussetzung für eine rechtmäßige Festlegung von Gebührensätzen durch den Satzungsgeber ist, dass diesem die maßgebliche Kalkulation, aus der sich zumindest die kalkulatorischen Leitentscheidungen widerspiegeln, bei der Beschlussfassung vorgelegen hat (Rosenzweig/Freese/v. Waldthausen, NKAG, 2020, § 5 Rn. 73 m. w. N.). Dies ist hier der Fall, da den Ratsmitgliedern mit der Drucksache 3321/2019 in der Anlage 2 eine (entsprechende) kalkulatorische Grundlage vorgelegen hat.

b. Die Unterbringungssatzung ist in materieller Hinsicht rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kostendeckungsgrundsatz ist nicht verletzt (aa.). Sie verstößt nicht gegen das Äquivalenzprinzip (bb.) oder das Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG; cc.). Auch die in der Satzung geregelte Gebührenermäßigung für Haushaltsgemeinschaften und Erwerbstätige sowie die einheitliche Gebührenhöhe für alle Einrichtungen verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (dd.).

aa. Die in § 13 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Anlage 1 (Gebührenverzeichnis) der Unterbringungssatzung vorgesehene Gebührenerhebung verletzt nicht den Kostendeckungsgrundsatz.

Eine sachgerechte Ermessensentscheidung über die Gebührensätze setzt voraus, dass dem Rat vor oder bei der maßgeblichen Beschlussfassung über die Gebührensätze eine Gebührenkalkulation unterbreitet wird, die sich dieser zu eigen macht. Die Gebührenkalkulation hat die Aufgabe, die tatsächlichen Grundlagen für die rechtssatzmäßige Festsetzung der Gebührensätze zur Verfügung zu stellen. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, muss sie für den kundigen, mit dem Sachverhalt vertrauten kommunalen Mandatsträger transparent, verständlich, nachvollziehbar und in sich schlüssig sein.

Die Gebühren dürfen dabei höchstens so bemessen werden, dass die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten der Einrichtung gedeckt werden (§ 5 Abs. 1 Satz 2 NKAG). Dieser sogenannte Kostendeckungsgrundsatz beinhaltet damit kein Kostendeckungsgebot, sondern das Verbot einer Kostenüberdeckung (vgl. Albrecht, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 562). Ein Kostendeckungsgebot ergibt sich auch nicht aus § 111 Abs. 5 Satz 1 NKomVG, wonach die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Erträge und Einzahlungen soweit vertretbar und geboten aus Entgelten für ihre Leistungen und im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Erträge und Einzahlungen nicht ausreichen (vgl. Albrecht, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 570). Bereits der Wortlaut dieser Vorschrift bringt zum Ausdruck, dass Entgelte für Leistungen der Gemeinde, also insbesondere Gebühren und Beiträge, nur erhoben werden sollen, soweit dies vertretbar und geboten ist.

Die Beachtung des Kostendeckungsgrundsatzes erfordert eine Gebührenkalkulation, aus der die kostendeckende Gebührensatzobergrenze hervorgeht. Sie wird ermittelt, indem die gebührenfähigen Kosten der öffentlichen Einrichtung auf die potentiellen Benutzer nach Maßgabe des in der Satzung vorgesehenen Gebührenmaßstabs verteilt werden, wobei die voraussichtlichen Kosten sowie der voraussichtliche Umfang der Benutzung oder Leistung geschätzt werden müssen. Die Gebührensatzobergrenze ist danach das Ergebnis eines Rechenvorgangs, bei dem die voraussichtlichen gebührenfähigen Gesamtkosten durch die Summe der voraussichtlichen maßstabsbezogenen Benutzungs- oder Leistungseinheiten geteilt werden.

Was zu den ansatzfähigen Kosten gehört, ist nicht im Wege einer finanzwirtschaftlichen Rechnungsweise zu ermitteln, sondern richtet sich gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und damit nach dem sogenannten wertmäßigen Kostenbegriff (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009, - 3 C 29.08 -, juris Rn. 47). Danach sind Kosten in Geld ausgedrückter Verbrauch (Werteverzehr) von wirtschaftlichen Gütern und Dienstleistungen innerhalb einer bestimmten Leistungsperiode, soweit sie für die betriebliche Leistungserbringung anfallen, also betriebsbedingt sind. Als betriebsbedingte gebührenfähige Kosten können nur solche Kosten verstanden werden, die durch die Leistungserstellung der Gemeinde verursacht sind oder für solche Neben- und Zusatzleistungen entstanden sind, die mit der eigentlichen Leistungserstellung in einem ausreichend engen Sachzusammenhang stehen. Zu den ansatzfähigen Kosten gehören neben den laufenden Betriebs- und Unterhaltungskosten gemäß § 5 Abs. 2 Satz 4 NKAG insbesondere auch die angemessene Verzinsung des Anlagekapitals und angemessene Abschreibungen sowie Verwaltungskosten einschließlich Gemeinkosten. Lassen sich Kosten nicht rein rechnerisch, sondern nur im Wege von Schätzungen oder finanzpolitischen Bewertungen ermitteln, ist der Gemeinde bei der Ermittlung der in den Gebührensatz einzustellenden Kostenfaktoren ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 2016, - 9 BN 2.16 -, juris Rn. 8; Urteil vom 17. April 2002, - 9 CN 1.01 -, juris Rn. 20 ff.).

Ob die Kostendeckungsgrenze eingehalten oder lediglich geringfügig überschritten ist, richtet sich nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Gebührensatz. Dabei ist die gerichtliche Überprüfung der Kalkulation auf eine Plausibilitätskontrolle des Gebührensatzes anhand der dazu vorgelegten Gebührenkalkulation beschränkt und muss grundsätzlich nur substantiierten Rügen nachgehen. Eine ungefragte Detailprüfung bzw. Fehlersuche findet nicht statt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. April 2002, - 9 CN 1.01 -, juris Rn. 43 f.).

Nach diesen Maßgaben verstoßen die Gebührensätze in § 13 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Anlage 1 (Gebührenverzeichnis) nicht gegen den Kostendeckungsgrundsatz.

Dem Stadtrat lag bei der Beschlussfassung über die Satzung die Gebührenkalkulation für den Zeitraum 01. Januar 2017 bis Mitte 2019 sowie - prognostisch - für die zweite Jahreshälfte 2019 und für 2020 vor. Zwar hat die Beklagte damit einen Kalkulationszeitraum von vier Jahren angelegt, obwohl nach § 5 Abs. 2 Satz 2 NKAG dieser Zeitraum drei Jahre nicht übersteigen soll. Insoweit handelt es sich aber lediglich um ein Richtmaß, dessen Überschreitung nicht zur Ungültigkeit der Satzung führt.

Der Kläger wurde in eine dezentrale Wohnung eingewiesen. Aus der Gebührenkalkulation ergibt sich für Wohnungen eine monatliche durchschnittliche Gebührensatzobergrenze (bemessen an den durchschnittlichen Kosten pro Platz und Monat) im Jahr 2017 von 287,57 EUR, im Jahr 2018 von 368,97 EUR, im Jahr 2019 von 322,96 EUR und im Jahr 2020 von 325,36 EUR je Wohnplatz. Diesen Gebührensatz überschreitet zwar der in der Satzung festgesetzte (nicht ermäßigte) Gebührensatz von 411,00 EUR je Einzelperson und Monat. Dies gilt aber nicht für die durchschnittliche monatliche Gebühr unter Berücksichtigung der Haushaltsgrößen. Insoweit hat die Beklagte mitgeteilt, dass sich diese Gebühren auf monatlich 245,43 EUR für die Jahre 2017 bis 2020 belaufen.

Die Ermittlung der Gebührensatzobergrenze ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dabei hat die Beklagte die tatsächlichen Kosten für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 sowie für das Jahr 2019 prognostisch die in der ersten Jahreshälfte angefallenen Kosten für die zweite Jahreshälfte fortgeschrieben. Für das Jahr 2020 wurde von einer Preissteigerung in Höhe von 1,5 Prozent gegenüber dem Jahr 2019 ausgegangen. Demnach ergeben sich für das Jahr 2017 Kosten in Höhe von 2.719.283,77 EUR und für das Jahr 2018 Kosten in Höhe von 3.528.311,85 EUR. Aufgrund der Fortschreibung der Kosten im Jahr 2019 ergeben sich Gesamtkosten in Höhe von 2.988.804,46 EUR und für das Jahr 2020 aufgrund einer unterstellten Preissteigerung von 1,5 Prozent Gesamtkosten von 3.033.636,53 EUR. Unter Berücksichtigung einer prognostizierten Gesamtbelegungskapazität von 788 Wohnplätzen im Jahr 2017, 797 Wohnplätzen im Jahr 2018, 771 Wohnplätzen im Jahr 2019 und 777 Wohnplätzen im Jahr 2020 ergeben sich für den Kalkulationszeitraum Unterkunftskosten je Person und Monat von 287,57 EUR (2017), 368,97 EUR (2018), 322,96 EUR (2019) und 325,36 EUR (2020).

Das Gericht hat keinen Anhalt dafür, dass die vorstehenden Werte unrichtig sein könnten. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung erstmals ausgeführt, dass er bezweifele, dass das durchschnittliche Gebührenaufkommen von der Beklagten zutreffend berechnet und in der Gebührenkalkulation wiedergegeben worden sei. Das Gericht hat aber keinen Anhalt dafür, dass diese "ins Blaue" hinein getroffene Behauptung zutreffen könnte. Es sieht sich deshalb auch nicht veranlasst, die Sache diesbezüglich weiter aufzuklären. Vielmehr sieht es die Gebührensatzobergrenze als gewahrt an.

Auch in Bezug auf die anderen Unterbringungsformen (Wohnprojekte, Wohnheime und Notunterkünfte) lässt sich nicht erkennen, dass die Kalkulation rechtlich zu beanstanden wäre.

Zwar hat die Beklagte in einem ebenfalls bei dem erkennenden Gericht anhängigen und noch nicht entschiedenen Parallelverfahren (Az. 10 A 5836/20) selbst eingeräumt, dass die umlagefähigen Betreiberkosten bei den Wohnheimen versehentlich falsch in der dem Rat vorgelegten Gebührenkalkulation angesetzt worden seien. So habe man für sämtliche der Berechnung zugrundeliegenden Jahre 50 Prozent der umlagefähigen Betreiberkosten angesetzt und in die Kalkulationsgrundlage übernommen (vgl. Anlage 2 zur Satzungsdrucksache, S. 62 der Gerichtsakte). Die Beklagte hat mitgeteilt, dass sich diese Annahme bei genauerer Prüfung als unzutreffend herausgestellt habe und darauf hingewiesen, dass 2017 lediglich 27 Prozent und 2019 34 Prozent der Betreiberkosten abrechnungsfähig gewesen seien. Hieraus folgt aber die Rechtswidrigkeit der Satzung nicht.

Ist dem Rat vor oder bei der Beschlussfassung über den Gebührensatz eine Gebührenkalkulation unterbreitet worden, die in einem für die Gebührenhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft ist, hat dies die Ungültigkeit des Gebührensatzes zur Folge, weil der Gemeinderat das ihm bei der Festsetzung des Gebührensatzes eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei ausüben konnte. Von einem solchen beachtlichen Mangel ist hier nicht auszugehen.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 NKAG ist der Mangel unbeachtlich, wenn dadurch die Grenze einer rechtmäßigen Kostenvorausberechnung um nicht mehr als 5 vom Hundert überschritten wird, was hier der Fall ist. Die Beklagte weist zurecht darauf hin, dass eine rechtmäßige Kostenvorausberechnung selbst dann nicht überschritten würde, wenn die Betreiberkosten insgesamt nicht ansatzfähig gewesen wären. Die Gesamtsumme der Kosten läge dann beispielsweise für das Jahr 2017 bei 10.845.529,00 EUR. Pro Platz und Monat ergäben sich durchschnittliche Kosten von 312,40 EUR. Die durchschnittliche monatliche Gebühr pro Platz und Monat beträgt 230,93 EUR und bliebe mithin deutlich hinter der Gebührenobergrenze zurück. Gleiches gilt für die anderen hier relevanten Beitragsjahre.

Zwar wäre nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ein anderes Ergebnis dann indiziert, wenn es sich um einen methodischen Kalkulationsfehler handeln würde (Nds. OVG, Urteil vom 24. September 2013, - 9 LB 117/12 -, juris). Ein solcher lässt sich hier aber nicht feststellen. Die Beklagte konnte die angesetzten Kosten durchaus in Anschlag bringen. Sie hat diese lediglich in der Höhe versehentlich falsch angesetzt.

Zwar ist es hinsichtlich der Unterbringung in Wohnprojekten schließlich noch so, dass der Gebührensatz für Einzelpersonen für sich betrachtet oberhalb der Gebührenobersatzgrenze liegt. Dies gilt aber nicht in gleicher Weise für den durchschnittlichen Gebührensatz, der unterhalb von zweihundert EUR und mithin deutlich unterhalb des Gebührenobersatzes liegt, sodass ein Verstoß gegen den Kostendeckungsgrundsatz (auch insoweit) nicht feststellbar ist.

Sonstige Gründe, die für einen Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip sprechen, sind weder substantiiert vorgetragen noch sind sie für das erkennende Gericht sonst ersichtlich.

bb. Die Gebührenregelung verstößt nicht gegen das abgabenrechtliche Äquivalenzprinzip als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art. 20 Abs. 3 GG).

Dieses Prinzip verlangt, dass die Höhe der Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu dem gebotenen Vorteil steht, den sie abgelten soll, und dass einzelne Abgabenpflichtige im Verhältnis zu anderen nicht übermäßig belastet werden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2019, - 10 C 1.18 -, juris Rn. 26; Urteil vom 24. Juni 2015, - 9 C 23.14 -, juris Rn. 33; Urteil vom 12. März 2014, - 8 C 27.12 -, juris Rn. 22). Nach der Rechtsprechung der Kammer kann im Einzelfall ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip vorliegen, wenn eine Bemessungsregelung zu Gebühren führt, die erheblich über dem Entgelt für eine vergleichbare Leistung eines privaten Dienstleistungsunternehmens liegen. Eine Benutzungsgebühr für eine Unterkunft kann daher mit dem Äquivalenzprinzip kollidieren, wenn sie wesentlich höher ist, als ein Privater für die Überlassung vergleichbaren Wohnraums berechnen würde. Einen Anhaltspunkt kann insoweit die ortsübliche Vergleichsmiete geben, wenngleich zu berücksichtigen ist, dass öffentliche und private Unterkünfte nur sehr eingeschränkt vergleichbar sind.

Gemessen daran ist eine Verletzung des Äquivalenzprinzips hier (noch) nicht festzustellen. Dem liegen die folgenden Erwägungen zugrunde:

Die Unterbringungsgebühr liegt für Wohnungen schon nicht deutlich oberhalb des Mietspiegels. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass einer Person in einer dezentralen Wohnung ca. 25 Quadratmeter Wohnraum zur Verfügung stehen. Der Quadratmeterpreis liegt mithin bei monatlich 16,44 EUR. Der durchschnittliche Mietzins beläuft sich in A-Stadt gegenwärtig bereits auf ca. 11 EUR pro Quadratmeter (vgl. etwa www.wohnungsboerse.net/mietspiegel-A-Stadt/4567; zuletzt abgerufen am 10. Oktober 2023), sodass sich eine wesentliche Abweichung zur Nutzungsgebühr nicht feststellen lässt. Hinzu kommt, dass der durchschnittliche Mietzins in A-Stadt seit Jahren stetig steigt, sodass damit zu rechnen ist, dass sich dieser den von der Beklagten angesetzten und gleichbleibenden Gebühren in naher Zukunft (weiter) annähern wird.

Dies gilt zwar nicht in gleicher Weise für Wohnheime. Dort sind die für einzelne Personen zur Verfügung stehenden Flächen knapper bemessen als in Wohnungen. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass einer Einzelperson in einem Wohnheim ca. 10 Quadratmeter zuzüglich etwaiger Gemeinschaftsflächen zur Verfügung stehen. Der Quadratmeterpreis - unterstellt es stehen einer Person insgesamt zwischen 10 und 15 Quadratmeter Wohnraum in einem Wohnheim zur Verfügung - beläuft sich dann auf etwa 27,40 EUR oder mehr, sodass der durchschnittliche Mietzins in A-Stadt um 16 EUR und mithin deutlich überschritten wird. Allerdings geht das Gericht nicht davon aus, dass hieraus bereits ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip geschlussfolgert werden kann.

Wohnheime dienen der Beklagten außerhalb der Notunterkünfte dazu, ausreichend Unterbringungskapazitäten in A-Stadt anbieten zu können, um zu vermeiden, dass Personen ohne Obdach auf der Straße leben müssen. So standen ausweislich der Gebührenkalkulation im Jahr 2020 3.645 Plätze in Wohnheimen und nur 777 Plätze in dezentralen Wohnungen im Stadtgebiet zur Verfügung. In der Regel besteht die Möglichkeit, diese Unterkunftsform kurzfristig in Anspruch zu nehmen, was auf dem freien Wohnungsmarkt mieterhöhend berücksichtigt wird, weil eine erhöhte Fluktuation und die damit einhergehende verstärkte Abnutzung der Räumlichkeiten zu höheren Kosten führt. Die dortigen Plätze sind daher am ehesten mit Hotels oder klassischen Monteurswohnungen zu vergleichen; mit den Gebühren sind - wie dort - auch sämtliche Betriebskosten und die Möblierung abgegolten. Für die Unterbringung in Hotels oder Monteurswohnungen werden ebenfalls deutlich erhöhte Mietpreise verlangt. So kostet eine Übernachtungsmöglichkeit in einer Monteurswohnung im Stadtgebiet mindestens 10 EUR oder mehr (https://www.deutschland-monteurzimmer.de/hannover; zuletzt abgerufen am 10. Oktober 2023). In Hotels liegt der Preis für eine Übernachtung deutlich höher. Trotz der nur eingeschränkten Vergleichbarkeit lässt dies den Schluss zu, dass die Gebühr von 411 EUR pro Monat, die einer Tagesbenutzungsgebühr von ca. 13,70 EUR entspricht, nicht wesentlich höher ist, als ein Privater für die Überlassung entsprechenden Wohnraums berechnet. Es bleibt im Übrigen dabei, dass ein direkter Vergleich von Gemeinschaftsunterkünften mit dem freien Wohnungsmarkt nur schwer möglich ist, da Gemeinschaftsunterkünfte dieser Art am Markt kaum angeboten werden.

Im Ergebnis lässt sich somit insgesamt festhalten, dass auf dem freien Wohnungsmarkt nur selten eine - den Leistungen der Beklagten entsprechende - Unterkunft zu finden sein wird, für die ein geringerer Mietzins verlangt wird, als dies nach der Unterbringungssatzung der Beklagten der Fall ist. Da auch das Kostenüberschreitungsverbot beachtet ist, lässt sich ein Missverhältnis zwischen öffentlicher Leistung und Gebühr nach alledem nicht feststellen.

Soweit das Äquivalenzprinzip darüber hinaus verbietet, einzelne Abgabenpflichtige im Verhältnis zu anderen übermäßig zu belasten, wird auch hiergegen nicht verstoßen, wie sich aus den Ausführungen zum Gleichbehandlungsgrundsatz (dazu unter dd.) ergibt.

cc. Die Gebührensatzhöhe ist mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden.

Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Staat, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich daraus jedoch regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Wie der Gesetzgeber den Gestaltungsauftrag des verfassungsrechtlich nicht näher konkretisierten Sozialstaatsprinzips erfüllt, ist seine Sache. Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 08. Juni 2004, - 2 BvL 5.00 -, juris Rn. 96 m. w. N).

Dazu zählt die Verpflichtung, öffentliche Einrichtungen zur Daseinsvorsorge zu unterhalten, zu denen auch Unterkünfte für Wohnungslose und Flüchtlinge gehören. Denn sie dienen dem Schutz vor Obdachlosigkeit und damit der Sicherung des Existenzminimums. Aus dem Sozialstaatsgebot ergibt sich die Pflicht, die Nutzung dieser Unterkünfte durch die berechtigten Personen zu Bedingungen zu ermöglichen, die die Berechtigten nicht abschrecken und prohibitiv wirken. Gebühren für solche Einrichtungen dürfen keine unüberwindliche soziale Barriere für den Zugang zur Einrichtung errichten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Mai 2013, - 1 BvL 1.08 -, juris Rn 40). Unzulässig ist somit eine Gebührenregelung, die ihrer Höhe nach in einem nicht mehr hinnehmbaren Maß abschreckende Wirkung entfaltet. Zur Beurteilung der abschreckenden Wirkung einer Gebühr darf allerdings nicht allein auf ihre Höhe abgestellt werden. Vielmehr sind auch die sie flankierenden sozialstaatlichen Leistungsangebote zu berücksichtigen, die es ermöglichen, bei fehlender eigener Leistungsfähigkeit unter Nutzung staatlicher Mittel den Zugang zur Einrichtung zu erlangen. Denn es ist dem Staat ohne Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip möglich, auch von bedürftigen Nutzern Gebühren zu fordern, wenn ihnen hierfür finanzielle Beihilfen gewährt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. März 1998, - 1 BvR 178.97 -, juris Rn. 69).

Die hier maßgeblichen Gebühren sind weder abschreckend noch prohibitiv.

Soweit ein Gebührenschuldner Selbstzahler ist, ist das schon deswegen nicht der Fall, weil selbst die Höchstgebühr, die für Selbstzahler in Unterkünften nach Anlage 2 zu § 14 der Unterbringungssatzung um 50 Prozent in Gemeinschaftsunterkünften und 30 Prozent in Wohnprojekten ermäßigt wird, den Kostendeckungsgrundsatz und das Äquivalenzprinzip nicht verletzt und daher nicht unverhältnismäßig ist - insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

Gebührenschuldner, welche die Gebühr nicht mit eigenen finanziellen Mitteln aufbringen können, erhalten hierfür Unterstützungsleistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II/SGB XII) oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG; vgl. § 22 Abs. 1 SGB II, § 35 Abs. 1 und 2 SGB XII, § 3 Abs. 3 AsylbLG). Können sie die Gebühr nur anteilig, aber nicht vollständig aufbringen, haben sie Anspruch auf ergänzende Unterstützungsleistungen, um den Fehlbedarf zu decken. Dadurch ist gewährleistet, dass sie Zugang zu der Einrichtung erhalten. Das Sozialstaatsprinzip verlangt deshalb nicht, dass die Gebührenhöhe im Bereich der existenzsichernden Daseinsvorsorge, wie der Unterbringung von Wohnungslosen und Flüchtlingen in öffentlichen Einrichtungen, über die durch die allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätze (insbesondere das Äquivalenzprinzip und den Kostendeckungsgrundsatz) gezogenen Grenzen hinaus weiter eingeschränkt wird.

dd. Die Heranziehung der Gebührenschuldner in unterschiedlicher Gebührenhöhe verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, der in § 5 Abs. 3 NKAG seine einfachgesetzliche Ausgestaltung gefunden hat.

Aus § 5 Abs. 3 NKAG folgt der Grundsatz der Leistungsproportionalität als landesrechtliche Konkretisierung des Gleichheitssatzes. Dieser Grundsatz gebietet es, bei gleichartig beschaffenen Leistungen die Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze so zu wählen und zu staffeln, dass sie unterschiedlichen Ausmaßen in der erbrachten Leistung Rechnung tragen, damit die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern gewahrt bleibt. Mit anderen Worten ausgedrückt bedeutet dies, dass einzelne Gebührenschuldner im Verhältnis zu anderen nicht übermäßig hoch belastet werden dürfen (VG Hannover, Urteil vom 7. Juli 2015, - 1 2165/13 -, juris Rn. 25).

aaa. Gemessen hieran ist es nicht zu beanstanden, dass die pro Person zu zahlende Benutzungsgebühr mit der Haushaltsgröße abnimmt. So zahlt eine Einzelperson nach Anlage 1 der Unterbringungssatzung 411 EUR. Besteht der Haushalt aus zwei, drei oder vier Personen, so wird eine Gebühr von 511 EUR, 606 EUR bzw. 717 EUR fällig. Jede weitere Person zahlt 92 EUR. Nach § 13 Abs. 4 Satz 1 Unterbringungssatzung gelten Einzelpersonen als einzeln untergebracht, unabhängig davon, ob die zur Verfügung gestellte Wohneinheit oder das Zimmer mit einer anderen Person geteilt werden muss. Als Haushaltsgemeinschaft gelten Ehepaare und andere Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben und gemeinsam untergebracht werden (§ 13 Abs. 4 Satz 2). Minderjährige Kinder, die gemeinsam mit den sorgeberechtigten Personen untergebracht werden, werden der Haushaltsgemeinschaft zugerechnet (§ 13 Abs. 4 Satz 3).

Es fehlt bereits an einer Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem, sodass ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungssatz nicht festzustellen ist. Denn eine Bedarfsgemeinschaft unterscheidet sich in der rechtlichen Beurteilung deutlich von einer alleinstehenden Person. Es ist gerade das konstitutive Element einer Bedarfsgemeinschaft, dass dessen Mitglieder rechtlich verpflichtet sind, füreinander einzustehen, um so den Staat und die sozialen Sicherungssysteme zu entlasten. Aus diesem Grund stellt der Staat die Gründung von Bedarfsgemeinschaften unter seinen besonderen Schutz nach Art. 6 Abs. 1 GG, um sich damit zugleich selbst von rechtlichen Verpflichtungen zu entlasten. Abgabenrechtliche Erleichterungen, die einen Anreiz zur Gründung von Bedarfsgemeinschaften setzen, finden sich etwa im Steuerrecht, das die vorgenannten Personengruppen (ebenfalls) gegenüber Einzelsteuerpflichtigen begünstigt. Es wäre widersprüchlich, wenn es dem Satzungsgesetzgeber verwehrt wäre, gleichfalls Erleichterungen für diese Personengruppe bei der Erhebung von Gebühren in (Unterbringungs-) Notlagen vorsehen zu können. Dabei muss aus Sicht des erkennenden Gerichts die Erleichterung nicht auf solche Fälle begrenzt bleiben, in denen die Gebühren auch tatsächlich durch die Bedarfsgemeinschaft selbst erbracht werden müssen, da nur ein geringes Einkommen aus Erwerbsarbeit erwirtschaftet wird. Denn wenn das erwirtschaftete Einkommen das Haushaltsnettoeinkommen nach Anlage 2 übersteigt, sind die vollen Gebührensätze zu zahlen, sodass auch eine (entsprechende) Erleichterung bei nicht reduzierten Gebühren geboten erscheint. Ferner kann eine Reduzierung der Gebühren nach § 14 Abs. 4 Satz 1 der Unterbringungssatzung für längstens dreißig Monate gewährt werden. Auch hiernach ist der volle Gebührensatz durch die Bedarfsgemeinschaft zu tragen.

Doch selbst wenn man davon ausgehen würde, dass wesentlich Gleiches ungleich behandelt würde, kann das Gericht eine unverhältnismäßig hohe Belastung einzelner Gebührenschuldner nicht erkennen. Dabei ist wiederum maßgeblich, dass die Gebührenvergünstigung in Ehe oder eheähnlicher Gemeinschlaft lebender Menschen und Familien gewährt wird, die dem besonderen Schutz des Staates nach Art. 6 Abs. 1 GG unterliegen. Diese bei der Gebührenerhebung zu bevorzugen, ist zweifelsohne ein legitimer Regelungszweck. Da die Gebührenreduzierung nicht unerheblich ist, ist diese zur Zweckerreichung geeignet. Hinsichtlich der Erforderlichkeit steht dem Satzungsgesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu. Dass deren Grenzen hier überschritten sein könnten, ist weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Die Gebührenerhebung ist schließlich auch angemessen (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne). Einzelpersonen werden gegenüber den nach § 13 Abs. 4 der Unterbringungssatzung privilegierten Personengruppen nicht übermäßig belastet. Dafür streitet zunächst, dass eine Belastung für die einzelne Gebührenschuldnerin bzw. für den einzelnen Gebührenschuldner selbst überhaupt nur dann entsteht, wenn sie bzw. er über eigene Mittel - etwa aus einer Erwerbstätigkeit - verfügt. Andernfalls trägt der Sozialhilfeleistungsträger die Kosten der Unterbringung, sodass in solchen Fällen die Alleinstehende bzw. der Alleinstehende nicht von der Kostendegression bei einer Mehrzahl von verbundenen Gebührenschuldnern betroffen ist. Im Übrigen wird auf die einleitenden Ausführungen zur Bedarfsgemeinschaft verwiesen, die hier entsprechend gelten.

bbb. Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass nach § 14 Abs. 1 der Satzung eine Reduzierung der Benutzungsgebühr bei verschiedenen Einrichtungsformen in Frage kommt, wenn die untergebrachte Person einer Erwerbstätigkeit nachkommt. wobei die Höhe der Gebührenreduzierung den unterschiedlichen Unterbringungsstandard berücksichtigt und nach Einrichtungsart gestaffelt ist (vgl. S. 15 der Drs. 3321/2019).

Zwar werden Selbstzahler und Personen, die Leistungen zur Existenzsicherung nach dem Zweiten oder Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs oder dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, hierdurch trotz gleicher Art und gleichen Umfangs der öffentlichen Leistung ungleich behandelt. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch verhältnismäßig und damit gerechtfertigt.

Mit der Gebührenermäßigung verfolgt die Beklagte legitime Zwecke. Denn den Bewohnern einen Anreiz für eine Erwerbstätigkeit zu bieten, ist ein legitimes Ziel des Gebührengesetzgebers. Der Beklagten geht es offenkundig darum, den Bewohnern Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, sie also darin zu unterstützen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften zu decken und von Sozialleistungen unabhängig zu sein. Für die Bewohnerinnen und Bewohner soll sich Arbeit auch bei geringem Einkommen lohnen, indem das verdiente Gehalt nicht weitgehend für die Gebühren der Unterkunft eingesetzt werden muss. Letztlich führt die Unabhängigkeit von Sozialleistungen auch dazu, dass die Bewohnerinnen und Bewohner bei der Wohnungssuche auf dem freien Markt schneller erfolgreich sind. Die Ermäßigungsreglung in § 14 Abs. 1 der Unterbringungssatzung ist geeignet, den mit ihr verfolgten Zweck eines Anreizes zur Arbeitsaufnahme oder zum Verbleib in einem Arbeitsverhältnis, welches es ermöglicht, von Sozialleistungen unabhängig zu sein, zu erreichen. Hinsichtlich der Frage, wie hoch die Gebührenentlastung sein muss, um einen spürbaren Anreiz zu setzen, verfügt der Gebührengesetzgeber über einen weiten Einschätzungsspielraum. Dass der Gebührengesetzgeber diesen Spielraum hier überschritten haben könnte, ist nicht ersichtlich. Schließlich ist die Reduzierungsregelung auch erforderlich und angemessen. Dass mit der Gebührenermäßigung gerade die leistungsfähigeren Gebührenschuldnerinnen und Gebührenschuldner gegenüber den wirtschaftlich weniger leistungsfähigen Sozialleistungsempfängern privilegiert werden, ist mit Blick auf den legitimen Zweck, einen Anreiz für eine Erwerbstätigkeit und die Unabhängigkeit von Sozialleistungen zu bieten, gerechtfertigt. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass die von den Sozialleistungsempfängern zu tragenden Unterkunftsgebühren nach § 22 Abs. 1 SGB II, § 35 Abs. 1 und 2 SGB XII oder § 3 Abs. 3 AsylbLG letztlich von den Sozialleistungsträgern übernommen werden müssen und die Bewohnerinnen und Bewohner, die keine Ermäßigung erhalten, deshalb im Ergebnis keine Kosten zu tragen haben und sie mithin auch nicht übermäßig belastet sind. Hinzu kommt, dass der Satzungsgeber eine Ausnahme der Gebührenreduzierung für Wohnungen unter § 14 Abs. 2 der Satzung vorgesehen hat. Hier geht es dem Satzungsgeber offenkundig darum, keine Anreize dafür zu setzen, dass Erwerbstätige (und Haushaltsgemeinschaften) längerfristig in dezentralen Wohnungen, die als hochwertigste und nachgefragteste Wohnform gelten, wohnen bleiben, sondern - im Gegenteil - einen Anreiz für Erwerbstätige zu setzen, sich auf dem Wohnungsmarkt selbstständig eine Wohnung zu suchen.

Die Gebührenermäßigung führt auch mit Blick auf den Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von alleinstehenden Selbstzahlern und Erwerbstätigen, die zwar so hohe Einkünfte haben, dass sie für sich genommen, daher als Alleinstehende, von Sozialleistungen unabhängig wären, jedoch den Lebensunterhalt der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenem Einkommen sichern können. Denn aus dem Umstand, dass sich die satzungsrechtliche Gebührenermäßigung für die in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Erwerbstätigen nicht in gleicher Weise begünstigend auswirkt, lässt sich keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem ableiten. Die in Rede stehenden ungleichen Auswirkungen der satzungsrechtlichen Gebührenermäßigung stellen sich nicht als durch das Gebührenrecht normativ veranlasste Belastungsungleichheit dar, sondern beruhen auf unterschiedlichen tatsächlichen Gegebenheiten, namentlich dem Umstand, dass in dem einen Fall, nicht aber in dem anderen eine Bedarfsgemeinschaft besteht, für die der Erwerbstätige einzustehen hat. Die wirtschaftliche Ausgangslage des Erwerbstätigen mit Familie ist somit von einem finanziellen (Gesamt-)Bedarf geprägt, der sich deutlich von dem des Alleinstehenden unterscheidet. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Benutzungsgebührenrecht insoweit keine Abhilfe schaffen kann, sondern die ungleichen Auswirkungen der Gebührenermäßigung durch das sozialrechtliche Regelungsregime, das auf die Bedarfsgemeinschaft abstellt, bedingt sind.

ccc. Schließlich sieht das Gericht den Gleichheitssatz auch nicht deshalb verletzt, da die Beklagte den gleichen Gebührensatz für sämtliche Einrichtungen erhebt.

Es trifft zwar zu, dass der zur Verfügung stehende Wohnraum in Gemeinschaftsunterkünften geringer ist als in dezentralen Wohnungen. Das Gericht kann aber nicht erkennen, dass der Satzungsgeber die verschiedenen Wohnformen allein deshalb unterschiedlich behandeln müsste. Zum einen gilt es zu berücksichtigen, dass in den Gemeinschaftsunterkünften sämtliche Energiekosten seitens der Beklagten übernommen werden, was in dezentralen Wohnungen nicht der Fall ist (§ 13 Abs. 2 der Satzung; vgl. die Gebührenkalkulation auf Bl. 60 Rückseite der Gerichtsakte). Außerdem stehen in den Gemeinschaftsunterkünften Gemeinschaftsflächen zur Verfügung, die die Divergenz in der zur Verfügung stehenden Fläche zwischen einer dezentralen Wohnung und einer Gemeinschaftsunterkunft einebnet. Nach den Angaben der Beklagten stehen einer einzelnen Person in einer dezentralen Wohnung ca. 25 Quadratmeter und in einem Wohnheim (unter anteiliger Einbeziehung der Gemeinschaftsflächen) zwischen 10 und 15 Quadratmeter zur Verfügung. Eine unterschiedliche Behandlung von Wohnungen auf der einen und Gemeinschaftsunterkünften auf der anderen Seite ist deshalb rechtlich nicht zwingend erforderlich. Gegenteiliges ist nicht substantiiert vorgetragen worden. Es ist auch sonst nicht ersichtlich.

2. Der Änderungsbescheid ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

Zwar ist der Kläger vor dessen Erlass nicht nach § 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) i. V. m. § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) angehört worden. Eine Anhörung war aber nach § 1 NVwVfG i. V. m. § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG entbehrlich, da es sich um einen typischen Sachverhalt handelt, der keine näheren individuellen Feststellungen erfordert. Zwar sieht § 14 Abs. 1 der Unterbringungssatzung die Reduzierung der Benutzungsgebühren im Falle des Vorliegens persönlicher Gründe vor. Dies ist hier aber nach § 14 Abs. 2 der Satzung ausgeschlossen, da der Kläger in einer dezentralen Wohnung untergebracht war. Ein entsprechender Antrag kann zudem außerhalb des Gebührenfestsetzungsverfahrens gestellt werden.

Im Übrigen ist eine Anhörung jedenfalls nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG im Widerspruchsverfahren und spätestens im gerichtlichen Verfahren geheilt worden. Dies setzt voraus, dass die Behörde mit ihrem Eingehen auf die zur Stützung der Klage vorgebrachten Argumente nicht nur erreichen will, das Verfahren "zu gewinnen". Erforderlich ist vielmehr, dass sie auch auf der Ebene des Verwaltungsverfahrens das nachholt, was sie bei der Anhörung vor der belastenden Entscheidung hätte veranlassen müssen. Dazu muss sie dem Betroffenen erkennbar machen, er könne zu der beabsichtigten Verwaltungsentscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung nehmen. Außerdem muss sie das, was der Betroffene daraufhin vorträgt, zum Anlass nehmen, die beabsichtigte Sachentscheidung gleichsam noch einmal auf den "Prüfstand" zu stellen, das heißt zu erwägen, ob sie auch bei Berücksichtigung der nunmehr vorgebrachten Fakten und rechtlichen Erwägungen vollständig erlassen werden kann und das Ergebnis der Überprüfung schließlich mitteilen (Nds. OVG, Beschluss vom 31. Januar 2002, - 1 MA 4216/01 -, juris Rn. 5). All das kann "heilend" nachgeholt werden, wenn die Behörde Sachäußerungen des Betroffenen zum Anlass einer Prüfung nimmt, ob die ergangene Verfügung aufrechterhalten werden kann. Äußerungen im gerichtlichen Verfahren haben dementsprechend eine Doppelbedeutung. Sie sind stets prozessuale Erklärungen zu dem Ziel, in dem Verfahren zu obsiegen. Daneben können sie - ausnahmsweise - auch zur Heilung einer fehlenden Anhörung führen, wenn der Betroffene seinen Standpunkt erkennbar abschließend vorgetragen, das heißt, durch Tatsachenbehauptungen und Rechtsausführungen untermauert hat und die Behörde unter Würdigung dieses Vortrages auf der Ebene des Verwaltungsverfahrens neu im eigentlichen Sinne "entschieden" hat, ob sie diesen Verwaltungsakt vollständig aufrechterhält (Nds. OVG, Beschluss vom 31. Januar 2002, a. a. O.). So liegen die Dinge hier. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung klar zum Ausdruck gebracht, dass sie den Bescheid und die zugrundeliegende rechtliche Begründung auf Basis des Vortrags des Klägers neuerlich geprüft und dabei entschieden hat, den Bescheid auch vor diesem Hintergrund im noch streitgegenständlichen Umfang aufrechtzuerhalten, sodass eine zuvor nicht ordnungsgemäß durchgeführte Anhörung jedenfalls heilend nachgeholt worden ist.

3. Der Änderungsbescheid ist in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.

a. Die tatbestandlichen Voraussetzungen nach §§ 1, 2 und 5 NKAG und §§ 12 und 13 sowie Anlage 1 der Unterbringungssatzung liegen vor. Demnach ist für eine Einzelperson im hier fraglichen Zeitraum eine Nutzungsgebühr, die sich auf 411 EUR monatlich beläuft, zu zahlen. Entsprechendes hat die Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden festgesetzt. Eine Reduzierung der Gebühren kommt nicht in Betracht, da für die Unterbringung in dezentrale Wohnungen eine solche Reduktion - worauf die Beklagte zur Recht hinweist - nach § 14 Abs. 2 der Satzung nicht vorgesehen ist.

b. Die streitgegenständliche Gebührenerhebung ist verhältnismäßig.

aa. Der Verhältnismäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides steht die Bestandskraft des dem streitgegenständlichen Gebührenbescheid vorlaufenden Zuweisungs- und Gebührenbescheides nicht entgegen. Der Beklagten steht es nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung frei, einen Abgabenbescheid innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist gemäß § 11 Abs. 3 NKAG i. V. m. § 169 der Abgabenordnung (AO) - auch zum Nachteil des Abgabenpflichtigen - abzuändern.

Bei der Heranziehung zu Benutzungsgebühren bleibt eine "verbösernde" Nacherhebung - wie hier rückwirkend zum 1. August 2020 geschehen - möglich. Denn nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung unterfällt eine Nacherhebung von Gebühren grundsätzlich nicht den für die Rücknahme oder den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte bestehenden Einschränkungen. Der vorlaufende Zuweisungsbescheid vom 15. April 2019 steht der Ausschöpfung des vollen materiell-rechtlichen und der Beklagten zustehenden Gebührenanspruchs im Wege der Nacherhebung nicht entgegen (vgl. etwa Bay. VGH, Beschluss vom 20. September 2019, - 4 ZB 19.572 -, juris Rn. 13 m. w. N.).

Die Nacherhebung ist nicht durch § 172 AO ausgeschlossen, da § 11 Abs. Abs. 1 lit. b) NKAG die Anwendbarkeit des § 172 AO nicht anordnet und die Nacherhebung damit nicht den Einschränkungen unterliegt, die § 172 AO für die Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden aufstellt. Der Landesgesetzgeber hat damit die in den §§ 172 bis 177 AO niedergelegten Regelungen für die Korrektur von Steuerbescheiden, die von den sonst für Verwaltungsakte geltenden Vorschriften abweichen, für das gemeindliche Abgabenrecht bewusst ausgeschlossen.

Die hier mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Nacherhebung ist auch nicht nach §§ 130 Abs. 2, 131 Abs. 2 AO ausgeschlossen. Die Regelungen hinsichtlich der Rücknahme bzw. des Widerrufs begünstigender Verwaltungsakte greifen im vorliegenden Fall schon deshalb nicht ein, weil es sich bei den ursprünglichen Gebührenbescheiden um ausschließlich belastende Verwaltungsakte handelt. Ein Bescheid, der eine zu niedrige Gebühr festsetzt, ist im Regelfall ein ausschließlich belastender Verwaltungsakt. Im Übrigen enthalten Abgabenbescheide auch generell nicht die begünstigende Regelung, dass über nicht festgesetzte oder über festgesetzte Gebühren hinaus keine weiteren Abgaben erhoben werden (VG Köln, Urteil vom 18. Februar 2013, - 14 K 2936/11 -, juris).

Auch §§ 130 Abs. 1, 131 Abs. 1 AO, die die Rücknahme bzw. den Widerruf belastender Verwaltungsakte regeln, finden auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. Der angefochtene Bescheid enthält nicht die Aufhebung der mit den ursprünglichen Gebührenbescheiden vorgenommenen Festsetzung der für die Nutzung der Unterkunft fälligen Gebühren. Handelt es sich - wie hier - um eine Änderung durch Erweiterung, bleibt die ursprüngliche Regelung, ergänzt durch den zusätzlichen eigenständigen Regelungsgehalt des Nacherhebungsbescheides, bestehen. Der angefochtene Bescheid vom 15. September 2020 beschränkt sich seinem Regelungsgehalt nach mithin auf die Nachforderung des von dem ursprünglichen Gebührenbescheid nicht erfassten Betrages.

Der Kläger kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen setzt stets voraus, dass der eine Belastung aussprechende Verwaltungsakt tragfähig ist für den - ein entsprechendes Vertrauen rechtfertigenden - Gegenschluss, dass von dem Betroffenen mehr als dies nicht verlangt werden sollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1988, - 8 C 92.87 -, juris). Hier kann dem vorlaufenden Gebührenbescheid ein derartiger Regelungsgehalt aber nicht entnommen werden. Für die möglicherweise an die ursprüngliche Gebührenfestsetzung geknüpfte subjektive Erwartung, der Kläger werde mit einer Nacherhebung nicht belastet werden, gibt der vorlaufende Heranziehungsbescheid keinen Anhaltspunkt.

bb. Es ist im Übrigen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, aus welchem Grund die nach §§ 1, 2 und 5 NKAG und §§ 12 und 13 sowie Anlage 1 der Unterbringungssatzung zulässige Gebührenerhebung unverhältnismäßig sein sollte.

Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass er in seinen Schreiben um eine Gebührenreduzierung gebeten habe, die in anderen Wohnformen nach der Satzung zu gewähren gewesen wäre, worauf ihn die Beklagte nicht hingewiesen habe. Es trifft zwar zu, dass ein solcher Hinweis nicht explizit erfolgt ist. Dies ist aber bereits deshalb unschädlich, da die Beklagte nicht dazu verpflichtet ist, den Kläger in dieser Hinsicht aufzuklären. Hinzu kommt, dass sie u.a. im Ablehnungsbescheid vom 13. November 2020 explizit darauf hingewiesen hat, dass eine Gebührenreduzierung in einer dezentralen Wohnung nach der Satzung ausgeschlossen sei. Daraus musste der Kläger im Umkehrschluss schließen, dass dies in anderen Wohnformen durchaus möglich ist. Diesen Schluss hat der Kläger entweder nicht gezogen oder sich gegen ein solches Vorgehen entschieden, um nicht in eine andere Unterbringung wechseln zu müssen. In beiden Fällen muss er sich an den nach der Satzung in rechtmäßiger Weise festgesetzten höheren Gebühren festhalten lassen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.