Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.08.2000, Az.: 7 K 734/97
Qualifizierung der Anteilsveräußerung an Obergesellschaft als Veräußerungsgewinn; Mittelbare Beteiligung; Gewerbliche Tierzuchtgewinne bei doppelstöckiger Personengesellschaft
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 08.08.2000
- Aktenzeichen
- 7 K 734/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 14404
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:0808.7K734.97.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 01.07.2004 - AZ: IV R 67/00
Fundstelle
- EFG 2001, 890-891 (Volltext mit red. LS)
Tatbestand
Die Klägerin zu 1 ist die Gesamtrechtsnachfolgerin des Komplementärs der Klägerin zu 2. Die Klägerin zu 2 war im Streitjahr Kommanditistin der G.GmbH & Co. KG (Obergesellschaft). Die Obergesellschaft war einzige Kommanditistin der Mastbetriebe GmbH & Co. KG (Untergesellschaft). Der Tätigkeitsbereich der Untergesellschaft umfasste das Ausbrüten zugekaufter Eier sowie die teilweise Aufzucht der entstandenen Küken zu Schlachttieren. Hinsichtlich der Aufzucht der Küken verwirklichte die Untergesellschaft insoweit gewerbliche Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung nach § 15 Abs. 4 EStG.
Zum 31. August 1988 veräußerte die Klägerin zu 2 ihre Beteiligung an der Obergesellschaft an die Do Beteiligungs-GmbH zu einem (anteiligen) Kaufpreis von x DM. Aus diesem Vorgang ermittelte die Außenprüfung zunächst einen Veräußerungsgewinn der Klägerin zu 2 in Höhe von y DM. Die zum Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels in der Obergesellschaft vorhandenen stillen Reserven in der Untergesellschaft wurden von der Außenprüfung bezüglich des Bereichs der gewerblichen Tierzucht mit z DM ermittelt. Auf den Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts für Großbetriebsprüfung wird verwiesen.
Entsprechend den Feststellungen der Außenprüfung erließ der Beklagte (geänderte) Gewinnfeststellungsbescheide für die Obergesellschaft. Hierbei wies er der Klägerin zu 2 für das Streitjahr den von der Betriebsprüfung ermittelten Veräußerungsgewinn zu. Die Gewinnfeststellung wurde im weiteren Verlauf des Einspruchs- und Klageverfahren erneut geändert. Mit berichtigtem Bescheid vom 25. Mai 2000 verringerte der Beklagte den Veräußerungsgewinn, der auf die Klägerin zu 2 entfällt, auf a DM.
Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Berücksichtigung eines im Veräußerungsgewinn anteilig enthaltenen Gewinns aus gewerblicher Tierzucht, der im Rahmen der Anteilsveräußerung auf der Ebene der Untergesellschaft angefallen sei. Die Untergesellschaft habe in den vorausgegangenen Jahren stets Verluste aus gewerblicher Tierhaltung erzielt, die dem Abzugs- und Ausgleichsverbot des§ 15 Abs. 4 EStG unterlegen hätten. Dieses Verbot habe auf die Obergesellschaft und die hieran mitunternehmerisch beteiligte Klägerin zu 2 durchgeschlagen. Die gewerblichen Tierzuchtverluste in der Untergesellschaft seien im Wesentlichen durch die Vornahme von Abschreibungen entstanden und hätten zu entsprechenden stillen Reserven geführt. Diese stillen Reserven, die infolge der Anteilsveräußerung aufgedeckt worden seien, habe das Finanzamt zutreffenderweise beim Erwerber in Ergänzungsbilanzen erfasst, die im Rahmen der Fortschreibung beim Erwerber konsequenterweise wiederum zu Verlusten aus Tierzucht führten. Letztere Handhabung sei zutreffend. Denn es werde berücksichtigt, dass der Veräußerungspreis für den Mitunternehmeranteil an der Obergesellschaft zugleich anteilig auf Wirtschaftsgüter der Untergesellschaft entfalle, die der Tierzucht dienten. Konsequenterweise müsse dann jedoch auch der Veräußerungsgewinn, den der ausscheidende Gesellschafter aufgrund der Anteilsveräußerung erziele, zwingend insoweit als Tierzuchtgewinn qualifiziert werden, als er auf den Bereich der Tierzucht in der Untergesellschaft entfalle.
Die Kläger beantragen,
den Gewinnfeststellungsbescheid insoweit zu ändern, als der Klägerin zu 2 Einkünfte im Sinne von § 15 Abs. 4 EStG in Höhe von b DM zugerechnet werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf seine Einspruchsentscheidung, in der er ausgeführt hat, dass durch den Gesellschafterwechsel in der Obergesellschaft keine stillen Reserven in der Untergesellschaft aufgedeckt worden seien. Soweit die Klägerin zu 2 einen über dem Kapitalkonto liegenden Veräußerungspreis erzielt habe, mag dieser Preis wertbestimmend durch die Beteiligung, die die Obergesellschaft an der Untergesellschaft hielt, mitbestimmt worden sein. Eine Gewinnrealisierung trete jedoch nur auf der Ebene der Obergesellschaft ein, die selbst keine gewerbliche Tierhaltung betreibe.
Dem Gericht haben die beim Beklagten für die Obergesellschaft geführten Steuerakten vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin zu 2 hat infolge der Anteilsveräußerung an der Obergesellschaft im Streitjahr einen Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG erzielt. In diesem Gewinn ist ein Gewinn aus gewerblicher Tierzucht enthalten, der auf der Ebene der Untergesellschaft angefallen ist. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Die Obergesellschaft war die alleinige Kommanditistin der Untergesellschaft. In der Untergesellschaft selbst entstanden im Zeitraum der gewerblichen Betätigung insbesondere durch Vornahme auf Abschreibungen auf Gebäude und Anlagen stets Verluste, die als Verluste aus gewerblicher Tierhaltung zu qualifizieren waren. Entsprechend dieser laufenden Verluste entstanden bei der Untergesellschaft stille Reserven, die von der Außenprüfung entsprechend Anlage 9 b des Außenprüfungsberichtes mit z DM ermittelt wurden. Folgerichtig wurde für den Erwerber der von der Klägerin zu 2 veräußerten Anteile entsprechend dieser aufgedeckten stillen Reserven Ergänzungsbilanzen erstellt. Die in den Ergänzungsbilanzen enthaltenen Werte werden in der Folgezeit notwendigerweise das für die Erwerberin zu ermittelnde (anteilige) Betriebsergebnis aus gewerblicher Tierzucht entsprechend negativ beeinflussen.
Nach der Auffassung des erkennenden Gerichts ist es geboten die unmittelbare Anteilsveräußerung an der Obergesellschaft mit der mittelbaren Veräußerung der Untergesellschaft gleichzusetzen. Denn der aus der Anteilsveräußerung erzielte Kaufpreis ist entscheidend durch die Aufdeckung der stillen Reserven in der Untergesellschaft beeinflusst worden. Der Veräußerungspreis hat im Ergebnis die zuvor vorgenommenen Abschreibungen revidiert. Waren aber die vorzunehmenden Abschreibungen aufgrund der besonderen Regelung über die Ausgleichsbeschränkung von Verlusten aus gewerblicher Tierzucht über§ 15 Abs. 4 EStG nur beschränkt ausgleichsfähig, so ergibt sich zwingend, dass zur Durchführung des vorzunehmenden Ausgleichs eine Gleichsetzung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Gesellschaftsbeteiligung erforderlich ist. Denn der von der Klägerin zu 2 erzielte Veräußerungsgewinn aus der mittelbaren Beteiligung an der Untergesellschaft ist nichts anderes als die Korrektur der zuvor hieraus erlittenen Verluste.
Der Senat folgt grundsätzlich der Rechtsauffassung, wie sie im Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BStBl II 1991, 691 (700) - zum Ausdruck kommt. Hiernach gilt auch steuerrechtlich für Personenhandelsgesellschaften der Grundsatz, dass mittelbare Beteiligungen an Gesellschaften unmittelbaren nicht gleichzusetzen sind. Als Ausnahme gilt jedoch, wenn sich die Gleichstellung aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift eindeutig ergibt. Insoweit sieht der Senat die besondere Situation des § 15 Abs. 4 EStG, der zum beschränkten Verlustabzug bei Verlusten aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung führt und der bewirkt, dass während des laufenden Betriebs auch bei mehrstöckigen Gesellschaften die Qualifizierung als Tierzuchtverlust bestehen bleibt. Entsprechend hat sich auch der Beklagte bezüglich der laufenden Verluste verhalten. Zur Aufhebung der beschränkten Verlustabzugsmöglichkeit ist es dann aber zwingend geboten, dass bei der Anteilsveräußerung von Anteilen an der Obergesellschaft der entsprechende Durchgriff auf die Untergesellschaft erfolgt.
Nach allem war der während des Klageverfahrens am 25. Mai 2000 geänderte und zum Gegenstand des Klageverfahrens erklärte Feststellungsbescheid entsprechend dem Klagantrag zuändern.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung FGO -. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO i.V.m.§§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.