Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.11.2001, Az.: L 8 AL 157/00
Abfindung; Ablauf; Androhung; Arbeitgeber; Arbeitsamt; Arbeitslosengeld; Arbeitsverhältnis; Aufhebungsvertrag; BA; Bedrohung; Beschäftigungsverhältnis; Bossing; Drohung; Fortsetzung; Information; Kündigungsfrist; LSG-Dokumentation; Lösung; Meldung; Mitteilung; Mobbing; psychischer Druck; Ruhen; seelischer Druck; sofort; Sperrzeit; Unzumutbarkeit; wichtiger Grund; zeitnah; Zeitnähe; Zeitpunkt; Zumutbarkeit
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 01.11.2001
- Aktenzeichen
- L 8 AL 157/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 40263
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BSG - 26.06.2002 - AZ: B 7 AL 288/01 B
Rechtsgrundlagen
- § 119 Abs 1 S 1 Nr 1 AFG
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 21. März 2000 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Oktober bis 23. Dezember 1994 (12 Wochen), die ihm die Beklagte wegen des angenommenen Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit verweigert. Streitig ist, ob die Beklagte im Rahmen eines Zugunstenverfahrens verpflichtet ist, den bindenden Bescheid über den Eintritt der Sperrzeit zurückzunehmen.
Der ... 1962 geborene Kläger war vom 1. Juli 1990 bis zum 30. September 1993 bei der Firma C und vom 1. Oktober 1993 bis zum 30. September 1994 bei der Firma G beschäftigt gewesen. Der Kläger erhielt in den letzten 6 Monaten seines Beschäftigungsverhältnisses ein regelmäßiges Bruttoarbeitsentgelt von 7.702,00 DM, im April 1994 7.552,00 DM. Die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 38,5 Stunden, die maßgebende Kündigungsfrist belief sich auf 3 Monate zum Ende des Vierteljahres. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Auflösungsvertrag am 27. Juli 1994 zum 30. September 1994 beendet. Der Kläger erhielt eine Abfindung von 20.000,00 DM.
Der Kläger meldete sich am 30. September 1994 arbeitslos und begehrte Leistungsgewährung. Eine Anfrage der Beklagten vom 4. November 1994 nach der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Auflösungsvertrag im Hinblick auf den möglichen Eintritt einer Sperrzeit ließ der Kläger unbeantwortet.
Mit bindend gewordenem Bescheid vom 11. November 1994 stellte die Beklagte das Ruhen des Leistungsanspruchs bis zum 23. November 1994 wegen des Erhalts der Abfindung fest. Mit Bescheid vom 30. November 1994 stellte die Beklagte den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit für die Zeit vom 1. Oktober bis 23. Dezember 1994 fest, weil der Kläger sein Arbeitsverhältnis bei der Firma G im gegenseitigen Einvernehmen gelöst habe, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Leistungen wurden ab 24. Dezember 1994 bewilligt (Bescheide vom 2. Dezember 1994 und 2. Januar 1995). Der Kläger legte Widerspruch mit der Begründung ein, ihm sei erstmals am 29. Juni 1994 mitgeteilt worden, dass sein Arbeitsverhältnis beendet werden solle. Der Firmeninhaber habe ihm angedeutet, dass die Firma für seine neugeschaffene Position noch nicht reif sei. Er -- der Kläger -- solle aus betriebswirtschaftlicher Sicht falsche Entscheidungen getroffen haben. Ihm sei angeboten worden, nach einer Pause von 2 bis 3 Jahren über eine eventuelle Wiedereinstellung zu sprechen. Im letzten Gespräch habe der Firmeninhaber mitgeteilt, dass es bei der Trennung bleiben werde. Bei seinen -- des Klägers -- Fähigkeiten werde er sicherlich schnell einen neuen Arbeitsplatz finden. Er sei dann einige Tage später von der Erbringung seiner Arbeitskraft freigestellt worden. In Konsequenz dieser Ereignisse sei es am 27. Juli 1994 zur Auflösungsvereinbarung gekommen, welche die Firma vorbereitet habe. Im Grunde sei daher von der Firma eine Kündigung ausgesprochen worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 1995 wurde der Widerspruch wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe durch den Abschluss des Auflösungsvertrages mit zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses beigetragen, ohne dass dafür ein wichtiger Grund vorgelegen habe. Dieser Widerspruchsbescheid wurde bindend.
Mit Schreiben vom 12. September 1997 -- Eingang bei der Beklagten am 15. September 1997 -- beantragte der Kläger gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) den Sperrzeitbescheid vom 30. November 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. März 1995 aufzuheben. Ihm sei sperrzeitrelevantes Verhalten nicht vorzuwerfen, weil ihm der Firmeninhaber deutlich klar gemacht habe, dass das Arbeitsverhältnis auf keinen Fall fortgesetzt werden würde, obwohl arbeitsvertragswidriges Verhalten nicht vorgelegen habe. Dieses Begehren lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Oktober 1997 ab. In dem dagegen eingelegten Widerspruch brachte der Kläger nunmehr vor, dass ihm keine andere Möglichkeit geblieben sei als das Arbeitsverhältnis durch den Auflösungsvertrag zu beenden. Ihm sei gleichsam angedroht worden, ein Spießrutenlaufen ertragen zu müssen, falls er nicht, wie vom Arbeitgeber gewünscht, sofort aus der Firma ausscheide. Es habe daher überhaupt keine andere Möglichkeit gegeben, das Arbeitsverhältnis zu beenden, um einem unerträglichen Arbeitsverhältnis zu entgehen. Eine von ihm -- dem Kläger -- angebotene Alternativlösung, und zwar Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Jahresende 1994, habe der Firmeninhaber abgelehnt und im Übrigen eine fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses angedroht. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 1998 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die jetzigen Angaben widersprächen dem früheren Vorbringen und könnten daher zu einer Änderung der Entscheidung nicht führen. Außerdem wäre es dem Kläger zuzumuten gewesen, auf Einhaltung der arbeitgeberseitigen Kündigungsfrist zu bestehen und somit den Eintritt des Versicherungsfalles zu verschieben. Der Arbeitgeber hätte unter Berücksichtigung der Kündigungsfristen erst zum 31. Dezember 1994 kündigen können, so dass der Versicherungsfall frühestens am 1. Januar 1995 eingetreten wäre.
Der Kläger hat am 6. März 1998 Klage beim Sozialgericht (SG) Stade erhoben und vertiefend vorgetragen, dass sein Arbeitgeber ihn habe schnellstmöglichst loswerden wollen. Er hätte mit Repressalien rechnen müssen, falls er dem Auflösungsvertrag nicht zugestimmt hätte.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21. März 2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Sperrzeit zu Recht eingetreten sei. Zwar seien betriebliche Situationen denkbar, in denen der Arbeitnehmer bei vom Arbeitgeber angedrohten Schikanen berechtigt sein möge, das Arbeitsverhältnis vorzeitig durch Aufhebungsvertrag zu beenden. Ob dies hier der Fall gewesen sei, lasse sich nicht mehr feststellen, weil der Kläger zeitnah derartige Umstände auch nicht nur andeutungsweise vorgetragen habe. Dies sei erst im Zugunstenverfahren geschehen.
Das Urteil wurde dem Kläger am 4. April 2000 zugestellt.
Der Kläger hat am 2. Mai 2000 Berufung eingelegt. Er wiederholt vertiefend sein bisheriges Vorbringen; insbesondere, dass ihm unmissverständlich angedroht worden sei, dass für ihn das Fortführen des Arbeitsverhältnisses über den Einigungszeitraum hinaus zum Spießrutenlaufen werden würde. Weiterhin seien ihm Nachteile bei zukünftigen Bewerbungen in Aussicht gestellt worden. Um diesem Übel zu entgehen, habe er keinen anderen Ausweg gesehen und dem Auflösungsvertrag zugestimmt.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 21. März 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 1998 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, unter Rücknahme des Bescheides vom 30. November 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 1995 Arbeitslosengeld bereits ab 1. Oktober 1994 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. November 2001 erteilt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte L 10/8 Ar 259/96 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet gemäß § 155 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Zustimmung der Beteiligten durch den Berichterstatter als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. November 2001.
Die Berufung ist zulässig.
Der Berufungsbeschwerdewert des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG von 1.000,00 DM ist überschritten. Bei einem wöchentlichen Leistungssatz von 744,00 DM ist dieser Betrag in der streitbefangenen Zeit ohne Weiteres überschritten. Die Berufung ist weiterhin in der Frist und Form des § 151 Abs 1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung ist nicht begründet.
Der Zugunstenantrag des Klägers gemäß § 44 SGB X vom 15. September 1997 ist erfolglos, weil bei Erlass des hier maßgeblichen Sperrzeitbescheides vom 30. November 1994 weder das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Vielmehr hatte der Kläger für den streitbefangenen Zeitraum vom 1. Oktober bis 23. Dezember 1994 keinen Anspruch auf Alg, weil eine Sperrzeit eingetreten war. Dies hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 30. November 1994 zu Recht festgestellt und weiterhin, dass gemäß § 110 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) die Anspruchsdauer auf Alg sich um 72 Tage mindert. Das Rechtsmittel des Klägers bleibt daher erfolglos, weil während der Sperrzeit der Anspruch auf Alg ruht, § 119 Abs 1 Satz 3 AFG.
Nach §§ 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 119a Nr 1 AFG tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Dies war hier der Fall, weil der Kläger ohne Aussicht auf einen nachfolgenden Arbeitsplatz sein Arbeitsverhältnis mit der Beschäftigungsfirma durch den Auflösungsvertrag beendet hat.
Der Arbeitslose hat sein Arbeitsverhältnis gelöst, wenn er es gekündigt oder durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber -- so wie vorliegend -- aufgehoben hat. Es genügt, dass er durch seine Zustimmung zu dem Aufhebungsvertrag eine wesentliche Ursache für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesetzt hat. Nicht entscheidend ist, von wem die Initiative zur einverständlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen ist (vgl Bundessozialgericht -- BSG --, Urteil vom 12. April 1984 -- 7 RAr 28/83 -- Dienstblattrechtsprechung Nr 2959 AFG § 119; SozR 4100 § 119 AFG Nr 28 = Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht <NZA> 1987, Seite 180: SozR aaO Nr 33 = NJW 1989, Seite 3036 [BSG 25.10.1988 - 7 RAr 37/87], SozR 3-1500 § 144 SGG Nr 12 Seite 25 = Neue Zeitschrift für Sozialrecht <NZS> 1998 Seite 136). Der Kläger hat das Arbeitsverhältnis durch Zustimmung zu dem ihm vom Arbeitgeber unterbreiteten Auflösungsvertrag beendet. Eine Kündigung durch den Arbeitgeber ist daher nicht erfolgt.
Durch die Zustimmung zu dem Auflösungsvertrag hat der Kläger seine Arbeitslosigkeit ab 1. Oktober 1994 vorsätzlich bzw grob fahrlässig herbeigeführt. Ein Arbeitnehmer führt mit der Lösung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitslosigkeit in der Regel -- wenn nicht vorsätzlich, so doch grob fahrlässig -- herbei, wenn nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz bestehen. Das war hier nicht der Fall; mit einem Anschlussarbeitsplatz war ab dem 1. Oktober 1994 nicht zu rechnen. Der Kläger hat dies auch niemals behauptet.
Einen wichtigen Grund, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu lösen, hatte der Kläger nicht, weil ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 1994 zumutbar gewesen war.
Der Begriff des wichtigen Grundes ist im AFG nicht definiert und daher im Einzelfall unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrzeit zu bestimmen. Der Sperrzeitregelung liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Sperrzeit nur eintreten soll, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Der wichtige Grund muss auch den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses decken, dh der Arbeitslose muss einen wichtigen Grund dafür haben, dass er das Arbeitsverhältnis gerade zu dem bestimmten Zeitpunkt auflöst (vgl BSGE Bd 52, Seite 276 = SozR 4100 § 119 AFG Nr 17). Bei der Lösung des Arbeitsverhältnisses ist ein wichtiger Grund nur gegeben, wenn Umstände vorliegen, die nach verständigem Ermessen dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, weil sonst sein Interesse in unbilliger Weise geschädigt würde (vgl rechtskräftiges Senatsurteil vom 24. September 1998 -- L 8 AL 66/98 -- Seite 6 des Urteilsabdrucks; Niesel, Kommentar zum AFG, 2. Auflage 1997, § 119 Rdnr 66).
Dabei ist vorab klarzustellen, dass ein wichtiger Grund nicht allein in der Zahlung einer Abfindung liegen kann (BSG, SozR 3-1500 § 144 SGG Nr 12).
Das Vorbringen des Klägers reicht für den Schluss, dass er einen wichtigen Grund hatte, das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30. September 1994 zu lösen, nicht aus. Nach dem Vorbringen des Klägers war es im Wesentlichen psychischer Druck (Mobbing) durch seinen ehemaligen Arbeitgeber gewesen, der ihn veranlasst habe, das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 1994 zu lösen. Diese Annahme scheitert insbesondere daran, dass der Kläger einen derartigen psychischen Druck, wonach ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wenigstens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist als nicht zumutbar erschien, nicht zeitnah behauptet hat.
Nachdem der Kläger die Unterlagen über seinen Antrag auf Alg vom 30. September 1994 bei der Beklagten eingereicht hatte, war er mit Schreiben vom 4. November 1994 nach dem Auflösungsvertrag befragt worden, ohne hierauf eine Antwort zu geben. Nach Erhalt des Sperrzeitbescheides vom 30. November 1994 war in der Widerspruchsbegründung von einem etwaigen psychischen Druck ebenfalls keine Rede. Vielmehr hat der Kläger den Bescheid bindend werden lassen, weil er gegen den Widerspruchsbescheid vom 24. März 1995, der die Sperrzeit betraf, Rechtsbehelfe nicht einlegte. Auch im Zugunstenantrag gemäß § 44 SGB X vom 15. September 1997, also 3 Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Auflösungsvertrag im Jahre 1994, tauchen keine Gründe auf, die geeignet sind, die Annahme eines psychischen Drucks auf den Kläger zu erhärten.
Erstmals im Widerspruch des Klägers vom 27. Januar 1998, also ca 3 ½ Jahre nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 1994, werden "Repressalien" und "Spießrutenlaufen" erwähnt. Entsprechende Behauptungen werden im Klage- und Berufungsverfahren unterbreitet.
Bei einem derartigen zeitlichen Ablauf kann dem Kläger nicht abgenommen werden, dass er durch das Verhalten seines ehemaligen Arbeitgebers im Sommer 1994 sich derart unter Druck gesetzt gefühlt hat, dass ihm die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist am 31. Dezember 1994 nicht zumutbar gewesen war. Wer sich tatsächlich einem derartigen Druck ausgesetzt sah, wird die im Hinblick auf eine mögliche Sperrzeit für ihn positiven Gründe ohne zeitliche Verzögerung der Beklagten unterbreiten. Dies hat der Kläger nicht getan. Daher kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Auflösungsvertrages sich unter einem derartigen psychischen Druck sah, der ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gemacht hatte. Wer derartige Unzuträglichkeiten und Drohungen durch den Arbeitgeber behauptet, muss diese Umstände seinem zuständigen Arbeitsamt sofort unterbreiten, sofern wegen der Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Sperrzeit droht bzw festgestellt wird. Geschieht dies nicht zeitnah, so wie es hier der Fall war, ist die Annahme eines besonderen psychischen Druckes, der eine vorzeitige Auflösung eines Arbeitsverhältnisses möglicherweise gerechtfertigt erscheinen ließe, nicht möglich.
Gründe für die Annahme einer besonderen Härte iS der §§ 119 Abs 2 Satz 1, 119a Nr 1 AFG liegen nicht vor. Eine besondere Härte iS des § 119 Abs 2 Satz 1 AFG liegt vor, wenn nach den Umständen des Einzelfalles der Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist. Maßgebliche Tatsachen in diesem Sinne sind solche, die mit dem Eintritt der Sperrzeit in einem ursächlichen Zusammenhang stehen (vgl BSG, Urteil vom 21. Juli 1988 -- 7 RAr 41/86 -- SozR 4100 § 119 AFG Nr 32 Seite 155). Derartige Umstände liegen hier nicht vor. Der Kläger hätte den Auflösungsvertrag nicht unterschreiben müssen. Ein im Arbeitsleben erfahrener Arbeitnehmer, wie der Kläger, muss Spannungen und Konflikte im Betrieb aushalten und austragen und darf nicht -- ohne eine Sperrzeit zu erwarten -- umgehend einen Auflösungsvertrag unterschreiben. Dem Kläger waren die Folgen dieses Verhaltens bekannt, weil er anwaltlich beraten auf die Sperrzeitfolgen hingewiesen worden war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da der Kläger unterliegt, hat die Beklagte Kostenerstattung nicht zu leisten.
Die Revision bedarf gemäß § 160 SGG der Zulassung. Sie ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Entscheidung von oberster gerichtlicher Rechtsprechung abweicht.