Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 08.02.2001, Az.: 6 A 219/00

Baath-Partei; Barzani; Beleidigung; Beschimpfung; Dauud; Demonstration; Luftweg; Schlägerei; Staatspräsident; Syrien; Wehrdienst; Yekiti

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
08.02.2001
Aktenzeichen
6 A 219/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 39284
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

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Der Kläger ist syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 04. Juli 1999 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter.

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Zur Begründung dieses Begehrens trug er vor:

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Er habe am 08. Juni 1998 Syrien über die Grenze zur Türkei verlassen. Dort habe er sich zehn Tage in Nuseybin bei einem Schleuser aufgehalten, der ihm einen gefälschten türkischen Pass besorgt habe. Dann sei es weiter nach Istanbul gegangen, wo er bis zum 04. Juli 1999 geblieben sei. Am 04. Juli 1999 sei er um ca. 8.00 Uhr von Istanbul abgeflogen und nach etwa drei Stunden in Hannover angekommen. Der Schleuser habe gesagt, er solle sich bei der Kontrolle genauso verhalten wie eine in der Nähe befindliche Frau, mit der der Schleuser zuvor gesprochen habe. Vor dem Flughafengebäude habe ein Mann gewartet, der ihn mit dem Pkw zu seiner Wohnung gebracht habe. Dort sei er eine Nacht geblieben. Als er gelandet sei, habe er erst nicht gewusst, dass er in Deutschland sei. Er habe dann nach Syrien telefoniert und sich die Telefonnummer eines Onkels, der in Deutschland lebe, geben lassen. Diesen hätten sie dann angerufen. Der Onkel habe ihn vom Bahnhof, wo sie sich verabredet hätten, abgeholt. Mit welcher Fluggesellschaft er geflogen sei, wisse er nicht. Er könne auch nicht den Namen aus dem türkischen Reise-

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pass nennen, weil er lateinische Buchstaben nicht lesen könne. In Syrien sei er neun Jahre zur Schule gegangen; danach habe er eine Lehre zum Tischler begonnen und bis zum 29. Mai 1999 in Kamishli gearbeitet. Am 29. Mai 1999 habe er in seinem Dorf Probleme bekommen. Er sei zu seinem Opa gegangen, und es habe eine Schlägerei zwischen ihm und einem Araber gegeben. In Begleitung seines Opas habe er dessen Kühe zur Weide gebracht. Unterwegs habe ein Araber sie als Kurden beschimpft und den Opa beschuldigt, die Kühe auf sein Feld getrieben zu haben. Es habe eine verbale Auseinandersetzung zwischen dem Araber und dem Opa gegeben. Dann habe der Araber eine Schaufel genommen und auf eine Kuh eingeschlagen, die weggelaufen sei. Daraufhin sei er in Wut geraten und habe den Araber beschimpft. Er habe den Präsidenten und die Baath-Partei beschimpft. Der Araber habe dann gesagt, er "ficke Kurden und deren Führer Barzani". Daraufhin habe er das Gleiche über den Präsidenten und die Baath-Partei gesagt. Er habe auch noch gesagt, er mache das auch mit allen Arabern. Als der Araber auch ihn mit der Schaufel habe schlagen wollen, habe sein Opa den Araber an der Hand festgehalten, worauf der Araber in das Wasser gefallen sei. Der Araber sei von ihm gestoßen worden. Er habe gesehen, dass der Araber eine Pistole gehabt habe, und sei schnell weggelaufen zu seiner Oma. Die habe ihm gesagt, dass die Familie Abu-Faisal sehr bekannt und gefährlich sei, und ihm geraten, sofort das Dorf zu verlassen. Ein Mann habe ihn auf dem Motorrad zu einem Freund nach Kamishli gefahren. Dort habe er sich drei Tage versteckt und zwei weitere Tage bei einem anderen Freund. Er habe Angst vor dem Sicherheitsdienst gehabt, weil er den Präsidenten beleidigt habe. Er habe den Freund zu sich nach Hause geschickt, um zu sehen, was dort passiert sei. Der Freund habe berichtet, dass die Sicherheitsbehörde bei ihm zu Hause gewesen sei. Ein Onkel, der ihn bei dem Freund aufgesucht habe, habe berichtet, dass der Opa am 30. Mai 1999 festgenommen worden sei und man auch ihn suche. Der Araber habe gesagt, dass sie beide den Präsidenten und die Baath-Partei beschimpft hätten. Der Opa sei ein alter Mann und später wieder freigelassen worden. Der Onkel habe für ihn einen Schleuser besorgen wollen. Bis zur Ausreise habe er sich bei verschiedenen Freunden versteckt. Man habe ihn schon einmal für eine Nacht festgehalten, weil ein Onkel, der in Deutschland sei und zur Yekiti-Partei gehöre, in Bonn an einer Demonstration gegen Syrien teilgenommen habe. Auch sein Onkel in Syrien sei beschuldigt worden, zu der Partei zu gehören. Deshalb sei er festgenommen worden. Als man den Onkel nicht angetroffen habe, sei man zu ihnen gekommen und habe ihn mitgenommen. Das sei im Jahre 1997 gewesen. Sein Bruder sei ebenfalls mitgenommen worden. Ihm seien die Augen verbunden worden, und auf der Treppe habe man ihn gestoßen. Dabei habe er sich die Hand gebrochen. Deshalb hätten sie ihn wohl freigelassen. Sie hätten ihn auch vernommen, aber bei ihm nichts festgestellt. Zu einer Partei in Syrien habe er nicht gehört. Wenn er zurückgeschoben werden solle, werde er sich vorher umbringen. Er würde die nächsten fünfzehn Jahre ohne Gerichtsverhandlung im Gefängnis bleiben müssen. Sie würden ihn ganz gewiss töten. Er habe doch den Präsidenten und die Baath-Partei beleidigt. Das sei sehr, sehr schlimm.

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Mit Bescheid vom 06. März 2000 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag als unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG ebenfalls nicht gegeben seien und die Voraussetzungen des § 53 AuslG nicht vorlägen. Außerdem forderte die Behörde den Kläger zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einem Monat nach Unanfechtbarkeit der ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes auf und drohte für den Fall, dass dieser Anordnung nicht fristgerecht nachgekommen werde, die Abschiebung an.

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Gegen den am 09. März 2000 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 17. März 2000 Klage erhoben.

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Zur Begründung der Klage trägt er vor:

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Er habe in Syrien die Schule bis zur 9. Klasse besucht. Ab der 7. Klasse habe er Englischunterricht gehabt, aber nur schlechte Noten bekommen. Deshalb habe er bei der Anhörung vor dem Bundesamt viele Sachen nicht wissen können, wie den Namen im gefälschten Pass, den Namen der Fluggesellschaft und die Adresse des Schmugglers. Er sei auch während und nach der Reise nicht sehr aufmerksam gewesen, weil er Angst gehabt habe. Er habe eine solche Reise zum ersten Mal unternommen. Nach der Einreise habe er alle Unterlagen abgeben müssen. Dass diese Papiere für den Asylantrag wichtig gewesen seien, habe er nicht gewusst. In Syrien habe er mit einem Mitglied der einflussreichen Familie Abu-Faisal einen Konflikt gehabt, der nicht ein einfacher privater Konflikt gewesen sei. Die vielen Mitglieder der Familie hätten enge Kontakte besonders zu den Sicherheitsbehörden. Diese Familie habe jetzt das Land, was früher seiner Familie gehört habe. Man habe es ihnen abgenommen. Es habe zwischen Arabern und Kurden nicht selten Konflikte gegeben. Seine Geschichte sei deshalb nicht überzogen. Als der Araber die Kurden beleidigt und er mit einer Beleidigung geantwortet habe, habe er gewusst, dass es schlimm werde. Danach habe er sich bis zur Ausreise versteckt gehalten. Sein Onkel habe ihm berichtet, dass der Großvater verhaftet worden sei und man auch nach ihm suche. Nach der Ausreise seien die syrischen Sicherheitskräfte noch oft bei ihm zu Hause gewesen und hätten nach ihm gefragt. Die ganze Familie sei beleidigt und terrorisiert worden. Ende Dezember 1999 hätten sie das Haus des Großvaters durchsucht. Seine Großmutter sei allein zu Haus gewesen und habe vor Angst einen Anfall bekommen. Zuletzt hätten die Behörden Anfang Mai 2000 in Syrien nach ihm gefragt. Das hätten ihm seine Verwandten telefonisch mitgeteilt.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Bundesamtes vom 06. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und außerdem festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, hilfsweise des § 53 AuslG, vorliegen.

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Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid,

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die Klage abzuweisen.

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Auf eine Verfügung des Gerichts nach § 87b VwGO hat der Kläger ergänzend vorgetragen:

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Er habe sich auch exilpolitisch betätigt. Am 11. März 2000 habe er an einer Newroz-Feier in Osnabrück teilgenommen. Außerdem habe vom 12. bis 14. Oktober 2000 in Bonn ein Hungerstreik mit anschließender Demonstration und Kundgebung vor der syrischen Botschaft stattgefunden. Am Hungerstreik habe er nicht teilgenommen, aber an der Demonstration und der Kundgebung vom 14. Oktober 2000. Er habe dabei politische Parolen gegen den syrischen Staat gerufen. Auf einem Videoband und auf drei Fotos, die bei der Veranstaltung aufgenommen worden seien, sei er abgebildet. Er reiche außerdem eine Einladung und eine Presseerklärung der Yekiti-Partei zu den Akten. Im Dezember 2000 sei der Asylbewerber H. D., der sich ebenfalls exilpolitisch betätigt habe, nach Syrien abgeschoben worden. Dieser Asylbewerber habe an fünf Demonstrationen in Bonn teilgenommen. Bei seiner Ankunft in Damaskus sei er vom syrischen Geheimdienst in Haft genommen worden, wo er sich offenbar noch immer befinde. Es müsse davon ausgegangen werden, dass ihm Ähnliches drohe.

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Der Kläger ist zu seinem Asylvorbringen in der mündlichen Verhandlung informatorisch ergänzend angehört worden; hinsichtlich seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Das Gericht hat außerdem den syrischen Staatsangehörigen als Zeugen vernommen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die den Kläger und seinen in Deutschland lebenden Onkel betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen. Diese Unterlagen waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG noch auf die Feststellung durch die Beklagte, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG oder des § 53 AuslG vorliegen.

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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter, weil nach den von ihm gemachten Angaben zu den Einzelheiten seines Reiseweges nicht davon ausgegangen werden kann, dass er auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist.

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Nach den §§ 15 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG ist der Asylbewerber gehalten, die erforderlichen Angaben über seinen Reiseweg zu machen und seinen Pass vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylVfG). Bei einer Einreise auf dem Luftweg hat er seinen Flugschein und etwaige sonstige Unterlagen über seinen Reiseweg nach Deutschland vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 3 und 4 AsylVfG). Sofern der Ausländer nicht im Besitz der erforderlichen Reisepapiere ist, hat er an der Grenze oder bei der Grenzbehörde auf dem Flughafen um Asyl nachzusuchen (§§ 13 Abs. 3 Satz 1, 18 f. AsylVfG). Kommt der Asylbewerber diesen Mitwirkungspflichten nicht oder nur teilweise nach und steht die behauptete Einreise auf dem Luftweg deshalb nicht eindeutig fest, ist es Sache des Gerichts, erforderlichenfalls den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären und im Rahmen seiner Überzeugungsbildung alle Umstände zu würdigen (§§ 86 Abs. 1, 108 Abs. 1 VwGO). Dabei hat das Gericht auch zu berücksichtigen, dass und aus welchen Gründen die gesetzlich vorgesehene Mitwirkung des Asylbewerbers bei der Feststellung seines Reisewegs unterblieben ist (vgl. hierzu: BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, AuAS 1999, 260).

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Die gerichtliche Aufklärungspflicht findet allerdings dort ihre Grenze, wo das Vorbringen des Ausländers keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet. Dies ist generell dann der Fall, wenn der Asylbewerber unter Verletzung der ihn treffenden Mitwirkungspflichten seine Gründe für eine ihm drohende politische Verfolgung nicht unter Angabe genauer Einzelheiten schlüssig schildert. Ob bei einer vom Asylbewerber behaupteten, aber nicht belegten Einreise auf dem Luftweg weitere Ermittlung durch das Gericht

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anzustellen sind, ist eine Frage der Ausübung tatrichterlichen Ermessens im Einzelfall. Ein Anlass zu weiterer Aufklärung ist beispielsweise dann zu verneinen, wenn der Asylbewerber keine nachprüfbaren Angaben zu seiner Einreise gemacht hat und es damit an einem Ansatzpunkt für weitere Ermittlungen fehlt. Macht der Asylbewerber dagegen hierzu einzelne Angaben, so hat das Gericht diese zu berücksichtigen. Es kann in diesem Zusammenhang frei würdigen, dass und aus welchen Gründen der Asylbewerber mit falschen Papieren nach Deutschland eingereist ist, dass und warum er Reiseunterlagen, die für die Feststellung seines Reisewegs bedeutsam sind, nach seiner Ankunft in Deutschland aus der Hand gegeben hat und schließlich, dass und weshalb er den Asylantrag nicht bei seiner Einreise an der Grenze, sondern Tage oder Wochen später an einem anderen Ort gestellt hat (BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, aaO.).

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Im Rahmen der Überzeugungsbildung ist das Gericht aus Rechtsgründen nicht daran gehindert, die Angaben des Asylbewerbers auch ohne Beweisaufnahme als wahr anzusehen. In den Fällen, in denen der Asylbewerber die Weggabe wichtiger Beweismittel behauptet und damit ein Fall einer selbst geschaffenen Beweisnot vorliegt, ist das Vorbringen allerdings besonders kritisch und sorgfältig zu prüfen. Den Asylsuchenden trifft insoweit zwar keine Beweisführungspflicht; das Gericht kann jedoch bei der Feststellung des Reisewegs die behauptete Weggabe von Beweismitteln wie bei einer Beweisvereitelung zu Lasten des Asylbewerbers würdigen. Eine solche Würdigung liegt umso näher, je weniger plausibel die Gründe erscheinen, die für das beweiserschwerende Verhalten angeführt werden. Insbesondere der pauschale Vortrag der Weggabe von Flugunterlagen kann danach ebenso wie eine Weigerung oder das Unvermögen, mit der Flugreise in Zusammenhang stehende Fragen (z.B. nach den Namen in den benutzten gefälschten Pässen) zu beantworten, den Schluss rechtfertigen, dass die Einreise über einen Flughafen nur vorgespiegelt wird. Bei nicht ausräumbaren Zweifeln an der behaupteten Einreise auf dem Luftweg scheidet eine Anerkennung als Asylberechtigter aufgrund der Drittstaatenregelung aus. Ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Asylbewerber auf dem Luftweg eingereist ist, kann es gleichzeitig aber auch nicht die Überzeugung von einer Einreise auf dem Landweg gewinnen, ist die Nichterweislichkeit der behaupteten Einreise auf dem Luftweg festzustellen und eine Beweislastentscheidung zu treffen. Bleibt in einem solchen Fall der Einreiseweg unaufklärbar, trägt der Asylbewerber die materielle Beweislast für seine Behauptung, ohne Berührung eines sicheren Drittstaats nach Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylVfG auf dem Luft- oder Seeweg nach Deutschland eingereist zu sein (BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, aaO., m.w.N.).

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Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger nicht auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Dies wird bereits darin deutlich, dass der Kläger nicht in der Lage war, den im vorgeblich benutzten Pass eingetragenen Namen oder auch nur die Fluggesellschaft anzugeben. Der von ihm hierfür genannte Grund, keine lateinischen Buchstaben lesen zu können, überzeugt angesichts des Umstandes nicht, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben - wenn auch als angeblich schlechter Schüler - in der englischen Sprache mit lateinischen Buchstaben unterrichtet worden ist. Es handelt sich deshalb nach der Überzeugung des Gerichts um eine Schutzbehauptung, mit der verdeckt werden soll, dass der Kläger jedenfalls nicht auf dem Luftweg nach Deutschland eingereist ist. Der Kläger hat zudem zu den örtlichen Verhältnissen und den Abläufen bei der Einreise auf dem Flughafen Hannover offenkundig unzutreffende Angaben gemacht. Insbesondere die Angaben zu dem Verlauf der Abfertigung in dem Flughafenbereich zwischen der Passkontrolle und dem Erreichen des für die Allgemeinheit zugänglichen Gebäudeteils entsprechen nicht der Wirklichkeit, soweit der Kläger dazu gebracht werden konnte, hierzu überhaupt Angaben zu machen und nicht nur ausweichend zu antworten.

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Es besteht auch kein Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AuslG.

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Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sind denen des Art. 16a Abs. 1 GG gleich, soweit es die Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale betrifft. Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte haben politisch Verfolgte (Art. 16 a Abs. 1 GG). Dieses Individualgrundrecht kann in Anspruch nehmen, wer bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland politische Verfolgung (erneut oder erstmals) zu befürchten hat. Politische Verfolgung liegt vor, wenn dem Einzelnen durch den Heimatstaat oder durch Maßnahmen Dritter, die diesem Staat zurechenbar sind, in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden oder unmittelbar drohen, die ihn nach ihrer Intensität und Schwere aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschl. vom 10.07.1989, BVerfGE 80, 315, 333). Dabei beschränkt sich der asylrechtliche Schutz nicht auf die Rechtsgüter Leib und Leben, sondern erfasst auch Einschränkungen der persönlichen Freiheit; die hierin eingeschlossenen Rechte der freien Religionsausübung und ungehinderten beruflichen und wirtschaftlichen Betätigung lösen einen Asylanspruch indessen nur aus, wenn deren Beeinträchtigung nach ihrer Intensität und Schwere zugleich die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Herkunftsstaates allgemein hinzunehmen haben (BVerfG, Beschl. vom 24.06.1992 - 2 BvR 176/92 u.a., S. 12 f. des Abdrucks unter Hinweis auf BVerfGE 76, 143, 158). Die Gefahr eigener politischer Verfolgung kann sich auch aus gegen Dritte gerichteten Verfolgungsmaßnahmen ergeben, wenn der Asylbewerber sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und auch im Übrigen vergleichbaren Lage befindet, so dass seine (etwaige) Nichtbetroffenheit von ausgrenzenden Rechtsverletzungen eher als zulässig anzusehen ist (BVerfG, Beschl. vom 23.01.1991, BVerfGE 83, 216, 230). Eine solche sog. mittelbare Gruppenverfolgung liegt danach typischerweise vor bei Massenausschreitungen (Pogromen), die das ganze Land oder große Teile desselben erfassen, aber etwa auch dann, wenn unbedeutende oder kleine Minderheiten mit solcher Härte, Ausdauer und Unnachsichtigkeit verfolgt werden, dass jeder Angehörige dieser Minderheit sich ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht, wobei allerdings nicht ein ganzes Land gewissermaßen flächendeckend erfasst sein muss (BVerfG, Beschl. vom 23.01.1991, BVerfGE 83, 216, 232). Auch ohne Pogrome und diesen vergleichbare Massenausschreitungen liegt eine mittelbare Gruppenverfolgung immer dann vor, wenn die Verfolgungsschläge, von denen die Angehörigen einer Gruppe betroffen werden, so dicht und eng gestreut fallen, dass für jedes Gruppenmitglied die Furcht begründet ist, in eigener Person Opfer der Übergriffe zu werden (BVerwG, Beschl. vom 24.09.1992, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 156; Urt. vom 05.07.1994, BVerwGE 96, 200, 203). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. vom 02.08.1983, BVerwGE 67, 317 m. w. N.) wird eine solche von nichtstaatlicher Seite, insbesondere von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Organisationen ausgehende Verfolgung dem Staat zugerechnet, wenn dieser die Verfolgung billigt oder fördert, ferner wenn er nicht willens oder - trotz vorhandener Gebietsgewalt - nicht in der Lage ist, die Betroffenen gegen Übergriffe Privater zu schützen. Dabei besteht die Zurechenbarkeit begründende Schutzunfähigkeit oder Schutzunwilligkeit nicht bereits dann, wenn in dem zu beurteilenden Einzelfall effektiver staatlicher Schutz nicht geleistet worden ist. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten lückenlosen Schutz zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen oder "Pannen" sonstiger Art bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgaben der Wahrung des öffentlichen Friedens nicht vorkommen. Deshalb schließt weder Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch die im Einzelfall von dem Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit aus. Vielmehr sind Übergriffe Privater dem Staat als mittelbare Verfolgung dann zuzurechnen, wenn er gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-) Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, vorkommende Fälle von Schutzverweigerung mithin ein von der Regierung nicht gewolltes Fehlverhalten der Handelnden in Einzelfällen sind (BVerwG, Urt. vom 05.07.1994, InfAuslR 1995, 24 [BVerwG 05.07.1994 - BVerwG 9 C 1.94]).

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Da das Asylgrundrecht auf dem Zufluchtgedanken beruht und von seinem Tatbestand her grundsätzlich den Ursachenzusammenhang von Verfolgung/Flucht/Asyl voraussetzt (BVerfG, Beschl. vom 26.11.1986, BVerfGE 74, 51, 60; Beschl. vom 10.07.1989, BVerfGE 80, 344), ist ferner von maßgeblicher Bedeutung, ob der Asylbewerber vorverfolgt oder unverfolgt ausgereist ist. Ist der Asylsuchende wegen erlittener oder unmittelbar bevorstehender politischer Verfolgung ausgereist und war ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates wegen Fehlens einer inländischen Fluchtalternative unzumutbar, ist er als Asylberechtigter anzuerkennen, sofern die fluchtbegründenden Umstände im maßgeblichen Zeitpunkt fortbestehen. Er ist ferner anzuerkennen, wenn diese zwar entfallen sind, aber an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ernsthafte Zweifel bestehen. Hat der Asylsuchende seinen Heimatstaat hingegen unverfolgt verlassen, kann er nur dann anerkannt werden, wenn ihm politische Verfolgung aufgrund eines asylerheblichen Nachfluchttatbestandes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerfG, Beschl. vom 26.11.1986, aaO., 64 f.; Beschl. vom 10.07.1989, aaO., 344; BVerwG, Urt. vom 20.11.1990, BVerwGE 87, 152; Urt. vom 23.07.1991, DVBl. 1991, 1089). Für die Annahme einer drohenden Verfolgung ist entscheidend, ob aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar erscheint (BVerwG, Urt. vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169). Die dazu erforderliche Zukunftsprognose hat auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) und muss auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichtet sein (BVerwG, Urt. vom 03.12.1985, EZAR 202 Nr. 6). Sie hat die vom Asylbewerber geschilderten Ereignisse zu würdigen und insbesondere auch den politischen Charakter der Verfolgungsmaßnahme festzustellen (§§ 15, 25, 74 Abs. 2 AsylVfG). Bei der Darstellung der allgemeinen Umstände im Herkunftsland genügt es, dass die vorgetragenen Tatsachen die nicht entfernt liegende Möglichkeit politischer Verfolgung ergeben (BVerwG, Urt. vom 23.11.1982, BVerwGE 66, 237). Die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung kann schließlich nur festgestellt werden, wenn sich das Gericht in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit des von dem Asylbewerber behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschafft, wobei allerdings der sachtypische Beweisnotstand hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerstaat bei der Auswahl der Beweismittel und bei der Würdigung des Vortrags und der Beweise angemessen zu berücksichtigen ist (BVerwG, Urt. vom 12.11.1985, EZAR 630 Nr. 13).

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Dies setzt voraus, dass der Asylbewerber die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorträgt. Hierzu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerwG, Beschl. vom 18.09.1989, InfAuslR 1989, 350 [BVerwG 18.09.1989 - BVerwG 9 B 308.89] m.w.N.). Dazu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen. Ein im Laufe des Asylverfahrens sich widersprechendes oder sich steigerndes Vorbringen kann die Glaubwürdigkeit des Asylsuchenden in Frage stellen. Ändert der Asylsuchende in seinem späteren Vortrag sein früheres Vorbringen, so muss er überzeugende Gründe darlegen, weshalb sein früheres Vorbringen falsch gewesen ist, will er nicht den Eindruck der Unglaubwürdigkeit erwecken (BVerwG, Beschl. vom 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38 [BVerwG 26.10.1989 - BVerwG 9 B 405.89]; Beschl. vom 21.07.1989, Buchholz 402.24 § 1 AsylVfG Nr. 113). Zwar spricht nicht jede Widersprüchlichkeit im Vortrag eines Asylbewerbers zugleich auch gegen seine Glaubwürdigkeit; vielmehr ist bei der Wertung seiner Aussage zu berücksichtigen, dass sich Missverständnisse aus Verständigungsproblemen ergeben haben können und dass zwischen Asylantragstellung, der Anhörung im Verwaltungsverfahren, der schriftlichen Klagebegründung sowie ggf. der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor Gericht jeweils größere Zeiträume liegen können. Auch dürfen die besonderen Schwierigkeiten, denen Asylbewerber aus anderen Kulturkreisen bei der Darstellung ihrer Verfolgungsgründe besonders dann ausgesetzt sind, wenn sie über einen geringen Bildungsstand verfügen, nicht außer Acht gelassen werden. Grundlegende, für das Verlassen des Heimatlandes und den Asylantrag maßgebende Umstände im individuellen Lebensweg des Asylbewerbers bleiben jedoch im Normalfall zumindest in ihren wesentlichen Einzelheiten in Erinnerung. Widersprüche und Ungereimtheiten, die sich hierauf beziehen, machen das Vorbringen des Asylbewerbers zu seinem persönlichen Verfolgungsschicksal in der Regel insgesamt unglaubwürdig. Vor allem für diejenigen Umstände, die den eigenen Lebensbereich des Asylbewerbers betreffen, ist ein substantiierter, im Wesentlichen widerspruchsfreier Tatsachenvortrag zu fordern. Dabei ist die wahrheitsgemäße Schilderung einer realen Verfolgung erfahrungsgemäß gekennzeichnet durch Konkretheit, Anschaulichkeit und Detailreichtum.

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Nach diesen Kriterien hat der Kläger eine individuelle Vorverfolgung nicht glaubhaft gemacht. Es ist zur Überzeugung des Gerichts nicht glaubhaft, dass der Kläger während einer Auseinandersetzung mit einem Araber die von ihm geschilderten Beleidigungen gegen den syrischen Staatspräsidenten und die Baath-Partei ausgesprochen hat. Der Kläger hat hinsichtlich des Ablaufs der Auseinandersetzung unterschiedliche Schilderungen gegeben. Schon bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt hatte der Kläger zunächst angegeben, dass es "eine Schlägerei" zwischen ihm und einem Araber gegeben habe, der ihnen vorgeworfen habe, das Vieh auf dessen Weide getrieben zu haben, und der versucht habe, (auch) ihn mit einer Schaufel zu schlagen. Der Araber habe zunächst mit einer Schaufel auf eine der Kühe eingeschlagen, worauf der Kläger den syrischen Präsidenten und die Baath-Partei beschimpft habe. Der Araber habe daraufhin "Barzani und auch andere kurdische Parteien" beschimpft, bevor er die Schaufel gehoben und von ihm - dem Kläger - "in das Wasser gestoßen" worden sei. Sein Opa habe den Araber an der Hand festgehalten, und er habe "diesen Mann geschubst". An späterer Stelle der Anhörung vor dem Bundesamt hatte der Kläger dann angegeben, dass der Araber erst gesagt habe, "ich ficke Kurden und deren Führer Barzani", worauf er - der Kläger - das gleiche dann über den Präsidenten und die Baath-Partei gesagt habe. Anstelle einer "Schlägerei" wird die Auseinandersetzung lediglich noch als Wortgefecht dargestellt. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Abfolge der Auseinandersetzung mit dem Araber anders dargestellt. Danach soll zunächst die wechselseitige Beleidigung der politischen Führer stattgefunden haben, worauf der Araber mit der Schaufel auf die Kuh eingeschlagen haben soll. Der Kläger will daraufhin den Araber "getreten" und in das Wasser gestoßen haben. Von dem Versuch, auf den Kläger einzuschlagen, was von dem Großvater unterbunden worden sein soll, hat der Kläger nichts mehr erwähnt. Das Gericht nimmt es dem Kläger deshalb nicht ab, dass er in der von ihm beschriebenen Weise die Kontrolle über sich verloren haben will. Bei der Würdigung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers darf außerdem die allgemeine Lage in Syrien nicht außer Betracht gelassen werden. Ungeachtet der seit dem Präsidentenwechsel stattfindenden Veränderungen im Land ergibt sich aus den Lageberichten insbesondere des Auswärtigen Amtes, dass jedenfalls noch zu dem vom Kläger angegebenen Zeitpunkt des fraglichen Vorfalls in Syrien ein autoritäres Regime geherrscht hat, das Kritik nur in ganz geringem Umfang zuließ und im Übrigen gewichtige Sanktionen hiergegen verhängt hatte. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar und glaubhaft, dass der Kläger, der bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt mehrfach betont hatte, sich der Bedeutung dieser Beleidigung bewusst gewesen zu sein, die von ihm beschriebenen Beleidigungen ausgesprochen hat, obgleich er befürchten musste, wegen einer solchen in der Öffentlichkeit ausgesprochenen Beleidigung verhaftet und möglicherweise zu einer Freiheitsstrafe verurteilt zu werden. Das Gericht geht deshalb auch nicht davon aus, dass im Anschluss an diesen vorgeblichen Vorfall bei dem Großvater eine Hausdurchsuchung und aus den von ihm geschilderten Gründen Nachforschungen nach ihm stattgefunden haben. Diese Angaben des Klägers zu den Gründen seiner Ausreise aus Syrien ähneln im Übrigen stark den fluchtauslösenden Gründen, die sein in Deutschland lebender Onkel im Rahmen dessen Asylverfahrens geltend gemacht hatte. Auch hier ging es um eine Beschimpfung der syrischen Regierung und der Baath-Partei mit einer anschließenden Hausdurchsuchung. Das Gericht hält auch aus diesen Gründen die Angaben des Klägers zu einer ihm drohenden politischen Verfolgung für unglaubhaft. Es mag durchaus sein, dass der Kläger an einer Auseinandersetzung um ein vermeintlich unberechtigtes Weiden von Vieh auf fremdem Grund als Zeuge oder Beteiligter teilgenommen hat. Hierfür sprechen die Angaben des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen , der - als Zeuge vom Hörensagen - von einer Beleidigung des Großvaters durch den Araber gehört haben will, worauf der Kläger "sich mit dem Araber angelegt" und "den Araber angegriffen" haben soll. Nach der Schilderung dieses Zeugen soll im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang die Polizei zweimal für kurze Zeit bei der Familie des Klägers gewesen sein. Dass dies noch wesentlich öfter gewesen sein soll, wie die Mutter, der Onkel und der Bruder des Klägers geäußert haben sollen, hält die Kammer für unzutreffend, weil der Zeuge, der in geringer Entfernung und in Sichtweite gewohnt hatte, hiervon bis zu der erst acht bis neun Monate späteren eigenen Ausreise selbst etwas bemerkt haben müsste. Dies alles spricht zur Überzeugung des Gerichts dafür, dass der Kläger zwar in eine Auseinandersetzung mit einem Araber verwickelt gewesen sein mag, allerdings ohne die von ihm behaupteten Beleidigungen. Es wäre ihm deshalb zuzumuten gewesen, sich den Ermittlungen der Sicherheitsbehörden zu stellen, die der strafrechtlichen Komponente des Vorfalls dienten. Weder ein solcher Konflikt noch die Eigenschaft des Klägers als kurdischer Volkszugehöriger mit syrischer Staatsangehörigkeit lassen asylrelevante Repressionen bei der Strafverfolgung und -zumessung erwarten, sofern es zu einer Verurteilung kommen sollte (vgl. hierzu: Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 19.07.2000). Ob der Kläger im Jahre 1997 aus Anlass einer Demonstrationsteilnahme und der Yekiti-Mitgliedschaft seines in Deutschland befindlichen Onkels von den Sicherheitsbehörden in Syrien für einen Tag festgenommen und mit seinem Bruder verhört worden ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, weil dieser Vorfall nicht zu einer fluchtauslösenden Angst vor weiteren Behelligungen geführt hat und insoweit der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen dieser Begebenheit und der erst zwei Jahre später erfolgten Ausreise aus Syrien nicht zu erkennen ist.

29

Der Kläger ist wegen seiner Eigenschaft als Kurde auch sonst nicht Verfolgungsmaßnahmen des syrischen Staates ausgesetzt. Nach der Auskunftslage ist davon auszugehen, dass die ethnische Minderheit der Kurden als solche in Syrien einer staatlichen Verfolgung nicht unterworfen ist. Fälle politischer Verfolgung allein wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden sind nicht bekannt. Die in den 60-iger Jahren von der damals regierenden syrischen Führung begonnene und von Präsident Assad bis 1976 zunächst noch fortgeführte Politik der "Arabisierung" der kurdischen Siedlungsgebiete Syriens ist noch im Jahre 1976 von der Assad-Regierung eingestellt worden (vgl. etwa die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Berlin vom 10.01.1990). Zwar betont die Ideologie der Baath-Partei den arabischen Charakter Syriens. Seit Ende der 70-iger Jahre sind jedoch Bestrebungen zur Zwangsarabisierung ethnischer Minderheiten oder staatliche Repressionen gegen nichtarabische Minderheiten allein aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit nicht mehr feststellbar (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.07.2000).

30

Auch aufgrund der von dem Kläger mit der nach Erreichen des wehrpflichtigen Alters vorgenommenen Ausreise, mit der er möglicherweise eine Wehrdienstentziehung begangen hat, droht ihm bei einer Rückkehr nach Syrien keine politische Verfolgung. Eine Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung stellt nur dann eine politische Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG oder des § 51 Abs. 1 AuslG dar, wenn sie zusätzlich zu der Ahndung kriminellen Unrechts auch darauf gerichtet ist, den Betreffenden wegen seiner Religion, seiner politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen Persönlichkeitsmerkmals zu treffen (BVerwG, Urt. vom 24.11.1992, DVBl 1993, 325 [BVerwG 24.11.1992 - BVerwG 9 C 70/91]; Beschl. vom 09.01.1989, EZAR 201, Nr. 18; BVerfG, Beschl. vom 11.12.1985, BVerfGE 71, 276). Anhaltspunkte dafür, dass die syrische Regierung das Wehrstrafrecht als Instrument zur politischen Auseinandersetzung mit den tatsächlichen oder vermuteten Gegnern verwendet, lassen sich jedoch nicht feststellen.

31

Wehrpflichtige syrische Staatsangehörige, die den Wehrdienst noch nicht abgeleistet haben, werden nach der Rückkehr in das Heimatland in der Regel bei der Einreise verhaftet und müssen dann den Wehrdienst leisten; außerdem haben sie mit strafrechtlicher Verfolgung zu rechnen (z.B. amnesty international, Auskunft vom 29.03.1990 an das VG Karlsruhe; Deutsches Orient-Institut, Auskunft vom 14.04.1993 an das VG Schleswig, Auskunft vom 29.02.1996 an das VG Stuttgart). Die syrischen Strafbestimmungen sehen vor, dass die Wehrdienstentziehung mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten und mit einer Verdoppelung des Wehrdienstes zu ahnden ist (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 18.10.1996 an das VG Braunschweig; Deutsches Orient-Institut, Auskunft vom 29.02.1996 an das VG Stuttgart; amnesty international, Auskunft vom 02.09.1993 an das VG Schleswig; Perthes, Auskunft vom 07.03.1993 an das VG Schleswig). Tatsächlich kommt es jedoch kaum zu einem militär-strafrechtlichen Verfahren. Stattdessen wird die Wehrdienstzeit entsprechend verlängert oder verdoppelt (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 13.01.1999, vom 19.07.2000). Sowohl nach der Höhe der strafrechtlichen Sanktionen als auch im Hinblick auf die Anwendungspraxis dieser Regelungen lässt sich nicht feststellen, dass der syrische Staat im Fall von Wehrdienstentziehungen Maßnahmen ergreift, die neben einer strafrechtlichen Ahndung auch darauf gerichtet sind, den Betreffenden wegen eines asylerheblichen Persönlichkeitsmerkmals zu treffen (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 24.02.2000 an das VG Münster, vom 08.05.1996 an das VG Ansbach; Lagebericht vom 13.01.1999; vgl. auch: VGH Mannheim, Urt. vom 19.05.1998, A 2 S 28/98; OVG Lüneburg, Urt. vom 22.06.1999, 2 L 666/98 m.w.N.).

32

Erkenntnisse darüber, dass syrische Staatsangehörige im wehrpflichtigen Alter nach ihrer Rückkehr während der Inhaftierung in menschenrechtswidriger Weise misshandelt werden, liegen ebenfalls nicht vor. Nach der Einschätzung des Deutschen Orient-Instituts reicht allein eine Wehrdienstentziehung nicht für die Annahme einer solchen Befürchtung (Deutsches Orient-Institut, Auskunft vom 29.02.1996 an das VG Stuttgart). Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes werden die Wehrpflichtigen vielmehr bei der Einreise erfasst und unverzüglich zur Ableistung des Wehrdienstes eingezogen (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 28.05.1993 an das VG Schleswig; Lagebericht vom 14.01.1999). Gegenteilige Erkenntnisse lassen sich auch nicht den weiteren hierzu vorliegenden Auskünften entnehmen (amnesty international, Auskunft vom 29.03.1990 an das VG Karlsruhe; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 08.05.1996 an das VG Ansbach, vom 28.05.1993 an das VG Schleswig).

33

Nach dieser Erkenntnismittellage ist jedenfalls in den Fällen, in denen der Betreffende nicht in dem Verdacht steht, sich in herausgehobener Weise gegen den syrischen Staat politisch betätigt zu haben, nicht anzunehmen, dass es während der Ableistung des Wehrdienstes und einer diesem möglicherweise vorausgehenden Inhaftierung zu politischen Verfolgungsmaßnahmen kommt (OVG Lüneburg, Urt. vom 22.06.1999, 2 L 666/98; VGH Mannheim, Urt. vom 19.05.1998, A 2 S 28/98).

34

Es besteht auch keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Syrien aus der Sicht des syrischen Staates in den Verdacht einer regimekritischen Haltung geraten könnte.

35

Die Mitgliedschaft in einer kurdischen Organisation (z.B. Yekiti) in Deutschland begründet als solche keine Verfolgungsgefahr. So führt amnesty international in seiner Auskunft vom 26.06.1996 an das VG Koblenz (bezogen auf die kurdischen Volksunion) aus, dass allein die Mitgliedschaft in einer kurdischen Partei in der Regel nur zur Beobachtung durch die verschiedenen syrischen Geheim- und Sicherheitsdienste führen könne. Im Übrigen ist es nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem syrischen Staat bekannt ist, ob und in welcher kurdischen Organisation eine Mitgliedschaft begründet wurde. Zwar ist angesichts der Tätigkeit der syrischen Dienste in Deutschland davon auszugehen, dass die Behörden in Syrien über politische Aktivitäten syrischer Staatsangehörige in Deutschland in der Regel gut informiert sind (vgl. z. B. Bulut, Auskunft vom Juli 1996 an das VG Braunschweig). Doch ist schon nicht anzunehmen, dass die syrischen Behörden regelmäßig Kenntnis davon haben, ob es sich bei dem politisch Agierenden um einen Mitläufer oder um ein Mitglied einer exilpolitischen Organisation handelt.

36

Entscheidend ist, in welcher Form sich der Kläger in Deutschland insbesondere öffentlichkeitswirksam politisch engagiert hat. Nur bei aktiven Anhängern einer exilpolitischen Organisation kann von einer Gefährdung ausgegangen werden. Ob und in welchem Maße einem Mitglied einer kurdischen Organisation im Falle einer Rückkehr nach Syrien politische Verfolgung droht, hängt deshalb in erster Linie davon ab, ob sich diese Person in hervorgehobener Weise politisch oppositionell oder regimekritisch verhalten hat (vgl. amnesty international vom 24.06.1996 an das VG Koblenz, vom 24.06.1996 an das VG Koblenz, vom 11.11.1996 an das VG Braunschweig und Bericht vom Oktober 1996; Auswärtiges Amt, Auskünfte vom 19.03.1997 und vom 17.07.1996 an das VG Braunschweig). Soweit es um die Teilnahme am Newroz-Fest geht, begründet dies keine Gefahr, in den Verdacht einer regimekritischen Haltung zu geraten. Vielmehr sind Newroz-Feste auch in Syrien als kulturelle Veranstaltungen erlaubt. Verboten sind jedoch in Syrien alle regimefeindlichen Musikdarbietungen, Ansprachen usw.; diese können zur Auflösung der Veranstaltung führen (vgl. Auskunft des Deutschen Orient-Instituts vom 30.07.1996 an VG Braunschweig; Auskunft vom 27.06.2000 an das VG Osnabrück; Deutsches Orient-Institut, Stellungnahme vom 30.07.1999 an das VG Oldenburg).

37

Die Teilnahme an der Demonstration in Bonn begründet nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts ebenfalls keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger aus syrischer Sicht in den Verdacht geraten könnte, sich regimefeindlich verhalten zu haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei diesen Demonstrationen, die regelmäßig ein- bis zweimal im Jahr vor der syrischen Botschaft stattfinden und auch entsprechend beobachtet werden, um Veranstaltungen handelt, an denen eine Vielzahl syrischer Kurden teilnimmt, die sich erstmals in der Bundesrepublik kritisch gegenüber dem syrischen Staat betätigen und auf diese Weise ein zumindest vorübergehendes Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland erreichen wollen. Dem steht nicht entgegen, dass sie bei diesen Demonstrationen auch Transparente mit sich führen, Parolen rufen, Flugblätter verteilen oder kurdische Fahnen tragen. Eine regimekritische Haltung wird der syrische Staat aus der schlichten Teilnahme an solchen Demonstrationen zur Überzeugung des Gerichts nicht herleiten. Insoweit schließt sich das erkennende Gericht der Einschätzung des Deutschen Orient-Institutes in seiner Auskunft vom 30.07.1996 an das VG Braunschweig an. Hierin ist ausgeführt, dass eine politische und/oder politisch-kulturelle Tätigkeit im Hinblick auf die damit für den Betreffenden verbundene Gefahr in Abhängigkeit davon einzuschätzen ist, wo diese stattfindet. In Syrien gehört nicht viel dazu, aus politischen Gründen Schwierigkeiten mit der Staatssicherheit zu bekommen. Deshalb halten sich die Kurden, solange sie in Syrien leben, im Allgemeinen mit gegen den Staat gerichteten politischen Aktionen zurück. Zwar versucht der syrische Geheimdienst auch im Ausland, die führenden Kräfte der syrisch-kurdischen nationalen Bewegung zu beobachten; solche Aktivitäten sind aber für die syrischen Stellen nur von Interesse, wenn es sich um Aktionen handelt, die einen konkreten Bezug zu Syrien haben und öffentlichkeitswirksam auch nach Syrien hineinwirken wollen. Im Übrigen ist angesichts der zahlreichen kurdischen Asylbewerber aus Syrien davon auszugehen, dass die syrischen Stellen zwischen gezielt nach Syrien gerichteten oder doch wenigstens in derartiger Absicht unternommenen Aktivitäten und einer allein "ausländischen Zwecken" halber unternommenen Aktivitäten zu unterscheiden wissen (vgl. hierzu auch: OVG Lüneburg, Beschl. vom 15.07.1998, 2 L 2711/98 m.w.N.). Das Gericht hält es nach alledem für nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger, der bisher noch nicht einmal ein Mitglied der Yekiti-Partei ist und sich bei den von ihm genannten Veranstaltungen im Wesentlichen als Sympathisant und Mitläufer verhalten hat, deshalb einer Verfolgung durch den syrischen Staat ausgesetzt sein könnte. Der Umstand, dass er - wie viele andere Veranstaltungsteilnehmer auch - gelegentlich Parolen gerufen hat, hebt ihn nicht aus der Masse der übrigen Demonstranten heraus. Die von ihm geschilderten Parolen unterscheiden sich nicht wesentlich von den allgemeinen Forderungen der Kurden, mehr Beachtung ohne Diskriminierung zu finden.

38

Anhaltspunkte für Nachfluchtgründe liegen ebenfalls nicht vor. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der unverfolgt ausgereisten Kläger bei seiner Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer politischen Verfolgung droht. Die Tatsache, dass der Kläger in Deutschland um Asyl nachgesucht hat, ist kein Umstand, dessentwegen eine solche Befürchtung begründet wäre. Die Asylantragstellung als solche hat keine Maßnahmen syrischer Behörden zur Folge (vgl. den o.g. Lagebericht sowie das Urteil des Nds. OVG Lüneburg vom 04.08.1993, 2 L 5341/92; Beschl. vom 22.08.2000, 2 L 3024/00). Nichts anderes gilt auch für den mit der Dauer des Asylverfahrens zusammenhängenden Auslandsaufenthalt. Dieser wird von den syrischen Behörden ganz regelmäßig nicht zum Anlass für Verfolgungsmaßnahmen genommen (vgl. Nds. OVG Lüneburg, aaO.; OVG Bremen, Urt. vom 13.04.2000, OVG 2 A 466/99.A; VGH Mannheim, Urt. vom 19.05.1998, A 2 S 28/98; OVG Saarlouis, Urt. vom 08.12.1998, 3 R 72/98). Es entspricht deshalb der ständigen Rechtsprechung der Kammer, dass weder allein der Auslandsaufenthalt noch die Asylantragstellung zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien führen, sofern die Betroffenen - wie hier - sich nicht in herausgehobener Funktion politisch betätigt haben. Aus den Lageberichten des Auswärtigen Amtes (z. B. vom 19.07.2000) ergibt sich, dass die Einreise abgeschobener Antragsteller ohne Anhaltspunkte für eine aus der Sicht des syrischen Staates bedeutsamen politische Betätigung weitgehend unbehelligt verläuft und die Asylantragstellung als solche oder ein längerer Auslandsaufenthalt für sich in der Regel keine Anknüpfungspunkte für ein erhöhtes Interesse der Geheimdienste sind. Aus den der Kammer vorliegenden Auskünften von amnesty international (z.B. vom 20.06.1996 an das VG Koblenz) ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Darin wird insoweit übereinstimmend mit den Angaben des Auswärtigen Amtes ausgeführt, dass mit zielgerichteter politischer Verfolgung in der Regel dann gerechnet werden muss, wenn sich jemand aktiv politisch und in herausgehobener Funktion oppositionell oder anderweitig regimekritisch verhält. Es wird zwar auch ausgeführt, dass syrische Asylantragsteller bei der Abschiebung gefährdet seien, von staatlichen Stellen verfolgt zu werden, da sie einem eingehenden Verhör durch die Einwanderungs- und Sicherheitsbehörden unterzogen werden. Außerdem wird aber dargelegt, dass die abgeschobenen Asylantragsteller dann in ein Haft- und Verhörzentrum in Damaskus gebracht werden, wo sie gefährdet sind, gefoltert zu werden, wenn sich bei der Überprüfung der Verdacht auf eine regimekritische Haltung oder frühere oppositionelle Betätigung ergibt. Bei der Befragung am Flughafen sei es hingegen lediglich nicht ausgeschlossen, dass es zu Misshandlungen durch Schläge oder zu anderen Maßnahmen komme. Auch aus dieser Stellungnahme kann daher nicht die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine politisch motivierte Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien für diejenigen entnommen werden, die sich - wie der Kläger - nicht politisch betätigt haben und die daher auch nicht in den Verdacht einer regimekritischen Haltung kommen können. Übereinstimmend hiermit gibt das Deutsche Orient Institut (z. B. Auskunft an das VG Ansbach vom 08.05.1995) an, dass auch staatenlose Kurden aus Syrien allein wegen ihrer Asylantragstellung keine Bestrafung zu erwarten haben, da die staatlichen Organe Syriens die Bedeutung eines Asylverfahrens durchaus realistisch einschätzen können und das Asylverfahren in den Augen der syrischen Staatsorgane für nicht bereits in ihrem Heimatland politisch Verfolgte dieselbe Bedeutung hat wie in den Augen der Asylbewerber, die einer Formalie.

39

Schließlich begründet auch der Hinweis des Klägers auf die vermeintliche Verhaftung des zurückgeschobenen Asylbewerbers Hussein  nicht die begründete Befürchtung, gleiches zu erfahren. Ungeachtet des Umstandes, dass diese Schilderung bisher eine Bestätigung durch offizielle Stellen - soweit ersichtlich ist - nicht erfahren hat, wäre der Fall des Hussein  mit dem des Klägers deshalb nicht vergleichbar, weil der Kläger sich schon nach dem eigenen Vorbringen nicht in ähnlich auffälliger Weise exilpolitisch verhalten hat. Außerdem ist der Kläger nicht in gleicher Weise in den Blickpunkt der syrischen Botschaft gerückt, mit der der Asylbewerber Hussein offenbar Differenzen um die Ausstellung von Personalpapieren hatte. Ob dies der Grund für seine Festnahme bei der Einreise war, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls lässt sich für den Kläger aus einem der wenigen Fälle von Schwierigkeiten bei der Rückführung nicht ableiten, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in ähnlicher Weise festgesetzt zu werden und der Gefahr ausgesetzt zu sein, Folterungen zu erleiden.

40

Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse i.S.d. § 53 AuslG nicht ersichtlich. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erfasst allgemeine Gefahren i.S.d. § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG auch dann nicht, wenn sie den einzelnen Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen. Lediglich dann, wenn dem einzelnen Ausländer kein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG zusteht, er aber gleichwohl nicht abgeschoben werden darf, weil die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wegen einer extremen Gefahrenlage die Gewährung von Abschiebungsschutz unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach den §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG gebieten, ist § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG verfassungskonform einschränkend dahin auszulegen, dass eine Entscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht ausgeschlossen ist (BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, NVwZ 1996, 199 [BVerwG 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9/95]). Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr nach Syrien in einer solchen extremen Gefahrenlage befinden würde.

41

Da das Bundesamt den Kläger zu Recht nicht als Asylberechtigten anerkannt hat und er keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt, hatte die Behörde ihn gemäß den §§ 34 f. AsylVfG zur Ausreise aufzufordern und die Abschiebung anzudrohen.

42

Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b Abs. 1

43

AsylVfG abzuweisen. Die Nebenentscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.