Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 01.02.2001, Az.: 6 A 98/00

Ausreise; Syrien; Verfolgungsdruck; Verfolgungsfurcht; zeitlicher Zusammenhang

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
01.02.2001
Aktenzeichen
6 A 98/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 39272
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zum Erfordernis eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem die Verfolgungsfurcht begründenden Vorfall und der Ausreise aus dem Heimatland.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Der Kläger ist ungeklärter Staatsangehöriger aus Syrien palästinensischer Volkszugehörigkeit. Er reiste eigenen Angaben zufolge am 18. Oktober 1999 auf dem Luftweg (Abflug Damaskus 17.10.1999, 2.00 Uhr - Zwischenlandung: Moskau - Ankunft Berlin: 18.10., 8.00 Uhr) in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter.

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Zur Begründung dieses Begehrens trug er bei der Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 03. November 1999 vor:

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Er habe Syrien mit einem Passersatzpapier verlassen, das er ebenso wie sein Flugticket und seine Bordkarte nach der Ankunft in Deutschland zerrissen und weggeworfen habe. Da er nur einen einfachen Flug gebucht habe, habe er mit den Dokumenten nichts mehr anfangen können. In Syrien sei er zehn Jahre zur Schule gegangen und habe als Beruf danach erlernt, Blitzableiter zu konstruieren. Er habe bei deutschen und Schweizer Firmen in Syrien gearbeitet. Zuletzt habe er selbständig in Homs gearbeitet, dabei vom Staat Aufträge erhalten bzw. für eine staatliche Zementfabrik und für staatliche Elektrizitätsfirmen gearbeitet. Seit Juli 1997 bis zu seiner Ausreise habe er aufgrund einer Verletzung nicht mehr arbeiten können. Zuvor habe er ein Haus von einer Familie, deren Sohn ein inhaftierter Moslembruder gewesen sei - wovon er derzeit nichts gewusst habe -, gekauft. Nachdem er das Haus, das vermutlich unter Beobachtung gestanden habe, aufgeschlossen gehabt habe, habe eine Gruppe von etwa 15 bis 20 bewaffneter Personen vom Geheimdienst das Haus gestürmt. Aus Angst sei er auf das Dach gelaufen. Er sei verfolgt und von einer Person vom Dach geschubst worden. Da er mehrere Arm- und Beinbrüche sowie einen Kieferbruch erlitten gehabt habe, habe er insgesamt 27 Tage im Krankenhaus bleiben und mehrfach operiert werden müssen. Erst nach einem Jahr und zwei Monaten habe er wieder laufen können. Während dieser Zeit habe er bei seiner Schwester in Homs gelebt. Nach dieser Leidenszeit habe er sich entschlossen, nach Deutschland auszureisen, weil er die Deutschen möge und hier arbeiten wolle. Er habe Angst, bei einer Rückkehr nach Syrien von den Behörden festgenommen zu werden. Er glaube, dass er nur deshalb nach dem Unfall von den syrischen Behörden nicht belästigt worden sei, weil diese nicht gewusst hätten, wo er sich aufhalte. Als er wieder habe laufen können, habe er gesehen, dass Leute vom Sicherheitsdienst in seinem Haus gewohnt hätten. Er habe versucht, anhand des Kaufvertrages klarzumachen, dass das Haus ihm gehöre. Die syrischen Behörden hätten ihm nicht geglaubt und gedacht, er habe mit der Familie, deren Sohn ein Moslembruder sei, zu tun. Auf weitere Nachfrage erklärt der Kläger, er sei wegen des Kaufvertrages über sein Haus doch nicht bei einer syrischen Behörde gewesen, weil er Angst gehabt habe. Auf die Nachfrage, unter welchem Namen er aus Syrien ausgereist sei (laut Visa-Anfrage ist der Kläger nicht mit seinem eigenen Namen aus Syrien ausgereist), gab er an, das Visum sei für Russland gewesen, er sei aber mit seinen eigenen Unterlagen nach Deutschland gekommen.

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Mit Bescheid vom 16. November 1999 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag als unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG ebenfalls nicht gegeben seien und die Voraussetzungen des § 53 AuslG nicht vorlägen. Außerdem forderte die Behörde den Kläger zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einem Monat nach Unanfechtbarkeit der ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes auf und drohte für den Fall, dass dieser Anordnung nicht fristgerecht nachgekommen werde, die Abschiebung an.

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Gegen den am 18. November 1999 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 24. November 1999 Klage erhoben.

6

Er trägt vor: Er habe sich entschlossen, auszureisen, nachdem er erfahren habe, dass der Geheimdienst ihn habe vernehmen wollen. Das Haus, das er in Syrien gekauft habe, habe zuvor seit 20 Jahren leergestanden. Er habe mit mehreren Anwälten in Syrien darüber gesprochen, dass sein Haus vom Geheimdienst beschlagnahmt worden sei, doch keiner habe etwas mit dem Fall zu tun haben wollen, und alle hätten Angst gehabt. Als Palästinenser habe er beschränkte Reisemöglichkeiten von Syrien aus. Er habe sofort an Deutschland gedacht, weil er die Deutschen möge, nachdem er in Syrien etwa sechs Jahre für deutsche Firmen gearbeitet habe.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Bundesamtes vom 16. November 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und außerdem festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 AuslG vorliegen.

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Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid,

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die Klage abzuweisen.

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Auf eine Anfrage des Gerichts ist vom Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH unter dem 23. Dezember 1999 mitgeteilt worden, dass am 17. Oktober 1999 um 8.29 Uhr ein Flugzeug der Fluggesellschaft Aeroflot - Flug-Nr.: SU 111 - aus Moskau kommend in Berlin-Schönefeld gelandet ist. Laut einer telefonischen Auskunft eines Mitarbeiters des Flughafens Berlin-Schönefeld sei am 18. Oktober 1999 um 9.01 Uhr ebenfalls eine Aeroflot mit derselben Flug-Nummer gelandet.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen. Diese Unterlagen waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG noch auf die Feststellung durch die Beklagte, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG oder des § 53 AuslG vorliegen.

14

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter, weil nach den von ihm gemachten Angaben zu den Einzelheiten seines Reiseweges davon ausgegangen werden muss, dass er auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist.

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Gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylVfG kann sich nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen und wird nicht als Asylberechtigter anerkannt, wer aus einem Drittstaat eingereist ist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sichergestellt ist. Zu diesen "sicheren Drittstaaten" gehören gemäß Art. 16a Abs. 2 GG i.V.m. § 26a Abs. 2 AsylVfG neben den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften die in der Anlage I zu § 26a AsylVfG aufgeführten Staaten. Dazu zählen alle Staaten mit Landgrenzen zur Bundesrepublik Deutschland. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Gründe des § 26a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG, die dem entgegenstünden, sind nicht ersichtlich. Auch kann nicht angenommen werden, dass die Durchreise unter Umständen erfolgt ist, nach denen die Möglichkeit ausgeschlossen war, die Reise im Drittstaat zu unterbrechen (vgl. dazu BVerfG, Urt. vom 14.05.1996, EuGRZ 1996, 237 f.; VGH Mannheim, Urt. vom 29.07.1996 - A 12 S 1313/95).

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Nachdem der Kläger vor dem Bundesamt zunächst angegeben hatte, von Damaskus mit einer Zwischenlandung in Moskau nach Berlin geflogen zu sein, hat er in der mündlichen Verhandlung am 01. Februar 2001 angegeben, zwar von Damaskus nach Moskau auf dem Luftweg eingereist zu sein, von Moskau nach Berlin dann jedoch mit dem Zug weitergereist zu sein. Auf Nachfrage des Gerichts hat er nochmals bestätigt, von Moskau nach Berlin mit der Eisenbahn gefahren zu sein und auf den Widerspruch zu seinen Angaben bei der Anhörung vor dem Bundesamt angesprochen angegeben, beim Bundesamt seien seine Angaben möglicherweise falsch aufgenommen worden. Damit ist der Kläger bereits nach seinen eigenen Angaben nicht auf dem Luft-, sondern auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.

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Es besteht auch kein Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AuslG.

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Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sind denen des Art. 16a Abs. 1 GG gleich, soweit es die Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale betrifft. Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte haben politisch Verfolgte (Art. 16 a Abs. 1 GG). Dieses Individualgrundrecht kann in Anspruch nehmen, wer bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland politische Verfolgung (erneut oder erstmals) zu befürchten hat. Politische Verfolgung liegt vor, wenn dem Einzelnen durch den Heimatstaat oder durch Maßnahmen Dritter, die diesem Staat zurechenbar sind, in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden oder unmittelbar drohen, die ihn nach ihrer Intensität und Schwere aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschl. vom 10.07.1989, BVerfGE 80, 315, 333). Dabei beschränkt sich der asylrechtliche Schutz nicht auf die Rechtsgüter Leib und Leben, sondern erfasst auch Einschränkungen der persönlichen Freiheit; die hierin eingeschlossenen Rechte der freien Religionsausübung und ungehinderten beruflichen und wirtschaftlichen Betätigung lösen einen Asylanspruch indessen nur aus, wenn deren Beeinträchtigung nach ihrer Intensität und Schwere zugleich die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Herkunftsstaates allgemein hinzunehmen haben (BVerfG, Beschl. vom 24.06.1992 - 2 BvR 176/92 u.a., S. 12 f. des Abdrucks unter Hinweis auf BVerfGE 76, 143, 158). Die Gefahr eigener politischer Verfolgung kann sich auch aus gegen Dritte gerichteten Verfolgungsmaßnahmen ergeben, wenn der Asylbewerber sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und auch im Übrigen vergleichbaren Lage befindet, so dass seine (etwaige) Nichtbetroffenheit von ausgrenzenden Rechtsverletzungen eher als zulässig anzusehen ist (BVerfG, Beschl. vom 23.01.1991, BVerfGE 83, 216, 230). Eine solche sog. mittelbare Gruppenverfolgung liegt danach typischerweise vor bei Massenausschreitungen (Pogromen), die das ganze Land oder große Teile desselben erfassen, aber etwa auch dann, wenn unbedeutende oder kleine Minderheiten mit solcher Härte, Ausdauer und Unnachsichtigkeit verfolgt werden, dass jeder Angehörige dieser Minderheit sich ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht, wobei allerdings nicht ein ganzes Land gewissermaßen flächendeckend erfasst sein muss (BVerfG, Beschl. vom 23.01.1991, BVerfGE 83, 216, 232). Auch ohne Pogrome und diesen vergleichbare Massenausschreitungen liegt eine mittelbare Gruppenverfolgung immer dann vor, wenn die Verfolgungsschläge, von denen die Angehörigen einer Gruppe betroffen werden, so dicht und eng gestreut fallen, dass für jedes Gruppenmitglied die Furcht begründet ist, in eigener Person Opfer der Übergriffe zu werden (BVerwG, Beschl. vom 24.09.1992, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 156; Urt. vom 05.07.1994, BVerwGE 96, 200, 203). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. vom 02.08.1983, BVerwGE 67, 317 m. w. N.) wird eine solche von nichtstaatlicher Seite, insbesondere von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Organisationen ausgehende Verfolgung dem Staat zugerechnet, wenn dieser die Verfolgung billigt oder fördert, ferner wenn er nicht willens oder - trotz vorhandener Gebietsgewalt - nicht in der Lage ist, die Betroffenen gegen Übergriffe Privater zu schützen. Dabei besteht die Zurechenbarkeit begründende Schutzunfähigkeit oder Schutzunwilligkeit nicht bereits dann, wenn in dem zu beurteilenden Einzelfall effektiver staatlicher Schutz nicht geleistet worden ist. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten lückenlosen Schutz zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen oder "Pannen" sonstiger Art bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgaben der Wahrung des öffentlichen Friedens nicht vorkommen. Deshalb schließt weder Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch die im Einzelfall von dem Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit aus. Vielmehr sind Übergriffe Privater dem Staat als mittelbare Verfolgung dann zuzurechnen, wenn er gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-) Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, vorkommende Fälle von Schutzverweigerung mithin ein von der Regierung nicht gewolltes Fehlverhalten der Handelnden in Einzelfällen sind (BVerwG, Urt. vom 05.07.1994, InfAuslR 1995, 24 [BVerwG 05.07.1994 - BVerwG 9 C 1.94]).

19

Da das Asylgrundrecht auf dem Zufluchtgedanken beruht und von seinem Tatbestand her grundsätzlich den Ursachenzusammenhang von Verfolgung/Flucht/Asyl voraussetzt (BVerfG, Beschl. vom 26.11.1986, BVerfGE 74, 51, 60; Beschl. vom 10.07.1989, BVerfGE 80, 344), ist ferner von maßgeblicher Bedeutung, ob der Asylbewerber vorverfolgt oder unverfolgt ausgereist ist. Ist der Asylsuchende wegen erlittener oder unmittelbar bevorstehender politischer Verfolgung ausgereist und war ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates wegen Fehlens einer inländischen Fluchtalternative unzumutbar, ist er als Asylberechtigter anzuerkennen, sofern die fluchtbegründenden Umstände im maßgeblichen Zeitpunkt fortbestehen. Er ist ferner anzuerkennen, wenn diese zwar entfallen sind, aber an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ernsthafte Zweifel bestehen. Hat der Asylsuchende seinen Heimatstaat hingegen unverfolgt verlassen, kann er nur dann anerkannt werden, wenn ihm politische Verfolgung aufgrund eines asylerheblichen Nachfluchttatbestandes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerfG, Beschl. vom 26.11.1986, aaO., 64 f.; Beschl. vom 10.07.1989, aaO., 344; BVerwG, Urt. vom 20.11.1990, BVerwGE 87, 152; Urt. vom 23.07.1991, DVBl. 1991, 1089). Für die Annahme einer drohenden Verfolgung ist entscheidend, ob aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar erscheint (BVerwG, Urt. vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169). Die dazu erforderliche Zukunftsprognose hat auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) und muss auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichtet sein (BVerwG, Urt. vom 03.12.1985, EZAR 202 Nr. 6). Sie hat die vom Asylbewerber geschilderten Ereignisse zu würdigen und insbesondere auch den politischen Charakter der Verfolgungsmaßnahme festzustellen (§§ 15, 25, 74 Abs. 2 AsylVfG). Bei der Darstellung der allgemeinen Umstände im Herkunftsland genügt es, dass die vorgetragenen Tatsachen die nicht entfernt liegende Möglichkeit politischer Verfolgung ergeben (BVerwG, Urt. vom 23.11.1982, BVerwGE 66, 237). Die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung kann schließlich nur festgestellt werden, wenn sich das Gericht in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit des von dem Asylbewerber behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschafft, wobei allerdings der sachtypische Beweisnotstand hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerstaat bei der Auswahl der Beweismittel und bei der Würdigung des Vortrags und der Beweise angemessen zu berücksichtigen ist (BVerwG, Urt. vom 12.11.1985, EZAR 630 Nr. 13).

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Dies setzt voraus, dass der Asylbewerber die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorträgt. Hierzu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerwG, Beschl. vom 18.09.1989, InfAuslR 1989, 350 [BVerwG 18.09.1989 - BVerwG 9 B 308.89] m.w.N.). Dazu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen. Ein im Laufe des Asylverfahrens sich widersprechendes oder sich steigerndes Vorbringen kann die Glaubwürdigkeit des Asylsuchenden in Frage stellen. Ändert der Asylsuchende in seinem späteren Vortrag sein früheres Vorbringen, so muss er überzeugende Gründe darlegen, weshalb sein früheres Vorbringen falsch gewesen ist, will er nicht den Eindruck der Unglaubwürdigkeit erwecken (BVerwG, Beschl. vom 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38 [BVerwG 26.10.1989 - BVerwG 9 B 405.89]; Beschl. vom 21.07.1989, Buchholz 402.24 § 1 AsylVfG Nr. 113). Zwar spricht nicht jede Widersprüchlichkeit im Vortrag eines Asylbewerbers zugleich auch gegen seine Glaubwürdigkeit; vielmehr ist bei der Wertung seiner Aussage zu berücksichtigen, dass sich Missverständnisse aus Verständigungsproblemen ergeben haben können und dass zwischen Asylantragstellung, der Anhörung im Verwaltungsverfahren, der schriftlichen Klagebegründung sowie ggf. der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor Gericht jeweils größere Zeiträume liegen können. Auch dürfen die besonderen Schwierigkeiten, denen Asylbewerber aus anderen Kulturkreisen bei der Darstellung ihrer Verfolgungsgründe besonders dann ausgesetzt sind, wenn sie über einen geringen Bildungsstand verfügen, nicht außer Acht gelassen werden. Grundlegende, für das Verlassen des Heimatlandes und den Asylantrag maßgebende Umstände im individuellen Lebensweg des Asylbewerbers bleiben jedoch im Normalfall zumindest in ihren wesentlichen Einzelheiten in Erinnerung. Widersprüche und Ungereimtheiten, die sich hierauf beziehen, machen das Vorbringen des Asylbewerbers zu seinem persönlichen Verfolgungsschicksal in der Regel insgesamt unglaubwürdig. Vor allem für diejenigen Umstände, die den eigenen Lebensbereich des Asylbewerbers betreffen, ist ein substantiierter, im Wesentlichen widerspruchsfreier Tatsachenvortrag zu fordern. Dabei ist die wahrheitsgemäße Schilderung einer realen Verfolgung erfahrungsgemäß gekennzeichnet durch Konkretheit, Anschaulichkeit und Detailreichtum.

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Soweit der Kläger geschildert hat, er sei im Juli 1997 aufgrund eines Stoßes eines Geheimdienstbeamten vom Dach seines Hauses gefallen und habe dadurch mehrere Arm- und Beinbrüche sowie einen Kieferbruch erlitten, fehlt es bereits an dem für das Asylverfahren erforderlichen Zusammenhang zwischen diesem Ereignis und der erst mehr als zwei Jahre später erfolgten Ausreise aus Syrien im Oktober 1999. Abgesehen davon war der Geheimdienst an der Person des Klägers - trotz der Stürmung seines Hauses - offenbar nicht interessiert. Der Kläger hat selbst angegeben, weder zuvor noch nach dem Vorfall im Juli 1997 Kontakt oder Probleme mit dem Geheimdienst gehabt zu haben. Wäre der Geheimdienst tatsächlich an dem Kläger interessiert gewesen, wäre er bereits während seines Krankenhausaufenthaltes oder in der Folgezeit bei seiner Schwester von Geheimdienstmitarbeitern aufgesucht worden. Für den Geheimdienst wäre es ein Leichtes gewesen, den Aufenthaltsort des Klägers zu erfahren.

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Da der Kläger im Verlaufe des Asylverfahrens immer wieder angegeben hat, wie sehr ihm daran gelegen sei, in der Bundesrepublik Deutschland arbeiten zu können und dies auch in der mündlichen Verhandlung am 01. Februar 2001 nochmals betont hat, geht das Gericht davon aus, dass der Kläger allein aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland eingereist ist.

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Wegen der übrigen Gründe nimmt das Gericht gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG Bezug auf den Bescheid des Bundesamtes vom 16. November 1999 und macht sich diese zu Eigen.

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Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse i.S.d. § 53 AuslG nicht ersichtlich. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erfasst allgemeine Gefahren i.S.d. § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG auch dann nicht, wenn sie den einzelnen Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen. Lediglich dann, wenn dem einzelnen Ausländer kein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG zusteht, er aber gleichwohl nicht abgeschoben werden darf, weil die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wegen einer extremen Gefahrenlage die Gewährung von Abschiebungsschutz unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach den §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG gebieten, ist § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG verfassungskonform einschränkend dahin auszulegen, dass eine Entscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht ausgeschlossen ist (BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, NVwZ 1996, 199 [BVerwG 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9/95]). Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr nach Syrien in einer solchen extremen Gefahrenlage befinden würde.

25

Da das Bundesamt den Kläger zu Recht nicht als Asylberechtigten anerkannt hat und er keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt, hatte die Behörde ihn gemäß den §§ 34 f. AsylVfG zur Ausreise aufzufordern und die Abschiebung anzudrohen.

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Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b Abs. 1

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AsylVfG abzuweisen. Die Nebenentscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.