Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 02.11.2016, Az.: 6 C 52/16

Ausschlussfrist; Studienplatzvergabe; Zulassung außerhalb der Kapazität; Zulassungsordnung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
02.11.2016
Aktenzeichen
6 C 52/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43348
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Frist für den Antrag auf Zulassung zum Studium außerhalb des Studienplatzvergabeverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller von der Antragsgegnerin seine vorläufige Zulassung zum Studium für den Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaftslehre (Major) im ersten Fachsemester zum Wintersemester 2016/2017 begehrt, hat keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen notwendig erscheint. Voraussetzung dafür ist neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) ein Anspruch des Antragstellers auf die begehrte Regelung (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf gerichtliche Zulassung innerhalb der durch Zulassungszahlenverordnung vom 23. Juni 2016 - ZZ-VO 2016/2017 - (Nds. GVBl. 2016, 117) für den Studiengang Betriebswirtschaftslehre festgesetzten Kapazität. Der Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin vom 13. September 2016 ist mittlerweile bestandskräftig geworden, da der Antragsteller es versäumt hat, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides Klage zu erheben.

Soweit der Antragsteller einen Anspruch auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität geltend macht, ist sein Antrag ebenfalls unzulässig. Der Antragsteller hat es versäumt, fristgerecht bei der Antragsgegnerin einen gesonderten Antrag auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität zu stellen.

Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 der Niedersächsischen Hochschulzulassungsgesetzes vom 29. Januar 1998 (Nds. GVBl. 1998, 51) in der am dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung vom 15. Dezember 2015 (Nds. GVBl. 2015, S. 384, 390) regelt die Hochschule für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Zulassung zum Studium außerhalb des Verfahrens der Studienplatzvergabe durch Ordnung Form und Inhalt der Antragstellung, insbesondere die dem Antrag beizufügenden Unterlagen, sowie Ausschlussfristen, innerhalb derer der Antrag bei der Hochschule eingegangen sein muss. Durch diese Gesetzesänderung hat der Niedersächsische Gesetzgeber stillschweigend die bisherige Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 b) VergabeVO aufgehoben, der für Anträge auf Zulassung außerhalb der Kapazität eine Frist bis zum 15. Oktober des Jahres vorsah. Die Antragsgegnerin hat von dieser Ermächtigung durch ihre „Allgemeine Ordnung der Leuphana Universität Lüneburg für den Zugang und die Zulassung zum „Leuphana-Bachelor“ mit allen zulassungsbeschränkten Teilstudiengängen“ in der Fassung der Neubekanntmachung vom 12. Mai 2016 (Leuphana-Gazette 16/2016, 5 ff.) Gebrauch gemacht und in § 12 dieser Zulassungsordnung festgelegt, dass Anträge auf Zulassung zum Studium außerhalb des Studienplatzvergabeverfahrens schriftlich bis zum 15. September (Ausschlussfrist für das Wintersemester) bei ihr zu stellen sind. Der Antragsteller hat jedoch erst mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22. September 2016 einen Antrag auf Zulassung zum Studium gestellt, den die Antragsgegnerin zutreffend mit Bescheid vom 4. Oktober 2016 abgelehnt hat. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Bescheid ist seitens der Antragstellerin nicht erfolgt. Die Kammer hat keine rechtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Zulassungsordnung der Antraggegnerin, zumal das Fristende 2 Wochen vor Semesterbeginn der geordneten Durchführung des Zulassungsverfahrens und der Entscheidungsfindung vor Semesterbeginn dient und Studienplatzbewerber nicht übermäßig belastet, die Anträge innerhalb des Studienplatzvergabeverfahrens bereits bis zum 15. Juli stellen müssen.

Im Übrigen greifen die Rügen des Antragstellers zur Kapazitätsberechnungen der Antragsgegnerin nicht durch. Dies wäre gemäß §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO jedoch erforderlich, um den behaupteten Anspruch darzulegen. Das Amtsermittlungsprinzip des § 86 Abs. 1 VwGO verpflichtet das Gericht erst dann zu eigenen Ermittlungen, wenn ein Antragsteller zumindest ansatzweise darlegt, dass der Hochschule Berechnungsfehler unterlaufen sind, die zu einer höheren Aufnahmekapazität führen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 19.02.2004 - 2 PA 378/03 -, Beschl. v. 16.01.2003 - 2 NB 17/03 -, Beschl. v. 19.12.2001 - 10 NA 3878/01 -; V.n.b.). Wenn ein Antragsteller nichts weiter vorträgt und auch keine Einsicht in die Kapazitätsunterlagen nimmt, also nicht einmal skizzenhaft darstellt, wo er Mängel vermutet und Aufklärungsbedarf sieht, so endet die Aufklärungspflicht des Verwaltungsgerichts (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 29.04.2014 - 2 NB 133/14 -, juris, Rn. 8).

Zwar sind die Verwaltungsgerichte unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31. März 2004 (- 1 BvR 356/04 -, NVwZ 2004, 1112) gehalten, in Hochschulzulassungsstreitigkeiten schon im einstweiligen Rechtsschutzverfahren von Amts wegen die kapazitätsbestimmenden Faktoren zu prüfen. Aus den von der Antragsgegnerin übersandten Kapazitätsunterlagen lassen sich indes Berechnungsfehler nicht erkennen und es ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin bei ihren Festsetzungen unzutreffende Zahlen zugrunde gelegt hätte. Die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität zum Studienjahr 2016/2017 und Vorschläge für Zulassungsbeschränkungen sowie Zulassungszahlen zum Wintersemester 2016/2017 und zum Sommersemester 2017 sind im Bericht der Antragsgegnerin an das Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur vom 11. Mai 2016 im Einzelnen dargestellt und vom Ministerium geprüft und für richtig befunden worden. Durch die ZZ-VO 2016/2017 hat das Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur die Zahl der an der Leuphana Universität Lüneburg für die angebotenen Studiengänge höchstens aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber für das Wintersemester 2016/2017 festgesetzt, für den hier in Rede stehenden Studiengang auf 171 Vollstudienplätze, die nach Anlage 3 der ZZ-VO 2016/2017 als Bachelor-Studiengänge mit zwei Fächern für das Major-Fach mit dem Faktor 0,83 vergeben werden. Es errechnen sich also insgesamt 206 Studienplätze.

Die Antragsgegnerin hat bei der aktuellen Kapazitätsberechnung auch die maßgeblichen normativen Vorgaben beachtet und eingehalten. Ausgehend von der Kapazitäts-verordnung - KapVO - (Nds. GVBl. 2003, S. 222, zuletzt geändert durch Verordnung vom 25.08.2015, Nds.GVBl. S.169) und der Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO- (Nds. GVBl. 2007, 408, zuletzt geändert durch Verordnung vom 04.08.2014, Nds.GVBl. S. 235) ist insbesondere nicht festzustellen, dass die Antragsgegnerin Lehrpersonal nicht oder mit zu geringen Deputatstunden angesetzt oder unzutreffende Schwundfaktoren zugrunde gelegt hat. Die Antragsgegnerin hat bei ihren Berechnungen insbesondere nicht nur die besetzten, sondern die besetzbaren Planstellen in Ansatz gebracht. Die einzelnen Stellen nebst Deputat (vgl. § 9 KapVO) und Reduzierungen sind in den Kapazitätsunterlagen aufgelistet und begründet. Gleiches gilt für den von der Antragsgegnerin ermittelten Dienstleistungsbedarf für andere Studiengänge (vgl. § 11 KapVO). Dass die Antragsgegnerin unzutreffende Curricularnormwerte (vgl. § 13 KapVO) in Ansatz gebracht hätte oder der in Ansatz gebrachte Wert fehlerhaft ermittelt worden wäre, ist ebenfalls nicht erkennbar.

Soweit der Antragsteller einwendet, dass die Antragsgegnerin bei der Berechnung des Lehrangebotes die Vergabe von Werkverträgen hätte berücksichtigen müssen, kann dem nicht gefolgt werden. Denn bei der Antragsgegnerin werden keine Lehraufträge in Form von Werkverträgen, sondern ausschließlich in Form von öffentlich-rechtlichen Beauftragungen gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 NHG vergeben. Diese Lehraufträge sind gemäß den Vorgaben des § 10 KapVO in der Kapazitätsberechnung berücksichtigt worden.

Ein Wirtschaftsplan ist vom Stiftungsrat der Antragsgegnerin am 17. Dezember 2015 für das Geschäftsjahr 2016 aufgestellt und gemeinsam mit dem Stellenplan 2016 beschlossen worden. Anhaltspunkte dafür, dass der Wirtschaftsplan nicht entsprechend den maßgeblichen Vorgaben aufgestellt worden wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Ebenso besteht kein Grund zu der Annahme, dass die Lehrverpflichtung nach der LVVO nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden sein soll, insbesondere weil die Reduzierung der Lehrverpflichtung für ehemalige FH-Professoren auf 14 SWS in § 6a LVVO keine hinreichende Grundlage findet oder weil die verpflichteten Professoren die festgesetzten LVS tatsächlich nicht ausschöpfen. Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Antragsgegnerin aus dem „Zukunftsvertrag II“ (LT-Drs. 16/2655) zu einer Erhöhung des Lehrdeputats verpflichtet wäre. Zwar sind faktisch kapazitätserhöhende Maßnahmen, die durch den Zukunftsvertrag II ermöglicht worden sind, bei der Kapazitätsberechnung unmittelbar zu berücksichtigten. Als Dritter hat der Antragsteller jedoch keinen Anspruch darauf, dass der Zukunftsvertrag II in allen Details vertragsgemäß umgesetzt wird (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 10.08.2012 - 2 NB 12/12 -, V.n.b.). Ein Anspruch auf Erweiterung des Lehrdeputats aufgrund des Zukunftsvertrages II scheidet danach aus.

Es ist schließlich nicht festzustellen, dass die Antragsgegnerin die Schwundquote (vgl. § 16 KapVO) fehlerhaft ermittelt hat. Die Antragsgegnerin hat bei der Ermittlung der Schwundquote die neuesten verfügbaren Daten berücksichtigt. Sie konnte hierbei auf die tatsächlichen Abgänge der letzten Zeitsemester zurückgreifen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.