Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 24.11.2016, Az.: 6 A 182/15

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
24.11.2016
Aktenzeichen
6 A 182/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43071
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Bewertung einer Prüfungsleistung als bestanden oder als nicht bestanden ist ein Verwaltungsakt, wenn von der Entscheidung nach der Prüfungsordnung unmittelbar abhängt, ob ein Modul bestanden ist und damit Credit Points nach dem ECTS erworben werden, die bei einem Hochschulwechsel erhalten bleiben.

Die Veröffentlichung einer Prüfungsentscheidung in einem internetgestützten Hochschulinformationssystem ist keine wirksame Bekanntgabe, wenn der Inhalt der Internetseite von der Hochschule jederzeit wieder geändert werden kann.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Bewertung einer Prüfungsleistung.

Die am B. geborene Klägerin ist bei der Beklagten im Masterstudiengang Lehramt an Realschulen eingeschrieben. Zum erfolgreichen Abschluss des Studiums fehlt der Klägerin außer dem hier streitgegenständlichen Praxisbericht im Modul „Mathematisches Lernen an der Realschule“ nur noch die Masterthesis.

Die Klägerin leistete im Wintersemester 2012/13 in der Zeit vom 19.02.2013 bis 15.03.2013 ein Praktikum an der damaligen Realschule C. in D. ab und besuchte ein praktikumsbegleitendes Seminar bei der Seminarleiterin E.. Die Prüfungsleistung für dieses Modul bestand in der Anfertigung eines Praxisberichts. Die Klägerin verfasste nach Beendigung des Praktikums, bei dem Frau E. am 26.02.2013 eine Unterrichtseinheit besuchte, den vorgesehenen Praxisbericht. Der Praxisbericht wurde von der Klägerin Mitte September 2013 mit sämtlichen Beobachtungsbögen an Frau E. zur Bewertung übergeben. Mit E-Mail vom 20. September 2013 teilte Frau E. der Klägerin folgendes mit:

„Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass der Praxisbericht nach Durchsicht nicht bestanden wurde. Nun müsste ich Sie als nicht bestanden eintragen. Ich möchte Ihnen aber anbieten, den Bericht noch einmal zu überarbeiten. Da es einige Punkte gibt, an denen nachgebessert werden muss, schlage ich ein Treffen für eine genaue Besprechung dieser Punkte vor.“ (Bl. 3e VV)

Dieses Gespräch fand sodann am 23.09.2013 statt. Über den Inhalt des Gesprächs besteht Uneinigkeit. Die Klägerin meint sich zu erinnern, dass lediglich das Layout des Praxisberichts und der Umfang der Literaturliste diskutiert wurden. In einer Stellungnahme vom 20.12.2014 teilte Frau E. hingegen mit, dass diverse Punkte angesprochen wurden, unter anderem, dass die didaktische Zielsetzung verfehlt sei, der Aufbau der Arbeit an die Vorgaben angepasst werden müsse und Reflektionen in dem Praxisbericht gefehlt hätten. Unstreitig bot die Dozentin E. der Klägerin jedoch an, ihren Prüfungsbericht zu überarbeiten und erneut einzureichen.

Mit Mail vom 29.10.2013 teilte die Klägerin der Prüferin E. mit, dass ihr Laptop vor einer Woche abgestürzt sei. Seitdem versuche sie, die Festplatte wiederherzustellen. Dies sei jedoch bezüglich des Speicherorts des Praktikumsberichts nicht möglich gewesen. Sie bat um eine Fristverlängerung (Bl. 11g VV). Die Prüferin gewährte ihr eine Verlängerung der Abgabefrist bis zum 30.11.2013 (Bl. 11g VV).

Binnen der somit verlängerten Frist ging jedoch ein Praktikumsbericht nicht ein.

Vielmehr teilte die Klägerin Frau E. mit E-Mail vom 07.05.2014, über ein halbes Jahr nach dem Gespräch, mit:

„Sehr geehrte Frau E., da ich es aus persönlichen Gründen nicht geschafft habe, den Praxisbericht bis jetzt fertig zu stellen, bitte ich Sie, dem Prüfungsamt so bald wie möglich das Nichtbestehen dieser Prüfung mitzuteilen, damit ich die Gelegenheit habe, den Praxisbericht erneut zum 30. Juni 2014 einzureichen.“ (Bl. 11h).

Mit E-Mail vom selben Tag antwortete Frau E. daraufhin:

„Hallo Frau F., das ist bereits geschehen. Bei mir können Sie allerdings keinen Praxisbericht mehr einreichen.“ (ebenda)

Mit E-Mail vom 08.05.2014 reagierte die Klägerin wie folgt:

„Mich irritiert, warum dies nicht in QIS Leuphana [dem Hochschulinformationssystem der Beklagten] offiziell eingetragen ist. Ich brauche dies, da es BAföG-relevant ist.“ (Bl. 11f VV)

Am 13.05.2014 wurde daraufhin in dem hochschuleigenen Informationssystem QIS für die Prüfung „Mathematisches Lernen in der Realschule“ das Ergebnis der Prüfung mit 5,0 vermerkt.

Bei dem QIS-System handelt es sich um eine webbasierte Plattform der Beklagten, über die Studierende verschiedene Selbstbedienungsfunktionen des Studierendenservice nutzen können. In einem persönlichen Account können die Studierenden über QIS auch die Ergebnisse der von Ihnen abgelegten Prüfungen einsehen. Dieser Bereich der Plattform ist für Dritte nicht einsehbar. Ein Ausdruck der Noten bzw. die Erstellung eines pdf-Dokuments, das abgerufen und gespeichert werden konnte, war möglich (Anlage B 3, QIS-User-Guide). Dort eingestellte Noten können durch die Sachbearbeiter der Beklagten geändert und gelöscht werden. Über Neueintragungen und Änderungen im QIS-System werden die Studierenden per Email unterrichtet.

Die Rahmenprüfungsordnung der Beklagten für die Bachelor- und Master-Studiengänge, mit denen die Voraussetzungen für ein Lehramt vermittelt werden, in der am 13.05.2014 geltenden Fassung vom 12.07.2012 (Leuphana-Gazette Nr. 06/12) (im Folgenden: RPO) sah vor, dass die Bewertung schriftlicher Prüfungsergebnisse online über das Hochschulinformationssystem der Beklagten erfolge (§ 18 Abs. 4 Satz 2 RPO). Zugleich bestimmte § 24 Abs. 1 Satz 1 RPO, dass belastende Verwaltungsakte schriftlich zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen gemäß § 41 VwVfG bekannt zu geben seien.

Auf der für die Klägerin abrufbaren Seite ist eine Rechtsbehelfsbelehrung mit dem Inhalt aufgenommen, dass gegen die Benotung einer Prüfungsleistung binnen eines Monats Widerspruch beim zuständigen Prüfungsausschuss erhoben werden könne. Für den genauen Inhalt der Mitteilung wird auf den Ausdruck der Online-Bekanntgabe Bezug genommen (Anlage K 10, Bl. 102 GA).

Am 14.05.2014 erhielt die Klägerin eine Email des mit Prüfungsangelegenheiten befassten Dozenten Prof. Dr.  G.. Dieser teilte ihr mit, dass sie das Modul (insgesamt) nicht erfolgreich abgeschlossen habe. Dies betreffe nicht nur den Praktikumsbericht, sondern das Praktikum als solches (Bl. 3d VV). Die Klägerin reagierte mit Email vom 19.05.2014, in der sie anfragte, ob nicht stets die Möglichkeit bestehe, eine nicht bestandene Prüfungsleistung beim nächsten offiziellen Termin nachzuholen (Bl. 3c VV). Zudem wandte sie sich mit Email vom 20.05.2014 an die Prüferin E.. Sie warf ihr vor, sie unzureichend informiert zu haben und führte aus:

„Ich bin davon ausgegangen, dass ich den Praktikumsbericht zum nächsten Modulangebot abgeben kann, wie es bei den anderen Prüfungsleistungen auch üblich ist. Dann hätte ich anders geplant und wäre nicht bereits komplett umgezogen.“ (Bl. 11f VV)

Die Klägerin reichte sodann am 25.07.2014 (Bl. 30 GA) erneut einen Praxisbericht bei der Beklagten ein. Diesen bewertete wiederum die Prüferin E.. Sie vergab erneut die Note „5,0“. Diese Bewertung wurde am 24.09.2014 im Hochschulinformationssystem QIS veröffentlich (Bl. 90 GA).

Mit Schreiben vom 24.09.2014, bei der Beklagten eingegangen am 29.09.2014, erhob die Klägerin Widerspruch gegen diese Benotung der Prüfungsleistung. Das Schreiben beinhaltete auch folgende Formulierung:

„Gleichzeitig bitte ich um Überprüfung meiner 1. Prüfungsleistung, die am 13.05.2014 in QIS eingetragen wurde und in direktem Zusammenhang steht. Zur Ergänzung habe ich Ihnen die E-Mails von Frau E. und Herrn Prof. Doktor G. bezüglich dieses Sachverhalts beigefügt, sowie die Übersicht über meine Leistung. Frau E. hat die Aussage, dass ich das gesamte Modul nicht bestanden hätte, erst im Mai 2014 nachgeschoben. Aufgrund dieser Tatsache habe ich den Eindruck, dass auch bereits mein erster Praktikumsbericht von einem anderen Prüfer anders bewertet worden wäre.“ (Bl. 3 VV).

Mit anwaltlichen Schreiben vom einen 20.11.2014 (Bl. 7a ff. VV) begründete die Klägerin ihren Widerspruch. Sie schilderte den Inhalt des mit der Prüferin E. am 23.09.2013 erfolgten Gesprächs aus ihrer Sicht. Die Prüferin habe ihr angeboten, die beanstandeten Kritikpunkte an dem Praktikumsbericht zu überarbeiten und im Anschluss den Praktikumsbericht in überarbeiteter Fassung vorzulegen. Der Klägerin sei es allerdings nicht mehr gelungen, den überarbeiteten Praktikumsbericht der Prüferin vorzulegen. Der Grund dafür sei, dass Daten infolge einer Fehlfunktion der Festplatte unwiederbringlich verloren gegangen seien. Ferner seien familiäre Probleme hinzugetreten, unter anderem sei die in Australien lebende Tochter der Klägerin verunglückt. Die Klägerin merkte ferner an, dass ihr die inhaltliche Bewertung des ersten, im September 2013 eingereichten Praktikumsberichts, welche der Prüferin E. mit sämtlichen Anlagen vorgelegt worden sei, bis zur Stunde nicht bekannt gegeben worden sei. Insofern sei für sie auch nicht nachvollziehbar, mit welcher Begründung die die im Online-Portal der Beklagten vermerkte Bewertung mit „5,0“ am 13.05.2014 eingetragen worden sei. Vorsorglich erhob die Klägerin auch gegen die erste Bewertung, die am 13.05.2014 bekannt gegeben worden sei, Widerspruch. Sie vertrat die Ansicht, die Widerspruchsfrist gegen diesen Bescheid habe noch nicht zu laufen begonnen, da eine Begründung nicht vorgelegt worden sei. Sodann wandte sich die Klägerin im Einzelnen gegen die Bewertung des am 25.07.2014 eingereichten Praktikumsberichts.

Mit Schreiben vom 20.02.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sich der Prüfungsausschuss mit dem Widerspruch befasst, diesem aber nicht stattgegeben habe (Bl. 17 VV). Zuvor hatte die Beklagte eine Stellungnahme der Prüferin E. zu den von der Klägerin im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Einwänden eingeholt (Bl. 11 ff. VV).

Mit Schreiben vom 17.03.2015 (Bl. 18 VV) beantragte die Klägerin, eine Entscheidung des Fakultätsrats über den Widerspruch einzuholen.

Der Fakultätsrat beschloss in seiner Sitzung am 08.04.2015, dem Widerspruch nicht stattzugeben (Bl. 21 VV).

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2015 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück (Bl. 24 VV).

Gegen diesen Bescheid, der Klägerin am 28.04.2015 zugestellt, richtet sich die am 22.05.2015 eingegangene Klage.

Die Klägerin rügt in formeller Hinsicht, der erste von ihr vorgelegte Praxisberichts sei bereits nicht ordnungsgemäß bewertet worden (Bl. 30 GA). Da ihr kein Bewertungsbogen der Prüferin zu dem eingereichten Bericht übersandt worden sei, fehle es bereits an einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung im Onlineportal QIS. Überdies meint die Klägerin, die Prüfungsentscheidung sei unwirksam, da die Bewertung nicht in Schriftform erfolgt und auch ansonsten nicht begründet worden sei.

Eine Bewertung des Prüfungsberichts sei der Prüferin indes möglich gewesen. In diesem Zusammenhang behauptet die Klägerin, sie habe den ersten Praxisbericht im Original mit sämtlichen Anlagen der Prüferin übergeben und von dieser auch nie zurückerhalten (Bl. 32, 64 GA). Es treffe auch nicht zu, dass die Klägerin den einmal eingereichten Praxisbericht wieder zurückgezogen habe, um ihn eventuell nachgebessert wieder einzureichen. Vielmehr sei dies lediglich eine „Option“ der Klägerin gewesen. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt des Gesprächs mit Frau E. bereits die Zusage erhalten, ihr Studium und auch das in Rede stehende Modul in Neuseeland abzuschließen. Sie habe sich somit lediglich vorbehalten, den Praxisbericht nachzubessern (Bl. 64 GA).

Ihr sei zudem nicht die Möglichkeit eröffnet worden, ihren Bericht durch mündlichen Vortrag im Rahmen eines Kolloquiums zu ergänzen, obwohl die Rahmenprüfungsordnung der Beklagten eine solche Möglichkeit vorsieht (§ 12 Abs. 11 Satz 3 RPO).

Auch hinsichtlich des zweiten Praxisberichts sei ihr die Möglichkeit der Ergänzung in einem Kolloquium nicht angeboten worden.

In materieller Hinsicht macht die Klägerin die Befangenheit der Prüferin E. geltend. Diese habe nach einem Unterrichtsbesuch im Rahmen des Praktikums keine Kritik an der Unterrichtsleistung der Klägerin geäußert. Auch bei dem Gespräch vom 23.09.2013 seien die Kritikpunkte nicht aufgegriffen worden, die später bei der Bewertung des zweiten von ihr vorgelegten Praxisberichts von der Beklagten angeführt worden wären. Wären ihr diese Kritikpunkte früher vermittelt worden, hätte die Klägerin diese bei Abfassung des zweiten Praxisberichts berücksichtigen können. Zudem ergebe sich die Befangenheit der Prüferin daraus, dass diese wiederholt geäußert habe, Lehrerinnen im Alter der Klägerin sollten aus dem aktiven Schuldienst ausscheiden und diesen jüngeren Kolleginnen und Kollegen überlassen. Überdies beruft sich die Klägerin darauf, dass die Prüferin E. in ihrer Stellungnahme im Widerspruchsverfahren (Bl. 11 ff. VV) ausführte, sie habe schnell gemerkt, dass die Klägerin Anregungen zur Verbesserung der Arbeit nicht annimmt.

In Bezug auf die Bewertung des zweiten Praxisberichts erhebt die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren im Einzelnen folgende Einwände:

1. Die Prüferin E. habe zu Unrecht bemängelt, dass Bewertungsbögen fehlen würden. Hierzu behauptet die Klägerin, diese Beobachtungsbögen lägen der Prüferin bereits seit Abgabe des ersten Praxisberichts vor (Bl. 8b VV).

2. Zu Unrecht rüge die Prüferin, dass in der „Einleitung und Zielsetzung“ keine mathematisch-didaktischen Ansätze oder Aspekte des mathematischen Lehrens und Lernens enthalten sollen. Dies sei nie gefordert worden (Bl. 8c VV).

3. Der Klägerin werde zu Unrecht vorgeworfen, im Frontalunterricht zu unterrichten, obwohl namentlich genannte Dozenten in der konkreten Unterrichtssituation als sinnvoll erachten würden (Bl. 8c VV).

4. Die von der Prüferin kritisierte Verlaufsplanung sei zuvor von ihr gebilligt worden (Bl. 8c VV). Dies gelte auch für den Unterabschnitt „kleiner Entwurf“.

5. Bezüglich der Beifügung von Tafelbildern, etc. habe die Klägerin die Vorgaben der Universität befolgt (Bl. 8c VV).

6. Die Kritik, die Klägerin habe Unterrichtsmaterial ohne weiter gehende methodische Planung eingesetzt, sei unangebracht, da die einzelnen Schritte durch die Schüler in Partnerarbeit spielerisch erarbeitet und im Plenum diskutiert werden sollten (Bl. 8c VV).

7. Die unter der Rubrik „Beobachtungsaufgabe: Betrachtung des Lehrbuches“ angestellte Kritik der Prüferin, dass die fehlende Schulung prozessbezogener Kompetenzen keine Erwähnung finde, sei unbegründet, denn diese werde im Stoffverteilungsplan erwähnt (Bl. 8d VV).

8. Zudem habe die Klägerin entgegen der Kritik nur Literatur benutzt, die im Anhang des Berichts angegeben wurde (Bl. 8d VV).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte – unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 13.05.2014 und vom 24.09.2014 sowie des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2015 – zu verpflichten, über die Prüfungsleistung der Klägerin „Praxisbericht“ im Modul „Mathematisches Lernen in der Realschule“ nach Neubewertung der Prüfungsleistung der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen der Prüferin E. im Widerspruchsverfahren und macht sich diese zu Eigen.

Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2016 die Prüferin E. als Zeugin zum Verbleib des ersten eingereichten Praxisberichts vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

I.

Die Klage ist zulässig.

1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft.

Bei den Entscheidungen sowohl vom 13.05.2014 als auch vom 24.09.2014 über die Prüfungsleistung im Modul „Mathematisches Lernen an der Realschule“ handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG (i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 3 Nr. 2 des Nds. Verwaltungsverfahrensgesetzes) (im Folgenden: VwVfG). Danach ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtwirkung nach außen gerichtet ist.

a) Allerdings kann bei der Bewertung einer einzelnen Prüfungsleistung nicht generell angenommen werden, dass es sich um einen Verwaltungsakt handelt. Vielmehr gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Benotungen einzelner Prüfungsleistungen regelmäßig keine selbständige rechtliche Bedeutung haben, sondern lediglich eine Grundlage der behördlichen Entscheidung über das Bestehen und Nichtbestehen der Prüfung bilden, die ihrerseits eine rechtliche Regelung enthält und daher den Verwaltungsakt darstellt, der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft werden kann (BVerwG, Urt. v. 23.05.2012 – 6 C 8/11 –, Rn. 14, juris).

Das Bundesverwaltungsgericht betont jedoch zugleich, dass die Frage, ob einer Einzelnote Regelungsqualität im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG zukommt, ausschließlich anhand der jeweiligen Prüfungsordnung zu klären ist. Fehlen dort ausdrückliche Festlegungen, ist sie mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden zu beantworten. Das Bundesrecht enthält diesbezüglich keine Vorgaben, auch nicht im Sinne einer hilfsweise anzuwendenden Vermutungsregel, wonach „im Zweifel“ von einer fehlenden selbständigen Regelungsqualität von Einzelnoten auszugehen wäre (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 14, juris).

Somit kann der Bewertung einer einzelnen Prüfungsleistung ausnahmsweise in der jeweiligen Prüfungsordnung aufgrund einer besonderen Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens eine selbständige rechtliche Bedeutung zuerkannt sein, der die Behörde mit einem entsprechenden Rechtsfolgenausspruch, also mit dem Erlass eines Verwaltungsakts Rechnung zu tragen hat. Solches kommt insbesondere dann in Betracht, wenn mit der Bewertung der einzelnen Prüfungsleistung zugleich über das Ergebnis der Prüfung insgesamt entschieden wird oder wenn die Prüfung in mehrere selbständige Teile untergliedert ist, die je für sich zu bestehen sind und im Nichtbestehensfall wiederholt werden müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.03.2003 – 6 B 8/03 –, Rn. 3, juris).

b) Daran gemessen ist jedenfalls die Entscheidung über das Nichtbestehen der Modulprüfung ein Verwaltungsakt.

Das Bestehen aller geforderten Modulprüfungen ist Voraussetzung für das Bestehen der Masterprüfung, die Modulprüfungen fließen unmittelbar im Wege von Leistungspunkten in die Masterprüfung ein und werden auch im Masterzeugnis nachgewiesen (§§ 20 Abs. 4 Buchst. b, 26 Abs. 1 Satz 2 RPO). Jedenfalls die regelnde Außenwirkung der Prüfungsentscheidung, dass eine Teilprüfung nicht bestanden wurde und somit – soweit noch Versuche frei sind (§ 19 Abs. 1 RPO) – zu wiederholen ist, sprechen für den Verwaltungsaktcharakter solcher Entscheidungen, die deshalb mit der Bewertung einzelner Klassenarbeiten nicht auf eine Stufe gestellt werden können (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.03.2011, 14 B 174/11, Rn. 4, juris; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl., Rn. 817; weiter gehend VG Gera, Urt. v. 10.04.2013, 2 K 1766/11 Ge, im Internet abrufbar unter: http://www.vgge.thueringen.de/webthfj/webthfj.nsf/B73163F1B29A4CD0C1257B7A0021D809/$File/11-2K-01766-U-A.pdf?OpenElement: Entscheidung über die Prüfungsleistung in einem Modul ist stets als Verwaltungsakt anzusehen).

Aus den gleichen Gründen ist aber auch die – hier von der Klägerin erstrebte – Entscheidung, dass und wie das Modul bestanden wurde, ein Verwaltungsakt. Die (positive) Entscheidung über die in einem Modul zu erbringende Prüfungsleistung weist alle Merkmale eines Verwaltungsakts auf. Insbesondere ist sie auch nach Maßgabe der Rahmenprüfungsordnung auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet.

Die Kammer stützt dies Ergebnis der Auslegung insbesondere darauf, dass die Rahmenprüfungsordnung für den Fall des Bestehens der Modulprüfung den Erwerb der einem Modul zugeordneten Credit Points vorsieht (§ 4 Abs. 6 Satz 1 RPO). Mit dem Bestehen des Moduls werden diese Credit Points erworben (§ 13 Abs. 3 RPO). Damit hat das Bestehen der Modulprüfung eine eigenständige rechtliche Bedeutung. Die Bewertung des Moduls ist auch keine unselbständige Vorbereitungs- oder Teilregelung, die nur inzident überprüft werden kann, wenn der Studierende gegen die endgültige Entscheidung der Beklagten über die bestandene Master-Prüfung gemäß den §§ 20 Abs. 1, 26 Abs. 1 RPO vorgeht. Eine solche Auslegung der Prüfungsordnung würde voraussetzen, dass der Ordnungsgeber davon ausging, dass die Teilnehmer eines Moduls auch stets die Masterprüfung bei der Beklagten ablegen würden, um diesen Rechtsschutz überhaupt effektiv wahrnehmen zu können (Art. 19 Abs. 4 GG). Das kann aber nicht vorausgesetzt werden, und das setzt auch die Prüfungsordnung nicht voraus. Die Modularisierung des Master-Studiums soll vielmehr gerade auch den Wechsel der Hochschule erleichtern. Die Bewertung der Module mit Credit Points nach einem europaweit einheitlichen System, dem European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS) (§§ 4 Abs. 4, 5, 13 Abs. 3, 26 Abs. 4, 5 RPO), soll darüber hinaus auch das Absolvieren eines Studiums im europäischen Ausland, dem europäischen Hochschulraum, fördern. Dementsprechend sieht auch die hier maßgebliche Rahmenprüfungsordnung der Beklagten vor, dass bei Verlassen der Universität oder einem Wechsel eine Bescheinigung über die erbrachten Modulprüfungen und deren Bewertungen enthält (§ 26 Abs. 4 Satz 1 RPO). Zudem erhielten die Studierenden am Ende eines Semesters auf Antrag einen „Transcript of Records“, d.h. eine Übersicht über alle bisherigen Leistungen unter Ausweisung der erworbenen Credit Points (§ 26 Abs. 5 RPO).

2. Die somit statthafte Verpflichtungsklage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat die Klägerin ein ordnungsgemäßes Vorverfahren gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Nds. Justizgesetzes durchgeführt. Die Klägerin hat die Widerspruchsfrist gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO betreffend die Entscheidung der Beklagten vom 13.05.2014 gewahrt.

Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Danach kommt es maßgeblich auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe an. Eine ordnungsgemäße Bekanntgabe ist hier aber erst im Widerspruchsverfahren durch Zustellung des Widerspruchsbescheids erfolgt. Eine fehlende oder fehlerhafte Bekanntgabe kann nämlich noch im Widerspruchsverfahren erfolgen, da der Ausgangsbescheid gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst durch den Widerspruchsbescheid seine endgültige Gestalt erhält (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 26.06.1987, 8 C 21/86, NVwZ 1988, 51; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 01.11.1999, A 1 S 113/99, NVwZ 2000, 208).

Der Bescheid vom 13.05.2014 ist zu keinem früheren Zeitpunkt ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Die Einstellung des Prüfungsergebnisses in das Hochschulinformationssystem QIS der Antragsgegnerin genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

a) Der Bescheid ist der Klägerin nicht als elektronischer Verwaltungsakt gemäß § 41 VwVfG bekannt gegeben worden. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Für den elektronisch erlassenen Verwaltungsakt bestimmt § 41 Abs. 2 Satz 2, 3 VwVfG überdies, dass er am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben gilt, es sei denn, der Verwaltungsakt ist nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen.

An einem solchen Zugang fehlt es hier aber. Zugang liegt – entsprechend den zum Zivilrecht entwickelten Grundsätzen – vor, wenn die Willenserklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser bei gewöhnlichem Verlauf und unter normalen Umständen (also unabhängig von in der Person des Empfängers liegenden Gründen wie Urlaub oder Krankheit) unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung die Möglichkeit hat, von ihr Kenntnis zu nehmen (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, 8. Auflage, § 41, Rn. 62). Mit der Tatbestandsvoraussetzung, dass der Verwaltungsakt in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein muss, ist entsprechend den Anforderungen für Schriftstücke verbunden, dass dem Betroffenen dauerhafte Verfügungsgewalt über die Datei gewährt wird. Bei Versendung etwa per E-Mail wird die Verfügungsgewalt grundsätzlich mit der Ablage der Nachricht im elektronischen Briefkasten begründet, also mit der Versendung einer Datei über das Internet auf einen Speicherplatz, auf den der Empfänger (alleinigen) Zugriff hat. Keine Verfügungsgewalt wird begründet, wenn der Empfänger nur per E-Mail darauf hingewiesen wird, dass der verfügende Teil des Verwaltungsakts ganz oder teilw. (z. B. Nebenbestimmungen) auf der Internetseite der Behörde abgerufen werden kann, weil die entsprechende Seite von der Behörde jederzeit geändert werden kann (vgl. hierzu auch BayVGH, Beschl. v. 07.11.2012, 7 C 12.2143, juris; Braun Binder, Elektronische Bekanntgabe von Verwaltungsakten über Behördenportale, NVwZ 2016, 342, 346). Auch die Möglichkeit einer Abspeicherung der Internet-Seite begründet eben nur diese Möglichkeit, jedoch keine tatsächliche dauerhafte Verfügungsgewalt. Deshalb kann schon gar nicht ein Verwaltungsakt in der Form individuell bekannt gegeben werden, dass der Betroffene allgemein darüber informiert wird, ihn betreffende Informationen seien im Internet unter einer bestimmten Adresse abrufbar (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 41, Rn. 92).

Gemessen daran ist der Bescheid der Klägerin nicht zugegangen. Zwar ergibt sich aus den im gerichtlichen Verfahren eingeholten Auskünften der Beklagten, dass der Bescheid in einem individuell der Klägerin vorbehaltenen Bereich des Hochschulinformationssystems eingestellt wurde. Allerdings hatte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt die dauerhafte Verfügungsgewalt über den Bescheid bzw. die diesen verkörpernden Daten. Die Beklagte hat auf Nachfrage der Kammer erklärt, die im System QIS eingestellten Daten seien von den Sachbearbeitern der Beklagten jederzeit wieder abänderbar. Damit ist das Informationssystem aber am ehesten mit einer Internetseite vergleichbar, auf der die Beklagte den Verwaltungsakt zum eigenen Abruf bereitstellt (mit dem Unterschied, dass nur die Klägerin Zugang zu dieser Seite hat).

Dass diese Form der Bekanntgabe der Verwaltung nach dem geltenden Verwaltungsverfahrensgesetz verwehrt ist, wird auch dadurch bestätigt, dass für den Bereich der Finanzverwaltung, für die die im Wesentlichen inhaltsgleiche Abgabenordnung gilt, durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.07.2016 (BGBl. I, S. 1679) mit Wirkung ab dem 01.01.2017 gemäß der neuen Vorschrift des § 122a AO („Bekanntgabe von Verwaltungsakten durch Bereitstellung zum Datenabruf“) genau diese Möglichkeit der Bekanntgabe neu geschaffen wird.

b) Ein im Falle der Zugangseröffnung durch den Benutzer grundsätzlich zulässiger Zugang per Email ist nicht erfolgt. Die Klägerin erhielt per Mail lediglich die Mitteilung, dass Daten zum Abruf bereit stehen, nicht aber den Bescheid selbst.

c) Auch eine ordnungsgemäße öffentliche Bekanntgabe gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist nicht erfolgt. Danach darf ein Verwaltungsakt öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht und zugleich angegeben wird, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können.

Die Beklagte hat aber bereits entgegen § 41 Abs. 4 Satz 1 VwVfG im Rahmen der Bekanntgabe im System QIS nicht darauf hingewiesen, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können.

Zudem ist die Bekanntgabe im QIS-System mindestens im konkreten Fall nicht durch die Rahmenprüfungsordnung der Beklagten gedeckt, wie es § 41 Abs. 3 Satz 1 VwVfG erfordert. Gemäß § 18 Abs. 4 Satz 2 RPO sind zwar die Bewertungen der Prüfungsleistungen online über das Hochschulinformationssystem bekannt zu geben. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 RPO gilt jedoch, dass belastende Verwaltungsakte, die nach der RPO getroffen werden, schriftlich zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 41 VwVfG bekannt zu geben sind. Die zuletzt genannte Vorschrift verpflichtet die Beklagte somit zur Schriftform. § 24 Abs. 1 Satz 1 RPO geht als speziellere Vorschrift der allgemeinen Vorschrift des § 18 Abs. 4 Satz 2 RPO vor. Während § 18 Abs. 4 Satz 1 RPO allgemein die Bekanntgabe von Prüfungsergebnissen (also auch von nicht belastenden (Verwaltungs-)Akten) regelt, gilt § 24 Abs. 1 Satz 1 RPO für belastende, also dem jeweiligen Studierenden von vornherein nachteilige Verwaltungsakte. Um einen solchen Verwaltungsakt handelt es sich bei dem Bescheid vom 13.05.2014 (s. oben).

d) Der Fehler in der Bekanntgabe ist auch nicht vor Erlass des Widerspruchsbescheids geheilt worden. Es kann dahin stehen, ob die Klägerin den Bescheid vom 13.05.2014 tatsächlich zu einem früheren Zeitpunkt wahrgenommen hat. Für eine Heilung reicht es jedenfalls nicht aus, dass sich der Betroffene selbst Kenntnis von dem Inhalt des Bescheids verschafft. Von einem tatsächlichen Zugang analog § 8 VwZG kann nur gesprochen werden, wenn die Ausfertigung, die zugehen soll, von der Behörde in Richtung Empfänger „auf den Weg gebracht“ wurde und dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugeht (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 41, Rn. 233). Fehlt aber der Behörde – wie hier – der Wille, das Schriftstück überhaupt gemäß § 41 VwVfG bekannt zu geben, kommt eine Heilung somit nicht in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 27.01.2011, VII ZR 186/09, NJW 2011, 1965).

II.

Die zulässige Klage ist aber nicht begründet.

1. Der Bescheid vom 13.05.2014, mit dem festgestellt wurde, dass die Klägerin die Prüfung im Modul im ersten Versuch nicht bestanden hat, ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines ihr günstigeren Prüfungsergebnisses.

Die Klägerin hat das Modul nicht bestanden. Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 RPO ist ein Modul bestanden, wenn es mit mindestens „ausreichend“ (4,0) bewertet wurde. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RPO – soweit hier einschlägig – gilt aber die Prüfungsleistung als mit „nicht ausreichend“ bewertet, wenn Studierende ohne triftige Gründe nach der rechtsverbindlichen Anmeldefrist gemäß § 15 Abs. 2 und 3 Studien- und Prüfungsleistungen versäumen, zurücktreten oder vor Beendigung der Lehrveranstaltung/des Moduls die Teilnahme abbrechen.

So liegen die Dinge hier.

Die Klägerin hat die Abgabefrist für die erste Fassung des Praxisberichts versäumt.

Entgegen der Darstellung der Klägerin im gerichtlichen Verfahren hat die Klägerin den ersten Praxisbericht nicht eingereicht. Die Klägerin hat das Angebot der Prüferin wahrgenommen, den ursprünglich vorgelegten Bericht als nicht eingereicht zu betrachten, um ihn fristgerecht durch einen überarbeiteten Bericht zu ersetzen.

Die Prüferin hat ihr auch nicht – wie die Klägerin es darstellt – die Möglichkeit eröffnet, die vorgelegte erste Version des Berichts als abgegeben zu erachten, es sei denn, der Bericht würde noch fristgerecht durch eine überarbeitete Version ersetzt. In diese Richtung geht der Vortrag der Klägerin, eine solche Überarbeitung sei für sie nur eine Option gewesen. Mithin wäre ein Einreichen unter einer auflösenden Bedingung vereinbart.

Nicht relevant ist in diesem Zusammenhang, ob eine solche Vereinbarung überhaupt hätte getroffen werden können. Es trifft zwar zu, dass die Rahmenprüfungsordnung der Beklagten ein Einreichen einer Prüfungsleistung unter einer solchen auflösenden Bedingung nicht vorsieht. Auch die Möglichkeit, durch öffentlich-rechtlichen Vertrag die Modalitäten des Prüfungsverfahrens abzuändern, besteht nicht. Mit dem Nds. Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 29.02.2016, 2 PA 335/15, Bl. 104 ff. GA) geht die Kammer aber davon aus, dass der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen könnte, wenn sich die Prüferin mit einer solchen Verfahrensweise einverstanden erklärt. In besonderer Weise würde dies gelten, wenn die Prüferin diese Verfahrensweise sogar von sich aus angeboten und die Klägerin dem zugestimmt hätte.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer jedoch davon überzeugt, dass die Klägerin den ursprünglich einmal vorgelegten Praxisbericht wieder an sich nahm, ohne – wie zunächst beabsichtigt – eine korrigierte Version wieder einzureichen. Die Möglichkeit, den bereits eingereichten Bericht zu bewerten, bestand demnach für die Prüferin gar nicht mehr. Dementsprechend schied eine solche Bewertung auch für den Fall aus, dass die Klägerin keine verbesserte Version des Berichts vorlegen würde.

Die Prüferin E. hat in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, die Klägerin habe den Bericht wieder an sich genommen. Sie habe sich mit der Klägerin in einem Café auf dem Universitätsgelände getroffen. Sie habe den Bericht seinerzeit dabei gehabt. Inhalt des Gesprächs sei gewesen, wie der Bericht überarbeitet werden solle. Daraufhin habe sie den Bericht der Klägerin zurückgegeben. Weder diesen Bericht noch eine überarbeitete Version habe sie jedoch je zurückerhalten. Sie habe daher auch dem Prüfungsamt jedenfalls sinngemäß mitgeteilt, dass der Bericht nicht rechtzeitig abgegeben worden sei.

Diese Aussage der Zeugin ist glaubhaft. Die Zeugin berichtete detailreich und in einem gleichmäßigen Erzähltempo von dem Gespräch im Café. Ihre Aussage ist in sich schlüssig. So konnte die Prüferin nachvollziehbar begründen, warum es erforderlich war, dass der Praxisbericht der Klägerin für die Überarbeitung zurückgegeben wurde. Hierzu führte die Zeugin aus, dass die eingereichte Version etliche handschriftliche Anmerkungen enthalten habe. Zwar habe neben diesen Randanmerkungen noch ein Bewertungsbogen existiert. Dieser habe aber die Kritik eher zusammenfassend dargestellt und sei nicht so detailliert gewesen. Zudem sei der Bewertungsbogen der Klägerin nicht ausgehändigt worden – was die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch bestätigte. Nachvollziehbar konnte die Prüferin auch schildern, dass sie sich in einer Zwangslage befand, als das Prüfungsamt nach der Prüfungsleistung der Klägerin fragte und die Prüferin buchstäblich nichts mehr in den Händen hielt, was sie hätte bewerten können.

Die Zeugin ist auch glaubwürdig. Trotz des späteren Emailverkehrs zwischen der Klägerin und der Prüferin, in der die Klägerin der Prüferin vorwarf, sie wirtschaftlich ruinieren zu wollen, wies die Zeugin keinerlei Belastungstendenzen auf.

Ebenso spricht für die Glaubwürdigkeit der Zeugin, dass sie bereits im Widerspruchsverfahren, ohne dies gesondert zu betonen, dokumentierte, der Praxisbericht sei der Klägerin nach dem Gespräch zurückgegeben worden (Schreiben der Prüferin im Widerspruchsverfahren vom 20.12.2014, Bl. 11, 11b: „Da ich Frau F. die Arbeit zur Überarbeitung zurückgegeben habe, galt die Arbeit […] als nicht abgegeben.“). Ohne es zu wissen und zu einem Zeitpunkt, zu dem selbst der Beklagten die Behauptung der Klägerin, der erste Praxisbericht sei bei der Prüferin verblieben, nicht bekannt war, hatte die Zeugin daher unvoreingenommen hier entscheidende Tatsachen bekundet.

Diese Aussage der Prüferin wird durch die ihr widersprechende Darstellung der Klägerin nicht entscheidend in Frage gestellt.

Die Klägerin schildert zwar wie die Zeugin, dass sie sich mit der Prüferin im Café auf dem Universitätsgelände getroffen und mit ihr über die Arbeit gesprochen habe. Sie habe jedoch den Bericht nicht mitgenommen. Das sei auch nicht notwendig gewesen, da sie die Unterlagen, die sie für eine Überarbeitung benötigt habe, zuhause auf dem Rechner gespeichert hatte.

Diese Darstellung ist schon für sich genommen nicht überzeugend. Soweit die Klägerin begründet, sie habe die Arbeit nicht benötigt, weil sie alle relevanten Unterlagen abgespeichert habe, ist dies unverständlich. Für eine erfolgreiche Bearbeitung des Praxisberichts kam es in erster Linie darauf an, genau zu wissen, welche Passagen des Berichts zu verbessern sind. Diesbezüglich halfen der Klägerin die Inhalte der auf dem heimischen Rechner gespeicherten Dateien überhaupt nicht. Nach der übereinstimmenden Darstellung der Klägerin wie auch der Zeugin wurden der Klägerin die Bewertungsbögen als weitere, wenn auch nicht gleichwertige Handhabe dafür, an welchen Stellen der Praxisbericht zu verbessern ist, auch nicht ausgehändigt. Somit hatte die Klägerin allein ihre Notizen zur Verfügung.

Wie umfangreich und aussagekräftig diese Notizen waren, lässt sich im Nachhinein nur schwer rekonstruieren. Die Klägerin selbst hat nach der Beweisaufnahme zu begründen versucht, warum sie sich jedenfalls keine zu kleinteiligen Notizen machen müsse. Sie sei durch eine frühere berufliche Tätigkeit darauf geschult, während eines Gesprächs keine Notizen zu machen, um sich ganz dem Gesprächspartner widmen zu können, und könne dennoch den wesentlichen Inhalt des Gesprächs später zu Papier bringen.

Die Kammer erachtet es auch vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht plausibel, dass eine Studentin die Möglichkeit ausschlägt, eine schriftliche Dokumentation der Kritikpunkte zur Überarbeitung mitzunehmen, statt sich auf ihre Erinnerung an ein Gespräch über diese Kritikpunkte zu verlassen.

Auch die weiteren Erklärungen der Klägerin dazu, warum der Bericht bei der Prüferin verblieben sein soll, überzeugen nicht. Zunächst ist die von der Klägerin selbst gegebene Erklärung dafür, dass sie es lediglich als Option ansah, einen nachgebesserten Bericht einzureichen, nicht glaubhaft. Die Klägerin hat sich darauf berufen, ein Angebot erhalten zu haben, das Studium wie auch das hier streitgegenständliche Modul im Ausland abzuschließen. Damit sucht die Klägerin zu begründen, warum sie nicht in jedem Fall beabsichtigte, einen verbesserten Bericht einzureichen und warum es demnach sinnvoll war, die erste Version des Praxisberichts bei der Prüferin zu belassen. Ein solches Vorgehen ist aber weder sinnvoll noch notwendig und daher auch insgesamt nicht plausibel. Die Klägerin konnte aber – wie dargelegt – ohne den Bericht nicht mit Aussicht auf Erfolg eine neue Version fertigen. Selbst, wenn sie sich auch unausgesprochen nur hätte vorbehalten wollen, den Bericht unverändert einzureichen und gegebenenfalls gegen die Bewertung vorzugehen, wäre es nicht erforderlich gewesen, den Bericht bei der Prüferin zu belassen. Sie hätte ihn ja dann unverändert wieder vorlegen können.

Dass auch nach dem Verständnis der Klägerin eine prüfungsfähige Leistung gar nicht eingereicht worden war, mithin also auch die erste Version des Praxisberichts nicht mehr zur Bewertung anstand, ergibt sich ferner aus der Email vom 07.05.2014, mit der die Klägerin selbst die Prüferin aufforderte, dem Prüfungsamt das Nichtbestehen mitzuteilen. Die Klägerin führt in der Email aus, dass sie es aus persönlichen Gründen nicht geschafft habe „den Praktikumsbericht bis jetzt fertigzustellen“ (Hervorhebung durch die Kammer). Es ist also nur die Rede von einem Praktikumsbericht (nicht von verschiedenen Versionen), der nicht fristgerecht fertig wurde. Zugleich wird deutlich, dass zu diesem Zeitpunkt auch die Klägerin davon ausging, dass dieses Fristversäumnis automatisch das Nichtbestehen im ersten Versuch nach sich zieht. Schon sprachlich stellt die Klägerin in dieser Email diesen Zusammenhang her, indem sie ausführt: „da ich es […] nicht geschafft habe, den Praktikumsbericht bis jetzt fertigzustellen, bitte ich Sie, dem Prüfungsamt […] das Nichtbestehen […] mitzuteilen.“

Wäre die Klägerin zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass ja jedenfalls der erste Prüfungsbericht als eingereicht gilt und dieser der Prüferin auch noch vorlag, hätte es nahe gelegen, das in dieser Mail zum Ausdruck zu bringen, etwa dadurch, dass sie die Prüferin bittet nunmehr den bereits eingereichten Bericht endgültig zu bewerten und das Ergebnis dem Prüfungsamt mitzuteilen. Mehr noch: die Klägerin hätte nach ihrem Verständnis erwarten müssen, dass bereits die zuerst eingereichte Version des Berichts bewertet worden wäre. Denn die bis zum 30.11.2014 verlängerte Frist hatte die Klägerin ja zum Zeitpunkt am 07.05.2014 bereits deutlich versäumt. Vor diesem Hintergrund wäre es plausibel gewesen, dass die Klägerin die Prüferin auffordert, nunmehr diese Bewertung dem Prüfungsamt mitzuteilen.

Bis zur Bewertung des zweiten Praktikumsberichts hat die Klägerin überdies keine Anstalten unternommen, eine nähere Begründung für die Bewertung mit der Note 5,0 zu erfragen. Dies wertet die Kammer als wichtiges Indiz dafür, dass der Klägerin bewusst war, dass es sich bei der Bewertung um eine „Sanktionsnote“ handelte, also eine Note, die nicht am Inhalt des Berichts anknüpft, sondern an der fehlenden Einhaltung der Abgabefrist. Eine solche Note bedarf keiner näheren Begründung.

Die Kammer berücksichtigt dabei auch, dass die Klägerin trotz der – letztlich mangels Bekanntgabe keine Fristen auslösenden – Rechtsbehelfsbelehrung keinen Widerspruch gegen die Bewertung einlegte. Davon, dass die Rechtsbehelfsbelehrung tatsächlich mangels Bekanntgabe keine Fristen in Gang setzte, konnte die Klägerin als juristischer Laie nicht ohne Weiteres ausgehen.

Es spricht allein für die Darstellung der Klägerin, dass sie von einer Bewertung des zunächst eingereichten Praktikumsberichts ausging, dass sie genau eine solche Bewertung im Widerspruchsverfahren anmahnte. Bereits mit Email vom 19.05.2014 gegenüber Herrn Prof. Dr.  G. bat sie diesen, den (ersten) Praktikumsbericht durchzusehen (Bl. 3, 3c VV). Auch mit dem noch von der Klägerin persönlich verfassten Widerspruchsschreiben vom 24.09.2014 (Bl. 3 VV) bat sie um Überprüfung der ersten Prüfungsleistung.

Die Klägerin erläuterte dies aber damit, dass die Prüferin E. die Aussage, sie habe das gesamte Modul nicht bestanden, erst im Mai 2014 „nachgeschoben“ habe. Zuvor sei nur vom Nichtbestehen des ersten Berichts die Rede gewesen. Wenn sie, die Klägerin, aber das gesamte Modul nicht bestanden habe, sei es sinnlos, dass ihr nur angeboten worden sei, den Praktikumsbericht zu verbessern.

Die Kammer sieht diese Aufforderung damit im engen Zusammenhang mit der Mail von Prof. Dr.  G. vom 14.05.2014, die die (fehlerhafte) Auskunft enthielt, das „Praktikum“ sei insgesamt als nicht bestanden zu werten. Die Aufforderung, nunmehr die erste Version des Praktikumsberichts zu bewerten bzw. ihr die erstellte Bewertung zukommen zu lassen, zwingt daher nicht zu der Annahme, dass die Klägerin und die Prüferin zuvor übereingekommen sind, dass eine solche Bewertung erfolgen solle, wenn keine neuere Version des Berichts eingereicht wird, und dass die erste Version des Berichts der Prüferin auch vorlag. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin es als existenziell ansah, das Modul zu bestehen (Mail vom 20.05.2014), vermag die Kammer nicht auszuschließen, dass die Klägerin im Widerspruchsverfahren nach „jedem Strohhalm“ griff. Sie sah es als reelle Möglichkeit an, sich durch das Versäumen der Bearbeitungsfrist jeder Chance begeben zu haben, das Studium noch erfolgreich abzuschließen. Daher blieb ihr nur die Möglichkeit, die Bewertung des ersten Praktikumsberichts zu hinterfragen. Die Anmahnung einer Begründung (erst) im Widerspruchsverfahren vermag daher der Kammer nicht die Überzeugung zu verschaffen, dass die erste Version des Berichts bei der Prüferin verblieb.

Die Beklagte musste der Klägerin vor der Bewertung als „nicht bestanden“ auch keine Möglichkeit eröffnen, den Praxisbericht in einem Kolloquium zu ergänzen. § 12 Abs. 11 Satz 2 RPO sieht zwar vor, dass der Praxisbericht durch einen mündlichen Vortrag im Rahmen eines Kolloquiums ergänzt werden kann. Wie aber schon der Wortlaut „ergänzt“ verdeutlicht, besteht diese Möglichkeit nach Ermessen der Beklagten nur dann, wenn ein Praxisbericht überhaupt vorgelegt worden ist. Lediglich die Ergänzung eines schriftlich eingereichten Berichts ist vorgesehen, nicht aber eine vollständige Ersetzung durch einen mündlichen Vortrag. Andernfalls würde es sich nicht um eine Prüfungsleistung gemäß § 12 Abs. 11 RPO („Praxisbericht“) handeln, sondern um ein Referat im Sinne des § 12 Abs. 5 RPO oder eine Präsentation im Sinne des § 12 Abs. 14 RPO.

II.

Der Bescheid vom 24.09.2014 erweist sich ebenfalls als rechtmäßig.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Neubewertung der Prüfung. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

1. Die Bewertung der Prüfung leidet an keinen Verfahrensfehlern.

a) Insbesondere ist die Prüferin E. nicht befangen gewesen.

(1) Die Klägerin kann mit Einwänden bezüglich der Befangenheit der Prüferin nicht mehr durchdringen, soweit sie solche Einwände schon vor Ablauf des Prüfungsverfahrens hätte erheben können. Das betrifft hier den Einwand, dass die Prüferin geäußert haben soll, Lehrerinnen im Alter der Klägerin sollten nicht mehr im aktiven Schuldienst tätig sein.

Die Voreingenommenheit eines Prüfers muss grundsätzlich vor der Prüfung und unverzüglich geltend gemacht werden. Grund hierfür ist, dass die Befangenheit eines Prüfers zur Fehlerhaftigkeit der Prüfungsentscheidung führt. Wird die Prüfung aus diesem Grund erfolgreich angefochten, eröffnet dies dem Prüfling eine weitere, in der Prüfungsordnung nicht vorgesehene Prüfungschance. Deshalb gehört es zu den Obliegenheiten des Prüflings, einer aus seiner Sicht vorliegende Befangenheit ohne schuldhaftes Zögern zu rügen, zumal nur auf diese Weise der Prüfungsbehörde auch Gelegenheit gegeben wird, einen befangenen Prüfer auszuwechseln. Der Prüfling kann sich mit anderen Worten die nachträgliche Befangenheitsrüge nicht für den Fall des Nichtbestehens der Prüfung aufsparen.

Zudem ist von einem Prüfling, der schon vor der Prüfung Anlass hat, eine Befangenheit des Prüfers zu besorgen, zu erwarten, dass er dies - unter Angabe von Gründen - geltend macht, bevor er sich der Prüfung stellt, jedenfalls aber, bevor er deren Ergebnis erfährt (vgl. Birnbaum, „Die Rügepflicht des Prüflings“, NVwZ 2006, 286).

Dies hat die Klägerin jedenfalls in Bezug auf die – behauptete – Bemerkung zum Alter der Klägerin unterlassen.

(2) Der Klägerin ist lediglich zuzugeben, dass sie vor Ablauf des Prüfungsverfahrens andere Einwände nicht kennen und damit auch nicht rügen konnte. Dies betrifft etwa die von der Klägerin gerügte Bemerkung der Prüferin im Widerspruchsverfahren, sie habe im Gespräch am 23.09.2013 schnell erkannt, dass die Klägerin ihre Anregungen zur Verbesserung der Arbeit nicht annehme.

Hierzu hat die Kammer im Beschluss vom 22.10.2015 bereits ausgeführt, dass eine Befangenheit nur dann in Betracht komme, wenn sich der Prüfer von vornherein darauf festgelegt hat, seine anfängliche Benotung nicht zu ändern (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.5.1999 - 6 C 13.98 - juris Rn. 58). Das ist vorliegend nicht ersichtlich. Unabhängig davon, welchen Inhalt das Gespräch am 23.09.2013 tatsächlich gehabt hat, ist bereits aus der vorhergehenden E-Mail und dem unstreitigen Gesprächsinhalt selbst erkennbar, dass die Prüferin dazu bereit gewesen ist, ihre anfängliche Bewertung der ersten Einreichung zu überdenken. Die Beteiligten sind sich außerdem darüber einig, dass bei dem zweiten Praxisbericht aus 2014 ein anderer Schwerpunkt gewählt worden ist. Die Bemerkung, es sei schnell klar geworden, dass die Klägerin die Anregungen zur Verbesserung der Arbeit nicht annehmen würde, hatte von daher keine Auswirkung auf den zweiten Prüfungsbericht. Er stellte keine Verbesserung des ersten Berichts, sondern eine Neufassung und Neuorientierung dar.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die zitierte Formulierung aus dem Zusammenhang reißt. Zwar trifft es zu, dass die Prüferin ihren Eindruck geschildert hat, die Klägerin nehme Verbesserungsvorschläge nicht an. Aus der Stellungnahme der Prüferin geht aber weiter hervor, dass die Prüferin dies zum Anlass nahm, die Klägerin eindringlich darüber aufzuklären, dass sie zum Bestehen des Praktikums die Vorgaben erfüllen müsse. Zudem habe sie auf die Notwendigkeit eines einheitlichen, für alle gleichen Bewertungsmaßstabs hingewiesen, von dem sie im Falle der Klägerin aufgrund ihrer geschilderten persönlichen Verhältnisse keine Abstriche machen könne. Ferner hat sie danach das erforderliche Wissen als unentbehrlich auch für das Referendariat dargestellt und an die Klägerin appelliert, ihre Planungen stets zu hinterfragen und zu verbessern. Daraus ergibt sich mitnichten, dass die Prüferin ein vorgefasstes Bild von der Klägerin hatte und in diesem Lichte auch die weiteren Arbeiten der Klägerin beurteilen würde. Vielmehr versuchte sie ersichtlich zu erreichen, dass sich die Klägerin der Kritik nicht verschließt, ohne von vornherein davon auszugehen, dass ihr dies nicht gelingt.

Auch die Rüge, die Prüferin habe vor der Bewertung des Berichts nicht einmal andeutungsweise die spätere Kritik geäußert, begründet keine Befangenheit. Dieser Vortrag verkennt, dass nach insofern übereinstimmender Darstellung die Prüferin die Klägerin zu einem Gespräch einlud und ihr somit vor endgültiger Einreichung des ersten Prüfberichts die Möglichkeit eröffnete, die Kritikpunkte zu hinterfragen und gegebenenfalls zu verbessern.

b) Hinsichtlich der Auswahl der Prüferin für den zweiten Bericht sind keine Fehler ersichtlich. Dies hat die Kammer bereits mit Beschluss vom 22.10.2015 wie folgt begründet:

Die Beklagte hat sich zu keiner Zeit darauf festgelegt, dass der zweite Praxisbericht von einer anderen Person bewertet wird. Aus einem E-Mailverkehr mit dem für den Modulaufbau verantwortlichen Prof. Dr. G. ergibt sich nicht, dass dieser den zweiten Praxisbericht zu bewerten hat. Auch ergibt sich aus dem gesamten Geschehensablauf nicht, dass ein anderer Prüfer den zweiten Bericht prüfen würde. Jedenfalls ist die Klägerin durch eine Bewertung auch des zweiten Praxisberichtes durch Frau E. nicht schlechter gestellt, da ihr die Anforderungen dieser Prüferin bereits konkret bekannt waren. Denn nachdem sie im September 2013 den Erstbericht einreichen wollte, fand das persönliche Gespräch mit Frau E. statt, in dem Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt wurden. Hätte die Klägerin 2014 einen Praxisbericht eingereicht, in dem die geforderten Verbesserungen umgesetzt worden wären, so hätte sie wohl darauf vertrauen dürfen, dass ihr Praxisbericht sodann als nicht mehr mangelhaft angesehen würde. Eine entsprechende Bewertung wäre aber nur dann möglich gewesen, wenn auch dieser zweite Praxisbericht von Frau E. bewertet werden würde.

Daran hält die Kammer fest.

c) Hinsichtlich des Einwandes der Klägerin, die Beklagte hätte ihr Gelegenheit zur Ergänzung durch einen mündlichen Vortrag im Rahmen eines Kolloquium geben müssen, so ist – wie im Beschluss vom 22.10.2015 – festzustellen, dass hierauf kein Anspruch besteht. Gemäß § 12 Abs. 11 der Prüfungsordnung soll ein Praxisbericht erkennen lassen, dass die Studierenden nach didaktisch-methodischer Anleitung Studium und Praxis verbinden können. Der Praxisbericht kann danach durch einen mündlichen Vortrag im Rahmen eines Kolloquiums ergänzt werden. Diese Vorschrift ist nicht so zu verstehen, dass ein Anspruch auf einen mündlichen Vortrag besteht. Vielmehr liegt es in der Freiheit der Prüfer, entsprechende mündliche Vorträge in ihren Seminaren vorzusehen. Das ist vorliegend nicht der Fall gewesen. Bereits aufgrund des zeitlichen Ablaufs erscheint ein Vortrag im Rahmen des Kolloquiums als nicht durchführbar. Das Praktikum fand im Februar bis März 2013 statt. Bereits im September 2013 zeigte sich, dass der Bericht erst gegen Ende des Jahres eingereicht werden würde. Zu diesem Zeitpunkt war eine Behandlung des Praxisberichts oder ein sonstiger Vortrag im Rahmen des Kolloquiums nicht mehr möglich, erst recht nicht nach Abgabe des zweiten Praxisberichts. Vielmehr war das Seminar, an dem die Klägerin teilgenommen hatte, längst abgeschlossen.

2. Die Bewertung der Prüfungsleistung leidet auch materiell-rechtlich an keinen Mängeln.

Auch in Bezug auf den hierbei anzulegenden Prüfungsmaßstab verbleibt es bei den Ausführungen der Kammer im Beschluss vom 22.10.2015. Bei berufsbezogenen Prüfungen sind danach die Prüfungsentscheidungen grundsätzlich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht von den Gerichten vollständig nachzuprüfen. Allerdings verbleibt der Prüfungsbehörde bei prüfungsspezifischen Wertungen ein gerichtlich eingeschränkter Beurteilungsspielraum (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 6. Auflage, Rn. 875).

Prüfungsnoten dürfen zudem nicht isoliert gesehen werden. Ihre Festsetzung erfolgt in einem Bezugssystem, das von den persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, lassen sich nicht regelhaft erfassen. Eine gerichtliche Kontrolle würde insoweit die Maßstäbe verzerren. Denn in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren eines einzelnen Kandidaten könnte das Gericht die Bewertungskriterien, die für die Gesamtheit vergleichbarer Prüfungskandidaten maßgebend waren, nicht aufdecken, um sie auf eine nur in Umrissen rekonstruierbare Prüfungssituation anzuwenden. Es müsste eigene Bewertungskriterien entwickeln und an die Stelle derjenigen der Prüfer setzen. Dies wäre mit dem Grundsatz der Chancengleichheit unvereinbar, weil einzelne Kandidaten so die Möglichkeit einer vom Vergleichsrahmen der Prüfer unabhängigen Bewertung erhielten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.12.1997 - 6 B 55/97 - NVwZ 1998, 738; Nds. OVG, Beschl. v. 1.7.2008 - 2 ME 324/08 - zitiert nach Juris).

Hierzu ist lediglich zu ergänzen:

Im Rahmen des gerichtlich eingeschränkten Bewertungs- (oder Beurteilungs-) Spielraums der Prüfer verbleibt dem Gericht nur die Prüfung, ob die Grenzen dieses Bewertungsspielraumes eingehalten wurden, oder ob der Prüfer bei seiner Wertung von falschen Tatsachen ausgegangen ist oder ihr sachfremde Erwägungen zugrunde gelegt hat (Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 6. Auflage, Rn. 882).

Unter Berücksichtigung dieses Prüfungsmaßstabs ist zu den einzelnen Rügen auszuführen (jeweils entsprechend der eingangs erfolgten Nummerierung der Einwendungen):

Die Prüferin hat nicht zu Unrecht gerügt, dass dem zweiten Praktikumsbericht keine Bewertungsbögen beigefügt waren (Nr. 1). Insbesondere ging sie dabei nicht von falschen Tatsachen aus. Es kann dahin stehen, wo die Bewertungsbögen des ersten Praktikumsberichts endgültig verblieben sind. Nach der Stellungnahme der Prüferin im Widerspruchsverfahren hätten diese Bögen zu dem neuen Praktikumsbericht gar nicht gepasst, da dieser eine komplett neue praktikumsbegleitende Aufgabe behandelte.

Die Prüferin ist auch nicht von einem überhöhten Anforderungsprofil ausgegangen, indem sie das Fehlen mathematisch-didaktischer Ansätze oder Aspekte des mathematischen Lernens bemängelte (Nr. 2). Die Prüferin hat in ihrer Stellungnahme ausgeführt, dass den Studierenden im Vorbereitungsseminar fachdidaktische und methodische Inhalte und deren Anwendung im Unterricht aufgezeigt worden seien und sie aufgefordert worden seien, solche Ansätze gezielt einzusetzen und auszuprobieren. Ein solcher Einsatz könne auch ohne Kenntnis über das Thema des Prüfungsunterrichts erfolgen. Diesen Ausführungen ist auch die Klägerin gar nicht mehr entgegen getreten.

Soweit die Klägerin meint, ihr werde zu Unrecht vorgeworfen, allein Frontalunterricht zu erteilen (Nr. 3), gibt dies bereits die Kritik der Prüferin an der Prüfungsleistung der Klägerin nur verzerrt wieder. Die Prüferin hat in dem Bewertungsbogen ausgeführt: „Es werden keine Alternativen zu der ausschließlich frontalen, lehrerzentrierten Stundenplanung aufgezeigt.“ (Bl. 10 VV). Damit überschreitet die Prüferin nicht den Bewertungsspielraum. Allerdings steht dem Bewertungsspielraum ein so genannter Antwortspielraum gegenüber. Prüfungsleistungen, die sich in einer Bandbreite fachlich vertretbarer Antworten halten, dürfen nicht als falsch beurteilt werden (Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 6. Auflage, Rn. 880). Die geäußerte Kritik der Prüferin geht aber nicht dahin, dass sich die Klägerin für den Frontalunterricht entschieden hat, sondern dass sie Alternativen dazu gar nicht erst erörtert. Die Kritik, ein Prüfling habe sich einer Minder- oder Außenseitermeinung allzu leichtfertig angeschlossen, überschreitet aber den Bewertungsspielraum nicht (Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 6. Auflage, Rn. 880).

Der Einwand, die Verlaufsplanung und der so genannte „kleine Entwurf“ seien bereits im ersten Prüfungsbericht enthalten gewesen und von der Prüferin nicht kritisiert worden (Nr. 4), lässt eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Kritik an der Prüfungsleistung gänzlich vermissen. Die Klägerin behauptet überdies noch nicht einmal, dass die Anforderungen der Prüferin überhöht sind und etwa Prüfungsleistungen bemängelt wurden, ohne dass die Klägerin aufgrund des Lehrstoffs des gesamten Moduls die Fehlerhaftigkeit erkennen konnte.

Soweit die Klägerin bemängelt, die Prüferin habe ihr auch im Gespräch am 23.09.2013 über den ersten Prüfungsbericht nicht bedeutet, dass die Verlaufsplanung und der „kleine Entwurf“ nicht den Anforderungen entsprechen, kann dahin stehen, ob dies den Tatsachen entspricht. Die Prüferin behauptet ein viel umfangreicheres Gespräch am 23.09.2013 als die Klägerin. Überdies kann die Klägerin nicht geltend machen, alle im Gespräch am 23.09.2013 nicht explizit gerügten Mängel dürften von der Prüferin später nicht mehr als falsch bewertet werden. Ziel des Gesprächs am 23.09.2013 war ersichtlich zu verhindern, dass die Klägerin eine Prüfungsleistung abgibt, die aus Sicht der Prüferin als „nicht ausreichend“ bewertet werden müsste. Die Klägerin konnte daher allenfalls erwarten, dass sie dann, wenn sie sich an die Vorgaben der Prüferin in diesem Gespräch hält, eine solche Bewertung vermeidet. Es war aber nicht Aufgabe der Prüferin, die Prüfungsleistung der Klägerin so zu besprechen, dass die Arbeit nach Nachbearbeitung als fehlerfrei bewertet werden kann. Dass die Prüferin explizit behauptet hätte, die Verlaufsplanung und der „kleine Entwurf“ seien so wie vorgelegt nicht zu beanstanden, hat die Klägerin weder behauptet, noch ist es von Amts wegen erkennbar.

Auch die Kritik, dass die Anlagen als Anhang zum gesamten Praktikumsbericht und nicht als Anhang zu den einzelnen Stunden genommen wurde (Nr. 5), verlässt nicht den Beurteilungsspielraum. Auch hier verfehlt die Klägerin den Kern der Kritik. Die Prüferin kritisiert nämlich, dass „unter den Kapiteln keine Bezüge hergestellt“ werden, „sodass z.B. Anhänge nur schwer gefunden werden können.“ Dabei handelt es sich um eine zulässige Kritik an der Verständlichkeit der Darstellung.

Hinsichtlich der Kritik an der Partnerarbeit (Nr. 6) kann sich die Klägerin ebenfalls nicht darauf berufen, die Prüferin setze sich mit der Kritik in Widerspruch zu ihrer ersten Bewertung im Anschluss an den Unterrichtsbesuch. Soweit die Klägerin behauptet, die Prüferin habe sich „grundsätzlich positiv“ über das Unterrichtsgeschehen geäußert, schließt dies bereits für sich genommen nicht aus, dass an einzelnen Punkten dennoch Kritik geäußert wurde. Die Klägerin ist der Schilderung der Prüferin im Widerspruchsverfahren, sie habe bereits im Anschluss an den Unterrichtsbesuch den konkreten Einsatz der Partnerarbeit kritisiert, gar nicht mehr entgegen getreten.

Die Rüge der Prüferin an der „Beobachtungsaufgabe: Betrachtung des Lehrbuches“ (Nr. 7) ist nicht zu beanstanden. Die Prüferin hat im Widerspruchsverfahren ihre Kritik dahin gehend präzisiert, dass in dem zu betrachtenden Schulbuch prozessbezogene Kompetenzen nur in sehr geringem Maße Erwähnung fänden und dies der Klägerin habe auffallen müssen. Diese Kritik wird, was ihren Tatsachengehalt betrifft, von der Klägerin nicht mehr angegriffen und fällt im Übrigen in den gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum.

Die Klägerin verkennt überdies den Inhalt der Kritik an der Literaturliste (Nr. 8). Die Klägerin führt aus, sie habe alleine Literatur verwendet, die in dem Anhang angegeben wurde. Der Vorwurf der Prüferin geht aber dahin, die Klägerin habe Literatur in der Liste angegeben, die sie gar nicht verwendet habe. Dieser Kritik ist die Klägerin nicht entgegen getreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.