Landgericht Oldenburg
Urt. v. 22.11.2007, Az.: 9 O 656/06

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
22.11.2007
Aktenzeichen
9 O 656/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 61006
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2007:1122.9O656.06.0A

In dem Rechtsstreit

...

wegen Feststellung

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 18.10.2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...,

den Richter am Landgericht ... und

die Richterin am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Kläger.

  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Billigkeit und Wirksamkeit der Erhöhung des Gastarifs S.I. zum 01.09.2004, 01.08.2005 und 01.02.2006 nach dem die Beklagte ihre Erdgaslieferungen an die Kläger berechnet.

2

Im Tarif S.I. rechnet die Beklagte ihre Gaslieferungen nach einem Grundpreis von 120,00 EUR/Jahr und einem Arbeitspreis ab, den sie zum 01.09.2005 von 3,00 Cent/kWh auf 3,40 Cent/kWh erhöhte. Zum 01.08.2005 erfolgte eine weitere Erhöhung des Arbeitspreises auf 3,88 Cent/kWh und zum 01.02.2006 auf 4,25 Cent/kWh. Dies führte für die Kläger zu einer Erhöhung von etwa 42 %.

3

Die Kläger sind der Ansicht, da die Beklagte den Gaspreis einseitig bestimme, unterliege ihre Preisbestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB der Billigkeitskontrolle. Diese Vorschrift sei auch direkt anwendbar, da der Sondertarif S.I. kein allgemeiner Tarif der Beklagten sei, für die die AVBGasV, dort in § 1 geregelt, gelte. Das Preisbestimmungsrecht aus § 4 AVBGasV bestehe für den Sondertarif S.I. nicht. Eine vertragliche Einbeziehung der AVBGasV in die mit den Klägern getroffene Sondervereinbarung gebe es nicht, und wäre im übrigen nach § 307 Abs. 1,2 BGB unwirksam. Eine wirksame Vertragsänderung habe es nicht gegeben. § 315 BGB stehe selbständig neben § 19 GWB und werde keineswegs von dieser Vorschrift verdrängt. Die Beklagte habe auch eine Monopolstellung als Gaslieferantin inne. Der allgemeine Hinweis der Beklagten auf gestiegene Ölpreise sei nicht ausreichend, zumal die Ölpreisbindung in den Lieferantenverträgen gegen Kartellrecht verstoße. Vielmehr habe sie bei Überprüfung ihrer Preiskalkulation für den Tarif S.I. auch ihre übrigen Kalkulationsgrundlagen offen zu legen. Da ein Markt für Erdgas im Liefergebiet nicht bestehe, reiche der Vergleich mit anderen Anbietern nicht aus, um die Angemessenheit des Erdgaspreises zu rechtfertigen. Vielmehr habe die nicht im Wettbewerb stehende Beklagte nach § 1 EnWG daher ihren Endverbrauchergaspreis an den Kosten für die Belieferung zu orientieren. Die Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB dürfe sich deshalb nicht auf den Erhöhungsanteil an der Preisgestaltung beschränken sondern der gesamte Gaspreis unterliege der Überprüfung, weil auch der Erhöhungsanteil auf der grundlegenden Preiskalkulation der Beklagten beruhe. Insoweit habe die Beklagte nicht nur die Billigkeit der Erhöhung nachzuweisen, sondern die Billigkeit des von ihr im Sondertarif S.I. insgesamt verlangten Gaspreises. Insoweit sei jedenfalls die Erhöhung zum 01.09.2004 nicht durch erhöhte Bezugskosten zu rechtfertigen, denn nach Berechnung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sei der durchschnittliche Gaseinfuhrpreis gesunken. Die Beklagte sei für die Billigkeit ihres Gaspreises darlegungs- und beweisbelastet. Dem genüge sie nur, wenn sie durch Offenlegung ihrer Kosten- und Gewinnkalkulation nachweise, dass der geforderte Gaspreis zur Deckung der Kosten der Belieferung der Kläger und Erzielung eines angemessenen Gewinns nötig sei. Ein übermäßiger Renditeanspruch sei daher zu verwehren, und würde auch gegen den Grundsatz des § 1 EnWG, wonach die Energieversorgung möglichst preisgünstig zu gewährleisten sei, verstoßen. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass es sich um die Lieferung von Gütern der Daseinsvorsorge handele, die früher von der öffentlichen Hand garantiert worden sei. Der erhöhte Gaspreis sei bis zur gerichtlichen Feststellung über dessen Billigkeit nur unverbindlich und werde vom Verbraucher nicht geschuldet, der erhöhte Betrag somit noch nicht fällig.

4

Unbeschadet des Umstandes, dass die Kartellbehörde ein Missbrauchsverfahren nach § 19 GWB zur Zeit für nicht erforderlich halte und der Tatsache, dass die Beklagte im Bundesvergleich einer der günstigsten Anbieter sei, sei ihre Preisbestimmung unbillig. Auch sei § 19 GWB nicht als Spezialregelung zu § 315 BGB zu sehen, da beide Regelungen unterschiedliche gesetzliche Zielrichtungen hätten.

5

Die Kläger beantragen,

  1. 1.

    festzustellen, dass die von der Beklagten in den zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertägen - Vertrags-Nr. : 6310 3050 0563, 6309 2562 2500, 6309 2562 1501, 6310339 3701 us.w. (Vgl. Bl. 1 Antrag aus der Klage vom 25.02.2006) - jeweils zum 01.09.2004, zum 01.08.2005 sowie zum 01.02.2006 vorgenommenen Erhöhung der Gastarife unbillig und unwirksam seien.

6

Die Beklagte beantragt,

  1. 1.

    Verweisung des Rechtsstreites an das Landgericht Hannover - Kammer für Handelssachen - als Kartellgericht,

  2. 2.

    die Klage abzuweisen.

7

Sie rüge die funktionale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts.

8

Es handele sich um eine Kartellsache, denn der Rechtsstreit sei ohne Klärung der Frage, ob sie einen Preishöhenmißbrauch nach § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB betreibe, nicht zu entscheiden. Gerade die Kläger würden den Vorwurf einer mißbräuchlichen Ausnutzung einer Monopolstellung zur Durchsetzung eines überhöhten Gaspreises rügen. § 19 GWB sei als Spezialregelung zu § 315 BGB anzusehen, und habe daher Vorrang. Das Kartellgericht sei ausschließlich zuständig, § 87 Abs. 1 S. 2 GWB.

9

Aber auch im übrigen bestehe kein Feststellungsinsteresse. Nach § 30 AVBGasV seien die Kläger auf die Erhebung einer Leistungsklage verwiesen.

10

Schließlich sei die Klage aber auch unbegründet.

11

Die Beklagte ist der Ansicht, § 315 Abs. 3 BGB sei nicht anwendbar. § 19 Abs. 4 GWB (Novelle vom 01.01.1999) verdränge als Spezialregelung den § 315 BGB. Denn nunmehr könne sich jeder Verbraucher auf einen Preismißbrauch eine marktbeherrschenden Unternehmens berufen und eine Nichtigkeitssanktion herbeiführen. Maßstab für die streitige Preiserhöhung könne daher nur § 19 Abs. 4 GWB sein. Ein Mißbrauch liege danach nur vor, wenn das marktbeherrschende Unternehmen Entgelte fordere, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamen Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. Es bedürfe daher eines Preisvergleichs. Weichen die Preise nicht erheblich von denen anderer Unternehmen ab, scheide die Annahme mißbräuchlicher Preisgestaltung aus. Sie sei - auch nach den Erhöhung zum 01.08.2005 und 01.02.2006 - eine der preisgünstigsten Anbieter in ganz Deutschland. Ihre Preise würden daher auch von den Kartellbehörden als benchmark herangezogen. Das Bundeskartellamt habe aus diesem Grunde am 17.12.2004 von der Einleitung eines Preismißbrauchsverfahrens abgesehen.

12

Sie habe zudem die Kopplung an den Ölpreis hinreichend dargelegt (vgl. Bestätigungen der Lieferanten Anlagen B 4a, b, 5a - c). Eine mißbräuchliche Preisfestsetzung, wie sie § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB untersage, liege jedoch nicht vor. Der geforderte Preis liege nicht erheblich über demjenigen anderer Versorger. Könne ein Preismißbrauch im Sinne von § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB nicht festgestellt werden, sei auch eine Unbilligkeit nach § 315 BGB auszuschließen, da trotz unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen das Ergebnis von Preismißbrauchskontrolle und Billigkeitskontrolle regelmäßig dasselbe seien. § 315 BGB sei aber auch schon deshalb nicht anwendbar, da eine Monopolstellung ihrerseits gar nicht gegeben sei. Neu- und Altkunden würden identische Tarife zahlen, sie befinde sich daher im Bereich der Neukunden im stetigen harten Wettbewerb zu alternativen Ernergieversorgern. Es bestehe insoweit keine Abhängigkeit der Kläger von der Erdgasversorgung. Einer gerichtliche Überprüfung bedürfe es daher nicht, da nicht von einem einseitig bestimmten Preisdiktat ausgegangen werden könne. Unabhängig davon sei der Gaspreis aber auch nicht unbillig. Die Billigkeit bestimme sich nach der Marktüblichkeit, deren Vorliegen bereits der Preisvergleich ergeben habe. Sie stehe zudem in Konkurrenz mit anderen Energielieferanten z.B. leichtes Heizöl. Insoweit seien ihre langfristigen Erdgasbezugsverträge, die allein eine Belieferung des Endkunden sichern würden, an den Preis für leichtes Heizöl gekoppelt. Insoweit weise die Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers sowie die Bestätigungen ihrer Erdgaslieferanten nach, dass ihre Preiserhöhungen für Haushaltskunden nicht höher sei als die Bezugskostensteigerung (Anlage B 11 und 34 WP.Gesell Ernst & Young. Anlagen B 5a - c Bezugskostensteigerungen von 0,50 Cent/kWh bis 0,95 Cent/kWh). Der Wirtschaftsprüfer habe insoweit für den Zeitraum 01.09.2004 bis 31.07.2005 zum Vergleichszeitraum 01.09.2003 bis 31.08.2004 festgestellt, dass die Bezugskostensteigerung gar nicht ganz weitergegeben wurde, sondern noch eine Unterdeckung von 0,209 Cent/kWh hingenommen worden sei. Weiter habe dieser mit Bescheinigung vom 13.06.2006 festgestellt, dass die Preiserhöhungen zum 01.08.2005 und 01.02.2006 nicht größer seien als die Bezugskostensteigerung im Zeitraum 01.08.2005 bis 30.04.2006 verglichen mit dem Zeitraum 01.09.2004 bis 31.07.2005. Insoweit komme es auf allgemeine Gaseinfuhrpreise nicht an, weil ihre Bezugskosten tatsächlich nachgewiesener Maßen gestiegen seien und im übrigen die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ermittelten Preise sog. Grenzübergangspreise enthielten, die insbesondere auch Lieferungen für Großkunden und Industrie berücksichtigten, wo jedoch andere Konditionen gelten würden.

13

Entgegen der Ansicht der Kläger sei die Billigkeitskontrolle auch nicht am Kostenmaßstab festzumachen, sondern am Marktpreis. Abweichend zum Strompreis, der nach § 12 BTOElt als Kostenpreis geregelt sei, gebe es vergleichbare Vorschriften für den Gaspreis nicht. Vielmehr sei der Gesetzgeber mit der Novellierung des EnWG davon ausgegangen, dass Erdgas im Substitutionswettbewerb mit anderen Energieversorgern stehe und sich so ein Marktpreis herausbilde. Soweit die Rechtsprechung bislang im Bereich der Energieversorgung dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung nur untergeordnete Bedeutung zukommen dürfe, gelte dies nur für den Strompreis (weil dieser Kostenpreis sei) nicht für Gaspreise. Schließlich bestehe kein Anspruch auf Offenlegung der Kalkulationsgrundlage, denn es handele sich um einen Wettbewerbs- und nicht um einen Kostenpreis. Mangels gesetzlicher Festlegung eines Kostenpreises (anders als bei Strom) bestehe für Erdgas gerade keine Genehmigungspflicht, weshalb es sich um einen reinen Wettbewerbspreis handele. Dieser sei - wie ausgeführt - marktüblich sogar günstig im Bundesvergleich.

14

Sie habe auch gemäß § 4 Abs. 1 AVBGasV die wegen des Anstiegs der Bezugskosten nötigen Preiserhöhungen öffentlich bekannt gemacht.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

16

I. Zuständigkeit:

17

Nach § 87 Abs. 1 S. 2 GWB ist das Kartellgericht (streitwertunabhängig Landgericht) zuständig, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreites ganz oder teilweise von einer Entscheidung, die nach diesem Gesetz zu treffen ist abhängt. Eine derartige Vorgreiflichkeit ist vorliegend nicht gegeben. Einzig in Betracht kommt hier § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB. Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bei Forderung von Entgelten, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamen Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. wobei insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamen Wettbewerb zu berücksichtigen sind. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB nicht durch § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB ausgeschlossen. Auch ist vorliegend keine ausschließliche Zuständigkeit des Kartellgerichts gegeben, denn es geht vorrangig und nach dem tatsächlichen Sachvortrag nicht um eine Feststellung eines Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, die die Beklagte ohnehin bestreitet, da sie im Substitutionswettbewerb mit anderen Energieträgern stehe, sondern um die Frage der Billigkeit eines einseitig einer Vertragspartei zugestandenen Leistungsbestimmungsrechtes nach § 315 BGB.

18

Auch nach der GWB-Novelle von 1999 haben das Kartellgesetz und § 315 BGB unterschiedliche Zielrichtungen. Das GWB will den Mißbrauch von Monopolstellungen unterbinden und die Nachteile ausgleichen, die sich aus einem fehlenden Wettbewerb ergeben. § 315 BGB soll im Unterschied dazu die der einen Vertragspartei übertragene Rechtsmacht, den Inhalt des Vertrages, hier Höhe des Preises, einseitig festzusetzen, eingrenzen, und erfordert damit im wesentlichen eine Prüfung und Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessenlage nur bei den beiden Vertragspartnern ( BGHZ 41, 271 ff.BGH NJW 1992, 183 ff "Strompreis"). Für die Anwendung dieser Vorschrift ist die Tatsache, dass die zur Leistungsbestimmung berufene Partei eine marktbeherrschende Stellung innehat, jedenfalls insofern ohne Belang, als dieser Umstand die Grenzen ihres Ermessens nicht erweitern kann ( BGH NJW 1992, 183 ff.). Die Grenzen allgemeiner kartellrechtlicher Ge- und Verbote fallen daher nicht mit den Grenzen der Billigkeitsentscheidung nach § 315 BGB zusammen (vgl. LG Heilbronn v. 19.01.06 Az.: 6 S 16/05  Ab. BGH v. 13.06.2007 VIII ZR 36/06 ). Die kartellrechtliche Prüfung z.B. nach § 19 Abs. 4 GWB ist grundsätzlich von der ernergiewirtschaftlichen unabhängig ( BGH RdE 2006, 81 ff). Für die Zeit seit Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 07.07.2005 sind insoweit die Vorschriften des § 30 Abs. 1 EnWG maßgeblich (BGH a.a.O.). Vorliegend ist auch bei der Prüfung des Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung im Rahmen der Anforderung und Bemessung von Entgelten § 30 Abs. 1 Nr. 5 EnWG vorrangig. Da die Prüfung nach energiewirtschaftlichen Gesichtpunkten unabhängig von kartellrechtlichen Fragen zu erfolgen hat, ist keine nach dem GWB zu entscheidende Vorfrage zu klären. Dies gilt auch wenn die Prüfung von § 30 Abs. 1 Nr. 5 EnWG und § 19 Abs. 4 GWB häufig zu vergleichbaren Ergebnissen kommen wird.

19

Eine ausschließlich Zuständigkeit des Kartellgerichts ist daher nicht gegeben.

20

II. Der Feststellungsantrag ist zulässig, § 256 ZPO.

21

Das notwendige Feststellungsinteresse ist gegeben, denn die Kläger können nicht auf einen Rückforderungsprozeß verwiesen werden. Nichts anderes ergibt sich aus der Regelung des § 30 AVBGasV, nach welcher Einwände gegen Rechnungen und Abschlagszahlungen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur berechtigen, "soweit sich aus den Umständen ergibt, dass offensichtliche Fehler vorliegen". Das Bestreiten der Billigkeit der Preisbestimmung des Versorgungsunternehmens wird davon nicht erfasst ( BGH NJW 2003, 3131 ff.). Denn der von einem Kunden eines Versorgungsunternehmens erhobene Einwand der Unbilligkeit der Preisbestimmung nach § 315 BGB betrifft nicht Rechen- und Ablesefehler oder andere Abrechnungsgrundlagen, sondern die Leistungspflicht des Kunden, der im Falle der Unangemessenheit des verlangten Preises von Anfang an nur den vom Gericht bestimmten Preis schuldet, § 315 Abs. 3 BGB (BGH a.a.O.). Die Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, dass die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen, § 315 Abs. 3 S. 1 BGB. Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen. Erst diese vom Gericht neu festgesetzten Tarife sind für den Kunden verbindlich und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten ( BGH v. 05.07.2005 Az.: X ZR 60/04 ).

22

Die Kläger sind daher nicht darauf beschränkt, die Einrede der unbilligen Leistungsbestimmung im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend zu machen (vgl. BGH.  05.07.2005 Az.: X ZR 60/04 -S. 8), denn - wie ausgeführt - ist die Einrede der unbilligen Tarifsetzung vom sachlichen Anwendungsbereich des § 30 AVBGasV gerade nicht erfaßt ( BGH NJW 2003, 3131 ff.). Eine Rechtfertigung, dem Versorgungsunternehmen darüber hinaus die Befugnis zuzugestehen, zunächst eine unter Umständen gar nicht geschuldete Leistung zu vereinnahmen und den Abnehmer auf einen Rückforderungsprozess zu verweisen ist nicht zu erkennen ( BGH v. 05.07.2005 Az.: X ZR 60/04 -S. 18).

23

III. Die Klage ist jedoch unbegründet.

24

Die von der Beklagten festgesetzten Gaspreise unterliegen in - zumindest entsprechender Anwendung - des § 315 Abs. 3 BGB der gerichtlichen Billigkeitskontrolle. Die Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB findet statt, wenn einer Vertragspartei ein Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist.

25

Ein solches Leistungsbestimmungsrecht haben die Parteien der Beklagten zwar nicht ausdrücklich eingeräumt, gleichwohl ergibt sich dieses aber aus den mit den Klägern getroffenen Sondervereinbarungen und aus der AVBGasV, die auf das Lieferverhältnis der Parteien Anwendung findet. Zwar handelt es sich bei den Klägern nicht um allgemeine Tarifkunden, denn sie haben mit der Beklagten jeweils einen Sondertarif S.I. abgeschlossen. Der Sondertarif S.I. ist aber nicht als Individualvereinbarung zwischen der Beklagten und einzelnen herausgehobenen Kunden getroffen worden. Vielmehr handelt es sich um einen Tarif, der neben dem allgemeinen Tarif, einer unbestimmten Vielzahl von Endabnehmern angeboten wird. Im Rahmen dieses Sondertarifs S.I. werden die Beklagten als Kunden auf der Grundlage der allgemeinen Anschluss- und Versorgungspflicht zu den jeweils öffentlich bekannt gemachten Tarifen und Allgemeinen Bedingungen von der Beklagten versorgt. Hierbei steht der Sondertarif S.I. den Endverbrauchern als Allgemeinheit in gleicher Weise zur Verfügung wie der Allgemeine Tarif. Auf dieser Grundlage kann die nur formale Bezeichnung als Sondertarif S.I. nicht zu einer abweichenden rechtlichen Einordnung führen, auch bei diesem Tarif handelt es sich letztlich um Tarifkunden, die aus einem Angebot mehrerer Tarife der Beklagten den für ihr Abnahmeverhalten günstigsten Tarif auswählen. ohne dabei jedoch Sonderbedingungen für sich im einzelnen aushandeln zu können. Ein Sonderkundenvertrag wird dadurch nicht begründet (so auch LG Berlin v. 28.06.2007 - 51 S 16/07 ). Die Preisanpassungsklausel des § 4 AVBGasV findet daher zwischen den Parteien direkt Anwendung.

26

Nach § 4 AVBGasV liefert die Beklagte zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen und Änderungen werden nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam. Danach bestimmt die Beklagte die Höhe der Tarife sowie Zeitpunkt und Umfang von Tarifänderungen, ohne dass die Kläger beteiligt werden.

27

Im übrigen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Tarife für Leistungen der Daseinsvorsorge, auf deren Inanspruchnahme der andere Teil im Bedarfsfalle angewiesen ist - auch im Rahmen privatrechtlich ausgestalteter Benutzungsverhältnisse -, einer Kontrolle - zumindest analog - nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind ( BGH NJW 1987, 1828 "Hausanschluss" AVBGasV. BGH NJW 1992, 183 "Strompreisbestimmung". BGH NJW 1992, 171 "tarifliche Abwasserentgelete". BGH WuM 2005, 593 "Abfallentsorgung". BGH NJW-RR 2006, 133 "Baukostenzuschuss" AVBWasserV m.w.N.).

28

Im Rahmen der somit nach § 315 Abs. 3 BGB vorzunehmenden Billigkeitsprüfung ist unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und des in vergleichbaren Fällen Üblichen festzustellen, was billigem Ermessen entspricht (Palandt-Grüneberg § 315 Rn. 10).

29

Eine einseitige Preisbestimmung kann unter Umständen als billig im Sinne von § 315 BGB angesehen werden, wenn das verlangte Entgelt im Rahmen des Marktüblichen liegt und dem entspricht, was regelmäßig als Preis für eine vergleichbare Leistung verlangt wird. Grundsätzlich ist aber eine umfassende Würdigung des Vertragszweckes sowie der Interessenlage beider Parteien erforderlich, in die weitere Gesichtspunkte einfließen können ( BGHZ 41, 271 ff.BGH NJW 1992, 183 ff m.w.N.).

30

§ 4 AVBGasV regelt nur die Gaslieferung zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und in Abs. 2 die Möglichkeit einer Tarifänderung und macht deren Wirksamkeit von der öffentlichen Bekanntgabe abhängig. Zur Frage, wie die Tarife zu ermitteln sind, verhält sich die AVBGasV nicht.

31

Im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 315 Abs. 3 BGB ist anerkannt, dass jedenfalls die Weitergabe von gestiegenen Bezugskosten an die Tarifkunden im Grundsatz der Billigkeit entspricht ( BGH v. 13.06.2007 VIII ZR 36/06  Rn. 19 ff). Durch Preiserhöhungen wegen gestiegener Bezugskosten nimmt das Gasversorgungsunternehmen nämlich nur sein berechtigtes Interesse wahr, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an die Kunden weiterzugeben. Auch § 4 Abs. 2 AVBGasV beruht auf diesen Erwägungen. Diese Anpassungsregelung dient dazu, einerseits dem Gasversorger das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher, ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Gasversorger mögliche künftige Kostensteigerungen bereits bei Vertragsschluss durch Risikoaufschläge aufzufangen versucht (BGH a.a.O.m.w.N.). Dabei ist stets zu berücksichtigen, dass die Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB nur die Prüfung erlaubt, ob die Leistungsbestimmung unter Berücksichtigung eines dem Berechtigten zustehenden unternehmerischen Gestaltungsspielraums vertretbar ist (Palandt-Grüneberg § 315 Rn. 10). Dabei steht dem Berechtigten ein Entscheidungsrahmen zur Verfügung, innerhalb dessen Bandbreite mehrere mögliche Entscheidungen dem billigen Ermessen entsprechen können.

32

Vorliegend hat die Beklagte zu den Bezugskostensteigerungen, die den Preiserhöhungen zum 01.09.2004 und 01.08.2005 und 01.02.2006 zu Grunde lagen, dezidiert vorgetragen und ihre Bezugskostensteigerungen durch Vorlage entsprechender Wirtschaftsprüfungsberichte unabhängiger Wirtschaftsprüfer nachgewiesen.

33

Die Bescheinigung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young vom 28.11.2005 (Anlage B 11 Anlagenband II), nach der die Preiserhöhung für Gaslieferungen an Haushaltskunden zum 01.09.2004 und 01.08.2005 nicht größer ist als die erwartete und tatsächliche Bezugskostensteigerung in dem Zeitraum 01.09.2004 bis 31.07.2005 im Verhältnis zu den Zeiträumen vom 01.09.2003 bis 31.08.2004 bzw. 01.09.2003 bis 31.08.2004 ist. sowie die schriftlichen Bestätigungen ihrer Lieferanten, dass die Bezugskosten im fraglichen Zeitraum um 0,5 bis 0,95 Cent/kWh (Anlagen B 5 a- c Anlagenband II) gestiegen sind, vermag durchaus darzulegen und zu beweisen, dass eine entsprechende Bezugskostensteigerung stattgefunden hat. Gleiches gilt für die Erhöhungen zum 01.08.2005 und 01.02.2006. Auch hier hat die Beklagte den Prüfbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young AG vom 13.06.2006 (Anlage B 47, B 51,B 52) vorgelegt. Weiter hat die Beklagte schriftliche Bestätigungen ihrer Lieferanten beigebracht (Analge B 5 a-c Anlagenband II), wonach die Preisentwicklung bei leichtem Heizöl von September 2003 bis August 2004 einen Anstieg von 0,58 Cent/kWh bzw. für das mengengewichtete Mittel der Gaspreis im Zeitraum von September 2004 bis März 2005 einen Anstieg von 0,43 Cent/kWh betrug aufgrund der Preisentwicklung bei leichtem Heizöl (Gasunie Trade & Supply B.V bzw. Shell Erdgas Marketing GmbH & Co.KG). Auch der Lieferant Exon Mobile hat bestätigt, dass aufgrund der Preisbindung des Arbeitspreisanteiles an den Preis für leichtes Heizöl es zu Preisanpassungen gekommen ist, und zwar zum 01.04.04 um +0,34 Cent/kWh, zum 01.10.04 um +0,38 Cent/kWh, zum 01.01.05 um +0,45 Cent/kWh zum 01.04.05 um -0,45 Cent/kWh, zum 01.07.05 um +0,40 Cent/kWh und zum 01.10.05 um +0,71 Cent/kWh. Ferner hat die Beklagte Auszüge aus den entsprechenden Erdgaslieferverträgen mit ihren Vertragspartnern vorgelegt (Anlagen B 4a,b Anlagenband II), aus denen sich ergibt, dass der der Beklagten berechnete Arbeitspreisanteil sich nach den jeweiligen Preisentwicklungen für leichtes Heizöl richtet. Aus den vorgelegten Wirtschaftsprüfungsberichten (s.o.B 47 ff) ergibt sich konkret für die Zeit vom 01.09.04 bis 31.05.05 eine Bezugskostensteigerung von +0,609 Cent/kWh bzw. auf den Zeitraum vom 01.09.04 bis 31.10.05 berechnet eine Steigerung von +0,665 Cent/kWh. Die tatsächlich zum 01.09.2004 erfolgte Preiserhöhung betrug nur 0,40 Cent/kWh. Für den Zeitraum vom 01.08.05 bis 31.10.05 lag die Bezugskostensteigerung bei +0,552 Cent/kWh und für den Zeitraum vom 01.08.05 bis 31.12.05 sogar bei +0,625 Cent/kWh. Die an die Kläger weitergegebene Preissteigerung zum 01.08.2005 betrug demgegenüber nur 0,44 Cent/KWh. Da mithin für die jeweiligen Zeiträume die Bezugskostensteigerung nicht umfänglich an die Kläger weitergegeben wurde, sondern jeweils eine Unterdeckung verblieben ist, ist davon auszugehen, dass die jeweiligen Preiserhöhungen der Beklagten im wesentlichen auf den aufgetretenen Bezugskostensteigerungen beruhten. Entsprechendes ergibt sich auch für den Zeitraum vom 01.08.05 bis 30.04.06, als die Bezugskostensteigerung bei +0,942 EUR lag und ebenfalls eine Unterdeckung bei der Weitergabe der Bezugskostensteigerungen von 0,082 Cent/kWh ermittelt wurde (Anlage B 47). Die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat sowohl in ihrem Bericht als auch nochmals im Schreiben vom 01.10.07 im Parallelverfahren zu 9 O 403/06 - welches auch den Klägern bekannt ist - klargestellt, auf der Basis welcher vorgelegten Verträge und Buchungsbelege die Prüfung erfolgte, mit welchen Programmen die Preise errechnet werden und in welchem Umfange die Berechnungsmethoden geprüft und einzelne Berechnungen nachvollzogen wurden. Hierzu haben die Kläger nicht weiter substantiiert dargelegt, warum diese Unterlagen nicht aussagekräftig sein sollen, bzw. welche weiteren Unterlagen sie für erforderlich gehalten hätten. Das pauschale Bestreiten der ermittelten Ergebnisse ist in diesem Zusammenhang daher nicht beachtlich. Es besteht keine Verpflichtung der Beklagten, ihre gesamten betriebswirtschaftlichen Unterlagen, insbesondere die Kalkulation des Gesamtpreises offen zu legen (vgl. LG Heilbronn v. 19.01.06 - 6 S 16/05  Ab), da zunächst einmal nur die Weitergabe der Bezugskostensteigerung maßgeblich für die Billigkeitskontrolle ist und nicht die Frage, ob auch der Grund- Sockelpreis billig ist. Für die Richtigkeit des gewonnenen Ergebnisses spricht zudem der Umstand, dass die Beklagte unstreitig zu den im Bundesgebiet günstigeren Anbietern gehört und bislang die Kartellbehörden gerade keine Veranlassung gesehen haben einzugreifen.

34

Die vorgelegten Unterlagen belegen, dass die vorgenommenen Preiserhöhungen zum 01.09.2004 und 01.08.2005 und 01.02.2006 nicht einmal umfänglich die eingetretene Bezugskostensteigerung an die Kunden weitergeben, weshalb die Erhöhungen akzeptabel sind und sich noch im Rahmen des der Beklagten aus § 315 Abs. 3 BGB zu zubilligenden Entscheidungsrahmen bewegt.

35

Auch der Umstand, dass die Beklagte mit ihren Gaslieferanten Bezugsverträge mit einer Preiskoppelungsklausel geschlossen hat, wonach der Gaspreis an den Preis für leichtes Heizöl gekoppelt ist, vermag die streitigen Preiserhöhungen nicht als unbillig im Sinne von § 315 Abs. 3 BGB erscheinen lassen. § 315 BGB sieht eine Überprüfung der Billigkeit des von dem einen Vertragsteil einseitig bestimmten Preises vor. Entspricht dieser - wie hier- für sich genommen der Billigkeit, so kann die nur für das Vertragsverhältnis zwischen der die Leistung bestimmenden und der dieser Bestimmung unterworfenen Partei geltende Regelung des § 315 BGB nicht herangezogen werden, um auch die auf einer vorgelagerten Stufe der Lieferkette vereinbarten Preise einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen ( BGH v. 13.06.2007 VIII ZR 36/06  Rn. 27). Auch eine etwaige Kartellrechtswidrigkeit der Bindung des Bezugspreises der Beklagten an den Preis für leichtes Heizöl würde daran nichts ändern (BGH a.a.O.).

36

Schließlich sind die Preiserhöhungen auch nicht deshalb unbillig, weil etwa die bereits vor der Preiserhöhung geforderten Tarife - insbesondere der Sockeltarif - der Beklagten unbillig überhöht gewesen wären und diese dies im Rahmen der von ihr nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung über eine Weitergabe der gestiegenen Bezugskosten hätte berücksichtigen müssen.

37

Voraussetzung für die Berücksichtigung auch des Grund- bzw. Sockeltarifs bei der Entscheidung über die Billigkeit der Preiserhöhungen ist, dass es sich auch insoweit um Tarife handelt, die von der Beklagten einseitig nach billigem Ermessen zu bestimmen waren. Waren die bis zur Erhöhung geltende Tarife dagegen zwischen den Parteien vereinbart, kommt es auf die Frage, ob sie billigem Ermessen entsprechen nicht mehr an (BGH a.a.O. Rn. 29 ff m.w.N.). Eine Überprüfung auch des Sockeltarifs kommt nicht in Betracht, denn es handelt sich um vereinbarte Preise. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei den bis zum 01.09.2004 geltenden Tarife und diejenigen seit Vertragsschluss handelte oder ob sie ihrerseits in der Vergangenheit durch Preiserhöhungen nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV zustande gekommen sind.

38

Handelte es sich um die bei Abschluss des Versorgungsvertrages bereits geltenden Anfangspreise, unterlagen sie keiner Billigkeitskontrolle. § 315 BGB findet auf einen zwischen den Parteien vereinbarten Anfangspreis weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung. Es fehlt für eine unmittelbare Anwendung nämlich an dem Erfordernis des § 315 BGB, dass einer Partei ein Leistungsbestimmungsrecht zustehen soll. Der vom Gasunternehmen zu fordernde Preis ergab sich bei Abschluss bereits aus dem jeweiligen allgemeinen Tarif für die Versorgung mit Gas, so dass es sich um einen vereinbarten Preis handelte. Aber auch eine entsprechende Anwendung des § 315 BGB scheidet aus (BGH a.a.O. Rn. 33 ff). Einem Anschluss- und Benutzungszwang unterlagen die Kläger hinsichtlich der Gasversorgung nicht. Es fehlt insoweit auch an einer Monopolstellung der Beklagten als Grundlage einer entsprechenden Anwendung des § 315 BGB. Zwar mag die Beklagte im Einzugsbereich von leitungsgebundener Versorgung mit Gas keinen unmittelbaren Wettbewerber haben, sie steht aber - wie alle Gasversorgungsunternehmen - auf dem Wärmemarkt in einem Substitutionswettbewerb mit Anbietern konkurriender Heizenergieträger wie Heizöl, Strom, Kohle und Fernwärme. Gerade diese Bewertung entspricht auch den gesetzlichen Regelungen, denn die allgemeinen Tarife der Gasversorger unterlagen zu keinem Zeitpunkt einer behördlichen Genehmigung. Ein solches Erfordernis hielt der Gesetzgeber nicht für nötig, weil die Neukunden zur Deckung ihres Wärmebedarfs unmittelbar zwischen verschiedenen Energieträgern wählen können und durch eine solche Konkurrenzsituation ein Wettbewerbsdruck entsteht, der allen Kunden zugute kommt, auch wenn für den einzelnen Kunden unter Umständen der Wechsel zu einer anderen Energieart wegen des hiermit verbundenen Aufwandes und der Kosten keine echte Alternative darstellt.

39

Etwas anderes ergibt sich aber auch nicht, wenn es sich bei den bis zum 01.09.2004 geltenden Tarifen um solche handelte, die in der Vergangenheit durch von der Beklagten nach § 4 Abs. 1 u. 2 AVBGasV einseitig vorgenommene Preiserhöhungen zustande gekommene Preise gehandelt hat. In diesem Fall hätten die Kläger auch diese Preiserhöhungen nach § 315 BGB gerichtlich überprüfen lassen können. Einer Überprüfung früherer etwaiger unbilliger Erhöhungen im Rahmen der nunmehr streitigen Erhöhungen ab 01.09.2004 steht entgegen, dass die Kläger die auf diesen Tarifen basierenden Jahresabrechnungen unbeanstandet hingenommen haben. Kommt aber zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Kunden - ob ausdrücklich oder konkludent (§ 2 Abs. 2 AVBGasV durch Entnahme aus dem Netz) - ein Gaslieferungsvertrag zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen zustande, so ist der von dem Kunden zu zahlenden Preis durch den zuvor von dem Gasversorger veröffentlichten Tarif eindeutig bestimmt und als solcher mit dem Abschluss des Vertrages zwischen den Parteien vereinbart. Er ist damit einer Prüfung nach § 315 BGB entzogen (BGH a.a.O. Rn. 36, s.o.). So liegt es auch bei einer öffentlich bekannt gemachten einseitigen Erhöhung, die der Kunde akzeptiert hat, indem er weiter Gas bezogen hat ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis (BGH a.a.O.).

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Nach alledem hat daher der Sockeltarif bei der Billigkeitsprüfung der letzten Preiserhöhungen seit dem 01.09.2004 außer Betracht zu bleiben. Es verbleibt daher allein bei den tatsächlich erfolgten Erhöhungen, die - wie ausgeführt - noch unter den in den fraglichen Zeiträumen liegenden Bezugskostensteigerungen lagen und im Entscheidungsrahmen der Beklagten noch den Billigkeitsgrundsätzen des § 315 Abs. 3 BGB entsprechen.

41

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 und 709 ZPO.