Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.04.2003, Az.: 13 LA 128/03

Diabetes mellitus; Insulinversorgung; Jugoslawien

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.04.2003
Aktenzeichen
13 LA 128/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 47950
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 21.01.2003 - AZ: 5 A 779/02

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Es bedarf der Klärung in einem Berufungsverfahren (grundsätzliche Bedeutung), ob die Versorgung mit Insulin in der BR Jugoslawien hinreichend gesichert erscheint.

Gründe

1

Zu Recht macht der Beteiligte die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG).

2

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsstreitigkeit, wenn sie eine rechtliche oder eine tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtseinheit der Klärung bedarf (BVerwGE 70, 24). Diese Voraussetzungen sind hier, soweit das Verwaltungsgericht der Klage der Klägerin zu 2) stattgegeben hat, gegeben.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass in der Person der Klägerin zu 2) Abschiebungshindernisse gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen. Dem liegt zugrunde, dass die Klägerin zu 2) unstreitig an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus leidet. Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage der beigezogenen Auskünfte zwar festgestellt, der Diabetes mellitus sei in der Bundesrepublik Jugoslawien grundsätzlich behandelbar, es komme aber gelegentlich zu Insulinengpässen, wobei diese von der Insulinform abhängig seien. Der Klägerin zu 2) könne zwar zugemutet werden, sich bei einer Rückkehr in ihre Heimat an einen Ort zu begeben, wo eine Behandlung ihre Erkrankung gewährleistet werden könne. Es sei aber nicht zumutbar, sie darauf zu verweisen, Insulin sei an wechselnden, vorher nicht bekannten Orten verfügbar.

4

Der Beteiligte hat in der Begründung des Zulassungsantrages nachgewiesen, dass die Behandelbarkeit bzw. Versorgung eines Diabetes mellitus im Kosovo von den Verwaltungsgerichten im Gerichtsbezirk des OVG Lüneburg unterschiedlich beurteilt werde. Zwar trifft es zu, dass angesichts unterschiedlichster Krankheitsbilder die Frage des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG bei Erkrankungen grundsätzlich nur für den Einzelfall beantwortet werden kann. Im vorliegenden Verfahren stellt sich die Frage jedoch in einer grundsätzlichen, verallgemeinerungsfähigen Form. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin zu 2) in ihrer Antragserwiderung vom 25. März 2003 ist das Verwaltungsgericht auf individuelle Krankheitsmerkmale, insbesondere auch sonstige bei ihr vorliegende Erkrankungen, in keiner Weise eingegangen. Das Verwaltungsgericht hat nicht einmal festgestellt, obwohl es in den Entscheidungsgründen diesen Gesichtspunkt für nicht unerheblich angesehen hat, welche Insulinform die Klägerin zu 2) benötigt. Es hat vielmehr allgemein angenommen, im Kosovo sei Insulin nicht regelmäßig überall gleichmäßig verfügbar, mit der Folge, dass die Klägerin zu 2) Gefahr laufe, sich das erforderliche Insulin an wechselnden, vorher nicht bekannten Orten besorgen zu müssen. Im vorliegenden Verfahren stellt sich also die Frage ausreichender Insulinversorgung im Kosovo in verallgemeinerungsfähiger Form. Ihre Klärung in einem Berufungsverfahren steht angesichts unterschiedlicher erstinstanzlicher Entscheidungspraxis im Interesse der Rechtseinheit.