Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.11.2001, Az.: L 1 RA 210/98 ZVW

Aufgeteilte Witwenrente; Unterhaltsansprüche; Leistungsfähigkeit des Versicherten/Selbstbehalt; Letzter wirtschaftlicher Dauerzustand; Mangellage

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen
Datum
22.11.2001
Aktenzeichen
L 1 RA 210/98 ZVW
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 15921
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2001:1122.L1RA210.98ZVW.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Stade - 28.10.1994 - AZ: S 4 An 96/93

Prozessführer

B...

Prozessgegner

Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Ruhrstraße 2, 10709 Berlin,

Sonstige Beteiligte

D...

hat der 1. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle

auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2001

durch

seine Richter F. - Vorsitzender -, G. und H. sowie

die ehrenamtlichen Richter I. und J.

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 28. Oktober 1994 wird aufgehoben. Der die Witwenrente der Klägerin betreffende Bescheid der Beklagten vom 5. März 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 1993 wird abgeändert.

  2. 2.

    Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine ungekürzten Witwenrente zu zahlen.

  3. 3.

    Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten. Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Kosten.

Tatbestand:

1

Die Klägerin und die Beigeladene beziehen von der Beklagten eine aufgeteilte Witwenrente. Die Klägerin begehrt die ausschließliche Witwenrentenzahlung an sich. Sie bestreitet, dass (auch) der Beigeladenen im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten gegen diesen ein Unterhaltsanspruch zustand. Nachdem der Rechtsstreit zunächst bis zum Bundessozialgericht (BSG) geführt worden war, hat das BSG die Sache an das Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen, um Ermittlungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Beteiligten, namentlich auch im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand, durchzuführen.

2

Im Jahre 1949 hatte die Beigeladene den Versicherten K. (geb. 1925) geheiratet. Aus der Ehe sind die beiden Kinder L. (geb. am 31. August 1949) und M. (geb. am 30. Juni 1964) hervorgegangen. Die Ehe wurde mit Urteil des Landgerichts (LG) N. vom 23. November 1966 aus dem überwiegenden Verschulden des Versicherten geschieden. Anlässlich der Scheidung am 5. Juni 1967 wurde ein Unterhaltsvergleich geschlossen, demzufolge der Versicherte der Beigeladenen monatlich 300,00 DM zu zahlen hatte. Dieser Vergleich wurde im Jahre 1977 durch Urteil des LG Stade dahingehend geändert, daß der Versicherte zur Zahlung von weiteren 80,00 DM monatlich verurteilt wurde. Mit weiterem Urteil des Amtsgerichts (AG) O. vom 9. Februar 1982 wurden die Unterhaltszahlungen für die Zeit vom 1. November 1979 bis zum 30. April 1981 neu festgesetzt und ab 1. Mai 1981 ihr Entfallen festgestellt, weil die Beigeladene zu diesem Zeitpunkt eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte.

3

Nachdem die Beigeladene, die nicht wieder geheiratet hat, aus dem Berufsleben ausgeschieden war und ab April 1992 Altersrente in Höhe von 635,34 DM bezog, machte sie gegenüber dem Versicherten erneut Unterhaltsansprüche geltend. In dem dazu geführten Klagverfahren hatte das Amtsgericht (AG) Buxtehude zunächst der Beigeladenen (und dortigen Klägerin) Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und den gleichzeitig vom Versicherten gestellten PKH-Antrag abgewiesen. Auf die Beschwerde des Versicherten hin hatte das Oberlandesgericht (OLG) P. den Beschluss des AG abgeändert und auch dem Versicherten PKH bewilligt. Zu einem Urteil in der Hauptsache war es nicht mehr gekommen, da der Versicherte am 15. November 1992 verstorben ist.

4

Zur Zeit seines Todes war der Versicherte mit der Klägerin verheiratet (Heirat: 1976) und lebte mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt. Der Versicherte bezog zuletzt Renteneinkünfte i.H.v. DM 2.754,28, die Klägerin war nicht erwerbstätig. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.

5

Im November 1992 beantragten sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene bei der Beklagten jeweils Witwenrente nach dem Versicherten. Bei der Prüfung beider Anträge beschränkte sich die Beklagte auf die Zugrundelegung der Angaben der Witwen und führte keine weiteren Ermittlungen durch, insbesondere nicht zu den Einkommensverhältnissen der Beteiligten während der beiden Ehezeiten. Mit hier angefochtenen Bescheiden vom 5. März 1993 bewilligte die Beklagte beiden Witwen jeweils eine große Witwenrente unter Aufteilung des Rentenanspruchs gem. § 91 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) (im Verhältnis der Dauer der jeweiligen Ehe mit dem Versicherten). Dabei ergab sich für die Klägerin ein Zahlbetrag i.H.v. DM 703,64, für die Beigeladene i.H.v. DM 749,42.

6

Die Klägerin erhob Widerspruch und begehrte die Aufhebung der Aufteilung, weil nach ihrer Auffassung der Beigeladenen kein Witwenrentenanspruch zustehe. Die Beigeladene habe zur Zeit des Todes des Versicherten nicht nur von diesem keine Unterhaltsleistungen erhalten, sondern ihr habe auch kein Unterhaltsanspruch zugestanden. Denn das Urteil des AG O. aus 1982 sei nicht mehr geändert worden. Mit hier gleichfalls angefochtenem Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 1993 lehnte die Beklagte die Aufhebung der Aufteilung ab und erklärte zur Begründung, dass es nicht auf das prozessuale Fortbestehen eines Unterhaltstitels, sondern vielmehr darauf ankomme, ob nach materiellem Recht ein Unterhaltsanspruch zugestanden habe. Dies sei bei der Beigeladenen jedoch der Fall, sie habe bis zum Tode des Versicherten einen materiellen Unterhaltsanspruch gegen diesen gehabt.

7

Das Sozialgericht (SG) Q. schloss sich in seinem hier angefochtenen Urteil vom 28. Oktober 1994 der Auffassung der Beklagten an und wies die Klage mit der Begründung ab, dass es allein darauf ankomme, ob eine gegen das Urteil des AG O. aus 1982 erhobene Änderungsklage nach der materiellen Rechtslage Erfolg gehabt hätte. Dies sei zu bejahen. Der Beigeladenen habe ein Unterhaltsanspruch nach § 58 Ehegesetz (EheG) (überwiegendes Verschulden des Ehemannes) zugestanden. Maßgeblicher letzter wirtschaftlicher Dauerzustand sei die Zeit vom April 1992 (Ausscheiden der Beigeladenen aus dem Erwerbsleben) bis zum November 1992 (Tod des Versicherten) gewesen. Für diese Zeit habe eine Unterhaltsbedürftigkeit der Beigeladenen bestanden, denn sie habe eine Altersrente i.H.v. 635,34 DM, der Versicherte hingegen Altersbezüge i.H.v. 2.754,28 DM bezogen. Bei der Bemessung des angemessenen Unterhalts sei vom Zeitpunkt der Scheidung auszugehen. Habe zu dieser Zeit nur der Versicherte und nicht auch der geschiedene Ehegatte Erwerbseinkommen erzielt, sei der von ihm zu leistende angemessene Unterhalt nach der Rspg. des BSG mit 1/3 bis 1/4 - je nach Lage des Einzelfalles - seines Nettoeinkommens abzüglich der eigenen Einkünfte der Unterhaltsberechtigten zu bemessen. Vorliegend lege das SG 1/3 zu Grunde, weil der Versicherte im Jahre 1966 Alleinverdiener gewesen sei. Daraus errechne sich ein Unterhaltsbetrag i.H.v. 918,09 DM - 635,34 DM = 282,75 DM. Dieser Betrag liege über der Grenze von 25% des zur Zeit der Scheidung maßgeblichen Regelsatzes nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für das Land Hamburg (509,00 DM x 25% = 127,25 DM). Schließlich sei auch der Versicherte im maßgeblichen Zeitraum leistungsfähig im Sinne des § 59 EheG gewesen. Denn ein Vergleich mit den Unterhaltsrichtsätzen der sog. "Düsseldorfer Tabelle" zeige, dass einem unterhaltspflichtigen geschiedenen und nicht berufstätigen Ehegatten im Jahre 1992 ein Selbstbehalt i.H.v. 1.150,00 DM zustand. Aus dem danach verbleibenden Differenzbetrag i.H.v. (2.754,28 DM - 1.150,00 DM =) 1.604,28 DM habe der Versicherte den Unterhaltsanspruch der Beigeladenen i.H.v. 282,75 DM (dem Versicherten verbleibend: 1.321,53 DM) erfüllen können.

8

Im anschließenden damaligen Berufungsverfahren vor dem LSG machte die Klägerin geltend, dass von dem vom SG zugrunde gelegten Einkommen des Versicherten krankheitsbedingte Aufwendungen abzuziehen seien, da der Versicherte im maßgeblichen Zeitraum u.a an einer Krebserkrankung im Mundbereich gelitten habe. Zudem sei das Einkommen der Beigeladenen tatsächlich höher gewesen als angegeben, da sie einer "Schwarzarbeit" nachgegangen sei. Das LSG wies die Berufung mit hier gleichfalls angefochtenem Urteil vom 18. Juli 1996 zurück und ließ die Revision zu. Dabei schloss es sich dem Urteil des SG überwiegend an. Jedoch legte das LSG bei der Bemessung des angemessenen Unterhaltsbetrages nach § 58 EheG statt 1/3 des Nettoeinkommens den Mittelwert zwischen 1/3 und ¼ = 7/24 zu Grunde. Zur Begründung führte es aus, dass es zu den Besonderheiten des Einzelfalles gehöre, wenn der Versicherte im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand noch gegenüber weiteren Personen unterhaltspflichtig sei. Dies entspreche der Rspg. des BSG. Jedoch habe die Rspg. bislang keine Kriterien für die Frage entwickelt, welcher genaue Wert zwischen 1/3 und ¼ des Nettoeinkommens in dieser Konstellation anzuwenden sei. Zur Klärung dieser Frage werde die Revision zugelassen. Das LSG selbst lege den Mittelwert zwischen 1/3 und ¼ (=7/24) zu Grunde, weil der Versicherte im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand auch gegenüber der Klägerin als zweiter Ehefrau unterhaltsverpflichtet gewesen sei. Hieraus ergebe sich ein Unterhaltsbetrag i.H.v. (2.754,28 DM x 7/24 = 803,33 DM - 635,34 DM =) 167,99 DM, der noch über der Grenze von 25% des maßgeblichen BSHG-Regelsatzes von DM 125,99 liege. Daher habe zur Zeit der Scheidung ein Unterhaltsanspruch der Beigeladenen gegen den Versicherten bestanden und der Witwenrentenanspruch auf beide Witwen aufgeteilt werden müssen.

9

Mit ihrer hiergegen eingelegten Revision hat die Klägerin gerügt, dass das LSG keine Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des Versicherten im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand getroffen habe. Wäre dies geschehen, hätte im Rahmen von § 59 EheG (Beschränkung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgesichtspunkten) berücksichtigt werden müssen, dass der Versicherte die Miete für die gemeinsam mit der Klägerin bewohnte Wohnung gezahlt, zusätzliche Aufwendungen aufgrund seiner Krebserkrankung zu tragen gehabt, eine Unterhaltspflicht gegenüber der nicht erwerbstätigen Klägerin und seiner Tochter M. (bis September 1991) erfüllt sowie erhebliche Verbindlichkeiten zu tilgen gehabt habe. Daneben hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass der angemessene Unterhalt entgegen der Auffassung des LSG lediglich mit 1/4 des Nettoeinkommens anzusetzen sei. Nach alledem verbleibe lediglich ein Unterhaltsbetrag von 53,23 DM, der unter der Grenze von 25% des maßgeblichen BSHG-Regelsatzes bleibe. Ein Unterhaltsanspruch der Beigeladenen habe daher zur Zeit der Scheidung nicht mehr bestanden, eine Aufteilung des Witwenrentenanspruches scheide damit aus.

10

Das BSG hat mit Urteil vom 30. Juni 1998 den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, weil die bisherigen Tatsachenfeststellungen zur abschließenden Entscheidung nicht ausreichend seien. Die Beklagte habe es rechtswidrig unterlassen, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Dies habe das LSG nunmehr nachzuholen. Denn nach den von den Vorinstanzen zutreffend zu Grunde gelegten Rechtsgrundlagen der §§ 91 Satz 1, 243 II Nr. 3 SGB VI und §§58 I, 59 EheG seien zunächst Feststellungen zu den zur Zeit der Scheidung maßgeblichen ehelichen Lebensverhältnissen (Berufstätigkeit, gesellschaftliche Stellung, Einkommens- und Vermögensverhältnisse) sowie zu den Gründen zu treffen, die zum Unterhaltsvergleich von 1967 geführt hätten. Sodann seien diese zu ermittelnden Umstände auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand zu projizieren. Dabei komme zwar in Betracht, die dort erzielten individuellen Alterseinkommen als zutreffenden Ausdruck der allgemeinen Entwicklung anzusehen. Jedoch müssten zuvor über den Altersrentenbezug der Beigeladenen hinaus noch Feststellungen zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen getroffen werden. Zum Zwecke der Projektion sei auch zu klären, ob der Unterhaltsvergleich aus 1967 - wie regelmäßig - nur der Konkretisierung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs habe dienen oder aber eine eigenständige und höhere Unterhaltspflicht habe begründen sollen. Erst dann könne geprüft werden, ob ein Anspruch auf Unterhalt dem Grunde nach gegeben und in welcher Höhe ("angemessener Unterhalt") er gegeben sei, insbesondere, ob der Regelfall der Alleinverdiener-Ehe überhaupt vorliege, wie er von der Rspg. des BSG bei der Bemessung mit 1/3 bis ¼ des Nettoeinkommens zu Grunde gelegt werde. Abschließend werde das LSG dann zu prüfen haben, ob der etwa dem Grunde nach gegebene Unterhaltsanspruch gem. § 59 EheG aus Gründen der Billigkeit zu beschränken sei. Hierzu seien Feststellungen zu den Verhältnissen des Versicherten im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand nötig, insbesondere zur etwaigen Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Klägerin oder eigenen krankheitsbedingten Aufwendungen. Schließlich werde das LSG im Rahmen seiner Kostengrundentscheidung das rechtswidrige Unterlassen der Beklagten und die damit einhergehende rechtswidrige Verlagerung von (Ermittlungs-)Aufgaben der zweiten Gewalt auf die Gerichte ausschlaggebend zu berücksichtigen haben.

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In dem aufgrund dieser Zurückverweisung nunmehr beim erkennenden Senat anhängigen Berufungsverfahren trägt die Klägerin vor, dass ein Unterhaltsanspruch der Beigeladenen bereits deshalb entfalle, weil die Beigeladene nun nicht mehr verschwiegen, sondern im hier anhängigen Zurückverweisungsverfahren (Schriftsatz vom 1. Oktober 1999) erstmals eingeräumt habe, dass sie ab April 1992 nicht nur die gesetzlichen Altersrente i.H.v. 635,34 DM, sondern daneben auch eine betriebliche Altersversorgung i.H.v. 116,24 DM erhalten habe. Denn daraus ergebe sich bei Zugrundelegung der Einkommens-Quotelung des LSG in seinem angefochtenen Urteil vom 18. Juli 1996 ein Unterhaltsbetrag i.H.v. (7/24 von 2.754,28 DM = 803,33 DM - 635,34 DM - 116,24 DM =) 51,75 DM, der den Grenzbetrag von 25% des maßgeblichen Regelsatzes i.H.v. 127,25 DM unterschreite, so dass der Beigeladenen kein Unterhaltsanspruch zugestanden habe. Daneben sei zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Versicherten zur Zeit seines Todes zu ergänzen, dass der Versicherte zwar die Unterhaltsleistungen an dessen Tochter bereits im September 1991 eingestellt habe. Jedoch seien die besonderen Aufwendungen des Versicherten für seine Erkrankung zu berücksichtigen. Hierzu gehöre auch die bislang unberücksichtigt gebliebene Pflegetätigkeit der Klägerin, die sie gegenüber ihrem krebskranken Ehemann erbracht habe. Daneben sei bislang ebenfalls unberücksichtigt geblieben, dass der Versicherte zur Zeit seines Todes noch mit einer monatlichen Ratenzahlungsverpflichtung i.H.v. DM 450,-- aus einem Darlehensvertrag gegenüber der Fa. Quelle belastet gewesen sei, den er abgeschlossen habe, um im Rahmen der zweiten Ehe einen neuen Fernseher sowie einen Schrank anzuschaffen. Schon bei Berücksichtigung dieser Belastung reduziere sich der etwaige Unterhaltsanspruch der Beigeladenen dahingehend, dass die bislang ohnehin nur knapp überschrittene Grenze von 25% des maßgeblichen Regelsatzes nunmehr unterschritten werde. Schließlich sei zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beigeladenen ergänzend vorzutragen, dass diese nach ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben am 31. März 1992 für den Zeitraum von April bis Juni 1992 von ihrem letzten Arbeitgeber ein Übergangsgeld erhalten habe, weshalb die letzte maßgebliche Änderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen erst zum Juli 1992 eingetreten sei. Der seit diesem Zeitpunkt (1. Juli 1992) bis zum Tod des Versicherten am 15. November 1992 verbleibende Zeitraum von ca. 4 ½ Monaten sei jedoch zu kurz, um ihn als den von § 243 SGB VI vorgesehenen letzten wirtschaftlichen Dauerzustand zugrundelegen zu können. Dies gelte um so mehr, als bereits in diesem Zeitpunkt absehbar gewesen sei, dass der Versicherte in den nächsten Wochen versterben werde, was sich dann am 15. November 1992 auch bewahrheitet habe. Daher scheitere ein Anspruch der Beigeladenen auf Witwenrente auch aus Rechtsgründen, weil ein vom Gesetzgeber geforderter längerer wirtschaftlicher Dauerzustand (im Regelfall: mindestens 1 Jahr) nicht vorliege.

12

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 28. Oktober 1994 aufzuheben und den die Witwenrente der Klägerin betreffenden Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 1993 abzuändern,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ungekürzte Witwenrente zu zahlen.

13

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

14

Die Beigeladene erklärt zu den wirtschaftlichen Verhältnissen zur Zeit der Scheidung im Jahre 1966, dass der Versicherte damals Alleinverdiener gewesen sei und die Beigeladene die seinerzeit 3-jährige Tochter M. erzogen habe. Der Versicherte habe im Hafen als Lademeister gearbeitet. Man habe bis zur Scheidung in einer kleinen Mietwohnung gewohnt und über keine größeren Vermögenswerte verfügt, auch nicht über ein Auto. Nach der Scheidung hätten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beigeladenen zunächst nicht wesentlich geändert, sie habe lediglich gemeinsam mit ihrer Tochter sporadisch Zeitungen ausgetragen. Ihre wirtschaftliche Situation habe sich erst im Jahre 1981 verändert, als sie eine Anstellung als Pförtnerin im R.-Krankenhaus in S. gefunden habe, wo sie bis zum Ausscheiden aus dem Berufsleben zum 31. März 1992 beschäftigt gewesen sei. Zwar habe sie anlässlich des Ausscheidens vom Arbeitgeber noch ein Übergangsgeld für die Monate April bis Juni 1992 in Höhe von insgesamt ca. 2.300 - 2.500,00 DM erhalten. Zum einen sei das Übergangsgeld jedoch für die drei Monate anteilig mit ihrer betrieblichen Versorgungsrente verrechnet worden, die sie seit April 1992 i.H.v. 116,24 DM mtl. von der kirchlichen Zusatzversorgungskasse in T. erhalte. Und zum zweiten habe sie seit Juli 1992 - ebenfalls unter Anrechnung der Zusatzversorgung - Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem BSHG in Anspruch nehmen müssen. Sie habe während der gesamten Zeit nach der Scheidung in einer Mietwohnung von 65qm Größe gewohnt. Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Versicherten zur Zeit seines Todes macht die Beigeladene geltend, dass die von der Klägerin vorgetragenen besonderen Aufwendungen des Versicherten für seine Erkrankung nicht substantiiert seien. Daneben bestreitet die Beigeladene die behauptete Pflegetätigkeit der Klägerin. Zu der von der Klägerin vorgetragenen Ratenzahlungsverpflichtung des Versicherten i.H.v. 450,00 DM mtl. für die Anschaffung eines Schlafzimmers sowie eines Fernsehers meint die Beigeladene, dass diese nicht als eigenständige Belastung anerkannt werden dürfe, sondern zu dem vom Versicherten der Klägerin geschuldeten regelmäßigen Unterhalt gehöre. - Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrages legt sie den BSHG-Bescheid des Sozialamts der U. vom 3. Juli 1992 vor, wonach sie ab 1. Juli 1992 HLU in Höhe von ca. 580,00 DM bezog. Ausweislich des Bescheides hat das Sozialamt dabei als eigene Einkünfte der Beigeladenen allein die von der Beklagten gewährte Altersrente in Höhe von 635,34 DM zugrundegelegt; ob das Sozialamt um die weiteren Einkünfte der Klägerin aus der kirchlichen Zusatzversorgungskasse wusste, ist aus dem Bescheid nicht ersichtlich.

15

Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren Ermittlungen angestellt.

16

Er hat zunächst die Gerichtsakten des Landgerichts (LG) N. und des Amtsgerichts (AG) O. (Familiengericht) beigezogen. Aus diesen Akten ergibt sich Folgendes: Nach dem Scheidungsurteil des LG N. vom 23. November 1966 war die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Versicherten geschieden worden, wobei die Richter ausführten, dass Grund für die maßgeblichen Eheverfehlungen des Versicherten dessen Alkoholkonsum gewesen sei. Zur Zeit der Scheidung habe der Versicherte als Lademeister im Hafen gearbeitet und dabei ca. 1.150,00 DM netto verdient (siehe das spätere Urteil des Amtsgerichts O. vom 16. Januar 1976). Die Beigeladene habe den Haushalt geführt, dem auch die beiden aus der gemeinsamen Ehe hervorgegangenen Kinder L. (damals 17 Jahre alt) und M. (damals 2 Jahre alt) sowie der damals 18-jährige Sohn der Beigeladenen aus deren erster Ehe angehört hätten. Nach dem im Anschluss an die Scheidung vor dem AG N. geschlossenen Unterhaltsvergleich vom 5. Juni 1967 hatte sich der Versicherte verpflichtet, Unterhalt für seine beiden Kinder L. und M. i.H.v. 125,00 DM bzw. 130,00 DM sowie an die Beigeladene als geschiedene Ehefrau i.H.v. 300,00 DM monatlich zu zahlen. Damit war ein Anteil der Beigeladenen an den nach Vorwegabzug des Kindesunterhalts dem Versicherten verbliebenen Nettoeinkommen von ca. 1/3 vereinbart worden (1.150,00 DM - 130,00 DM - 125,00 DM = 895,00 DM, davon 300,00 DM Geschiedenenunterhalt an die Beigeladene). Nach dem auf die Unterhaltsabänderungsklage der Beigeladenen ergangenen Urteil des Amtsgerichts O. vom 16. Januar 1976 wurde der Versicherte verpflichtet, mit Wirkung ab 1. Januar 1975 über den an die Beigeladene bis dahin zu zahlenden Unterhaltsbetrag von 300,00 DM hinaus weitere 230,00 DM Unterhalt zu zahlen, die weitergehende Klage der Beigeladenen wurde abgewiesen. Der Versicherte war seinerzeit weiterhin im V. Hafen beschäftigt gewesen und hatte im Jahr 1975 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von ca. 2.444,00 DM erzielt. Daneben hatte er für ein zwischenzeitlich von ihm erworbenes Haus Mieteinnahmen i.H.v. 695,00 DM, denen jedoch Belastungen aus Darlehen und öffentlich-rechtlichen Abgaben in größerer Höhe gegenüber standen. Das mietfreie Wohnen war vom AG mit einem Wert von 250,00 DM zugrundegelegt worden. Der weitergehende Erhöhungsantrag der Beigeladenen wurde vom AG abgewiesen, weil sich aus dem im Jahre 1967 geschlossenen Unterhaltsvergleich eine Beschränkung des Unterhalts der Geschiedenen auf 1/3 des Nettoeinkommens des Versicherten ergeben habe (1.150,00 DM abzgl. 255,00 DM Kindesunterhalt = 895,00 DM, davon 300,00 DM Geschiedenenunterhalt). (Die Düsseldorfer Tabelle für 1967 ist von einem Anteil von 2/5 am Nettoeinkommen ausgegangen; Anm. des Senats). Das Urteil des AG O. wurde durch Urteil des LG Q. vom 6. April 1977 für die Zeit bis zum 31. Mai 1975 bestätigt und für die Zeit ab 1. Juni 1976 dahingehend abgeändert, dass der Versicherte einen weiteren Unterhaltsbetrag von 80,00 DM an die Beigeladene zu zahlen hatte. Dabei hatte auch das LG Q. bis zum 31. Mai 1976 die Unterhaltsquote von 1/3 des Netto-Einkommens des Versicherten als Unterhalt zugrundegelegt. Eine Änderung der Sachlage zum 1. Juni 1976 sei durch die Wiederheirat des Versicherten am 28. Mai 1976 eingetreten (Heirat der Klägerin). Zwar sei - so das LG in seinem Urteil - der Versicherte auch nach der Wiederheirat der Beigeladenen unterhaltspflichtig, jedoch dürfe diese Unterhaltspflicht den angemessenen eigenen Unterhalt des Versicherten nicht gefährden. Hierzu gehöre nunmehr auch die Unterhaltspflicht des Versicherten gegenüber der Klägerin. Die Unterhaltspflicht beider Ehefrauen sei gleichberechtigt nebeneinander zu berücksichtigen. Beide Frauen seien nicht berufstätig und müssten dies auch nicht sein, da sie jeweils ein minderjähriges Kind erzögen, nämlich die Beigeladene die ca. 12-jährige Tochter M. und die Klägerin einen 8-jährigen Sohn. Daraus ergebe sich eine Aufteilung des Nettoeinkommens des Versicherten, dem ein Erwerbstätigenbonus zu belassen sei, an die beiden Frauen im Verhältnis 4 : 2 : 2. Das Urteil wurde rechtskräftig. Auf eine weitere Abänderungsklage der Beigeladenen hin erhöhte zunächst das AG O. mit Teilurteil vom 30. April 1980 den vom Versicherten an die Tochter M. zu zahlenden Unterhaltsbetrag, weil sich das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Versicherten, der inzwischen als Oberlademeister beschäftigt war, auf ca. 3.250,00 DM im Jahre 1979 erhöht hatte. Mit Schlussurteil des AG O. vom 9. Februar 1982 wurde die Unterhaltsverpflichtung des Versicherten gegenüber der Beigeladenen für die Zeit bis zum 31. März 1981 auf monatlich 520,00 DM erhöht und für die Zeit ab 1. Mai 1981 ihr Entfallen festgestellt. Die weitergehende Klage der Beigeladenen hatte das AG abgewiesen. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Versicherte im Jahre 1979 über einen erhöhten Verdienst verfügt habe. Daraus folge bei weiterhin zutreffender Zugrundelegung des Verteilungsschlüssels 4 : 2 : 2 der erhöhte Unterhaltsbetrag an die Beigeladene. Das AG berücksichtigte dabei, dass der Versicherte ab 1. Mai 1980 erwerbsunfähig gewesen sei und seitdem statt eines Arbeitsverdienstes nunmehr Renteneinkünfte bezogen habe, und zwar seit dem 1. Mai 1980 aus einer Betriebsrente der W. sowie seit dem 1. Oktober 1980 aus einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) von der Beklagten (Bescheid vom 4. Juni 1981). Das Entfallen des Unterhaltsanspruchs ab dem 1. Mai 1981 begründete das AG mit der Aufnahme der Tätigkeit der Beigeladenen im X. in N. und den daraus erzielten Einkünften, wegen derer bei der weiterhin zu Grunde zu legenden Unterhaltsquote von 2/8 ein Unterhaltsanspruch nicht bestehe. Auch dieses Schlussurteil wurde rechtskräftig. Eine letzte Unterhaltsänderungsklage erhob die Beigeladene schließlich im Juli 1992, nachdem sie wegen Erreichens der Altersgrenze die Tätigkeit im X. aufgegeben hatte und Altersrente bezog. Auf die gleichzeitig von der Beigeladenen und dem Versicherten gestellten Anträge auf PKH bewilligte zunächst das AG O. mit Beschluss vom 21. September 1992 der Beigeladenen PKH und führte zur Begründung aus, dass der Versicherte im PKH-Verfahren noch nicht ausreichend zur Unterhaltsbedürftigkeit seiner 2. Ehefrau (der hiesigen Klägerin) sowie dazu vorgetragen habe, ob die 450,00 DM monatlicher Darlehenstilgung ehebedingt seien. Abzugsfähig von seinem Einkommen seien allein 100,00 DM Medikamentenkosten aufgrund seiner Erkrankung. Daneben geht aus der an die damaligen Parteien gerichteten Verfügung des AG vom 4. August 1992 hervor, dass der Richter von einer Anwendbarkeit des § 1582 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf den Unterhaltsanspruch ausging, der einen grundsätzlichen Vorrang der 1. Ehefrau (der Beigeladenen) gegenüber der 2. Ehefrau vorsah (anders: das LG Q. in seinem Urteil vom 6. April 1977 und das AG O. in seinem Teilurteil vom 30. April 1980 sowie in seinem Schlussurteil vom 9. Februar 1982, s.o.). Mit weiterem Beschluss vom 15. Oktober 1992 versagte das AG sodann dem Versicherten PKH und führte zur Begründung aus: Zwar seien von dem Renteneinkommen des Versicherten i.H.v. 2.754,28 DM die 100,00 DM für Medikamentenkosten abzusetzen, die Darlehensverbindlichkeiten hingegen seien nicht zu berücksichtigen. Denn die Schulden gegenüber der Fa. Quelle dürften bereits getilgt sein, und die Kosten für einen Fernseher (Restschuld: 598,00 DM) seien nicht berücksichtigungsfähig. Von dem verbliebenen Einkommen sei eine Quote von 3/7 als Unterhalt zugrunde zu legen. Dieser Beschluss wurde auf die Beschwerde des Versicherten vom OLG Celle mit Beschluss vom 16. November 1992 abgeändert und (auch) dem Versicherten PKH bewilligt. Zur Begründung wies das OLG - außer auf prozessuale Bedenken zu der von der Beigeladenen gewählten Klageart - in materiell-rechtlicher Hinsicht darauf hin, dass die Beurteilung eines neuerlichen Unterhaltsanspruchs der Beigeladenen maßgeblich von dem zwischen den Parteien im Jahre 1967 geschlossenen Unterhaltsvergleich abhänge. Denn dieser müsse in der Gestalt, die er in den Abänderungsurteilen des LG Q. bzw. des AG O. erfahren habe, weiterhin zugrunde gelegt werden. Zudem sei die vom AG in seinem Beschluss zugrunde gelegte Rechtsnorm des § 1582 BGB nicht anwendbar, da dieser nur für Ehescheidungen nach dem 1. Januar 1977 gelte. Damit gebe es vorliegend gerade keinen unterhaltsrechtlicher Vorrang der 1. Ehefrau (Beigeladene) gegenüber der 2. Ehefrau (Klägerin). Neben diesen PKH-Beschlüssen kam es zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr, weil der Versicherte am 15. November 1992 verstarb. Die Klägerin und die Kinder des Versicherten schlugen die Erbschaft aus. - Aus dem Schriftsatzwechsel der damaligen Parteien ist zudem ersichtlich, dass der vom Versicherten zu zahlende Mietzins zum 1. Oktober 1992 ausweislich der Schreiben des Vermieters (Y.) vom 30. September 1991 und 16. Juli 1992 von bis dahin 587,11 DM mit Wirkung ab dem 1. Oktober 1992 auf 726,95 DM gestiegen war, was einer Steigerung um ca. 23% entspricht.

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Daneben hat der Senat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen. Danach erhielt der Versicherte mit Wirkung ab 1. Oktober 1980 von der Beklagten eine Rente wegen EU (Bescheid vom 4. Juni 1981, Neufeststellung durch Bescheid vom 21. April 1982). Als Leistungsfall war der 1. Mai 1980 zugrundegelegt, also derjenige Zeitpunkt, von dem an der Versicherte eine Betriebsrente wegen EU auch von seinem Arbeitgeber, der Z., bezogen hatte. Die Rentenbewilligung der Beklagten erfolgte aufgrund des Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. AB. vom 13. März 1981, in dem der Sachverständige ausführte, der Versicherte leide nach jahrzehntelangem Alkoholkonsum maßgeblich an einem polyneuropathischen Syndrom mit hirnatrophischer Komponente und es sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit dem Eintritt von Pflegebedürftigkeit zu rechnen.

18

Nach Auswertung der vorstehend genannten Akten hat der Senat sodann einen Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 26. November 1999 erlassen, in dem den Beteiligten unter Übersendung der beigezogenen Akten aufgegeben worden ist, ergänzend zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der früheren Eheleute zur Zeit der Scheidung in 1966, zu den Motiven des Unterhaltsvergleichs vom 5. Juni 1967, zu den Gründen für die Abänderungsentscheidungen des LG Q. und des AG O., zu den Lebensverhältnissen des Versicherten und der Beigeladenen im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand sowie zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Versicherten und der Klägerin in deren Ehe im Jahre 1992, namentlich zu etwaigen Unterhaltspflichten und krankheitsbedingten Aufwendungen des Versicherten, Stellung zu nehmen. Zudem hat der Senat eine Auskunft der BB. Zusatzversorgungskasse CB. vom 31. Juli 2000 eingeholt, nach der die Beigeladene seit dem 1. April 1992 eine gleichbleibende Mindestversorgungsrente i.H.v. 116,24 DM mtl. bezieht.

19

Auf den Hinweis- und Auflagenbeschluss haben die Beteiligten ergänzend wie folgt vorgetragen:

20

Die Klägerin vertritt zu dem Unterhaltsvergleich aus 1967 die Ansicht, dass dieser allein der Konkretisierung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs gedient haben könne, da auszuschließen sei, dass ihr verstorbener Ehemann an die Beigeladene freiwillig einen höheren Betrag geleistet habe. Zum letzten wirtschaftlichen Dauerzustand ist die Klägerin weiterhin der Auffassung, der verbleibende Zeitraum vom Juli bis November 1992 könne aus Rechtsgründen nicht als Dauerzustand im gesetzlichen Sinne zugrunde gelegt werden. Sollte es dennoch darauf ankommen, könnten die Einkommensverhältnisse des Versicherten im Jahre 1992 (gesetzliche Rente i.H.v. 2.421,47 DM und Betriebsrente i.H.v. 332,81 DM = 2.754,28 DM) nicht als Ausdruck der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung seit der Scheidung gewertet werden, weil der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen gezwungen gewesen sei, frühzeitig in Altersruhestand zu gehen. Daneben sei zu berücksichtigen, dass der Versicherte in 1992 seiner Ehefrau (Klägerin) in vollem Umfang unterhaltsverpflichtet gewesen sei, weil diese über keinerlei Einkommen und Vermögen verfügt habe. Zu den daneben bestehenden Darlehensverpflichtungen des Versicherten (450,00 DM mtl.) legt die Klägerin Durchschriften der Verträge vom 2. März 1992 und 22. April 1992 vor. Die Verpflichtungen seien aus Gründen der Billigkeit zu berücksichtigen, da der Versicherte entsprechende Kreditaufnahme habe tätigen dürfen, weil er seinerzeit noch keinerlei unterhaltsrechtlicher Inanspruchnahme durch die Beigeladene ausgesetzt gewesen sei und mit dieser auch nicht habe rechnen müssen. Zur Erkrankung des Versicherten trägt die Klägerin vor, dass es sich maßgeblich um eine Karzinom-Erkrankung des Mundbodens, um Krampfanfälle in Armen und Beinen sowie um eine schwere Depression mit zeitweiser Bewußtseinstrübung gehandelt, die eine vollständige Pflegebedürftigkeit erforderlich gemacht habe (Zubereitung flüssiger Nahrung, Unterstützung bei Nahrungsaufnahme, Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Körperpflege, körperliche Bewegung und Verabreichen von Medikamenten). Sowohl diese Pflegeleistungen als auch sämtliche weiteren Erledigungen (Waschen, Saubermachen, Einkaufen) seien ausschließlich von der Klägerin erbracht worden, weil die finanziellen Mittel zur Beauftragung eines professionellen Pflegedienstes nicht zur Verfügung gestanden hätten. Zur Glaubhaftmachung der Schwere der Erkrankung legt die Klägerin den Bescheid des Versorgungsamtes DB. vom 9. September 1992 sowie die ärztliche Bescheinigung des Dr. EB. vom 7. Dezember 1999 vor. Nach dem Bescheid war in 1992 ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 u.a. wegen eines Gewebeverlustes im Mundbodenbereich mit Teilverlust der Zunge festgestellt worden. Nach dem ärztlichen Attest waren bei dem Versicherten bis zu seinem Tod u.a. ein Mundbodenkarzinom, eine arterielle Verschlusskrankheit, eine reaktive Depression sowie eine Leberzirrhose zu diagnostizieren, weshalb der Versicherte in der letzten Phase seines Lebens schwerstkrank und auf die ständige Pflege seiner Ehefrau angewiesen gewesen sei. Zudem weist die Klägerin darauf hin, dass der Versicherte sich wegen seiner schwerwiegenden Erkrankungen auch mehrfach habe in stationäre Behandlung begeben müssen (Januar/Februar 1991: Allgemeines Krankenhaus FB.; Mai 1991: Krankenhaus der Stadt Q.; 9. - 16. September 1992: Kreiskrankenhaus O.). Nach Auffassung der Klägerin erscheine es in Anbetracht dieser Leidenssituation des Versicherten unbillig im Rechtssinne, dem Versicherten überhaupt eine Unterhaltsverpflichtung zuzumuten. Im Übrigen wäre eine Unterhaltspflicht ohnehin nicht entstanden, wenn der Versicherte einen professionellen Pflegedienst beauftragt hätte. Denn die erheblichen Kosten des Pflegedienstes hätten zur Leistungsunfähigkeit des Versicherten geführt.

21

Die Beklagte vertritt im Gegensatz zur Klägerin die Auffassung, dass der gesetzlich geforderte letzte wirtschaftliche Dauerzustand im vorliegenden Fall ohne Weiteres zu bestimmen sei, und zwar für die Zeitspanne vom Wegfall der Zweckbestimmung des Übergangsgeldes (7/92) bis zum Tod des Versicherten (11/92). Dass diese Zeitspanne nur kurz bemessen sei, sei unschädlich. In Übereinstimmung mit der Klägerin hält die Beklagte für diesen Zeitraum die monatlichen Darlehensverpflichtungen für berücksichtigungsfähig, weil der Versicherte bis zum Zeitpunkt seines Todes keine Kenntnis von Grund und Höhe eines etwaigen Unterhaltsanspruchs der Beigeladenen gehabt habe.

22

Die Beigeladene vertritt - insoweit wie die Klägerin - die Auffassung, dass mit dem Unterhaltsvergleich von 1967 eine weitergehende Unterhaltsverpflichtung seinerzeit nicht habe begründet werden sollen, sondern allein eine Konkretisierung der gesetzlichen Unterhaltspflicht gewollt gewesen sei. Außerdem meint sie, dass letzter wirtschaftlicher Dauerzustand die Zeit vom 1. Juli - 15. November 1992 gewesen sei, weil in dieser Zeit nach dem Auslaufen des Übergangsgeldes die Beigeladene Sozialhilfe habe in Anspruch nehmen müssen. Aus der Sozialhilfebedürftigkeit folge zugleich die Bedürftigkeit im unterhaltsrechtlichen Sinn zur Zeit des Todes des Versicherten. Die von der Klägerin geltend gemachten Ratenzahlungsverpflichtungen des Versicherten dürften nicht berücksichtigt werden, weil der Versicherte diese Verbindlichkeiten eingegangen sei, als er schon um die unterhaltsrechtliche Inanspruchnahme durch die Beigeladene gewusst habe. Dies ergebe sich aus den beigezogenen Akten. Nicht berücksichtigungsfähig seien auch etwaige Aufwendungen wegen der Pflegebedürftigkeit des Versicherten. Zum einen seien besondere Aufwendungen bereits wegen der für die Ernährung maßgeblichen Mundboden-Erkrankung des Versicherten nicht ersichtlich. Auch etwaige Medikamentenkosten dürften nicht ins Gewicht fallen, zumal allein der Eigenanteil des Versicherten berücksichtigungsfähig sein könne. Für beide Positionen sei darüber hinaus kein Nachweis geführt. Der Einwand des fehlenden Nachweises gelte auch für die geltend gemachten Pflegeleistungen, die die Klägerin für den Versicherten erbracht haben wolle. Darüber hinaus seien die Angaben der Klägerin unschlüssig. Denn wenn tatsächlich Pflegeleistungen in erheblichem Umfang nötig gewesen wären, hätte es nahegelegen, einen Antrag auf Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit gem. §§ 53ff. Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu stellen. Diese Leistungen seien bereits vor dem Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes zum 1. April 1995, nämlich seit 1989 zu beanspruchen gewesen. Selbst wenn aber Pflegeleistungen nachweisbar erbracht worden wären, seien diese nicht berücksichtigungsfähig, weil die Klägerin als Ehefrau des Versicherten zur Pflege sowohl aus familienrechtlichen als auch aus moralischen Gründen verpflichtet gewesen sei. Schließlich sei als Unterhaltsquote, die die Beigeladene im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand habe verlangen dürfen, mindestens 1/3 zugrunde zu legen. Dies folge zum einen daraus, dass dem Versicherten der sog. Erwerbstätigenbonus nicht zugute kommen dürfe, weil er im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand nicht erwerbstätig, sondern Rentner gewesen sei. Zum zweiten müsse berücksichtigt werden, dass nach der Scheidung der Versicherte frühzeitig erwerbsunfähig, jedoch die Beigeladene wieder erwerbstätig geworden sei. Dieser unterschiedlichen Entwicklung der Lebensstandards müsse auch eine entsprechend hohe Unterhaltsquote der Beigeladenen entsprechen. Bei Zugrundelegung der damit gebotenen Quote von mindestens 1/3 habe im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand ein Anspruch der Beigeladenen bestanden (2.754,28 DM x 1/3 = 918,09 DM - 635,04 DM - 116,24 DM = 166,81 DM; 25% Sozialhilfesatz: 127,35 DM). - Nur ergänzend vertritt die Beigeladene die Auffassung, der Umstand, dass zum Zeitpunkt ihrer Scheidung vom Versicherten noch ihr Sohn aus erster Ehe mit in der ehelichen Wohnung gelebt und damals seinen Wehrdienst abgeleistet habe, für den Rechtsstreit ohne Belang sei.

23

Schließlich hat die Beigeladene mit Nichtwissen bestritten, ob bzw. dass die Klägerin im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand Einkommen bezogen habe. Zwar gehe aus dem PKH-Antrag der Klägerin vom 20. Februar 1995 (gerichtet an das LSG Niedersachsen) hervor, dass die Klägerin in 1995 Arbeitslosengeld (ALG) bezogen habe. Nicht ersichtlich sei indes, in welchem Zeitraum die dieser beitragsabhängigen Leistung zugrunde liegende Erwerbstätigkeit ausgeübt worden sei. Hierzu habe die Klägerin nachzuweisen, dass Einkünfte jedenfalls nicht im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand erzielt worden seien. - Darauf hat die Klägerin erwidert, dass die ALG-Anwartschaften aufgrund einer Erwerbstätigkeit entstanden seien, die sie erst nach dem Tode des Versicherten in 1992 aufgenommen habe, so dass diese im vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung seien. Eine entsprechende Auskunft könne beim Arbeitsamt (AA) Q. eingeholt werden. Der Senat hat eine entsprechende Auskunft des AA Q. eingeholt, das mit Schreiben vom 19. Februar 2001 mitgeteilt hat, es seien keine betragspflichtigen Beschäftigungszeiten vor dem Mai 1994 nachgewiesen.

24

Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren des weiteren zum Zwecke der Projektion der Verhältnisse zur Zeit der Scheidung auf die Verhältnisse im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand Ermittlungen zu dem fiktiven Alterseinkommen des Versicherten angestellt, das dieser im 2. Halbjahr 1992 erzielt hätte, wenn er nicht bereits im Jahre 1980 EU-Rentner geworden, sondern bis zum Eintritt in den Regelaltersruhestand (65. Lebensjahr) im Juli 1990 bei der Z. als Lademeister beschäftigt geblieben wäre. Hierzu hat zunächst die Z. mit Schreiben vom 23. Januar 2001 mitgeteilt, welche versicherungspflichtigen Einkünfte der Versicherte nach den im Unternehmen aufbewahrten alten Tarifverträgen voraussichtlich gehabt hätte, wenn er als Lademeister über das Jahr 1980 hinaus bis zum Juli 1990 unter den üblichen Bedingungen weitergearbeitet hätte. Sodann hat der Senat der Beklagten aufgegeben, auf der Grundlage der von der Z. mitgeteilten voraussichtlichen Einkommen eine Proberechnung zu erstellen und darzulegen, wie hoch die Altersrente des Versicherten unter Zugrundelegung der Weiterbeschäftigung als Lademeister bis zum 65. Lebensjahr im 2. Halbjahr 1992 gewesen wäre. Die Beklagte hat mit Proberechnung vom 12. Februar 2001 geantwortet, dass die fiktive monatliche Rentenanwartschaft unter Zugrundelegung des von der Z. mitgeteilten Einkommens 2.978,70 DM betragen hätte. Hierzu hat die Z. auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 20. Februar 2001 ergänzend mitgeteilt, dass der Versicherte bei bis zum 65. Lebensjahr unterstellter Erwerbstätigkeit als Lademeister im 2. Halbjahr 1992 zwar neben der gesetzlichen Altersrente eine betriebliche Alterszusatzversorgung i.H.v. 2.677,77 DM erhalten hätte, auf die jedoch die von der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlte Rente in voller Höhe anzurechnen gewesen wäre.

25

Sodann hat der Senat im vorbereitenden Verfahren Auskünfte der Z. sowie der Beklagten über das dem Versicherten im 2. Halbjahr 1992 tatsächlich ausgezahlte und zur Verfügung stehende Alterseinkommen eingeholt. Zwar hatten hierzu die Beteiligten im gesamten Verlauf des Rechtsstreits (also auch schon bei der Beklagten, vor dem SG, dem LSG und dem BSG) vorgetragen, es sei "unstreitig", dass der Versicherte seit Juli 1992 Alterseinkünfte i.H.v. 2.754,28 DM bezogen habe. In den vom Senat angeforderten Auskünften haben jedoch die Beklagte einen monatlichen Rentenzahlbetrag ab 01.07.1992 i.H.v. 2.421,47 DM und die Z. eine monatliche Alterszusatzversorgung i.H.v. 355,54 DM angegeben (Schreiben vom 3. März 2001 und 20. Februar 2001), so dass sich eine Summe monatlicher Einkünfte des Versicherten i.H.v. 2.777,01 DM und nicht - wie unter den Beteiligten "unstreitig" - i.H.v. 2.754,28 DM ergibt.

26

Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren überdies zu den gesundheitlichen Verhältnissen des verstorbenen Versicherten ermittelt. So hat er versucht, die beim Versorgungsamt DB. zu Lebzeiten des Versicherten geführte Schwerbehindertenakte beizuziehen. Nach Auskunft des Versorgungsamtes vom 9. Oktober 2000 ist die Schwerbehindertenakte jedoch bereits vernichtet; aus dem allein aufbewahrten EDV-Auszug ergebe sich ein zuerkannter GdB von zuletzt 90 unter Zuerkennung des Merkzeichens G (erhebliche Gehbehinderung). Außerdem hat der Senat eine Auskunft der seinerzeit für den Versicherten zuständigen Krankenkasse, der GB. Ersatzkasse, vom 9. April 2001 eingeholt, wonach der Versicherte im 2. Halbjahr 1992 zweimal in stationäre Behandlung aufgenommen werden musste, und zwar wegen eines bösartigen Neoplasma sowie wegen des Mundbodentumors. Der Senat hat zudem von dem den Versicherten behandelnden Arzt Dr. EB. einen Befundbericht vom 6. November 2000 nebst Anlagen (u.a. Entlassungsbericht des Krankenhauses Q. vom 23. September 1992) beigezogen. Darin bestätigt der Arzt noch einmal die Diagnosen eines Mundbodenkarzinoms, einer arteriellen Verschlusskrankheit sowie einer reaktiven Depression und teilt mit, die maximale Gehstrecke des Versicherten habe seit Dezember 1990 nur noch ca. 10m betragen. In dem des weiteren beigezogenen Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses O. vom 23. September 1992 heißt es. es sei bei dem Versicherten bei Leberzirrhose und dringendem Verdacht auf Metastasierung eine Bauchwasserfüllung von ca. 6 Litern festgestellt worden, wovon ca. 3 Liter hätten abgeführt werden können. Schließlich hat der Senat zur Schwere und Ausmaß der Erkrankungen des Versicherten und zum Umfang seiner Pflegebedürftigkeit im 2. Halbjahr 1992 ein Gutachten (nach Aktenlage) des Arztes für Sozialmedizin Dr. HB. vom 25. Mai 2001 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass der Versicherte im 2. Halbjahr 1992 u.a. an einem metastasierenden Mundbodenkarzinom mit Zustand nach Mundboden- und Zungenteilresektion, einem arteriosklerotischen Prozess mit arterieller Verschlusskrankheit der Beine und Durchblutungsstörungen der oberen Extremitäten sowie an einer Leberzirrhose gelitten habe. Infolge der Mundboden- und Zungenteilresektion seien bei dem Versicherten sehr wahrscheinlich hochgradige Schluckstörungen mit der Notwendigkeit der Zuführung breiig-flüssiger Nahrung gegeben gewesen. Die bösartige Tumorbildung und Metastasierung im Bauchraum habe zu einem zunehmenden Versagen der abdominellen Organe mit rapidem Gewichtsverlust und Erreichen eines kachektischen (ausgezehrten) Zustandes geführt. Die arteriellen Durchblutungsstörungen mit Krampfzuständen der Extremitäten hätten die Beeinträchtigung der allgemeinen Mobilität, insbesondere auch der Gliedmaßen zur Folge gehabt. Schließlich sei das gesamte Erkrankungsbild zunehmend von einer psychischen Mitnahme überlagert worden, die im Finalstadium zu einer Eintrübung der Bewusstseinslage mit allgemeiner Benommenheit geführt habe. Aufgrund dieses Befundes habe der Versicherte zur damaligen Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit bei allen Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens vollständig oder teilweise der Hilfe/Pflege bedurft, insbesondere bei der Körperpflege, der Nahrungszubereitung und Nahrungsaufnahme, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die Hilfe sei auch in der Nacht erforderlich gewesen, insbesondere zum Umlagern des Patienten. Den täglichen Pflegeaufwand hat der Sachverständige mit 233 Minuten angegeben und ergänzend erklärt, dass eine Verschlimmerung in den letzten Lebenstagen des Versicherten eingetreten sein dürfte.

27

Schließlich hat der Senat eine Auskunft der Pflegekasse bei der IB. zu der Frage eingeholt, mit welchen Beträgen Pflegeleistungen im 2. Halbjahr 1992 von der Pflegekasse an Pflegepersonen vergütet wurden, die für die Pflegekasse Leistungen an Pflegebedürftige erbracht haben. Die JB. hat mit Schreiben vom 3. April 2001 eine Übersicht über die im Jahr 1992 geltenden Verträge zwischen den niedersächsischen JB. und den Sozialstationen über die Leistungen der häuslichen Krankenpflege, Haushaltshilfe und häuslichen Pflegehilfe übersandt. Danach waren u.a. bestimmte Stundensätze zuzüglich Fahrtkosten je Pflegeeinsatz (in regional unterschiedlicher Höhe) vereinbart.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beiden Bände der Gerichtsakte, die Gerichtsakte des LG N. (74 R 246/65), die vier Bände Gerichtsakten des AG O. (3 C 1032/74; 8 F 181/79; 8 F 174/92) sowie auf die drei Bände der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand von mündlicher Verhandlung und Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Aufgrund der Zurückverweisung durch das BSG gem. § 170 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufungsinstanz erneut eröffnet worden.

30

Nach der damit erforderlichen abermaligen Prüfung der Sach- und Rechtslage war im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand zwar unzweifelhaft (und im Übrigen unstreitig) ein Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen den Versicherten gegeben, nicht jedoch ein Unterhaltsanspruch der Beigeladenen gegen den Versicherten. Die Witwenrente nach dem Versicherten war deshalb nicht aufzuteilen, sondern sie steht der Klägerin allein zu. Die gegenteiligen Entscheidungen der Beklagten und des SG waren daher aufzuheben.

31

Die Rechtsgrundlagen für die geltend gemachten Witwenrenten und ihre Aufteilung ergeben sich aus §§ 243, 91 SGB VI. Zu deren Voraussetzungen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in entsprechender Anwendung des § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des Urteils des BSG vom 30. Juni 1998 Bezug (Seite 5, 2. Absatz, bis 6, 1. Absatz).

32

Nach diesen Vorschriften ist im vorliegenden Fall entscheidend, ob (nicht nur die Klägerin, sondern) auch die Beigeladene im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode des Versicherten einen Unterhaltsanspruch gegen ihn hatte, § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI. Nicht einschlägig hingegen ist § 243 Abs. 3 SGB VI, weil die Klägerin selbst einen Witwenrentenanspruch gegen den Versicherten hat (vgl. ausdrücklich: zurückverweisendes Urteil des BSG, S. 6).

33

Entgegen den bisherigen Entscheidungen des SG und des LSG stand der Beigeladenen im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten kein Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten i.S.v. § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI zu.

34

Dies gilt selbst dann, wenn der Senat einzelne Punkte zugunsten der Beigeladenen unterstellt und rechtliche Zweifelsfragen zugunsten der Beigeladenen unentschieden lässt:

35

So geht der Senat zugunsten der Beigeladenen zunächst davon aus, dass ein rechtlich beachtlicher "letzter wirtschaftlicher Dauerzustand" gegeben ist. Denn läge ein solcher Dauerzustand nicht vor, könnte der von der Beigeladenen geltend gemachte Anspruch bereits an dieser Stelle abzulehnen sein. Für die Annahme eines letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes kommt allein der Zeitraum vom 1. Juli bis 15. November 1992 (Todestag des Versicherten) in Betracht. Denn zum 1. Juli 1992 ist die letzte wesentliche Änderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen zwischen den Beteiligten eingetreten, nämlich das Ende des Anrechnungszeitraums des Übergangsgeldes, das der Beigeladenen nach ihrem Ausscheiden im R.-Krankenhaus zum 31. März 1992 von ihrem letzten Arbeitgeber für die Monate April bis Juni 1992 gewährt worden ist. Diese Änderung war wesentlich, weil das Übergangsgeld nach eigenem Vortrag der Beigeladenen ca. 2.300 bis 2.500,00 DM für den Gesamtzeitraum betrug, also in Höhe von mindestens ca. 760,00 DM monatlich als eigenes Einkommen der Beigeladenen anzurechnen war (zur Anrechenbarkeit von Übergangsgeld bei Unterhaltsansprüchen: Erman-Dieckmann, Kommentar zum BGB, 10. Aufl. 2000, § 1581 Rn. 6). Seit dem 1. Juli 1992 bezog die Beigeladene wegen des Wegfalls des anrechenbaren Übergangsgeldes dann Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG; Bescheid vom 3. Juli 1992). Gegen die Berücksichtigungsfähigkeit dieses kurzen Zeitraums wendet die Klägerin mit beachtlichen Gründen ein, dass dieser mit einer Dauer von nur ca. 4 ½ Monaten zu kurz bemessen sei, um von einem auf Dauer angelegten Zustand sprechen zu können. Auch habe es sich um die letzte Lebensphase des Versicherten gehandelt, weshalb die Annahme einer Dauerhaftigkeit nicht zulässig sei. Andererseits könnte für eine ausreichende Zeitdauer der 4 ½ Monate sprechen, dass nach der Entstehungsgeschichte des § 243 SGB VI, insbesondere nach ihren Vorgängervorschriften (§§ 1265 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung und 42 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz) der letzte wirtschaftliche Dauerzustand abstellte auf "die Zeit des Todes" des Versicherten, weshalb es nach weit verbreiteter Ansicht auch bei der Nachfolgevorschrift nicht auf die Länge dieses Zeitraums ankommt und auch eine verhältnismäßig kurze Zeitspanne als ausreichend gelten kann (vgl. etwa: BSG SozR-2200 § 1265 RVO Nr. 1, S. 3; Kasseler-Kommentar-Gürtner, § 243 SGB VI Rn. 52; Eicher/Hasse/Rauschenbach, § 243 SGB VI Anm. 2b S. 7). Die Frage kann jedoch dahinstehen. Denn auch bei Annahme eines ausreichend langen letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes war in dieser Zeit ein Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten nicht gegeben.

36

Als Rechtsgrundlage für einen Unterhaltsanspruch kommen allein die §§ 58, 59 Ehegesetz (EheG) in Betracht, da die Ehe des Versicherten mit der Beigeladenen vor dem 1. Juli 1977 geschiedenen worden ist (näher dazu im zurückverweisenden Urteil des BSG auf S. 6). § 58 EheG sieht einen Anspruch auf angemessenen Unterhalt vor, der jedoch nach § 59 EheG in einen Anspruch auf billigen Unterhalt umschlägt, wenn bei Zahlung des angemessenen Unterhalts der eigene angemessene Unterhalt des Ehemannes gefährdet wäre.

37

Nach § 58 Abs. 1 EheG (Angemessenheitsunterhalt) hat der allein oder - wie vorliegend der Versicherte - überwiegend für schuldig erklärte Ehemann der geschiedenen Ehefrau - hier: der Beigeladenen - den "nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt" zu gewähren, soweit die Einkünfte aus dem Vermögen der Frau und die Erträgnisse ihrer Erwerbstätigkeit nicht ausreichen. Für die Bestimmung des angemessenen Unterhalts ist vom Zeitpunkt der Scheidung auszugehen, und es sind die damaligen Verhältnisse auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand zu projizieren; demhingegen ist für die Bestimmung der Bedürftigkeit der Ehefrau (Beigeladene) allein auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand abzustellen (vgl. zum Ganzen nur: BSG, Urteil vom 29. April 1997, 4 RA 38/96, SozR 3-2200 § 1265 RVO Nr. 16, S. 107-108; Kasseler-Kommentar-Gürtner, § 243 SGB VI Rn. 27, 32 m.w.N.).

38

Nach Aktenlage und ihrem insoweit nicht streitigen Vortrag verfügte die Beigeladene weder zur Zeit der Scheidung noch während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes über Einkünfte aus Vermögen. Auch war sie zur Zeit der Scheidung nicht erwerbstätig und musste dies auch nicht sein, da sie die beiden Kinder des Versicherten erzog, die damals ca. 3 Jahre und 17 Jahre alt waren. Der angemessene Unterhalt der Beigeladenen im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand bemisst sich daher nach dem zur Zeit der Scheidung für den Unterhalt der Ehefrau zur Verfügung stehenden anrechnungsfähigen Nettoeinkommen des Versicherten, aus der der Beigeladenen als Ehefrau hiervon zustehenden Unterhaltsquote und aus der Projektion dieser Verhältnisse auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand unter Abzug der in diesem Zeitraum von der Beigeladenen erzielten Einkünfte.

39

Nach den vom Senat beigezogenen Gerichtsakten der früheren Scheidungsfolgeverfahren erzielte der Versicherte im Scheidungsjahr 1966 als Hafenarbeiter im V. Hafen ein Nettoeinkommen von 1.150,00 DM. Hiervon waren an Unterhaltsleistungen für die beiden Kinder L. und M. 125,00 DM und 130,00 DM in Vorwegabzug zu bringen (ebenso: Unterhaltsvergleich vom 5. Juni 1967, Urteil des AG O. vom 16. Januar 1976 und alle weiteren damaligen Scheidungsfolgeentscheidungen). Es verblieb ein für den Unterhaltsanspruch der Ehefrau anrechenbarer Nettoeinkommensbetrag i.H.v. 895,00 DM.

40

Hiervon stand der Beigeladenen entgegen der Auffassung der Klägerin, die eine Quote von ¼ für zutreffend hält, eine Unterhaltsquote von 1/3 zu, die auch auf die Zeit des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes zu projizieren ist. Diese 1/3-Quote und ihre Projektion ergibt sich aus Folgendem:

41

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG und der Zivilgerichte, namentlich des BGH, bestimmt sich der angemessene Unterhaltsbedarf nach den jeweiligen besonderen Umständen des Einzelfalles, wobei aus Gründen der Rechtssicherheit und -vereinfachung von Richtsätzen ausgegangen werden darf, wie sie sich in zahlreichen Tabellen verschiedener Oberlandesgerichte finden, etwa in der sog. Düsseldorfer Tabelle. Auch das BSG hat sich im Rahmen der Prüfung von Unterhaltsansprüchen nach § 243 SGB VI in vielen Verfahren der Zugrundelegung von Richtsätzen bedient (BSG, Urteil vom 13. August 1981, 11 RA 48/80, SozR 2200 § 1265 Nr. 56, S.188: 1/3 - 1/4; BSG, Urteil vom 9. Februar 1971, SozR 2200, § 1265 RVO, Nr. 58: 1/3 - 3/7; BSG, Urteil vom 29. April 1997, 4 RA 38/96, SozR 3-2200 § 1265 RVO Nr. 16, S.110, 111). Nach weiterhin einheitlicher Rechtsprechung der Zivilgerichte und des BSG dürfen Richtsätze allerdings dann nicht zugrundegelegt werden, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalles eine Abweichung bedingen, insbesondere wenn die Beteiligten selbst eine von den Richtsätzen abweichende Quote bestimmt haben, etwa in einem Unterhaltsvertrag oder Unterhaltsvergleich. Die Unterhaltsvereinbarung geht dann über die bloße Konkretisierung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs hinaus und ist aufgrund der Dispositionsfreiheit der Betroffenen auch in künftigen Scheidungsfolgefragen zugrunde zu legen (ebenso: das BSG im zurückverweisenden Urteil auf S. 8 m.w.N.). So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Die Richtsätze der Düsseldorfer Tabelle aus dem Jahre 1967 gingen beim Geschiedenenunterhalt von einer Unterhaltsquote von 2/5 (= 6/15) aus. Demgegenüber hat sich die Beigeladene im Unterhaltsvergleich vom 5. Juni 1967 mit einer Unterhaltsquote von 1/3 (= 5/15) begnügt. Diese abweichende Quote ist daher von den Beteiligten im seinerzeit laufenden Scheidungsfolgeverfahren gewollt gewesen und musste als maßgeblicher Parteiwille allen künftigen Scheidungsfolgeentscheidungen bis hinein in den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand zugrunde gelegt werden. Dies ist in den zwischen dem Versicherten und der Beigeladenen zahlreich geführten Unterhaltsstreitverfahren auch geschehen. Sowohl das AG O. (Urteil vom 16. Januar 1976) als auch das LG Q. (Urteil vom 6. April 1977) als auch erneut das AG O. (Urteil vom 9. Februar 1982) wie auch zuletzt das OLG P. haben die Unterhaltsquote von 1/3 aus dem Vergleich von 1967 zugrundegelegt. Insbesondere das OLG P. hat in seinem Beschluss vom 16. November 1992, also noch einen Tag nach Ablauf des vorliegend maßgeblichen letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beurteilung der von der Beigeladenen in 1992 anhängig gemachten Unterhaltsabänderungsklage maßgeblich von dem zwischen den Parteien im Jahre 1967 geschlossenen Vergleich abhänge. Dies entspricht der Beachtung der Dispositionsfreiheit der Beteiligten im Unterhaltsprozess, die auch für den erkennenden Senat maßgeblich ist. Der Senat sieht daher keine Veranlassung, von dieser vom Parteiwillen getragenen Unterhaltsquote abzuweichen. Dies gilt umso mehr, als die damaligen Parteien diese von den Gerichten zugrunde gelegte Quote in den früheren Verfahren nicht beanstandet, sondern - jeweils bei Zugrundelegung dieser Quote - allein um die Berücksichtigungsfähigkeit von Einkünften und Abzugsposten gestritten haben.

42

Es ist daher von einer Unterhaltsquote von 1/3 auszugehen. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass im Übrigen auch bei Zugrundelegung der für die Beigeladenen denkbar günstigsten Unterhaltsquote von ½ kein Unterhaltsanspruch für diese entstünde, weil der Anspruch nach § 59 EheG unbillig wäre (näher dazu: siehe sogleich). Ebenso sei nur ergänzend darauf hingewiesen, dass es für die Unterhaltsquote unbeachtlich ist, dass der Sohn der Beigeladenen zur Zeit der Scheidung mit in der ehelichen Wohnung lebte. Denn der Sohn stammte aus erster Ehe der Beigeladenen und hatte deshalb gegen den Versicherten keinen Unterhaltsanspruch.

43

Auf der Grundlage einer Quote von 1/3 ist das damalige anrechenbare Nettoeinkommen des Versicherten auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand zu projizieren. Die Projektion dient der Lebensstandardsicherung der geschiedenen Ehefrau. Sie hat daher die zwischen der Ehescheidung und dem letzten wirtschaftlichen Dauerzustand eingetretene Entwicklung der allgemeinen Lohn- und Preisverhältnisse ebenso zu berücksichtigen wie die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse der ehemaligen Eheleute, sofern sie bereits während der Ehe angelegt und damit voraussehbar waren, insbesondere das berufliche Fortkommen des verdienenden Ehegatten, wenn dieses bereits während der Ehe zu erwarten war (zu den allgemeinen Lohn- und Preisverhältnissen: Kasseler-Kommentar-Gürtner, § 243 SGB VI a.F., Stand: Dezember 1999, Rn. 32 m.w.N.; zum erwarteten Erwerbseinkommen: Palandt-Diederichsen, 50. Aufl. 1991, § 58 EheG, Rn. 6 und § 1578 BGB Rn. 15, jeweils m.w.N.).

44

Ausgangspunkt der Projektion ist danach vorliegend nicht das dem Versicherten in 1966 nach Vorwegabzug der Unterhaltsverpflichtungen der beiden Kinder verbliebene Einkommen von 895,00 DM, sondern dasjenige ohne Vorwegabzug i.H.v. 1.150,00 DM. Denn der Wegfall der Belastung mit Kindesunterhalt ist ein regelhafter Umstand, der infolge des Erwachsenwerdens der Kinder und der damit bei diesen entstehenden eigenen Unterhaltsverantwortlichkeit bereits im Laufe der Ehezeit absehbar ist (vgl. nur nochmals: Diederichsen, a.a.O., § 1578 BGB Rn. 2), und sich auch im vorliegenden Fall realisiert hat (Wegfall der Unterhaltspflicht des Versicherten für beide Kinder, zuletzt für die jüngste Tochter M. im Jahre 1991).

45

Bei der erforderlichen Projektion des damit maßgeblichen Einkommens des Versicherten zur Zeit der Scheidung i.H.v. 1.150,00 DM auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand geht der Senat zugunsten der Beigeladenen davon aus, dass sich diese Projektion nicht in der Zugrundelegung des dem Versicherten in 1992 zuletzt zustehenden Alterseinkommens (i.H.v. 2.754,28 DM bzw. 2.777,01 DM, zur Abweichung: siehe unten) erschöpft, sondern eine gesonderte Berechnung eines fiktiven Alterseinkommens erforderlich ist, das höher liegt. Zwar kann nach ständoger Rechtsprechung des BSG im Rahmen der Projektion eine detailiierte Betrachtung der Erwerbsentwicklung des Unterhaltsschuldners unterbleiben, wenn er inzwischen Alterseinkünfte bezieht und diese - infolge der arbeitseinkommensabhängigen Rentenbemessung - seine Einkünfte im Erwerbsleben regelhaft widerspiegeln (BSG, Urteil vom 13. August 1981, 11 RA 48/80, SozR 2200 § 1265 RVO, Nr. 56, S. 188, 189; Kasseler-Kommentar-Gürtner, § 243 SGB VI a.F., Rn. 32). Eine solche regelhafte Widerspiegelung des Lebenserwerbseinkommens kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn der Versicherte - wie dies im Regelfall zu erwarten ist - bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (derzeit: 65 Jahre) berufstätig war. Demgegenüber kann von einer regelhaften Widerspiegelung nicht gesprochen werden, wenn der Versicherte etwa infolge von Krankheit oder Behinderung vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheidet und Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (BU/EU) in Anspruch nehmen muss (siehe nochmals: BSG, Urteil vom 13. August 1991, a.a.O.; Gürtner, a.a.O., § 243 SGB VI a.F., Rn. 32).

46

Danach spiegeln die Altersrenteneinkünfte des Versicherten (i.H.v. 2.754,28 DM bzw. 2.777,01 DM, zur Abweichung: siehe unten) aber nicht einen regelhaften Verlauf seines Erwerbslebens wider. Zwar hatte der im Jahre 1925 geborene Versicherte bereits im Jahre 1990 sein 65. Lebensjahr vollendet und war daher im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand Bezieher von Altersrente. Aber er war nicht bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erwerbstätig gewesen, sondern hatte bereits seit dem 55. Lebensjahr (1980) Rente wegen EU bezogen. Die Altersrente fiel daher im Vergleich zu einem regelhaften Erwerbsverlauf mit ca. 10 weiteren Erwerbsjahren niedriger aus. Und ein solches im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand dem Unterhaltsschuldner zur Verfügung stehendes niedrigeres Einkommen muss sich die geschiedene Ehefrau bei der Bemessung ihres angemessenen Unterhalts grundsätzlich nicht anspruchsmindernd entgegenhalten lassen (vgl. nur Erman-Dieckmann, 10. Aufl. 2000, § 1581 BGB, Rn 7), es ist vielmehr allein bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Versicherten bzw. bei dem Billigkeitsanspruch nach § 59 EheG zu berücksichtigen.

47

Ausnahmsweise muss sich aber die geschiedene Ehefrau eine infolge Krankheit oder Behinderung eingetretene Lebenseinkommensminderung bei der Bemessung ihres angemessenen Unterhalts dann entgegenhalten lassen, wenn die Krankheit/Behinderung, die zur späteren EU führte, bereits in der Ehe vorlag bzw. angelegt war (vgl. nochmals die Zitate zur regelhaften Widerspiegelung des Lebenserwerbseinkommens im Altersrenteneinkommen). Danach wäre vorliegend allerdings keineswegs ausgeschlossen, die Beigeladene bei der Bemessung des angemessenen Unterhalts im Rahmen der Projektion auf die für sie ungünstigeren tatsächlichen Renteneinkünfte des Versicherten (i.H.v. 2.754,28 DM bzw. 2.777,01 DM, zur Abweichung: siehe unten) zu verweisen. Denn die gesundheitlichen Gründe für die langjährige Gewährung der EU-Rente an den Versicherten durch die HHLA und die Beklagte im Jahre 1980 könnten schon zur Ehezeit angelegt gewesen sein. Denn nach dem Scheidungsurteil des LG N. vom 23. November 1966 erfolgte die Scheidung der Eheleute aus überwiegendem Verschulden des Versicherten maßgeblich deshalb, weil er bereits zur Ehezeit dem Alkohol zugesprochen und es gerade infolge des Alkoholkonsums zu Eheverfehlungen gekommen war. Außerdem waren es nach dem Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten gerade die Folgen eines langjährigen Alkoholkonsums des Versicherten gewesen, die zur EU-Bewilligung geführt hatten. So hatte das dem Bewilligungsbescheid zugrunde liegende Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. AB. vom 13. März 1981 die EU mit einer Polyneuropathie mit hirnatrophischer Komponente begründet, die auf den jahrelangen Alkoholkonsum des Versicherten zurückzuführen sei. Auch hatte der Sachverständige maßgeblich wegen der progredienten Hirnatrophie eine in absehbarer Zeit einsetzende Pflegebedürftigkeit des Versicherten prognostiziert, zu der es dann ausweislich der Unterlagen der später behandelnden Ärzte (z.B. des Dr. EB., dazu: siehe unten) auch gekommen ist. Gleichwohl geht der Senat aber auch hier zugunsten der Beigeladenen davon aus, dass die Alkoholkrankheit des Versicherten zur Zeit der Ehe noch nicht so stark ausgeprägt war, dass bereits seinerzeit eine spätere alkoholbedingte EU absehbar war. Vielmehr unterstellt der Senat, dass die Beigeladene sich zur Bemessung ihres angemessenen Unterhalts auf ein fiktives Alterseinkommen des Versicherten berufen kann, das dieser erzielt hätte, wenn er erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wäre.

48

Des weiteren geht der Senat zugunsten der Beigeladenen davon aus, dass der berufliche Werdegang des Versicherten bereits in der Ehe angelegt war, so dass seine fiktiven (höheren) Alterseinkünfte als Abbild der ehelichen Verhältnisse angesehen werden dürfen. Dafür spricht, dass der Versicherte seit 1949 über den Scheidungszeitpunkt hinaus bis zum Eintritt der EU bei demselben Arbeitgeber (der Z.) beschäftigt war. Ob der von dem Versicherten dabei erreichte erhebliche berufliche Aufstieg (nach einer Schlachterlehre Aufstieg vom Hafenarbeiter über den Vorarbeiter zum Lademeister) tatsächlich schon zur Zeit der Ehescheidung in 1966 absehbar war oder nicht vielmehr auf nachehelichem, eigenem erheblichen beruflichen Einsatz des Versicherten beruhte, lässt der Senat dabei ungeprüft (vgl. die Beispiele zum absehbaren und zum nicht absehbaren Karriereverlauf bei Palandt-Diederichsen, a.a.O., § 178 Rn. 15.).

49

Zur damit maßgeblichen Bestimmung des fiktiven Alterseinkommens des Versicherten hat der Senat der Beklagten aufgegeben, im Wege einer Proberechnung zu errechnen, wie hoch die Altersrente des Versicherten im Juli 1992 gewesen wäre, wenn er nicht seit dem Jahre 1980 EU-Rente bezogen, sondern bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres (1990) berufstätig gewesen wäre. Zur Vorbereitung dieser Proberechnung hat der Senat außerdem den früheren Arbeitgeber des Versicherten, die Z., aufgegeben, die Höhe des sozialversicherungspflichtigen Einkommens des Versicherten mitzuteilen, wenn er über das Jahr 1980 hinaus bei dem Unternehmen als Lademeister gearbeitet und erst mit dem 65. Lebensjahr in Ruhestand gegangen wäre. Die Z. hat diese voraussichtlichen Einkünfte mitgeteilt und begleitend erklärt, dass die errechneten Beträge nach den aufbewahrten früheren Tarifverträgen sowie unter Zugrundelegung einer für Lademeister üblichen Mehrarbeit von 5% errechnet worden seien. Aufgrund dieser Angaben hat sodann die Beklagte die aufgegebene Proberechnung erstellt, nach der der Versicherte bei Vollendung des 65. Lebensjahres (im Juli 1990) im hier maßgeblichen 2. Halbjahr 1992 eine Rentenanwartschaft i.H.v. 2.978,70 DM erzielt hätte. Die Proberechnung ist von keinem der Beteiligten beanstandet worden, und Berechnungsfehler sind auch für den Senat nicht ersichtlich. Der errechnete Probebetrag ist daher im Weiteren zugrunde zulegen.

50

Damit ist im Rahmen der Projektion der ehelichen Verhältnisse zur Zeit der Scheidung auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand zugunsten der Beigeladenen von einem fiktiven verfügbaren Einkommen des Versicherten im Juli 1992 von 2.978,70 DM auszugehen. - Zwar hat die HHLA mit Schreiben vom 20. Februar 2001 ergänzend erklärt, dass der Versicherte bei Weiterbeschäftigung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres einen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung i.H.v. 2.677,77 DM gehabt hätte. Da auf diesen Anspruch der gesetzliche Rentenanspruch jedoch in voller Höhe anzurechnen ist, verbleibt es bei dem fiktiven höheren gesetzlichen Alterseinkommen von 2.978,70 DM.

51

Stand der Beigeladenen aber im Rahmen der Projektion von diesem zugrunde zu legenden Nettoeinkommen des Versicherten nach den vorstehenden Ausführungen eine Unterhaltsquote von 1/3 zu, hatte sie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand einen Anspruch auf angemessenen Unterhalt gegen den Versicherten gem. § 58 EheG i.H.v. 2.978,70 DM - 1/3 (992,90 DM) - eigene Einkünfte (635,34 DM + 116,24) = 1.234,22 DM, der höher lag als der für einen Unterhaltsanspruch nach § 243 SGB VI zu fordernde Betrag von 25% des zeitlich und örtlich maßgeblichen Sozialhilfesatzes (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. nur BSG, Urteil vom 17. September 1981, 4 RJ 17/80, SozR § 1265 RVO Nr. 58), der im vorliegenden Fall im Jahre 1992 im Land N. (509,00 DM x 25% =) 127,25 DM betrug (vgl. nur das zurückverweisende Urteil des BSG vom 30. Juni 1998).

52

Damit ist davon auszugehen, dass der Beigeladenen im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand ein für § 243 SGB VI ausreichender Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten aus § 58 EheG (Angemessenheitsunterhalt) in Höhe von 1.234,22 DM zustand.

53

Ein Anspruch auf angemessenen Unterhalt nach § 58 EheG schlägt jedoch in einen Anspruch auf Billigkeitsunterhalt nach § 59 EheG um (zu dieser Systematik beider Ansprüche vgl. Erman-Dieckmann, a.a.O., § 1581 BGB, Rn. 1), wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte durch die Zahlung des angemessenen Unterhalts bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen seinen eigenen angemessenen Lebensbedarf gefährden würde (sog. Mangelfall). Die Vorschrift dient der zeitlichen Anpassung (Aktualisierung) des Anspruchs auf angemessenen Unterhalt (vgl. nur: Erman-Dieckmann, a.a.O., § 1581 BGB, 14). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Mangellage ist daher allein die Zeit der Inanspruchnahme durch den Unterhaltsgläubiger (zum Ganzen: Palandt-Diederichsen, a.a.O., § 1581 Rn. 1; Erman-Dieckmann, a.a.O., § 1581, Rn. 14), vorliegend also der letzte wirtschaftliche Dauerzustand in 1992. Die Voraussetzungen der Norm sind erfüllt, wenn in diesem letzten wirtschaftlichen Dauerzustand ein Mangelfall vorliegt. Dazu ist von dem dem Unterhaltsgläubiger zustehenden angemessenen Unterhalt i.S.d. § 58 EheG auszugehen und diesem die aktuelle Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners unter Berücksichtigung von dessen eigenem angemessenen Unterhalt gegenüber zu stellen. Sollte der Anspruch des Gläubigers auf angemessenen Unterhalt vom Unterhaltsschuldner nach dessen Leistungsfähigkeit nicht uneingeschränkt geleistet werden können, liegt eine Mangellage vor. Die Rechtsfolgen bestehen in der Aufteilung der sog. Verteilungs- bzw. Einsatzmasse auf die Unterhaltsgläubiger (vgl. zu den Rechtsfolgen nur Erman-Dieckmann, a.a.O., § 1581 BGB, Rn. 3; Palandt-Diederichsen, § 1581 BGB, Rn. 26, 20).

54

Die Voraussetzungen der Mangellage gem. § 59 EheG sind im vorliegenden Fall gegeben, so dass der Anspruch der Beigeladenen auf angemessenen Unterhalt gem. § 58 EheG in einen Anspruch auf Billigkeitsunterhalt gem. § 59 EheG umschlägt. Dies ergibt sich aus Folgendem:

55

Der eigene angemessene Lebensbedarf des Unterhaltsgläubigers ist gefährdet (Mangelfall), wenn ihm weniger als der eigene angemessene Unterhalt verbliebe (Palandt-Diederichsen, a.a.O., § 1581, Rn. 16; Erman-Dieckmann, a.a.O., § 1581 BGB, Rn. 4; jeweils m.z.w.N.). Der eigene angemessene Unterhalt eines Altersrentners in einer Ehe mit einer Frau ohne eigenes Einkommen beträgt ½ des gemeinsamen verfügbaren Einkommens, da insbesondere ein Erwerbstätigenbonus nicht mehr in Rechnung zu stellen ist (allg. Ansicht, vgl. nur: BSG, Urteil vom 29. April 1997, 4 RA 38/96, SozR 3-2200 § 1265 Nr. 16, S. 110; Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 6. Aufl. 1997, Rn. 33). Der Versicherte war im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand Altersrentner und mit der Klägerin verheiratet, die über keinerlei eigene Einkünfte (aus Erwerb oder Vermögen) verfügte. Das Einkommen des Versicherten beschränkte sich auf seine Altersrentenansprüche. Zwar ist die genaue Höhe dieser Ansprüche vom Senat nicht abschließend zu ermitteln gewesen. Während die Beteiligten in allen Verfahrensabschnitten (vor der Beklagten, dem SG, dem LSG und dem BSG) übereinstimmend (unstreitig) von einem Altersrenteneinkommen i.H.v. 2.754,28 DM ausgingen, ergaben die Ermittlungen des Senats ein Renteneinkommen i.H.v. insgesamt 2.777,01 DM. Jedoch konnte auch hier zugunsten der Beigeladenen entschieden und von dem höheren Einkommen des Versicherten i.H.v. 2.777,01 DM ausgegangen werden. Dem Versicherten standen daher als eigener angemessener Anteil seiner Altersbezüge 2.777,01 DM - ½ = 1.388,50 DM zu. Dieser Betrag hätte dem Versicherten nicht mehr zur Verfügung gestanden, wenn er aus seinem Alterseinkommen nicht nur den Unterhalt seiner 2. Ehefrau (ebenfalls 1.388,50 DM), sondern auch den Anspruch auf angemessen Unterhalt seiner 1. Ehefrau (1.234,22 DM, s.o.) hätte befriedigen müssen (Das Hinzutreten einer 2. unterhaltsberechtigten Ehefrau ist daher auch ein typischer Anwendungsfall des Billigkeitsunterhalts gem. § 59 EheG; Palandt-Diederichsen, a.a.O., § 59 EheG Rn. 1; Erman-Dieckmann zur Nachfolgevorschrift des § 1581 BGB, a.a.O., § 1581 Rn. 11; Beispiele: OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Januar 1984, 5 UF 139/83, FamRZ 1984, S. 904; OLG Stuttgart, Urteil vom 13. Dezember 1977, 17 UF 97/77 U, FamRZ 1978, S. 249).

56

Liegen somit die Voraussetzungen des § 59 EheG vor, so hängt seine Rechtsfolge, nämlich die Aufteilung der sog. Einsatzmasse im Verhältnis der notwendigen (nicht: angemessenen) Unterhaltsansprüche der Berechtigten, zunächst von der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners ab. Zur Berechnung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit ist vom tatsächlichen Nettoeinkommen auszugehen und festzustellen, ob sonstige Umstände die aktuelle Leistungsfähigkeit mindern (vgl. nochmals Palandt-Diederichsen, a.a.O., § 1581 Rn. 1; Erman-Dieckmann, a.a.O., § 1581 BGB, Rn. 3). Zu diesen Umständen können insbesondere die auch in diesem Verfahren von der Klägerin geltend gemachten Umstände gehören, nämlich eine Unterhaltspflicht des Versicherten gegenüber der 2. Ehefrau (der Klägerin), etwaige besondere Verbindlichkeiten zur Anschaffung von Wohnungsmobiliar sowie ein tatsächlicher bzw. fiktiver besonderer Pflegebedarf. Daneben ist stets der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen sicherzustellen.

57

Bei der Prüfung geht der Senat zunächst - erneut zugunsten der Beigeladenen - davon aus, dass die von dem Versicherten zur Anschaffung eines Fernsehers bzw. von Wohnmöbeln eingegangene monatliche Tilgungs- und Zinsverbindlichkeit i.H.v. 450,00 DM nicht als abzugsfähig berücksichtigt werden kann. Dabei lässt der Senat zum einen ungeprüft, ob die Verbindlichkeit in den hier maßgeblichen Monaten 7-11/92 überhaupt noch i.H.v. 450,00 DM monatlich bestand oder ob sie nicht bereits zu einem erheblichen Teil abgelöst und die Raten deutlich niedriger waren (zwar noch 450,00 DM zugrundegelegt im Beschluss des AG O. vom 21. September 1992, demgegenüber nur noch eine geringe Restschuld annehmend: Beschluss des AG O. vom 15. Oktober 1992). Weiter lässt der Senat dahinstehen, ob die Eingehung der Verbindlichkeiten gegen Treu und Glauben verstieß und deshalb nicht berücksichtigungsfähig sein könnte, weil der Versicherte zur Zeit des Abschlusses der Kauf- und Darlehensverträge bereits um die unterhaltsrechtliche Inanspruchnahme durch die Beigeladene wusste. Schließlich lässt der Senat zugunsten der Beigeladenen offen, ob die Beschaffung von Fernseher/Wohnmobiliar zur allgemeinen Lebenshaltung gehört, deren Kosten im Rahmen des Billigkeitsunterhalts nicht berücksichtigungsfähig sein könnten (vgl. Erman-Dieckmann, a.a.O., § 1581 Rn. 12, 13), oder ob diese Kosten wegen der beengten finanziellen Verhältnisse (nur ein Alterseinkommen im zwei-Personen-Haushalt; vgl. zu den besonderen Wertungen bei wirtschaftlich beengten Verhältnissen nur: Palandt-Diederichsen, a.a.O., § 1582, Rn. 14ff.) ausnahmsweise doch anzuerkennen wären (wenn auch nur mit einem Teilbetrag von 450,00 DM, da es im Rahmen der Billigkeitshaftung nicht auf die tatsächliche Monatsbelastung, sondern auf einen vernünftigen Tilgungsplan ankommt; vgl. nur Erman-Dieckmann, a.a.O., § 1581 BGB, Rn. 12 m.w.N.).

58

Unabhängig von den vorstehenden Überlegungen hatte der Senat jedoch zu prüfen, ob der Versicherte im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand weiteren Unterhaltsansprüchen ausgesetzt war, die seine Leistungsfähigkeit minderten. Denn bei der dabei allein in Betracht kommenden Unterhaltspflicht gegenüber seiner 2. Ehefrau (der Klägerin) handelt es sich um einen gesetzlich zwingend vorgegebenen Anspruch, der im Rahmen des Billigkeitsanspruchs nach § 59 EheG (bzw. der Nachfolgevorschrift des § 1581 BGB) zu berücksichtigen ist (Palandt-Diederichsen, a.a.O., § 59 EheG Rn. 1; Erman-Dieckmann zur Nachfolgevorschrift des § 1581 BGB, a.a.O., § 1581 Rn. 11; Beispiele: OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Januar 1984, 5 UF 139/83, FamRZ 1984, S. 904; OLG Stuttgart, Urteil vom 13. Dezember 1977, 17 UF 97/77 U, FamRZ 1978, S. 249).

59

Bei der Bemessung der Höhe dieses Unterhaltsanspruchs der 2. Ehefrau geht der Senat zunächst davon aus, dass die Unterhaltsquote der 2. Ehefrau (Klägerin) nicht niedriger anzusetzen ist als diejenige der 1. Ehefrau (Beigeladene). Denn anders als das AG O. in seinem Beschluss vom 21. September 1992 nebst vorangegangener Verfügung vom 4. August 1992 ausgeführt hat, ist auf den hier zu prüfenden Unterhaltsanspruch § 1582 BGB nicht anwendbar, der einen grundsätzlichen Vorrang der 1. Ehefrau gegenüber der 2. Ehefrau vorsieht. Denn § 1582 BGB gilt erst für Scheidungen ab dem 1. Juli 1977, während hier (Scheidung 1966) noch das alte Eherecht maßgebend ist, das keinen Vorrang der 1., sondern einen grundsätzlich gleichen Rang beider Ehefrauen vorgesehen hat (vgl. nur Erman-Dieckmann, a.a.O., § 1582 Rn. 3 m.w.N.). Dieser Rechtslage entsprechend hatte im vorliegenden Fall das OLG P. im Rahmen des Beschwerdeverfahrens in seinem Beschluss vom 16. November 1992 auch den genannten Beschluss des AG O. abgeändert und zur Begründung u.a. auf die fehlerhafte Rechtsanwendung durch das AG hingewiesen.

60

Im Rahmen der damit rechtlich allein zulässigen Gleichbehandlung der beiden Ehefrauen kommt nicht in Betracht, zugunsten der Beigeladenen das Verhältnis der Unterhaltsansprüche der beiden Ehefrauen und des eigenen angemessenen Unterhalts des Verpflichteten im Verhältnis 4 : 2 : 2 aufzuteilen, mit der Folge, dass der Klägerin (ebenso wie der Beigeladenen) ein Unterhaltsanspruch nur in Höhe von ¼ des verfügbaren Einkommens zur Verfügung stünde und die Leistungsfähigkeit des Versicherten daher nur geringfügig gemindert wäre. Denn diese Quotierung der Unterhaltsansprüche der beiden Ehefrauen könnte allein damit begründet werden, dass diese Aufteilung die im Unterhaltsvergleich von 1967 getroffene Regelung (geringerer Unterhalt der Ehefrau als nach den Richtlinien vorgesehen) fortschreibt und damit der im Unterhaltsrecht maßgeblichen Dispositionsbefugnis der Parteien Rechnung trägt. Den Unterhaltsvergleich hatte aber allein die Beigeladene mit dem Versicherten geschlossen, nicht die Klägerin. Eine ungünstige Auswirkung dieses von der Beigeladenen geschlossenen Vergleiches auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin würde jedoch einen Vertrag zu Lasten Dritter darstellen, der grundsätzlich unzulässig ist. Nach alledem kommt allein in Betracht, die Unterhaltsansprüche der Klägerin und der Beigeladenen grundsätzlich gleich hoch zu bewerten, indes nicht im Verhältnis 4 : 2 : 2 (zum Versicherten). Bei der nötigen Gleichbewertung lässt der Senat jedoch - erneut zugunsten der Beigeladenen - unentschieden, ob sich diese Halbteilung der Unterhaltsansprüche an dem verfügbaren Einkommen des Unterhaltsverpflichteten abzüglich seines Selbstbehalts oder aber an den Mindestbedarfssätzen der beiden Ehefrauen orientiert, wie sie in den Richtlinien (insbesondere der Düsseldorfer Tabelle) enthalten sind. Mit der erkennbaren älteren Rechtsprechung der Zivilgerichte legt der Senat zugunsten der Beigeladenen die Mindestbedarfssätze zugrunde (vgl. ebenso: OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Januar 1984, FamRZ 1984, S. 904; OLG Stuttgart, Urteil vom 13. Dezember 1977, FamRZ 1978, S. 249; Palandt-Diederichsen, § 59 EheG Rn. 1). Diese Mindestbedarfssätze betrugen im Juli 1992 nach der Düsseldorfer Tabelle für einen Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebte (wie die Klägerin) 840,00 DM (FamRZ 1992, S. 398, 399). Zugunsten der Beigeladenen geht der Senat daher davon aus, dass der im Rahmen ihres Billigkeitsunterhalts zu berücksichtigende Unterhaltsanspruch der Klägerin nur 840,00 DM beträgt.

61

Der nach § 59 EheG als Abzugsposten des weiteren festzustellende Selbstbehalt des Versicherten richtet sich nach vielfacher Rechtsprechung der Zivilgerichte im Regelfall nach dem Mittelwert zwischen dem notwendigen Selbstbehalt und dem angemessen Eigenbedarf (Nachweise zur Rechtsprechung bei: Erman-Dieckmann, § 1581 BGB, Rn. 15, 19). Nach anderer Auffassung ist dagegen der sog. große Selbstbehalt zugrunde zu legen, und zwar im Regelfall als untere Grenze (Palandt-Diederichsen, a.a.O., § 1581 Rn. 24 unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH, die den Mittelwert zwischen notwendigem Selbstbehalt und angemessenem Unterhalt abgelehnt habe). Der Senat legt - wiederum zugunsten der Beigeladenen - nicht den sog. großen Selbstbehalt zugrunde (Düsseldorfer Tabelle im Juli 1992: 1.600,00 DM, NJW 1993, S. 310, 311), sondern den Mittelwert zwischen dem notwendigen Selbstbehalt (1.150,00 DM, NJW 1993, S. 310) und dem angemessenen Unterhalt (DM 2.777,01 : 2 = 1.388,50), also 1.269,25 DM. Dabei lässt der Senat zugunsten der Beigeladenen außerdem unentschieden, ob der Selbstbehalt im Rahmen der Billigkeit nicht deshalb höher anzusetzen wäre, weil der vom Versicherten zu zahlende Mietzins innerhalb des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes erheblich gestiegen war, nämlich ausweislich der Schreiben des Vermieters (Y.) vom 30. September 1991 und 16. Juli 1992 von bis dahin 587,11 DM mit Wirkung ab dem 1. Oktober 1992 auf 726,95 DM (Steigerung um ca. 23%).

62

Entgegen der Rechtsauffassung der Beigeladenen ist jedoch bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Versicherten im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand ein Mehrbedarf wegen Pflegebedürftigkeit zu berücksichtigen und vom Nettoeinkommen abzuziehen, wobei die Höhe des Mehrbedarfs der Schätzung gem. § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) unterliegt. Ob daneben, wie in den Beschlüssen des Amtsgerichts O. vom 21. September 1992 und 15. Oktober 1992 ausgeführt, noch 100, DM zusätzliche Medikamentenkosten als Abzugsposten berücksichtigungsfähig sind, lässt der Senat dabei jedoch - erneut zugunsten der Beigeladenen - offen:

63

Bei der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners ist besonderer Mehrbedarf zu berücksichtigen. Dieser kann infolge Krankheit, Unfall, Alter, Gebrechlichkeit oder Pflegebedürftigkeit entstehen. Der Mehrbedarf entsteht nicht nur dann, wenn der Unterhaltsverpflichtete infolge eigener Pflegebedürftigkeit eine fremde (gewerbliche) Pflegekraft beschäftigt, sondern entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch dann, wenn die Pflegeleistungen von der eigenen Ehefrau erbracht werden. Die in diesem Fall ersparten Fremdpflegekosten sind als Mehraufwendungen anzuerkennen (vgl. nur Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis - Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, 4. Aufl. 1997, Rn. 507 m.N.z. Rechtsprechung). Die Berücksichtigung dieser ersparten Pflegekosten wird u.a. damit begründet, dass die Pflege eines Schwerbehinderten durch die Ehefrau - entgegen der Rechtsansicht der Beigeladenen - über die im Rahmen der gegenseitigen Beistandspflicht der Ehegatten gem. §§ 1353, 1360 BGB geschuldete übliche Krankenpflege hinausgeht. Daneben rechtfertigt sich die Berücksichtigung aber auch dadurch, dass die von der Ehefrau erbrachten freiwilligen Leistungen allein für den Ehemann bestimmt sind und nicht (wegen der mit den ersparten Aufwendungen zur Verfügung stehenden höheren Unterhaltsfähigkeit des Pflegebedürftigen) anderen Unterhaltsberechtigten zugute kommen sollen (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995, XII ZR 80/94, NJW 1995, S. 1486, 1487, 1488; Wendl/Staudigl, a.a.O., Rn. 507). Diese Zwecksetzung der Vermeidung einer Bevorteilung Dritter kann zwar im Einzelfall hinfällig sein, etwa wenn die Ehefrau mit ihrer Pflege gerade auch den Unterhalt anderer Unterhaltsberechtigter (etwa ihrer Kinder) sichern bzw. verbessern will. Davon kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein, weil sich die Klägerin, die den Versicherten im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand gepflegt hat, gerade gegen eine eigene unterhaltsrechtliche Schlechterstellung durch die Inanspruchnahme durch die Beigeladene wehrt, und zwar in mehreren Instanzen des hier anhängigen Gerichtsverfahrens (vgl. ebenso: BGH, a.a.O., S. 1488).

64

Die ersparten Aufwendungen sind daher vorliegend als Mehrbedarf zu berücksichtigen. Die Höhe dieses zu berücksichtigenden Mehrbedarfs ist zwar - insoweit ist der Beigeladenen beizupflichten - grundsätzlich vom Unterhaltsschuldner anhand konkreter Tatsachen nachzuweisen, etwa durch Vorlage von Rechnungen für in Anspruch genommene gewerbliche Pflegekräfte. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen gilt dies jedoch nicht, wenn gewerbliche/geschäftsmäßige Dienstleistungen nicht in Anspruch genommen werden, sondern die Ehefrau freiwillig und unentgeltlich die überobligatorischen Leistungen erbringt. Dabei hat der Senat im Gegensatz zur Beigeladenen keinen Zweifel daran, dass diese überobligatorischen und unentgeltlichen Pflegeleistungen von der Klägerin auch tatsächlich erbracht worden sind. Denn nach den übereinstimmenden Feststellungen sowohl des behandelnden Arztes Dr. EB. als auch des vom Senat gehörten sozialmedizinischen Sachverständigen bestand erhebliche Pflegebedürftigkeit, ohne deren Erfüllung durch die Ehefrau der Versicherte seine letzten Lebensmonate, also den vorliegenden streitigen Zeitraum, nicht überlebt hätte. In diesen Fällen darf der ersparte Aufwand vom Gericht im Wege der Schätzung gem. § 287 ZPO festgestellt werden, die nach freier tatrichterlicher Würdigung zu erfolgen hat (Wendl/Staudigl, a.a.O., Rn. 341, 508 733-735; BGH, a.a.O., S. 1487, 1488).

65

Als Grundlage für diese auch hier notwendige Schätzung kann entgegen der Rechtsauffassung der Beigeladenen nicht auf öffentlich-rechtliche Vorschriften zurückgegriffen werden, da mit ihnen ein anderer Regelungszweck verfolgt wird als mit dem hier allein anzuwendenden zivilrechtlichen Unterhaltsrecht. So scheitert eine Schätzung aufgrund der - im 2. Halbjahr 1992 noch anwendbaren und von der Beigeladenen angesprochenen - §§ 53ff. SGB V a.F. schon daran, dass dieses Recht zwar die Finanzierung häuslicher Pflegehilfe bezweckte und entsprechende Leistungen vorsah, dabei jedoch gleichzeitig eine Begrenzung der daraus den Krankenkassen entstehenden Aufwendungen festschrieb, und zwar nach § 55 Abs. 1 Satz 5 SGB V a.F. auf den Zahlbetrag von 750,00 DM monatlich je Pflegefall. Diese Gesetzesregelung ist - entgegen der Rechtsauffassung der Beigeladenen - bereits deshalb nicht anwendbar, weil im vorliegend allein maßgeblichen zivilrechtlichen Unterhaltsrecht nur ausschlaggebend ist, welche notwendigen Aufwendungen ein Pflegebedürftiger zur Befriedigung seines Pflegebedarfs tatsächlich zu treffen hat, und zwar unabhängig von einem Grenzwert, insbesondere nicht eines solchen Grenzwerts, der dem Schutz öffentlicher Zwecke dient. Die §§ 53ff. SGB V a.F. bezweckten jedoch die Befriedigung des Pflegebedarfs gerade nicht im notwendigen und ansonsten unbegrenzten, sondern nur in demjenigen Umfang (bis zum Grenzwert von 750,00 DM), der die Finanzierbarkeit des gesetzlichen Krankenversicherungssystems nicht in Frage stellte, also einem öffentlich-rechtlichen Zweck diente und zwar unabhängig davon, ob damit der gesamte notwendige Pflegebedarf des Pflegebedürftigen auch wirklich abgedeckt wurde oder nicht (vgl nur Kasseler-Kommentar-Höfler, Stand Januar 1991, § 55 SGB V, Rn. 7, 8, u.a. mit Nachweisen zur Gesetzesbegründung).

66

Auch eine Anwendung des § 69 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) a.F. ist nicht möglich. Zwar hatte die - ebenfalls noch im 2. Halbjahr 1992 anwendbare - Vorschrift im Gegensatz zu §§ 53ff. SGB V keinen pauschalen Grenzbetrag, sondern solche Beträge festgelegt, die nach dem Umfang der Pflegebedürftigkeit gestaffelt waren, wenn diese gestaffelten Beträge auch in sich begrenzt waren und keineswegs der vollständigen Abdeckung des notwendigen Bedarfs dienten. Denn § 69 BSHG a.F. verfolgte maßgeblich eine öffentliche Zielrichtung und diente dem öffentlichen Zweck, den sich immer stärker abzeichnenden Pflegenotstand zu mildern. Die Vorschrift beschränkte sich deshalb darauf, allein Anreize für Angehörige zu schaffen, die Pflegebedürftigen zu Hause zu pflegen. Es sollten daher also nicht sämtliche notwendigen Pflegekosten abgedeckt werden (Schellhorn u.a., Das BSHG (Kommentar), 15. Aufl., § 69a, Rn. 13, 14 m.z.w.N.). Für solche öffentlich-rechtlich motivierten Leistungsbegrenzungen zum Schutz von Sozialleistungsträgern aber ist im privatrechtlichen Unterhaltsrecht kein Raum. Dies ist vom BGH (in einer vergleichbaren Konstellation) gerade für den Fall des § 69 BSHG ausdrücklich festgestellt worden (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995, XII ZR 80/94, NJW 1995, S. 1486, 1487, 1488 [BGH 22.02.1995 - XII ZR 80/94]). (Zur ganz anderen Frage einer"Schadensminderungspflicht" durch Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen: s. unten).

67

Die Schätzung gem. § 287 ZPO hat daher allein den zivilrechtlich maßgeblichen notwendigen Pflegeaufwand zu ermitteln, den ein Pflegebedürftiger zu betreiben hätte, wenn er sich die notwendigen Pflegeleistungen von privaten Dritten ggf. vertraglich in vollem Umfang und ohne eine öffentlich-rechtliche vorgesehene Grenze beschaffen müsste. Als Schätzungsgrundlage kommen nach Überzeugung des Senats deshalb nur Vergleichsbeträge in Betracht, die sich aus im 2. Halbjahr 1992 geschlossenen bzw. geltenden Werk- bzw. Dienstverträgen über die Leistungen von Pflegepersonen gegenüber Pflegebedürftigen ergeben. Bei diesen Verträgen richteten sich die Entgeltbeträge für Pflegeleistungen nach dem Umfang der erbrachten Pflegezeiten, die ihrerseits von der Art und Schwere der Erkrankung des Pflegebedürftigen abhingen, sowie nach den jeweiligen Kosten der Anfahrt zum Pflegebedürftigen. Die vom Senat insoweit angestellten Ermittlungen haben folgendes ergeben:

68

Dr. HB. hat in seinem Gutachten vom 25. Mai 2001 überzeugend ausgeführt, dass der Versicherte, der im 2. Halbjahr 1992 u.a. an einem metastasierenden Mundbodenkarzinom mit kachektischem (ausgezehrtem) Zustand nach Mundboden- und Zungenteilresektion, einem arteriosklerotischen Prozess mit arterieller Verschlusskrankheit der Beine und Durchblutungsstörungen der oberen Extremitäten, an einer Leberzirrhose sowie an einer diese Organbefunde überlagernden depressiven Symptomatik litt, bei allen Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens vollständig oder teilweise der Hilfe/Pflege bedurfte, insbesondere bei der Körperpflege, der Nahrungszubereitung und Nahrungsaufnahme, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung. So habe es angesichts massiver Schluckbeschwerden der Vorbereitung und Zuführung besonderer Nahrung sowie angesichts der nicht zuletzt durch die erhebliche Gewichtsreduktion ausgelösten allgemeinen Schwäche Hilfe bei allen körperlichen Bewegungen des Versicherten bedurft. Den vom Sachverständigen dafür insgesamt zugrundegelegten täglichen Pflegeaufwand von 233 Minuten kann der Senat daher ohne weiteres nachvollziehen und legt ihn der Schätzung nach § 287 ZPO zugrunde.

69

Soweit die Beigeladene gegen das Gutachten einwendet, es dürfe bei der Bemessung des Zeitaufwandes nicht nach denjenigen Verrichtungen und Zeiteinheiten gefragt werden, auf die es nach den Pflegeversicherungsrichtlinien ankomme, da diese erst zum 1. April 1995 in Kraft getreten seien, während im vorliegend maßgeblichen Zeitraum in 1992 solche Richtlinien noch nicht bestanden hätten, ist dem Folgendes entgegenzuhalten: Zwar trifft es zu, dass der Senat seine Beweisfragen an den Richtlinien des Pflegeversicherungsrechts ausgerichtet hat. Die Anwendung dieses Maßstabes ist jedoch sachlich gerechtfertigt, da er für die hier notwendige Schätzung gem. § 287 ZPO in besonderer Weise geeignet ist. Denn mit der Schätzung soll derjenige finanzielle Aufwand ermittelt werden, den der pflegebedürftige Versicherte in 1992 für seine Pflege durch Dritte fiktiv hätte erbringen müssen, insbesondere durch Abschluss eines privatrechtlichen Dienst- bzw. Werkvertrages. Privatrechtliche Dienst- bzw. Werkverträge im Bereich der Pflegetätigkeiten bemaßen aber bereits im Jahre 1992 das zu zahlende Entgelt an dem für die erforderlichen Pflegehandlungen zu erbringenden Zeitaufwand. Dies folgt aus dem Umstand, dass auch schon vor 1995 privatrechtliche und öffentlich-rechtlich in Auftrag gegebene Pflegeleistungen nach den einzelnen Pflegehandlungen bzw. den dazu erforderlichen Zeiteinheiten abgerechnet wurden. Dies wird gerade durch die vom Senat eingeholte Auskunft der IB. bestätigt, die ausweislich der beigezogenen Vertragsübersicht bereits in den Jahren 1990 und später einzelne Pflegehandlungen sowie Gesamtpflegeleistungen von privaten Pflegediensten/-personen zugunsten ihrer Versicherten erbringen ließ und mit den Leistungserbringern nach den einzelnen erbrachten Leistungen abrechnete. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen waren deshalb bereits im Jahre 1990 die Zeitmaße für einzelne Pflegeleistungen bekannt, die das später in Kraft getretene Pflegeversicherungsrecht mit seinen Richtlinien ebenfalls vorsah und die sogar weitgehend übernommen worden waren. Mit seinen Beweisfragen hat der Senat daher Kriterien zur Bemessung des Pflegeaufwandes zugrunde gelegt, die auch schon im Jahr 1992 maßgeblich waren und eine realistische Schätzung der seinerzeitigen Pflegeaufwendungen gem. § 287 ZPO ermöglichen.

70

Um die auf dieser Grundlage an den Vertragsunterlagen der JB. auszurichtende Schätzung weiter zu präzisieren, hat der Senat aus den zahlreichen regionalen Verträgen der IB. diejenigen als Schätzungsgrundlage zugrunde gelegt, die damals in Wohnsitznähe des Versicherten geschlossen wurden. Danach galten in 1992 folgende Vertragsbedingungen mit privaten Pflegepersonen/-diensten:

BezirkLaufzeitStundensatzFahrtkosten je Einsatz
Uelzen1.4.92 - 31.3.9313,75 DM5,50 DM
Stade1.7.91 - 30.6.9319,00 DM-
71

Von diesen Vertragsbedingungen hat der Senat - erneut zugunsten der Beigeladenen - nur diejenigen zugrundegelegt, die den niedrigsten Zahlbetrag aufwiesen. Dabei ist er im Hinblick auf die Fahrtkosten von nur 3 Pflegeinsätzen je Tag ausgegangen, obwohl der Sachverständige Dr. HB. für verschiedene Verrichtungen einen häufigeren Einsatz angenommen hat (Nahrungszubereitung, Mobilität: 6-8x). Einen nächtlichen Einsatz hat der Senat trotz der Feststellungen des Sachverständigen vollends außer acht gelassen. Unter diesen für die Beigeladene günstigen Bedingungen ergaben sich folgende Pflegeaufwendungen:

BezirkStundensatzFahrtkostenSumme: 233 Min./Tag + 3 Fahrten x 30 Tage
KB.13,75 DM5,50 DM53,35 + 16,5 = 69,85 x 30 = 2.095,50 DM/Monat
Q.19,00 DM-73,72 x 30 = 2.211,60 DM/Monat
72

Danach hätte der Versicherte im 2. Halbjahr 1992 gem. § 287 ZPO schätzungsweise im Mindestmaß 2.095,50 DM monatlich aufwenden müssen, um den für ihn notwendigen Pflegebedarf zu befriedigen.

73

Zugunsten der Beigeladenen legt der Senat allerdings nicht 2.095,50 DM, sondern einen um 351,00 DM niedrigeren Betrag zugrunde. Denn die vorliegende Berechnung erfolgt nur zum Zwecke der Ermittlung eines fiktiven Pflegeaufwandes. Deshalb ist rechtlich offen, ob sich der Pflegebedürftige dabei nach dem im Zivilrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben um eine Minderung des Pflegebetrages ("Schadensminderungspflicht") hätte bemühen müssen. Eine solche Minderung hätte u.U. dadurch erzielt werden können, dass öffentlich-rechtliche Pflegeleistungen in Anspruch genommen worden wären. Zwar gilt im gesamten materiellen Sozialrecht und Sozialversicherungsrecht der Grundsatz, dass keine rechtliche Verpflichtung eines Rechtssubjekts besteht, Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, was gegen eine Minderungspflicht sprechen könnte. Die Frage kann jedoch vom Senat unbeantwortet gelassen werden. Denn selbst bei Unterstellung einer Schadensminderungspflicht würde ein Unterhaltsanspruch der Beigeladenen nicht entstehen:

74

Als Anspruchsgrundlagen wären, da Leistungen für den Versicherten nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) oder nach Unfallversicherungsrecht nicht in Betracht kamen, allein § 69 BSHG oder nach §§53ff. SGB V in Betracht gekommen. Nach diesen Vorschriften hätte der Versicherte indes höchstens 351,00 DM mtl. beanspruchen können. Denn ein Anspruch nach §§ 53ff. SGB V a.F. (Höchstbetrag 750,00 DM) wäre bereits deshalb nicht in Betracht gekommen, weil er eine Pflegebedürftigkeit mindestens der Stufe IV nach § 35 BVG erfordert hätte (vgl. nur Kasseler-Kommentar-Höfler, Stand August 1992, § 53 SGB V, Rn. 23), die Stufe IV einen Pflegeaufwand von mindestens 5 Stunden und 30 Minuten erforderte (vgl. nur Kurz, Die erhöhte Pflegezulage, in: Die Kriegsopferversorgung 1973, S. 49, 51) und nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. HB. beim Versicherten ein Pflegeaufwand von lediglich 3 Stunden und 53 Minuten bestand. Ein noch höherer Anspruch (über 800,00 DM) nach § 69 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. 24 Abs. 2 BSHG i.V.m. Stufe III nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BVG scheitert daran, dass auch die Pflegestufe III (Mindestpflegezeit: 4 Stunden und 20 Minuten, vgl. nochmals Kurz a.a.O.) vorliegend nicht erreicht wurde. Ein Anspruch auf Pflegeleistungen wäre daher allenfalls nach dem Regelfall des § 69 Abs. 4 Satz 1 BSHG i.d.F. vom 07.07.1992 (BGBl. I, S. 1225) möglich gewesen, der Pflegegeld ab 01.07.1992 i.H.v. 351,00 DM vorsah. (Nachweise bei Schellhorn, Kommentar zum BSHG, 15. Aufl., § 69a, Rn. 10). Diesen Betrag legt der Senat der weiteren Berechnung zugrunde und lässt zugunsten der Beigeladenen ungeprüft, ob die Voraussetzungen der Norm überhaupt vorlagen.

75

Damit legt der Senat folgenden Mehrbedarf zugrunde, der als behinderungsbedingt zu berücksichtigen ist:

Schätzbetrag gem. § 287 ZPO 2.095,50 DM
- Schadensminderung351,00 DM
= Summe1.744,50 DM
76

Nach dieser Schätzung gem. § 287 ZPO war daher die Leistungsfähigkeit des Versicherten im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand um 1.744,50 DM zu mindern.

77

Zusammenfassend ergibt sich danach für die Leistungsfähigkeit im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand nach § 59 EheG, dass der Versicherte von seinem tatsächlichen Einkommen bei Berücksichtigung der notwendigen Absetzungen den Unterhaltsanspruch weder der Beigeladenen noch der Klägerin befriedigen konnte: Nettoeinkommen 2.777,01 DM abzgl. 1.269,25 DM an Selbstbehalt sowie abzgl. 1.744,50 DM an pflegebedingtem Mehraufwand = (- 236,74 DM) = 0,00 DM gegenüber den Unterhaltsansprüchen der beiden Ehefrauen i.H.v. 1.234,22 DM (Beigeladene) sowie mindestens 840,00 DM (Klägerin).

78

Einsatzmasse:

Nettoeinkommen2.777,01 DM
- Selbstbehalt des Versicherten1.269,25 DM
- Pflege-Mehrbedarf1.744,50 DM
=- 236,74 DM
Einsatzmasse = 0
79

Steht damit aber eine Einsatzmasse nicht zur Verfügung, kann der Unterhaltsanspruch der Beigeladenen nicht befriedigt werden.

80

Die für einen Unterhaltsanspruch nach § 243 SGB VI a.F. zu fordernden Höhe von 25% des zeitlich und örtlich maßgeblichen Sozialhilfesatzes (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. nur BSG, Urteil vom 17. September 1981, 4 RJ 17/80, SozR § 1265 RVO Nr. 58) betrug im vorliegenden Fall im Jahre 1992 im Land Hamburg (509,00 DM x 25% =) 127,25 DM (vgl. nur das zurückverweisende Urteil des BSG vom 30. Juni 1998), war aber mangels ausreichender Einsatzmasse nicht mehr zu beanspruchen.

81

Die Beigeladene verfügte daher nach allem im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand nicht über einen für § 243 SGB VI ausreichenden Unterhaltsanspruch nach § 59 EheG.

82

Dieses Ergebnis der Verneinung eines eigenen Unterhaltsanspruchs der Beigeladenen gegen den Versicherten im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand ergibt sich nicht allein rein rechnerisch. Die Ablehnung wird nach Überzeugung des Senats auch im Rahmen einer Billigkeitsprüfung im engeren Sinn bestätigt, die die zivilgerichtliche Rechtsprechung des BGH im Rahmen des Billigkeitsanspruchs vornimmt. Dadurch soll i.e.S. sichergestellt werden, dass das"rein rechnerische" Ergebnis der Prüfung des Unterhaltsanspruchs nicht allgemeinen Billigkeitsgesichtspunkten zuwiderläuft, die ein anderes Ergebnis zum Unterhaltsanspruch nahelegen würden (vgl. nur Palandt-Diederichsen, a.a.O:, § 1581 BGB, Rn. 25; Erman-Dieckmann, a.a.O., § 1581, 21). Eine solche Unbilligkeit der Ablehnung eines Unterhaltsanspruchs der Beigeladenen ist im vorliegenden Fall jedoch nicht zu erkennen. Vielmehr erscheint das rechnerische Ergebnis auch rechtlich billigenswert:

83

Es ist nicht unbillig, dass sich der Versicherte, der bis zum Sommer 1992 bereits einen langjährigen Prozess des körperlichen und mentalen Verfalls hinter sich hatte, in der letzten Phase seines Lebens nicht einem zusätzlichen Unterhaltsanspruch ausgesetzt sehen musste, der die eigene, vom bevorstehenden Tode gekennzeichnete Lebensführung sowie die Sicherstellung seiner Pflege hätte gefährden können (vgl. darüber hinaus zur Unzumutbarkeit bei altersbedingter geringer Umstellungsfähigkeit: OLG Köln, Urteil vom 20. Mai 1980, 4 UF 244/79, FamRZ 1980, 1006, 1007 [OLG Köln 20.05.1980 - IV UF 244/79]). Diese Einschätzung der gesundheitlichen Situation stützt der Senat auf die getroffenen medizinischen Feststellungen. So hat sich nach dem Bericht des Kreiskrankenhauses O. vom 23. September 1992 ein kachektischer Patient gezeigt (Auszehrung infolge verminderter Nahrungsaufnahme), der außer an einem Lungenemphysem, einer aktiven und fibrosierenden Entzündung bzw. einer Metastasierung des Bauchfelles auch an einer Bauchwassersucht litt, wobei anlässlich des stationären Aufenthaltes von den ca. 6 Litern Bauchwasser nur ca. 3 Liter hätten abgepumpt werden können. Nach Überzeugung des Senats befand sich der Versicherte danach jedenfalls seit Sommer 1992 nach langjähriger schwerer Krankheit in der Sterbephase. Diese Einschätzung wird bestätigt durch die Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. LB. vom 7. Dezember1999, wonach der Versicherte "in der letzten Phase seines Lebens schwerstkrank und auf die ständige intensive Pflege seiner Ehefrau angewiesen" gewesen war. Den Versicherten aber in seiner Sterbephase mit einem weiteren Unterhaltsanspruch zu überziehen, der überdies seine notwendige Pflege hätte gefährden können, erscheint unbillig, die Versagung eines solchen Anspruchs billig.

84

Eine Aufteilung der Witwenrente nach § 91 SGB VI durfte daher nicht vorgenommen werden. Das entgegenstehende Urteil des SG war aufzuheben und der die Witwenrente der Klägerin betreffende entgegenstehende Bescheid der Beklagten vom 5. März 1993 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides) abzuändern. Demgegenüber ist der die Witwenrente der Beigeladenen betreffende Bescheid (ebenfalls vom 5. März 1993) nicht Gegenstand dieses Verfahrens geworden (Rechtsprechung des BSG; vgl. nur: BSG, Urteil v. 30. August 2000, B 5 RJ 4/00 R, SozR 3-1200, § 34 SGB I, S. 1, 3; Kasseler-Kommentar-Gürtner, § 91 SGB VI, Randnoten 24 ff m.w.N.).

85

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Danach hat die Beklagte grundsätzlich die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Beigeladenen zu erstatten, da sie durch ihr rechtswidriges Unterlassen der gesetzlich vorgeschriebenen Aufklärung in ganz erheblichem Umfang zu dem Rechtsstreit in mehreren Instanzen Anlass gegeben und die ihr selbst obliegenden Ermittlungsaufgaben auf die Gerichte verlagert hat (so ausdrücklich das BSG zur Kostenentscheidung auf S. 9 seines Urteils). Dabei erschien allerdings dem Senat eine Kostentragungslast der Beklagten auch gegenüber der Beigeladenen nicht gerechtfertigt. Denn auch die Beigeladene hat ihrerseits prozessuale Pflichten verletzt und damit zur Verfahrensdauer beigetragen, indem sie eigene Einkünfte aus der BB. Zusatzversorgung sowie vom letzten Arbeitgeber zunächst verschwieg und erst nach Zurückverweisung des Rechtsstreits angegeben hat.