Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.04.2003, Az.: 13 PA 89/03
Anfechtungswiderspruch; Ausreisepflicht; Fristsetzung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.04.2003
- Aktenzeichen
- 13 PA 89/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 47948
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - AZ: 5 A 55/02
Rechtsgrundlagen
- § 42 Abs 2 AuslG
- § 42 Abs 3 AuslG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Gegen das Setzen einer Ausreisefrist bei vollziehbarer Ausreisepflicht ist der Anfechtungswiderspruch nicht gegeben, weil dadurch lediglich die ansonsten bestehende Pflicht zur unverzüglichen Ausreise gemildert wird.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt. Die Rechtsverfolgung bietet nicht hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Auch der Senat bezieht sich zur Begründung im Einzelnen auf die umfassende Begründung insbesondere in dem Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 28. Januar 2002. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht.
Die Klägerin beruft sich zur Begründung ihrer auf Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen nach § 80 Abs. 1 VwVfG gerichteten Klage darauf, dass sie gegen Verwaltungsakte der Beklagten Widersprüche eingelegt habe, die Erfolg gehabt hätten. Mithin müsse die Beklagte gemäß § 72 VwVfG auch über die Kosten entscheiden. Diese Rechtsauffassung geht fehl.
1. Die Klägerin meint, durch die Einstempelung einer Ausreiseaufforderung mit Fristsetzung in ihren Pass habe die Beklagte einen Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG) erlassen. Dies trifft nicht zu.
Die Klägerin war kraft Gesetzes gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1 AuslG vollziehbar zur Ausreise verpflichtet; denn sie war unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist und besaß eine Aufenthaltsgenehmigung nicht. Die Einstempelung der Ausreiseaufforderung in den Pass der Klägerin stellte damit eine bloße tatsächliche Handlung dar und ist nicht als behördliche Regelung zu werten. Dies räumt wohl auch die Klägerin ein; denn sie beruft sich im Wesentlichen in diesem Zusammenhang darauf, dass ihr gleichzeitig eine Frist zur Ausreise gesetzt worden sei.
Ob diese Fristsetzung selbständig als Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG anzusehen ist, kann dahinstehen; denn gegen diese Fristsetzung würde der Klägerin als rein begünstigender Regelung der Anfechtungswiderspruch mangels Beschwer nicht zustehen. Dies ergibt sich aus § 42 Abs. 3 Satz 1 AuslG, wonach der Ausländer grundsätzlich das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen hat. Durch das Setzen einer Ausreisefrist wird die Pflicht zum sofortigen Verlassen des Bundesgebietes dahingehend modifiziert, dass der Ausländer bis zum Ablauf der Frist verpflichtet ist, das Bundesgebiet zu verlassen. Das Setzen einer Ausreisefrist mildert lediglich zugunsten des Ausländers die ansonsten bestehende Pflicht zur unverzüglichen Ausreise (vgl. Renner, Ausländerrecht, 7. Aufl., § 42 AuslG, Rdnr. 8). Daher war gegen die lediglich begünstigende Fristsetzung das Widerspruchsverfahren nicht eröffnet.
2. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin ferner darauf, dass ein von ihr mündlich gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sogleich mündlich abgelehnt worden sei. Eine Regelung im Sinne des § 35 VwVfG durch die Behörde setzt einen entsprechenden Handlungswillen voraus. Ein solcher Handlungswille kann hier nicht unterstellt werden. Der Behördenmitarbeiter hat die Klägerin ersichtlich lediglich auf die von Gesetzes wegen bestehende Ausreisepflicht hingewiesen und die Ausreisefrist gesetzt. Es kann nicht unterstellt werden, er habe gleichzeitig einen nichtigen Verwaltungsakt – die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung bedarf der Schriftform (§ 66 Abs. 1 AuslG) - erlassen wollen. Dies bestätigt sich dadurch, dass der später durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin erhobene „Widerspruch“ erst als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung gewertet und entsprechend beschieden worden ist.