Landessozialgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.11.2001, Az.: L 8 AL 487/01 ER

Erfordernis einer Arbeitsgenehmigung für polnische Arbeitnehmer im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr; Feststellung der Arbeitserlaubnisfreiheit im einstweiligen Rechtsschutz; Finanzieller Nachteil als Anordnungsgrund; Fehlen einer Günstigkeitsklausel im Europa-Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Polen

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen
Datum
23.11.2001
Aktenzeichen
L 8 AL 487/01 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 15923
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2001:1123.L8AL487.01ER.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Osnabrück - 22.10.2001 - AZ: S 4 AL 419/01 ER

Prozessführer

XXX

Prozessgegner

Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg,

den Präsidenten des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen, Altenbekener Damm 82, 30173 Hannover,

hat der 8. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle

am 23. November 2001

durch

die Richter C. - Vorsitzender -, D. und E.

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 22. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

1

Die Antragstellerin (Ast) begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Feststellung, dass 10 bei ihr beschäftigte polnische Arbeitnehmer im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr weiterhin keiner Arbeitsgenehmigung bedürfen.

2

Die Ast ist eine Kapitalgesellschaft polnischen Rechts und in das Handelsregister des Amtsgerichts G. eingetragen. Die von ihr in der Antragsschrift vom 18. September 2001 näher bezeichneten 10 polnischen Kraftfahrer sollen sämtlich bereits vor dem 31. August 1993 bei ihr beschäftigt worden sein. Auf der Grundlage von Urteilen des Sozialgerichts (SG) Osnabrück vom 14. April 1999 – S 12 AL 144/97 – sowie des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 22. Februar 2000 - L 7 AL 191/99 – durften die polnischen Kraftfahrer nach einer Bescheinigung der Antragsgegnerin (Ag) vom 28. März 1996 arbeitserlaubnisfrei ihre Tätigkeit ausüben. Aufgrund eines Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 2. August 2001 – B 7 AL 18/00 R– (ergangen zu den vorgenannten Urteilen) hält die Ag sich nicht mehr an diese Bescheinigung – jedenfalls für die Zukunft ? gebunden. Wegen des weiteren Urteils des BSG vom 2. August 2001 – B 7 AL 86/00 R– stehe fest, dass Fahrer im grenzüberscheitenden Güterverkehr nur arbeitserlaubnisfrei seien, wenn sie bei ausländischen Transportunternehmen beschäftigt und die Fahrzeuge im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen seien, Voraussetzungen wie sie hier nicht vorlägen, Schreiben vom 30. August 2001.

3

Die Ast hat daher am 18. September 2001 um vorläufigen Rechtsschutz beim SG Osnabrück mit dem Ziel nachgesucht, die weitere Arbeitsgenehmigungsfreiheit der bei ihr angestellten Kraftfahrer festgestellt zu erhalten. Diesen Antrag hat das SG mit Beschluss vom 22. Oktober 2001 abgelehnt und sich zur Begründung auf die Urteile des BSG vom 2. August 2001 berufen. Aus § 56 Abs 4 des Abkommens zwischen der EG und Polen vom 16. Dezember 1991 – dazu Gesetz vom 26. August 1993 – (BGBl 1993 Teil II Seite 1316) ergebe sich nichts anderes. Diese Vorschrift sehe zwar vor, dass die Vertragsparteien keine Maßnahmen, die im Vergleich zu dem Stand am Tage vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens restriktiver oder diskriminierender seien, ergriffen. Dies gelte allerdings nur für Abkommen gemäß Art 56 Abs 3, dh für Abkommen über eine koordinierte Entwicklung und schrittweise Liberalisierung des Verkehrs zwischen den Vertragsstaaten.

4

Gegen den am 24. Oktober 2001 zugestellten Beschluss hat die Ast am 26. Oktober 2001 Beschwerde eingelegt, welcher das SG nicht abgeholfen und dem LSG vorgelegt hat. Die Ast trägt vor, dass sämtliche in der Antragsschrift genannten polnischen Kraftfahrer bereits vor dem 31. August 1993 beschäftigt worden seien. Es seien daher die Maßstäbe des seinerzeit geltenden § 9 Nr 2 Arbeitserlaubnisverordnung zugrunde zu legen, wonach das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr keiner Arbeitserlaubnis bedurft habe. Nach dem Urteil des BSG vom 10. März 1994 – 7 RAr 44/93– sei dieser Rechtsstatus auf ihr Personal weiterhin anzuwenden. Im Übrigen könne sie – die Ast – einen unmittelbaren Anspruch aus Art 56 Abs 4 des Europa-Abkommens vom 16. Dezember 1991 herleiten und daher weiterhin die von ihr beschäftigten polnischen Arbeitnehmer im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr arbeitserlaubnisfrei einsetzen. Denn Art 56 Abs 4 iVm Art 56 Abs 3 des Abkommens verbiete den Vertragsparteien und damit auch der Bundesrepublik Deutschland zumindest dann restriktive oder diskriminierende Maßnahmen, solange kein gesondertes Abkommen ausgehandelt worden sei. Ein derartiges Abkommen existiere nicht. Durch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen – Einführung der Arbeitserlaubnispflicht für Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr nach dem innerdeutschen Inkrafttreten des Abkommens durch Gesetz vom 26. September (gemeint: August) 1993 – sei ihr Marktzugang – Landverkehr zwischen Polen und Deutschland ? nachträglich behindert worden.

5

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    den Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 22. Oktober 2001 aufzuheben,

  2. 2.

    festzustellen, dass entsprechend der Antragsschrift vom 18. September 2001 die Beschäftigung der in diesem Schriftsatz genannten polnischen Kraftfahrer auch weiterhin ohne Vorliegen einer Arbeitserlaubnis zulässig ist

6

Die Antragsgegnerin ist nicht gehört worden.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der Senatsberatung war.

Entscheidungsgründe

8

Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig; sie ist weiterhin in der Monatsfrist des § 173 Satz 1 SGG und der gehörigen Form eingelegt worden.

9

Die Beschwerde ist nicht begründet, weil die von der Ast begehrte einstweilige Anordnung mit der Feststellung der Arbeitserlaubnisfreiheit der 10 in der Antragsschrift genannten polnischen Arbeitnehmer nicht ergehen kann.

10

Der im SGG bislang unvollständig geregelte vorläufige Rechtsschutz lässt in Anwendung des Rechtsgedankens des Art 19 Abs 4 Grundgesetz (GG) weitergehenden vorläufigen Rechtsschutz zu, wenn andernfalls schwere, unzumutbare oder anderes nicht abwendbare Nachteile entstehen, die nachträglich auch durch eine günstige Entscheidung zur Hauptsache nicht behoben werden können (vgl BVerfGE Bd 46, Seite 166). Zwar wird aufgrund der Änderungen durch das 6. Gesetz zur Änderung des SGG (vom 17. August 2001, BGBl I Seite 2144) insoweit Abhilfe geschaffen werden, weil ua durch Einführung der Vorschriften §§ 86a, 86b SGG zukünftig vorläufiger Rechtsschutz möglich sein wird, wie er bereits in der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) enthalten ist (dort §§ 80, 80a, 123 VwGO). Diese Neuregelung tritt allerdings erst ab 2. Januar 2002 in Kraft (Art 19 des 6. Gesetzes zur Änderung des SGG).

11

Da hier das Begehren der Ast im Klageverfahren mit einer Feststellungsklage zu verfolgen ist, richtet sich der vorläufige Rechtsschutz systemgerecht nach der entsprechenden Anwendung des § 123 VwGO, weil er Rechtsstreitigkeiten vorbehalten ist, in denen in der Hauptsache mit Leistungs-, Verpflichtungs- oder Feststellungsklage vorgegangen werden müsste (vgl Senatsbeschluss vom 26. Juni 1995 – L 8 Ar 136/95 ER – Breithaupt 1995, Seite 979; Senatsbeschluss vom 11. November 1997 – L 8 Ar 275/97 ER – Breithaupt 1998, Seite 772).

12

Der Antrag entsprechend § 123 VwGO ist nicht begründet.

13

Das Gericht kann auf Antrag gemäß § 123 Abs 1 Satz 2 VwGO eine einstweilige Anordnung erlassen. Hierzu muss glaubhaft gemacht werden, dass das geltend gemachte Recht der Ast gegenüber der Ag besteht (Anordnungsanspruch) und dass der Ast ohne den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung wesentliche, in § 123 Abs 1 VwGO näher gekennzeichnete Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund).

14

Es erscheint fraglich, ob das SG wegen § 57 Abs 3 SGGörtlich zuständig war, weil die Ast ihren Sitz in Polen hat und § 372 SGB III an der maßgeblichen Zuständigkeit nichts ändern dürfte. Wegen § 98 SGG iVm § 17a Abs 5 GVG ist dem LSG die Überprüfung der örtlichen Zuständigkeit verwehrt.

15

Die Antragsgegnerin brauchte nicht gehört zu werden, weil sie durch die Entscheidung nicht nachteilig in ihren Rechten betroffen wird.

16

Ob das Vorliegen eines Anordnungsgrundes – also die besondere Dringlichkeit einer sofortigen Sachentscheidung – als glaubhaft gemacht angenommen werden kann, weil die Ast ansonsten finanzielle Beeinträchtigungen hinnehmen müsste, wenn sie anstatt gering entlohnter polnischer Fahrzeugführer deutsche Arbeitnehmer mit entsprechender tariflicher Entlohnung einstellen müsste, kann dahin stehen. Bloße finanzielle Nachteile führen allein noch nicht zur Bejahung eines Anordnungsgrundes; sie müssten von derartigem Gewicht sein, dass Existenzgefährdung droht, wozu nichts vorgetragen ist.

17

Die Ast hat jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Mit ihrem Obsiegen im Hauptsacheverfahren ist nicht zu rechnen, weil das von ihr beschäftigte polnische Personal aller Voraussicht nach keine arbeitserlaubnisfreie Beschäftigung ausübt.

18

Arbeitnehmer wie das Personal der Ast, die nicht Deutsche iS des Art 116 GG sind, benötigen zur Ausübung einer Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland nach §§ 284, 285 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) eine Arbeitserlaubnis, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist.

19

Zugunsten polnischer Arbeitnehmer ist insoweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen, § 285 Abs 2 SGB III, nichts anderes bestimmt worden. Soweit die Ast sich hierfür auf das Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits vom 16. Dezember 1991 beruft (dazu Gesetz vom 26. August 1993, BGBl II Seite 1316, vgl dazu auch Urteil des EuGH vom 27. September 2001 - Rs. C-63/99–, veröffentlicht im Tätigkeitsbericht des Gerichtshofes Nr 23/01) folgt dem der Senat nicht. Die Ast beruft sich auf Art 56 Abs 3 und Abs 4 des Abkommens, die folgendermaßen lauten:

“Für die Erbringung von Verkehrsleistungen zwischen der Gemeinschaft und Polen gelten anstelle des Art 55 die folgenden Bestimmungen:

1.
...

2.
...

3.
Um abgestimmt auf die kommerziellen Bedürfnisse der Vertragsparteien eine koordinierte Entwicklung und schrittweise Liberalisierung des Verkehrs zwischen ihnen zu gewährleisten, werden die Bedingungen für den gegenseitigen Marktzugang im Luft- und Landverkehr Gegenstand gesonderter Verkehrsabkommen sein, die nach Inkrafttreten dieses Abkommens zwischen den Vertragsparteien auszuhandeln sind.

4.
Vor Abschluss der Abkommen gemäß Absatz 3 ergreifen die Vertragsparteien keine Maßnahmen, die im Vergleich zu dem Stand am Tage vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens restriktiver oder diskriminierender sind.”

20

Daraus kann die Ast nicht für sich herleiten, dass die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer arbeitserlaubnisfrei sind, so wie es nach früherem Recht der Fall gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Abkommens lautete der maßgebliche § 9 Nr 2 Arbeitserlaubnisverordnung (vom 2. März 1971, BGBl I Seite 152, zuletzt geändert durch die 9. Verordnung zur Änderung der Arbeitserlaubnisverordnung vom 31. Dezember 1990, BGBl I Seite 3009) folgendermaßen:

“Keiner Arbeitserlaubnis bedürfen

1.
...

2.
das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr...”

21

Nach dieser Rechtsgrundlage, die später zum Nachteil der Ast abgeändert wurde, konnten seinerzeit die polnischen Kraftfahrer ohne Arbeitserlaubnis im grenzüberschreitenden Güterverkehr tätig sein. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsansicht waren die polnischen Arbeitnehmer aufgrund der Urteile des SG Osnabrück und des LSG Niedersachsen bis zur Verkündung der Entscheidung des BSG am 2. August 2001 ohne Arbeitserlaubnis tätig, einen Zustand, den die Ag nunmehr beseitigt sehen will.

22

Die Regelungen des Art 56 des Abkommens sind auf die vorliegende Fallgestaltung nicht anwendbar. Denn Art 56 des Abkommens befindet sich in dessen Kapitel III, welcher den Dienstleistungsverkehr zwischen der Gemeinschaft und Polen regelt. Die Regelungen dieses Kapitels betreffen also die Erbringung von Dienstleistungen durch Gesellschaften oder Staatsangehörige der Gemeinschaft oder Polens und stehen im Zusammenhang mit dem Niederlassungsrecht des Kapitel II des Abkommens, Art 44 bis 54. Der Dienstleistungsverkehr bzw die Niederlassungsfreiheit wird durch die hier beanstandeten Maßnahmen nicht geregelt.

23

Anwendbar auf die polnischen Arbeitnehmer wäre vielmehr Titel IV Kapitel 1 des Abkommens, welches die Freizügigkeit der Arbeitnehmer regelt, Art 37 bis Art 43 und Art 58. Diese Artikel räumen den polnischen Arbeitnehmern keine Günstigkeitsklausel ein, dh also, auf polnische Arbeitnehmer ist der jeweils aktuelle Stand der gesetzlichen Vorschriften in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden, der hier dazu führt, dass das polnische Personal einer Arbeitserlaubnis bedarf. Da diese Rechtslage nach Ansicht des Senats offensichtlich ist, bedarf es keines näheren Eingehens auf die Frage, ob das vorläufige Rechtsschutzverfahren auszusetzen ist, um zur Klärung strittiger europarechtlicher Fragen den EuGH anzurufen (vgl dazu Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 6. Auflage 1998, § 41 Rdnr 26; Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 12. Auflage 2000, § 123 Rdnr 16).

24

Der Senat verweist daher auf das maßgebliche Urteil des BSG vom 2. August 2001 – B 7 AL 86/00 R ?, wonach für vergleichbare polnische Arbeitnehmer festgestellt wurde, dass diese im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr einer Arbeitserlaubnis bedürfen. Insoweit gilt also § 9 Nr 3 Arbeitsgenehmigungsverordnung vom 17. September 1998 (BGBl I Seite 2899, zuletzt geändert durch die 2. Verordnung zur Änderung der Arbeitsgenehmigungsverordnung vom 24. Juli 2001, BGBl I Seite 1876). Hiernach bedürfen keiner Arbeitsgenehmigung das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland, wenn das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitsgebers zugelassen ist. Diesen Inhalt hat die Vorschrift seit dem 10. Oktober 1996. Zu diesem Zeitpunkt trat die Verordnung zur Änderung des Arbeitserlaubnisrechts vom 30. September 1996 (BGBl I vom 9. Oktober 1996, Seite 1491) in Kraft, welche § 9 Nr 2 Arbeitserlaubnisverordnung (jetzt § 9 Nr 3 Arbeitsgenehmigungsverordnung) den noch jetzt geltenden Inhalt gab.

25

Danach ist offensichtlich, dass die polnischen Arbeitnehmer einer Arbeitserlaubnis bedürfen. Zwar hat ihr Arbeitgeber – die Ast – ihren Sitz im Ausland, nämlich in Polen. Doch sind sämtliche Fahrzeuge, die von dem Personal gefahren werden, nicht in Polen, sondern in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen, nämlich durch die Ast.

26

Daher versucht die Ast, ihren Anspruch aus der früher geltenden Fassung von § 9 Nr 2 Arbeitserlaubnisverordnung herzuleiten (siehe oben). Zwar hat das BSG (Urteil vom 10. März 1994 – 7 RAr 44/93– BSGE Bd 74, Seite 90 = SozR 3-4210 § 9 Arbeitserlaubnisverordnung Nr 1) entschieden, dass das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Verkehr, das von einem Arbeitgeber mit Sitz im Inland bereits vor dem 1. September 1993 beschäftigt wurde, nach der bis 31. August 1993 geltenden Fassung des § 9 Nr 2 Arbeitserlaubnisverordnung keiner Arbeitserlaubnis bedurfte und bei unveränderter Beschäftigung über diesen Zeitpunkt hinaus weiterhin arbeitserlaubnisfrei geblieben ist. Von dieser Entscheidung ist der 7. Senat in seiner aktuellen Entscheidung vom 2. August 2001 (B 7 AL 86/00 R) insoweit abgerückt, als klargestellt wurde, dass dieser Ausspruch nur auf die Änderungsverordnung vom 1. September 1993 (BGBl I Seite 1527) zu beziehen ist. Danach bedurfte keiner Arbeitserlaubnis "das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland" ... . Darauf hatte sich offenbar der Arbeitgeber eingerichtet und zum Zwecke der Erfüllung dieser Vorschrift eine Firma in Polen gegründet, die die polnischen Arbeitnehmer beschäftigt, welche die Fahrzeuge der Ast im grenzüberschreitenden Verkehr führen. Dies konnten sie nach dem Wortlaut von § 9 Nr 2 Arbeitserlaubnisverordnung in der ab 1. September 1993 geltenden Fassung arbeitserlaubnisfrei tun. Um diesen Maßnahmen des Transportgewerbes entgegenzuwirken, wurde die Nr 2 von § 9 Arbeitserlaubnisverordnung nochmals geändert, und zwar durch die og ab 10. Oktober 1996 gültige Fassung, wonach die Arbeitserlaubnisfreiheit zusätzlich maßgeblich davon abhängt, dass das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist, eine Voraussetzung, die hier nicht mehr vorliegt.

27

Hierzu hat das BSG in dem aktuellen Urteil entschieden, dass diese Fassung auf alle polnischen Arbeitnehmer anzuwenden ist, also auch auf diejenigen, welche früher arbeitserlaubnisfrei im grenzüberschreitenden Güter- und Personenverkehr fahren konnten. Sie hätten ausreichend Gelegenheit gehabt, sich auf die neue Rechtslage einzustellen, so dass auch grundrechtliche Betroffenheiten nicht ersichtlich seien. Dem schließt sich der Senat an, zumal er bereits mit Beschluss vom 30. Dezember 1997 (L 8 AL 345/97 eR) festgestellt hatte, dass in vergleichbaren Fallgestaltungen eine Arbeitserlaubnisfreiheit des polnischen Personals nicht mehr anzunehmen ist. Insbesondere durfte der Arbeitgeber nicht darauf vertrauen, dass eine einmal eingeräumte Arbeitserlaubnisfreiheit zeitlich uneingeschränkt erhalten bleibt. Denn das Arbeitserlaubnisrecht dient der Steuerung der Beschäftigung von Ausländern im Inland und der Sicherung des Vorranges deutscher und ihnen gleichgestellter Arbeitnehmer, wozu die polnischen Kraftfahrer (noch) nicht gehören. Die Ast durfte daher von einem rechtlich geschützten Dauerstatus der Arbeitserlaubnisfreiheit für ihre polnischen Arbeitnehmer nicht ausgehen.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

29

Da die Ast unterliegt, hat die Ag außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.