Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.08.2000, Az.: 13 K 316/95

Gewerblicher Grundstückshandel bei zumindest angestrebtem häufigen Grundstücksumschlag sowie maßgebliche "Drei-Objekt-Grenze"

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
23.08.2000
Aktenzeichen
13 K 316/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 14423
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2000:0823.13K316.95.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 20.02.2003 - AZ: III R 10/01

Fundstelle

  • EFG 2001, 1438-1440 (Volltext mit red. LS)

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen gewerblichen Grundstückshandel unterhalten hat.

2

Der im Jahre 1930 geborene Kläger ist Steuerberater von Beruf und führt in ... eine Steuerberaterpraxis. Anlässlich einer Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1990 führte der Prüfer aus, der Kläger habe in- und außerhalb des Prüfungszeitraums mehrfach Grundstücke veräußert. Es sei deshalb zu prüfen, ob gewerblicher Grundstückshandel im Sinne des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 20. Dezember 1990 IV B 2 - S - 2240 - 61/90 (Bundessteuerblatt - BStBl I 1990, 884) vorliege. Veräußert worden seien:

30.08.19881Eigentumswohnung
...
...
Mieter ab Bezugsfertigkeit
(März 1987)
Verkaufspreis:220.000,00 DM
30.08.19881Laden (Miteigentumsanteil)
...
...
Mieter ab Bezugsfertigkeit
(Dezember 1986)
Verkaufspreis:600.000,00 DM
Der Mieter hatte dem Stpfl. am 12.12.1986 ein Darlehen von 820.000,-- DM gewährt. Mit dem Verkaufserlös wurde das Darlehen abgelöst.
30.08.19881Eigentumswohnung
...
...
Mieter ab Bezugsfertigkeit
(März 1987)
Verkaufspreis:182.000,00 DM
Der Mieter hatte dem Stpfl. am 12.12.1986 ein Darlehen von 180.000,-- DM gewährt. Mit dem Verkaufserlös wurde das Darlehen abgelöst.
Das Gesamtgrundstück umfasst:
4 Läden
2 Büros
3 Wohnungen
Angeschafft/hergestellt:
23.01.1986 (Grundstückserwerb)
bis Ende 1987
Grundstücksteilung laut Teilungserklärung vom 29.08.1988
3 Läden, 2 Büros, 1 Wohnung
(weiter im Besitz des Stpfl.)
1 Laden im Erdgeschoss
(Erwerber ...)
1 Wohnung 2. Obergeschoss
(Erwerber ...)
1 Wohnung 2. Obergeschoss
(Erwerber ...)
Anteilige Anschaffungs- und Herstellungskosten zu Miteigentumsanteile 2-4528.327,00 DM
Veräußerungsgewinn473.673,00 DM
01.03.19891Eigentumswohnung
...
...
Verkaufspreis:
Erwerber: ...200.000,00 DM
01.03.19891Eigentumswohnung
...
...
Verkaufspreis:200.000,00 DM
Erwerber: ...
Beide Wohnungen wurden im Wege der Zwangsversteigerung (...) erworben
Kaufpreis für beide Wohnungen:206.000,00 DM
Vorbesitzer:
...
...
Mandant des Stpfl
Veräußerungsgewinn:194.000,00 DM
24.08.1991
bis
10.12.19914parzellierte Baugrundstücke
(aus einem Bestand von 10 parzellierten Baugrundstücken in ...) in einem in der Gemeinde ..., ausgewiesenen Bebauungsgebiet
Erwerber: 3 Interessenten
Verkaufspreis:161.040,00 DM
Anteiliger Kaufpreis
(Erwerb: 06.03.1991):82.520,00 DM
Veräußerungsgewinn:78.520,00 DM
3

Mit Veräußerung der vorgenannten 9 Objekte innerhalb von 4 Jahren liege die Voraussetzung zur Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels im Sinne des erwähnten Erlasses vor.

4

Würden innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung/Bau und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert, sei ohne Vorliegen besonderer Umstände von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen, weil die äußeren Umstände den Schluss zuließen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte ankomme. Der Auffassung des Klägers, die Grundstücksverkäufe seien wie bisher dem Bereich der Vermögensverwaltung, zu dem auch sein übriger umfangreicher Grundbesitz gehöre, zuzurechnen, weil die Voraussetzung der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erfüllt sei, könne nicht gefolgt werden. Dem gewerblichen Grundstückshandel seien nur die Objekte des Klägers zuzuordnen, die veräußert worden seien und für die die Voraussetzungen des erwähnten BMF-Schreibens vorlägen.

5

Die Gewinnermittlung erfolge unter Aktivierung der Grundstücke als Umlaufvermögen nach den § 4 Abs. 1, 5 Einkommensteuergesetz (EStG). Die übrigen nicht veräußerten Grundstücke seinen weiterhin dem Bereich der Vermögensverwaltung zuzuordnen. Entsprechend den Ausführungen in dem erwähnten BMF-Erlass beginne der gewerbliche Grundstückshandel mit dem Ankauf der Objekte am 29. Januar 1986 und 14. Februar 1986, sodass der Beginn des Gewerbebetriebs auf den 1. Februar 1986 festzusetzen sei. Der Prüfer errechnete für das Streitjahr 1989 einen Gewerbeertrag wie folgt:

Gewinn aus Gewerbebetrieb171.949,00 DM
./. 1,2 v. H. vom EW des Grundbesitzes 1.084,00 DM
verbleibender Betrag 170.865,00 DM
abgerundet170.800,00 DM
6

Dementsprechend erließ der Beklagte (Finanzamt - FA -) einen Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuer(GewSt)-Messbetrag vom 24. August 1993.

7

Dagegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage. Sie wird wie folgt begründet: Seit 1962 habe der Kläger zum Zwecke der Altersvorsorge umfangreichen Grundbesitz erworben und durch Vermietung genutzt. Diese Absicht sei im Zeitpunkt der Klageerhebung, in dem 38 Mietverhältnisse unterhalten würden, im Wesentlichen verwirklicht, jedoch zwischenzeitlich im Jahre 1987 in Gefahr geraten. Der Kläger habe in ... ein Objekt mit Ladengeschäften und Mietwohnungen, den sogenannten ..., in Angriff genommen. Dabei handele es sich in der ... um einen Schuhladen und einen Schmuckladen im Erdgeschoss, einen Friseurladen im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss, ein Sportgeschäft im Erdgeschoss und Keller, eine DAK-Geschäftsstelle, eine Fahrschule und Büroräume im 1. Obergeschoss sowie um 2 Wohnungen im 2. Obergeschoss und eine Wohnung im Dachgeschoss. Die ... umfasse eine Markthalle sowie einen Innenhof mit einer Gaststätte, drei Ladenhäusern und einem Versicherungsbüro. Der Kläger habe den Komplex ... in 1984 und den Komplex ... im Januar 1986 erworben. Im Jahre 1986 sei die alte Bausubstanz abgerissen und mit dem Neubau begonnen worden. Im September 1987, als sich die Anlage ... noch im Rohbaustadium befunden habe, habe der Kläger einen lebensgefährdenden Herzinfarkt erlitten. Nach der Entlassung aus der vier Monate dauernden Rehabilitationsbehandlung habe der Kläger auf Grund seines labilen Gesundheitszustandes den Komplex ... nicht mehr so vollenden können, wie ursprünglich geplant. Sein Gesundheitszustand habe sich ab 1988 ständig verschlechtert. Im Juli 1990 habe ein neues Herz eingepflanzt werden müsse. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) habe sich von zunächst 70 v. H. auf 100 v. H. erhöht. Wegen seines Gesundheitszustandes habe er nicht mehr mit ausreichenden Einnahmen aus seiner Steuerberaterpraxis rechnen können. Der seinerzeit 27-jährige Sohn ... des Klägers, der in der Praxis tätig gewesen sei, habe das Steuerberaterexamen noch nicht ablegen können, sodass der Kläger auf die Mithilfe eines Steuerberaterkollegen habe zurückgreifen müssen. Das Bauvorhaben ... sei mit erheblichen Fremdmitteln finanziert worden. Der Kläger habe ein Bauspardarlehen von 110.000,-- DM und ein Hypothekendarlehen der Kreissparkasse ... von 800.000,-- DM in Anspruch genommen. Bei dem Mieter ..., der das Sportgeschäft und eine Wohnung im 2. Obergeschoss gemietet habe, habe er ein durch Grundschuld gesichertes Darlehen über 800.000,-- DM und bei dem Mieter der Wohnung im 3. Obergeschoss, ..., ein ebenfalls durch Grundschuld gesichertes Darlehen über 180.000,-- DM aufgenommen. Mieterin des Sportgeschäfts sei die ... gewesen, deren Komplementär der Mieter ... gewesen sei. Dieser Mietvertrag sei am 1. November 1986 mit einer festen Laufzeit bis zum 31. Dezember 1991 geschlossen worden. Die Mietverträge mit einer Laufzeit von unbestimmter Dauer über die Wohnungen im 2. Obergeschoss und im Dachgeschoss mit den Mietern ... seien am 14. April 1987 geschlossen worden. Nachdem sich im Sommer 1988 der Gesundheitszustand des Klägers stabilisiert habe, hätten die Mieter ... um Rückführung der gewährten Darlehen gebeten. Um dem nachzukommen, habe der Kläger im August 1988 nach Abgabe entsprechender Teilungserklärungen das Eigentum an den Räumlichkeiten des Sportgeschäfts und der Wohnung im 2. Obergeschoss auf den Mieter ... und das Eigentum an der Wohnung im Dachgeschoss auf den Mieter ... übertragen. Als Kaufpreis sei die Verrechnung mit den jeweiligen Darlehensforderungen vereinbart worden. Der Kläger beabsichtige nunmehr die beiden Wohnungen von den Erwerbern ... zurückzuerwerben.

8

Die beiden Eigentumswohnungen in ... habe der Kläger im Februar 1986 von einem Mandanten im Wege der Zwangsversteigerung erworben. Dabei habe er die seit 1980 bestehenden unbefristeten Mietverhältnisse übernommen. Die Mieter hätten sodann die Mietverhältnisse gekündigt. Im Anschluss daran habe der Kläger Schönheitsreparaturen vorgenommen und die Wohnungen auf unbestimmte Zeit neu vermietet. Der Mandant, dessen wirtschaftliche Lage sich gebessert habe, habe den Kläger um Rückerwerb der Wohnungen gebeten. Im März 1989 habe er die Wohnungen daher wieder an den Mandanten veräußert.

9

Der Sohn ... des Klägers sei nach Ablegung der Meisterprüfung seit 1987 selbständiger Maurermeister. Er habe im September 1988 sieben erschlossene Bauplätze von... und im Januar 1989 vier erschlossene Bauplätze von der ... erworben. Er habe die Absicht gehabt, diese 11 Bauplätze mit der Maßgabe anzubieten, die Maurerarbeiten für die Erwerber durchführen zu können. Der Kläger habe seinem Sohn ... für den Grundstückserwerb Darlehen gewährt. Die Veräußerung der Bauplätze unter Beauftragung des Sohnes ... mit der Ausführung der Maurerarbeiten sei gescheitert. In einem Fall (...) sei die Veräußerung unter nachträglicher anderweitiger Vergabe der Maurerarbeiten erfolgt. Der Kläger habe sich gezwungen gesehen, die Grundstücke gegen Zahlung des Kaufpreises durch Verrechnung mit den gewährten Darlehen von seinem Sohn ... im März 1991 zu erwerben. Von den Grundstücken in ... habe er vier Bauplätze im August, September und Dezember 1991 an drei Interessenten verkauft, mit denen ... bereits Verhandlungen geführt hatte. Für diese Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge habe der Kläger einen Spekulationsgewinn erklärt. Auf einem Grundstück habe er 1993 ein Zweifamilienhaus errichtet und fremdvermietet. Für das siebte der Grundstücke in ... sei für 1996 der Bau eines Einfamilienhauses mit Fremdvermietung geplant. Die vier Bauplätze in ... seien nicht veräußert, sondern für eine Bebauung durch den Kläger vorgesehen.

10

Aus dem geschilderten Geschehensablauf ergebe sich, dass der Kläger zwar selbständig und mit Überschusserzielungsabsicht, aber nicht nachhaltig unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gehandelt habe. Vielmehr sei der Rahmen privater Vermögensverwaltung nicht überschritten worden.

11

Der Kläger beantragt,

den geänderten Bescheid über den einheitlichen GewSt-Messbescheid 1989 vom 24. August 1993 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 1995 ersatzlos aufzuheben,

für den Fall seines Unterliegens die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

12

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

für den Fall seines Unterliegens die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

13

Es hält unter Bezugnahme auf den Inhalt des Einspruchsbescheids dem Vorbringen entgegen: Die Voraussetzungen für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels in positiver und negativer Hinsicht lägen vor. Die Tätigkeit des Klägers stelle nicht bloße Vermögensverwaltung dar. Maßgebend sei die sogenannte "Drei-Objekt-Grenze". Die Veräußerung von bis zu drei Objekten sei danach grundsätzlich nicht gewerblich, während die Veräußerung von mehr als drei Objekten zur Gewerblichkeit aller Objektveräußerungen führe. Als "Objekte" seien im Streitfall die jeweils zwei Eigentumswohnungen in ... und ... und die vier Baugrundstücke in ... anzusehen. Der Laden in ... werde aus Vereinfachungsgründen in die Berechnung der "Drei-Objekt-Grenze" einbezogen. Die neun Objekte seien innerhalb des Fünfjahreszeitraums (1988 bis 1991) veräußert worden. Außerdem habe bei ihnen eine enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Errichtung oder Erwerb einerseits und Veräußerung andererseits bestanden, da die Zeitspanne zwischen Fertigstellung bzw. Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als fünf Jahre betragen habe. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang zwinge nach den Regeln der Lebenserfahrung zu der Schlussfolgerung, dass bei der Errichtung der Objekte zumindest eine bedingte Veräußerungsabsicht bestanden habe, auch wenn die eigentliche Absicht auf eine anderweitige Nutzung als die Veräußerung gerichtet gewesen sei. Die von dem Kläger angeführten Umstände reichten nicht aus, diese Vermutung einer zumindest bedingten Veräußerungsabsicht zu widerlegen. Zwar stellten die schwere Erkrankung des Klägers und die Finanzierungsschwierigkeiten Gründe für die Veräußerung der Objekte in ... dar. Solche persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die Veräußerung von Objekten seien für die Zuordnung des Vorgangs zum gewerblichen Bereich oder zum Bereich der Vermögensverwaltung unerheblich. Der Kläger habe die Wohnungen und Ladenräume im Objekt ... nicht aus einer Zwangslage verkauft, sondern freiwillig, um einer von ihm befürchteten Zwangslage zuvorzukommen.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie der Gewerbesteuerakte, der Betriebsprüfungsakte "Gewerblicher Grundstückshandel", der Akte "Veräußerungsmitteilungen", der Akte "Verträge Grundstücksveräußerung", der Einheitswertakte und der Einkommensteuerakte"ab 1990 bis 1991" ... bei dem beklagten FA Bezug genommen.

Gründe

15

Die Klage hat Erfolg.

16

Der GewSt-Messbescheid 1989 in der Gestalt des Einspruchsbescheids vom 20. Juli 1995 verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er war daher ersatzlos aufzuheben. Denn der Kläger hat keinen stehenden Gewerbebetrieb im Inland unterhalten.

17

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) in der für das Streitjahr 1989 geltenden Fassung unterliegt der GewSt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. Einkommensteuergesetzes (EStG) zu verstehen. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1989 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen. Gewerbliches Unternehmen in diesem Sinne ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt (Gewerbebetrieb), sofern die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet und weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft (LuF) noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG).

18

Die Beteiligten gehen zutreffend übereinstimmend davon aus, dass die streitigen Grundstücksgeschäfte mit der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers als Steuerberater nicht in Zusammenhang stehen. Der Kläger hat damit indes auch kein gewerbliches Unternehmen betrieben. Denn die Grundstücksgeschäfte sprengen nicht den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung.

19

Zwar ist der Kläger selbständig tätig geworden. Denn er hat die streitigen Grundstücke auf eigene Rechnung und Verantwortung erworben und veräußert.

20

Dabei handelt es sich auch um eine nachhaltige Betätigung, weil eine Mehrzahl von Handlungen und nicht lediglich eine einmalige Handlung vorliegt.

21

Der Kläger hat diese Tätigkeit in der Absicht unternommen, Gewinn zu erzielen. Dafür reicht es aus, dass er durch die Verkäufe einen wirtschaftlichen Vorteil erstrebt. Es kommt nicht darauf an, ob dieser wirtschaftliche Vorteil wieder dadurch entfällt, dass der Kläger die Einnahmen aus den Verkäufen zur Abdeckung von Schulden verwendet hat.

22

Das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist bei den von dem FA in die Betrachtung einbezogenen"Objekten"indes nicht erfüllt. Die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, dass sich der Veräußerer mit seiner Veräußerungsabsicht an den allgemeinen Markt wendet. Das ist der Fall, wenn der Verkäufer seine Verkaufsobjekte mehreren Interessenten anbietet, indem er zumindest seine Verkaufsabsicht in der Weise bekannt gibt, dass er damit rechnet, seine Verkaufsabsicht werde sich bei einem unabgeschlossenen Kreis von Personen herumsprechen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. August 1983 I R 120/80, BStBl II 1984, 137). Daran fehlt es. Die zwei Eigentumswohnungen in ... hat der Kläger von einem in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Mandanten im Wege der Zwangsversteigerung erworben und später an diesen Mandanten nach Besserung von dessen wirtschaftlicher Lage auf dessen Bitte hin zurückveräußert. Der Kläger hat die zwei Wohnungen sowie den Laden in ... (...) an die Mieter veräußert, die ihm zugleich Darlehen zur Errichtung der"Objekte" gewährt hatten, unter Verrechnung der Darlehensvaluta gegen die Eigentumsübertragung. Von einem Herumsprechen der Verkaufsabsicht bei einem unabgeschlossenen Kreis von Personen kann hier nicht die Rede sein. Das gilt in gleicher Weise für die Veräußerung der vier Bauplätze in .... Der Kläger hat diese Baugrundstücke von seinem Sohn ... erworben, um diesem"aus der Klemme zu helfen" und die Verkäufe an solche Interessenten vorgenommen, mit denen ... bereits in Verhandlungen gestanden hatte. Die übrigen von seinem Sohn ... erworbenen Grundstücke hat der Kläger nicht veräußert. Das FA hat dieser Darstellung des Klägers im Klageverfahren der Sache nach nicht widersprochen. Sie ist daher der Beurteilung zu Grunde zu legen.

23

Jedenfalls überschreiten die Aktivitäten des Klägers beim An- und Verkauf des streitigen Grundbesitzes nicht den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung. Sie ist zu bejahen, solange sich die Tätigkeit noch als Nutzung von Grundbesitz durch Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz darstellt und die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte nicht entscheidend in den Vordergrund tritt. Die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte bedeutet eine Vermögensumschichtung, die in erster Linie erfolgt, um vorhandenes Vermögen durch Ausnutzung von Substanzwertsteigerungen zu vermehren. Eine Vermögensumschichtung, die lediglich erfolgt, um den Wert des Vermögens besser zu nutzen, also höhere Erträge zu erzielen, hält sich im Rahmen der Vermögensverwaltung. Alsdann steht die Vermögensnutzung durch Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten im Vordergrund. Solche substanzwerterhaltende Vermögensumschichtung kann sich sowohl innerhalb von Grundvermögen als auch innerhalb von Kapitalvermögen und auch zwischen Grundvermögen und Kapitalvermögen vollziehen. Bei dieser Abgrenzung ist beachtlich, in welchem Umfang Anschaffungen und Veräußerungen vorgenommen werden. Je geringer dieser Umfang ist, desto weniger ist anzunehmen, dass der Zweck der Vermögensmehrung durch Umschichtung im Vordergrund steht. Aus Vereinfachungsgründen liegt jedenfalls bei Veräußerung von drei Wohneinheiten kein gewerblicher Grundstückshandel vor (BFH-Urteil vom 9. Dezember 1986 VIII R 317/82, BStBl II 1988, 244 m.w.N.). Sowohl die Anzahl der An- und Verkäufe als auch der Zeitraum von fünf Jahren, in dem das vonstatten gehen muss, sind nicht etwa Merkmale nach Art eines gesetzlichen Tatbestandes, bei deren Erfüllung oder Nichterfüllung private Vermögensverwaltung überschritten wird oder nicht. Maßgebend ist vielmehr eine Würdigung des Gesamtbildes der Betätigung unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung (BFH-Urteile vom 3. Juni 1987 III R 209/83, BStBl II 1988, 277; 23. Oktober 1987 III R 275/83, BStBl II 1988, 293; 14. März 1989 VIII R 96/84, BFH NV 1989, 784). Die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand der maßgebenden Tätigkeiten haben eine indizielle Bedeutung. Sie dienen als Beweisanzeichen dem Zweck, eine die Gleichheit der Rechtsanwendung gewährleistende Zuordnung zum "Bild des Gewerbebetriebes" bzw. zur privaten Vermögensverwaltung zu ermöglichen (BFH-Beschluss vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BStBl II 1995, 617; BFH-Urteile vom 11. Dezember 1996 X R 241/93, n.v.; 6. Juli 1999 VIII R 17/97, BStBl II 2000, 306). Es handelt sich dabei um eine "normfüllende Typisierung", mit deren Hilfe die schwierigen tatsächlichen und rechtlichen Abgrenzungen zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel bewältigt werden sollen (BFH-Urteil vom 18. Mai 1999 I R 118/97, Betriebsberater - BB - 2000, 396). Unter Rückgriff auf die "Urbilder"der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielenden Gewerbetreibenden, nämlich den Produzenten, Dienstleistenden und Händler, gelangt die höchstrichterliche Rechtsprechung zur steuerlichen Erfassung eines"Typus"des Gewerbetriebs, der rechtliche Konturen durch den "Gegentypus" der privaten Vermögensverwaltung erhält. Zum "Bild" der letzteren gehört auch die Veräußerung und damit die Erzielung von Veräußerungsgewinnen, sofern Erwerb und Veräußerung von Grundstücken den Beginn und das Ende einer in erster Linie auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit darstellen. Solchenfalls besteht der letzte Akt der privaten Vermögensverwaltung darin, dass der Vermögensinhaber das Vermögen, sei es auch in zahlreichen Teilakten veräußert. Die Parzellierung eines unbebauten Grundstücks oder die Aufteilung eines Mietwohngrundstücks in Eigentumswohnungen und deren Veräußerung etwa begründet danach für sich allein unabhängig von der Zahl der Veräußerungsfälle und von der Branchennähe des Steuerpflichtigen keinen gewerblichen Grundstückshandel, sofern diese Immobilien nicht in zumindest bedingter Veräußerungsabsicht erworben worden waren. Danach wird das"Bild des Grundstückshandels"durch den tatsächlich durchgeführten oder zumindest angestrebten häufigen Grundstücksumschlag - "Umschlagshäufigkeit" - geprägt (BFH-Urteile vom 17. März 1981 VIII R 149/78, BStBl II 1981, 522; 15. März 2000 X R 130/97, Der Betrieb - DB - 2000, 1378; zum "Urbild", "Bild"bzw. "Typus" des Gewerbebetriebs in steuerlichem Sinne auch BFH-Beschluss vom 29. Oktober 1997 X R 183/96, BStBl II 1998, 332 sowie BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999 I R 16/99, Deutsche Steuerzeitung - DStZ - 2000, 605).

24

Die hier streitigen Grundbesitzverfügungen des Klägers entsprechen unter Abwägung aller in die Betrachtung einzubeziehenden Umstände sowie unter Würdigung des Gesamtbildes der Betätigung und Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nicht dem Bild eines Grundstückshandels im Sinne der erwähnten Rechtsprechung. Denn der Kläger hat die erworbenen Grundstücke nicht binnen kurzer Zeit"umgeschlagen" geschweige denn dies von vornherein beabsichtigt. Wie erwähnt, gehört zum "Bild" privater Grundstücksverwaltung auch die Veräußerung und damit die Erzielung von Veräußerungsgewinnen, sofern Erwerb und Veräußerung von Grundstücken den Beginn und das Ende einer in erster Linie auf Fruchterzielung gerichteten Tätigkeit darstellen. Zudem fällt eine gelegentliche Veräußerung und Umschichtung von Grundbesitz unter dessen Verwaltung, solange dadurch keine Tätigkeit ausgeübt wird, die als solche gewerbesteuerpflichtig ist. Der Kläger hat die beiden Eigentumswohnungen in ... (...) und ... (...) nach dem Erwerb bzw. der Errichtung zunächst vermietet gehabt. Dasselbe gilt für den Laden in ... (...). Erst nachdem auf Grund der, wie unstreitig ist, schweren Erkrankung der Kläger in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten drohte, erfolgte der Verkauf an die Mieter gegen Verrechnung der dem Kläger gewährten Darlehen. Die Eigentumswohnungen in ... hat der Kläger nach zwischenzeitlicher Vermietung an den ursprünglichen Eigentümer, bei dem es sich um einen Mandanten handelte, zurückveräußert. Erwerb in "zumindest bedingter Veräußerungsabsicht"ist hier nicht erkennbar. Wenn im Übrigen auf das "Bild des Grundstückshändlers"abgehoben wird, reicht ein Erwerb in bedingter Veräußerungsabsicht nicht aus. Denn der Händler will und muss die erworbene Ware "unbedingt"wieder verkaufen, weil das sein Geschäft ausmacht. Wenn ferner gelegentliche Veräußerungen und Umschichtungen von Grundbesitz privater Vermögensverwaltung nicht entgegenstehen, so taugt die Anschaffung in lediglich bedingter Veräußerungsabsicht nicht als Abgrenzungskriterium, weil es stets gegeben ist. Ein Händler pflegt seinen Warenbestand nicht nur in bedingter, sondern stets in unbedingter Veräußerungsabsicht anzuschaffen. Der Erwerb und die Veräußerung der vier Baugrundstücke in ... im Jahre 1991 scheiden für die Beurteilung im Streitjahr 1989 aus, weil sie, selbst wenn insoweit der Rahmen der Vermögensverwaltung überschritten sein sollte, die Betätigung des Klägers im Jahre 1989 nicht rückwirkend zu einem gewerblichen Grundstückshandel mutieren lassen. Denn der gewerbliche Betätigungswille muss bei dem ersten der in die Gesamtwürdigung einzubeziehenden Veräußerungsvorgänge vorliegen (BFH-Urteil vom 6. Juli 1999 VIII R 17/97, BStBl II, 2000, 306). Das ist, wie dargetan, hier nicht der Fall.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

26

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache auch im Hinblick auf das BMF-Schreiben vom 21. Januar 2000 IV C 2 - S 2240 - 2/00, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2000, 282 zuzulassen.