Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 22.02.2001, Az.: 4 A 444/99
Erstattung von geleisteter Sozialhilfe; Gewährung von Sozialleistungen wegen Nichtsesshaftigkeit und Transsexualität als Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten; Voraussetzungen zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes; Beendigung einer Kostenerstattungspflicht des Sozialhilfeträgers des ersten gewöhnlichen Aufenthaltes gegenüber dem bisher kostenerstattungsberechtigten Sozialhilfeträger bei Umzug
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 22.02.2001
- Aktenzeichen
- 4 A 444/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 30881
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2001:0222.4A444.99.0A
Rechtsgrundlagen
- § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I
- § 72 BSHG
- § 97 Abs. 2 S. 1 BSHG
- § 97 Abs. 4 BSHG
- § 99 BSHG
- § 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG
- § 107 BSHG
Fundstellen
- ZfF 2002, 232-234
- info also 2003, 44-45 (red. Leitsatz)
Verfahrensgegenstand
Kostenersatz gem § 107 BSHG (für G.)
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 4. Kammer -
ohne mündliche Verhandlung
am 22. Februar 2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Ungelenk,
den Richter am Verwaltungsgericht Hachmann und
die Richterin am Verwaltungsgericht Köhler sowie
die ehrenamtliche Richterin F. und den ehrenamtlichen Richter G.
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die dem/der Hilfeempfänger/in G. in der Zeit vom 04. Dezember 1995 bis zum 28. November 1997 geleistete Sozialhilfe in Höhe von 26.006,28 DM nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit der Klage zu erstatten.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte; Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 28.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten gemäß § 107 BSHG die Erstattung von Sozialhilfeleistungen für den/die Hilfeempfänger/in G., im Folgenden Hilfeempfänger genannt.
Der am 21. Juli 1967 geborene Hilfeempfänger verzog aus Berlin kommend Ende Oktober 1994 nach H.. Dort war er anfangs ohne festen Wohnsitz und sprach erstmals am 26. Januar 1995 bei der Sozialbehörde der Beklagten vor. Ab diesem Zeitpunkt erhielt er laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, wobei die Unterkunftskosten für eine Hotelunterbringung berücksichtigt wurden. Am 14. März 1995 begab er sich in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten und mietete ab 01. April 1995 ein 1-Zimmer-Appartement in C. an. Ab dem 14. März 1995 wurde ihm laufende Hilfe zum Lebensunterhalt durch die vom Beklagten herangezogene Samtgemeinde Oberharz bewilligt. Am 28. November 1995 zog der Hilfeempfänger aus der Wohnung in C. aus und begab sich wieder nach H., wo er außerhalb von Anstalten Sozialhilfe erhielt und zum 01. März 1996 auch eine 1 1/2-Zimmer-Wohnung anmietete. Wegen der in der Zeit vom 14. März 1995 bis zum 30. November 1995 geleisteten Sozialhilfe machte die Samtgemeinde Oberharz bei der Klägerin Kostenerstattung geltend. Der geltend gemachte Betrag wurde von der Klägerin in voller Höhe überwiesen. Mit Schreiben vom 04. Dezember 1995 machte die Klägerin nunmehr gegenüber der Samtgemeinde Oberharz Kostenerstattungsansprüche gemäß § 107 BSHG für den Zeitraum ab dem 04. Dezember 1995 geltend. Dieses Kostenerstattungsbegehren lehnte die Samtgemeinde Oberharz durch Schreiben vom 07. März 1997 und 28. Dezember 1998 im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die dem Hilfeempfänger gewährten Leistungen wegen seiner Nichtsesshaftigkeit und Transsexualität als Leistungen gemäß § 72 BSHG zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten eingestuft werden müssten; für derartige Leistungen sei gemäß § 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig und nach § 107 BSHG könne nur der örtliche Träger kostenerstattungsberechtigt sein. Daneben sei das Kostenerstattungsbegehren ohnehin rechtsmissbräuchlich, weil der Klägerin durch den Rückumzug des Hilfeempfängers kein zusätzlicher Aufwand entstanden sei. Denn ohne den Rückumzug hätte die Klägerin die Hilfe zu erstatten, die die Samtgemeinde Oberharz im Auftrag des Beklagten geleistet hätte, wenn er nicht erneut umgezogen wäre.
Am 01. November 1999 hat die Klägerin den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für den geltend gemachten Erstattungsanspruch gestützt auf § 107 BSHG vorlägen. Der Hilfeempfänger habe angesichts einer Aufenthaltsdauer im Bereich des Beklagten von ca. acht Monaten dort einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Diesen gewöhnlichen Aufenthalt habe er durch seinen Zuzug nach H. aufgegeben und dort, wenn auch zunächst durch Aufenthaltsnahme in einem Hotel, erneut einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Der Einwand, die in Hamburg gewährten Leistungen seien dem Zuständigkeitsbereich des überörtlichen Trägers zuzuordnen, treffe nicht zu, da gemäß § 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG für Hilfen nach § 72 BSHG der überörtliche Träger nur zuständig sei, wenn eine solche Hilfe in einer Anstalt usw. gewährt werde; ein Hotel sei jedoch nicht eine solche Anstalt oder sonstige Einrichtung im Sinne des § 97 Abs. 4 BSHG. Das Kostenerstattungsbegehren sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, da der vom Beklagten erhobene Einwand, der Hilfeempfänger sei innerhalb des Zeitraums erneut umgezogen, in dem bei Verbleib in seinem Bereich der Beklagte gegen die Klägerin einen Erstattungsanspruch gehabt hätte, im Gesetz keine Stütze finde. § 107 BSHG schränke eine Erstattung nicht ein bzw. schließe sie nicht aus. Es sei unerheblich, ob ein Hilfeempfänger weiter umziehe oder an den bisherigen Ort zurückkehre, sofern das mit der Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthaltes verbunden sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Kostenerstattung für die dem/der Hilfeempfänger/in G. geleistete Sozialhilfe im Zeitraum vom 04. Dezember 1995 bis zum 28. November 1997 in Höhe von 26.006,28 DM zu leisten und auf diesen Betrag 4 v.H. Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass durch die hamburgische Anordnung zur Durchführung des Bundessozialhilfegesetzes vom 14. Dezember 1971 (Amtlicher Anzeiger S. 1697) die Zuständigkeit für die Aufgaben der Freien und Hansestadt Hamburg als Träger der Sozialhilfe den Bezirksämtern geordnet und im Übrigen die Zuständigkeit für bestimmte Bereiche u.a. der Nr. 1, 12 und 16 der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales zugeordnet sei. Damit sei landesrechtlich eine Unterscheidung zwischen örtlichem und überörtlichem Träger der Sozialhilfe im Sinne des BSHG getroffen worden. Für die Betreuung von Personen in einer Übernachtungsstätte oder einer vergleichbaren Einrichtung (Nr. 1) für Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 72 BSHG (Nr. 12) und für streitige Auseinandersetzungen über Kostenerstattung mit anderen Trägern der Sozialhilfe (Nr. 16) sei danach die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales als überörtlicher Träger zuständig. Ein überörtlicher Träger sei jedoch nach § 107 BSHG nicht kostenerstattungsberechtigt. Darüber hinaus sei für den Beklagten nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin bereits mit Schreiben vom 04. Dezember 1995 den Kostenerstattungsanspruch für die Zeit ab dem 04. Dezember 1995 geltend machte, die Leistungsbescheide für die Zeit Ende 1995 jedoch erst vom 10.10.1996 datierten. Außerdem müsse überprüft werden, ob der Hilfeempfänger in C. überhaupt einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hatte, da aufgrund der konkreten Umstände davon auszugehen sei, dass er in C. nur deshalb ordnungsbehördlich gemeldet gewesen sei, um hier Sozialhilfe beziehen zu können, tatsächlich jedoch umherzog. Seit August 1995 sei er nur zum Abholen der Sozialhilfe-Leistung in Erscheinung getreten bzw. habe sich die Schecks nachschicken lassen wollen. Sollte jedoch auch die Anspruchsvoraussetzung des "Verziehens" vorliegen, sei die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs durch die Klägerin angesichts der kurzen Dauer des Aufenthaltes in C. rechtsmissbräuchlich. Denn ohne den Rückumzug hätte die Klägerin an den Beklagten die Hilfe für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren erstatten müssen. Aufgrund des Rückumzuges habe sie die Hilfeleistung jedoch nur für die Zeit vom 14. März 1995 bis zum 30. November 1995 erstattet und sei deshalb durch den Rückumzug ungerechtfertigt besser gestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Über diese Klage konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten sich gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe des geltend gemachten Betrages in Höhe von 26.006,28 DM zu. Rechtsgrundlage für dieses Begehren ist § 107 Abs. 1 BSHG. Diese Vorschrift besagt, dass, wenn eine Person vom Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltes verzieht, der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet ist, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort erforderlich werdende Hilfe außerhalb von Einrichtungen im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG zu erstatten, wenn die Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedarf. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Das erkennende Gericht hat keine Zweifel daran, dass der Hilfeempfänger spätestens mit Anmietung eines 1-Zimmer-Appartements in C. zum 01. April 1995 dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hatte. Bei der Auslegung des Rechtsbegriffs "gewöhnlicher Aufenthalt" in § 107 BSHG ist die für alle Sozialleistungsbereiche geltende Vorschrift des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I anzuwenden. Danach hat den gewöhnlichen Aufenthalt jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Dabei kommt es - in erster Linie - auf die objektiven Lebensumstände sowie ein zeitliches Element ("nicht nur vorübergehend") an. Daneben kann - in zweiter Linie - auch die (subjektive) Absicht des Hilfesuchenden bei dem Umzug Berücksichtigung finden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 12.04.2000 - 4 L 4035/99 -, FEVS 52, 26, u. v. 07. März 2000 - 4 L 2968/99 - sowie B. v. 01. März 1999 - 4 L 2545/97 -, FEVS 49, 541). Nach diesen Maßstäben hatte der Hilfeempfänger in C. oder jedenfalls im Bereich der herangezogenen Samtgemeinde Oberharz einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Dieses ergibt sich zum einen daraus, dass er eine eigene Wohnung angemietet hatte und zum anderen auch aus der Dauer des Aufenthaltes. Der Einwand des Beklagten, der Hilfeempfänger sei tatsächlich umhergezogen, wird von ihm auch erst für den Zeitraum ab August 1995 geltend gemacht. Angesichts der langen Aufenthaltsdauer bis zu diesem Zeitpunkt von bereits mehr als fünf Monaten sind jedoch keine Zweifel an der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes angezeigt.
Sodann ist der Hilfeempfänger am 04. Dezember 1995 vom Ort des bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltes im Bereich der Samtgemeinde Oberharz nach H. verzogen. Das Tatbestandsmerkmal des "Verziehens" im Sinne des § 107 Abs. 1 BSHG bzw. des "Umzugs" im Sinne der Überschrift dieser Bestimmung ist dann erfüllt, wenn der Umziehende die bisherige Unterkunft und den gewöhnlichen Aufenthalt aufgibt und einen Aufenthaltswechsel in der Absicht vornimmt, an den bisherigen Aufenthaltsort (vorerst) nicht mehr zurückzukehren. Der Begriff bezeichnet eine Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensbeziehungen und setzt neben der Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthaltes am bisherigen Aufenthaltsort die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts am Zuzugsort voraus (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.10.1999 - 5 C 21.98 -, FEVS 51, 385, u. v. 18.03.1999 - 5 C 11.98 -, FEVS 49, 434). Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Verziehen (Aufenthaltswechsel) im Sinne des § 107 BSHG auch dann gegeben ist, wenn der Hilfebedürftige am neuen Aufenthaltsort zunächst in einer Pension oder einem Hotel untergebracht wird (Nds. OVG, B. v. 01. März 1999 - 4 L 2545/97 -, FEVS 49, 541). Nach diesen Grundsätzen ist es unschädlich, dass der Hilfeempfänger in H. erst zum 01. März 1996 eine 1 1/2-Zimmer-Wohnung angemietet hatte und in der Zeit zuvor in einem Hotel untergebracht war.
Bei der dem Hilfeempfänger gewährten Sozialhilfe in Hamburg handelte es sich auch um Leistungen des zuständigen örtlichen Trägers der Sozialhilfe. Unbestritten hat der Hilfeempfänger Hilfe nur außerhalb von Einrichtungen erhalten. Derartige Leistungen fallen gemäß § 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG nicht in die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers, da selbst für den Fall, dass Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 72 BSHG in Betracht gekommen wäre, eine Zuständigkeit des überörtlichen Trägers nur gegeben gewesen wäre, wenn es erforderlich ist, die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung oder in einer Einrichtung zur teilstationären Betreuung zu gewähren. Die letztgenannten Voraussetzungen lagen jedoch nicht vor. Es liegt auch nicht im Sinne des § 99 BSHG eine landesrechtliche Bestimmung vor, wonach in Hamburg der überörtliche Träger für die hier im Streit befindlichen Leistungen sachlich zuständig wäre. Soweit in diesem Zusammenhang der Beklagte auf die hamburgische Anordnung zur Durchführung des Bundessozialhilfegesetzes vom 14. Dezember 1971 (Amtlicher Anzeiger S. 1697) in der zur Zeit geltenden Fassung eingeht und meint, der dort enthaltenen Unterscheidung in I. und II. sei zu entnehmen, dass nach hamburgischem Recht die unter Nr. II. aufgeführten Aufgaben als Aufgaben des überörtlichen Trägers eingestuft werden, kann nach Auffassung des Gerichts ein solcher Regelungsinhalt dieser hamburgischen Anordnung nicht entnommen werden. Vielmehr enthält diese Anordnung nur im Sinne des § 151 Abs. 1 BSHG eine landesrechtliche Regelung darüber, welche Stellen zuständige Behörden im Sinne dieses Gesetzes sein sollen; es wird jedoch keine Differenzierung zwischen dem örtlichen Träger bzw. dem überörtlichen Träger im Sinne von §§ 99, 100 BSHG vorgenommen. Somit verbleibt es für die Einstufung der Hilfegewährung als Leistung des überörtlichen Trägers allein bei den Maßstäben des § 100 BSHG, die hier jedoch nicht erfüllt sind.
Auch im Übrigen hat das erkennende Gericht keine Zweifel, dass die Voraussetzungen des § 107 BSHG vorliegen. Denn der Hilfeempfänger hatte innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Sozialhilfe bedurft, wie es auch durchgehend in der Zeit seit Januar 1995 der Fall gewesen ist. Darüber hinaus lag auch nicht im Sinne des § 107 Abs. 2 BSHG eine Unterbrechung des Hilfebedarfs für mindestens zwei Monate vor und schließlich geht das Begehren der Klägerin über den in § 107 Abs. 2 BSHG geregelten Zweijahreszeitraum nicht hinaus.
Auch bezüglich der Höhe des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruches bestehen keine Bedenken. Der Einwand des Beklagten, es sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin bereits mit Schreiben vom 04. Dezember 1995 den Kostenerstattungsanspruch für die Zeit ab dem 04. Dezember 1995 geltend gemacht habe, obwohl die Leistungsbescheide für die Zeit Ende 1995 erst vom 10. Oktober 1996 datierten, vermag derartige Bedenken nicht zu rechtfertigen. Aus dem Sachstandsausdruck am Ende der beigezogenen Beiakte C ergibt sich nämlich unzweifelhaft, dass bereits seit dem 04. Dezember 1995 Leistungen geflossen sind. Dem steht nicht entgegen, dass offensichtlich nicht von Anfang an schriftliche Bescheide erstellt worden waren, sondern anfangs für jeweils kurze Zeiträume Leistungen nur durch faktische Auszahlung bewilligt wurden. Auch datieren die ersten Leistungsbescheide nicht vom 10. Oktober 1996, sondern bereits vom 10. Januar 1996. Im Übrigen sind Bedenken gegen die Berechnung der Klägerin nicht ersichtlich und vom Beklagten auch nicht geltend gemacht worden.
Dem Kostenerstattungsbegehren der Klägerin kann auch nicht der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegengehalten werden. § 107 Abs. 1 BSHG lässt es nicht zu, einen weiteren Umzug innerhalb des in § 107 Abs. 2 BSHG geregelten Zweijahreszeitraumes dem Träger der Sozialhilfe entgegenzuhalten, in dessen Bereich der gewöhnliche Aufenthalt vor dem ersten Umzug gelegen hatte. Dieses beruht darauf, dass § 107 Abs. 1 BSHG nur eine Kostenerstattungsberechtigung des "nunmehr" zuständigen örtlichen Trägers der Sozialhilfe gegenüber dem bisherigen Träger der Sozialhilfe begründet. Aus dem Wortlaut des § 107 Abs. 1 BSHG ergibt sich somit bereits, dass eine Kostenerstattungspflicht nur zwischen den unmittelbar an einem Umzug beteiligten Sozialhilfeträgern bestehen kann, jedoch nicht zu dritten Sozialhilfeträgern, in deren Bereich ein Hilfeempfänger durch einen weiteren Umzug gelangt ist. Erfolgt - ungeachtet der Dauer des Aufenthaltes am Zuzugsort - ein erneuter Umzug, so entsteht dadurch ein neuer Kostenerstattungs-Fall (vgl. Mergler/Zink, BSHG Kommentar, § 107 Anm. 9). Der bis zu diesem Zeitpunkt kostenerstattungsberechtigte Sozialhilfeträger wird nunmehr zum Kostenerstattungspflichtigen, und zwar dem (dritten) durch Umzug nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHGörtlich zuständigen Sozialhilfeträger gegenüber. Dadurch endet gleichzeitig die Kostenerstattungspflicht des Sozialhilfeträgers des ersten gewöhnlichen Aufenthaltes gegenüber dem bisher kostenerstattungsberechtigten Sozialhilfeträger (Schoch in LPK-BSHG, 5. Aufl., § 107 Rn. 20; so auch Mergler/Zink, a.a.O., § 107 Rn. 16). Angesichts dieser gesetzgeberischen Konstruktion ist es nicht möglich, der Klägerin ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorzuwerfen. Der Umstand, dass vorliegend gerade durch den Rückumzug in die bisherige Gemeinde ein gemäß § 107 Abs. 1 BSHG kostenerstattungsberechtigter Träger der Sozialhilfe nunmehr zum kostenerstattungspflichtigen Träger der Sozialhilfe wird, steht dem nicht entgegen. Eine andere Würdigung des Falles des Rückumzuges kommt nur in Betracht, wenn aufgrund einer nur kurzen Dauer des Zwischenaufenthaltes Zweifel an der Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthaltes bestehen könnten, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist.
Die Klägerin hat auch Anspruch auf die begehrte Verzinsung in Höhe von 4% seit Rechtshängigkeit. Diese Zinsen stehen ihr als Prozesszinsen in entsprechender Anwendung der §§ 288, 291 BGB zu. Einer Verpflichtung zur Berücksichtigung eines höheren Zinssatzes steht § 88 VwGO entgegen.
Der Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO stattzugeben.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 109 ZPO.
Köhler
Hachmann