Landgericht Oldenburg
Urt. v. 09.02.2007, Az.: 13 O 2095/06
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 09.02.2007
- Aktenzeichen
- 13 O 2095/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 61003
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:2007:0209.13O2095.06.0A
Fundstelle
- zfs 2007, 392-393 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
...
wegen Versicherungsleistung
hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 09.02.2007 durch
den Richter am Oberlandesgericht
die Richterin am Landgericht und
den Richter am Landgericht
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.)
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 4 954,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 3 115,15 EUR seit dem 25.4.2006 sowie aus einem Betrag in Höhe von 1 839,80 EUR seit dem 27.7.2006 zu zahlen.
- 3.)
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 4.)
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zu Leistungen aus einer Fahrzeugversicherung, diese möchte widerklagend die Verurteilung des Klägers zur Erstattung von aus einer Haftpflichtversicherung geleisteten Zahlungen.
Der Kläger war Halter des PKW ..., das er bei der Beklagten versichert hatte. Für das Fahrzeug bestand auch Kaskoschutz.
Am 22.11.2005 befuhr der Kläger mit dem genannten Fahrzeug die BAB 29 aus Fahrtrichtung Oldenburg kommend in Richtung Wilhelmshaven. In der Nähe des Wilhelmshavener Kreuzes kollidierte er mit einem anderen PKW, wodurch sein Wagen, der einen Wiederbeschaffungswert von 13 500,- EUR hatte, einen Totalschaden erlitt.
Bereits am 6.11.2005 hatte der Kläger einen Verkehrsunfall erlitten. Er befand sich zu dem Zeitpunkt angesichts einer Blutalkoholkonzentration von 2,4 g‰ im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit. Wegen dieses Unfalles war sein Führerschein beschlagnahmt worden. Durch Beschluss vom 11.11.2005 ist ihm die Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO vorläufig entzogen worden. Wegen dieses Unfalles ist der Kläger durch das Amtsgericht Wittmund rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Überdies ist ihm die Fahrerlaubnis für die Dauer von 9 Monaten entzogen worden.
Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung des ihm bei dem Unfall vom 22.11.2005 entstandenen Fahrzeugschadens aus der Fahrzeugversicherung.
Er beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13 500,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. Dezember 2005 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 449,96 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, der Kläger sei zum Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Unfalls ohne gültige Fahrerlaubnis gefahren. Er habe damit gegen die Führerscheinklausel verstoßen, weshalb sie leistungsfrei sei.
Das Verhalten des Klägers begründe auch einen Verstoß gegen vertragliche Obliegenheiten zur Verhütung einer Gefahrerhöhung, weshalb sie ihn wegen der aus der gesetzlichen Haftpflichtversicherung geleisteten Zahlungen in Anspruch nehmen könne. Da sie im Rahmen der Unfallregulierung 4 954,95 EUR habe aufwenden müssen, sei er zur Rückzahlung verpflichtet.
Widerklagend beantragt die Beklagte deshalb,
den Kläger zu verurteilen, an sie 4 954,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 3 115,15 EUR seit dem 25.4.2006 sowie aus einem Betrag in Höhe von 1 839,80 EUR seit dem 27.7.2006 zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Er ist der Meinung, er sei am 22.11.2005 berechtigt gewesen, ein Fahrzeug zu führen.
Wegen des weitergehenden Vertrages der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet, während die Widerklage zur antragsgemäßen Verurteilung des Klägers führt.
I.)
Gemäß § 2b Nr. 1c der dem Versicherungsvertrag zu Grunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Fahrer des Fahrzeuges bei Eintritt des Versicherungsfalles auf öffentlichen Wegen oder Plätzen nicht die vorgeschriebene Fahrerlaubnis hat.
Diese Voraussetzung war vorliegend erfüllt, da dem Kläger erst wenige Tage vor dem hier streitgegenständlichen Verkehrsunfall der Führerschein als Folge eines Trunkenheitsdeliktes abgenommen worden war.
Indem das Amtsgericht Wittmund durch Beschluss vom 11.11.2005 die Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO vorläufig entzogen hatte, war der Kläger im Zeitpunkt des Verkehrsunfalles nicht mehr im Besitz der Fahrerlaubnis. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ihm der genannte Beschluss zugestellt worden ist. Denn der Beschluss über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wird mit seiner Unterzeichnung wirksam, ohne dass es einer förmlichen Zustellung bedarf, da durch die Bekanntmachung der Entscheidung keine Frist in Lauf gesetzt wird (§ 35 Abs. 2 StPO).
Allerdings setzt die Leistungsfreiheit wegen Verstoßes gegen Obliegenheiten schuldhaftes Verhalten des Versicherten voraus. Auch hieran fehlt es indessen nicht, wobei auch insoweit dahingestellt bleiben kann, ob der genannte Beschluss des Amtsgerichts Wittmund dem Kläger zugegangen ist. Denn sein Führerschein ist unstreitig bereits am 6.11.2005 sichergestellt worden. Schon diese Maßnahme hat gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 StVG zur Folge, dass der Kläger sich bei nachfolgenden Fahrten des Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig gemacht hat. Er hatte also schon nach der polizeilichen Beschlagnahme keine Fahrerlaubnis mehr und damit den Versicherungsschutz verloren ( BGH VersR 1982, 84; Löwe - Rosenberg, StPO 25. Aufl., § 111a StPO Rn 5 m.w.N.).
Auch der vorläufige Charakter der Maßnahme steht dem nicht entgegen. Insbesondere begeht derjenige, der nach der polizeilichen Beschlagnahme aber vor Zugang des Beschlusses nach § 111a StPO ein Kraftfahrzeug führt, mangels Verschuldens zwar möglicherweise nicht den Straftatbestand des § 21 Abs. 1 StVG, doch denjenigen des § 21 Abs. 2 StVG (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. § 21 Rn 22 m.w.N.)
Der Umstand, dass der Kläger möglicherweise im Besitz eines Dienstführerscheines der Bundeswehr war, berechtigte ihn gegebenenfalls zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen. Der von ihm geführte PKW war jedoch kein Dienstwagen der Bundeswehr.
Wegen schuldhaften Verstoßes gegen die Führerscheinklausel ist die Beklagte somit von ihrer vertraglichen Pflicht zu Leistungen aus der Fahrzeugversicherung frei, weshalb die Klage abzuweisen war.
II.)
Auf die Widerklage war der Kläger weitergehend zur Erstattung desjenigen Betrages zu verurteilen, den die Beklagte im Rahmen der Regulierung des Verkehrsunfalles an die anderen Unfallbeteiligten gezahlt hat. Denn gemäß § 2b Abs. 1c AKB war die Beklagte im Innenverhältnis zum Kläger von der Leistungspflicht frei, weil dieser, wie dargestellt, zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles keine gültige Fahrerlaubnis hatte. Dies führt dazu, dass sie, da sie im Verhältnis zu den Unfallopfern neben dem Kläger als Gesamtschuldner haftete, im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 Abs. 2 BGB Erstattung desjenigen beanspruchen kann, was sie zum Zwecke der Schadensregulierung geleistet hat, gemäß § 5 Abs. 3 KfzPflVV allerdings begrenzt bis zur Höhe von 5 000,- EUR, die aber mit der Widerklageforderung nicht überschritten werden.
Die von der Beklagten erbrachten Ersatzleistungen sind belegt. Sie belaufen sich auf eine Nettoersatzleistung von 2 491,45 EUR zu Gunsten der ..., auf netto 333,- EUR für das von dem Ingenieurbüro ... erstattete Sachverständigengutachten, 265,70 EUR Anwaltskosten, 25,- EUR Unkostenpauschale zu Gunsten der Firma Janssen und an die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr geleistete 1 839,80 EUR, mithin insgesamt 4 954,95 EUR, die der Kläger somit an die Beklagte zu bezahlen hat.
Der geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß §§ 286, 288 BGB begründet, die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.