Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.04.2003, Az.: 2 LA 28/03
Ausschlussklausel; Beihilfefähigkeit; Darlegungserfordernis; Elektroakupunktur; wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 24.04.2003
- Aktenzeichen
- 2 LA 28/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 47993
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 20.11.2002 - AZ: 1 A 126/00
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs 1 S 1 BhV
- § 5 Abs 4 BhV
- § 6 Abs 2 BhV
- § 124a Abs 4 S 4 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zur Frage der Beihilfefähigkeit der Elektroakupunktur nach Dr. Voll.
Gründe
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom
20. November 2002 zuzulassen, in dem das Verwaltungsgericht eine Beihilfegewährung für Aufwendungen für Elektroakupunkturtests nach Dr. Voll verneint hat, bleibt ohne Erfolg; denn die geltend gemachten Zulassungsgründe des Bestehens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), des Vorliegens besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) rechtfertigen eine Zulassung der Berufung nicht, weil die benannten Zulassungsgründe entgegen § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht hinreichend dargelegt worden sind.
1. Die Zulassung der Berufung erfordert, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO bezeichneten Zulassungsgründe eindeutig geltend gemacht und innerhalb der Antragsfrist aus sich heraus verständlich näher dargelegt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) wird, dass und aus welchen Gründen dieser Zulassungsgrund vorliegen soll. An die Darlegung sind nicht geringe Anforderungen zu stellen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.9.1997 - 12 L 3580/97 -, NdsVBl. 1997, 282; Bader, DÖV 1997, 442; ders., in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 1999, RdNrn. 27ff. zu § 124 a; Seibert, DVBl. 1997, 932; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2000, RdNr. 34 zu § 124 a). Die dem Revisionsrecht nachgebildete Darlegungspflicht bestimmt als selbständiges Zulässigkeitserfordernis den Prüfungsumfang des Rechtsmittelgerichts. Sie verlangt qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen. Das bloße Benennen oder Geltendmachen eines Zulassungsgrundes genügt dem Darlegungserfordernis ebenso wenig wie eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens oder gar eine - ergänzende - Bezugnahme hierauf (Schenke, aaO; vgl. auch Bader, NJW 1998, 409(410)). Insgesamt ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten (Teil-)Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschl. v. 21.1.2000 – 2 BvR 2125/97 -, DVBl. 2000, 407).
2. Soweit der Kläger die Gewährung einer Beihilfe i. H. v. 227,12 € (entspricht 444,21 DM – 70 % von 634,58 DM) für die seiner Ehefrau in Rechnung gestellte Behandlung des Arztes Dr. Dr. med. B. („Großer Elektroakupunkturtest n. Dr. Voll“ am 15.9.1999) begehrt, kommt eine Berufungszulassung mangels Darlegung eines Zulassungsgrundes schon deshalb nicht in Betracht, weil das Verwaltungsgericht einen Beihilfeanspruch des Klägers für die Behandlung seiner Ehefrau daran hat scheitern lassen, dass die Ehefrau im Jahre 1999 pflichtversichertes Mitglied einer Krankenkasse gewesen ist (Ausschlussgrund i. S. des § 5 Abs. 4 BhV) und weil sich der Zulassungsantrag (Schriftsätze v. 2. 1 u. 3.2.2003) hierzu nicht verhält.
3. Eine Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20. November 2002 kommt auch insoweit nicht in Betracht, als der Kläger für die an ihm selbst vorgenommenen Behandlungen des Arztes Dr. Dr. med. C. („Großer Elektroakupunkturtest n. Dr. Voll“ am 24.6. und 15.9.1999) eine Beihilfe i. H. v. 421,51 € (entspricht 824,41 DM – 70 % von 553,33 DM + 624,40 DM) begehrt; denn auch insoweit fehlt es an der hinreichenden Darlegung von Zulassungsgründen.
3.1 Die Berufung gegen das angefochtene Urteil vom 20. November 2002 ist, soweit es Behandlungen des Kläger betrifft, nicht gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
3.1.1 Wird - wie hier zunächst benannt - der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht, so ist für dessen Darlegung als Mindestvoraussetzung zu verlangen, dass geltend gemacht wird, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist, und die Sachgründe hierfür bezeichnet und erläutert werden.
Hiernach ist für die Darlegung hinreichend, dass sich ein Antrag nicht darauf beschränkt, die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung allgemein oder unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens anzuzweifeln, sondern hinreichend fallbezogen und substantiiert (insoweit hängen die Darlegungsanforderungen auch von Art und Umfang der Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ab) auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den für die Entscheidung maßgeblichen Rechts- und Tatsachenfragen eingeht, deren Unrichtigkeit mit zumindest vertretbaren, jedenfalls nicht unvertretbaren Erwägungen dartut und sich dazu verhält, dass und aus welchen Gründen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung auf diesen - aus der Sicht des Rechtsmittelführers fehlerhaften - Erwägungen beruht. Für das - gesondert zu prüfende - Darlegungserfordernis reicht es auch bei einer - objektiv im Ergebnis (eindeutig) unrichtigen - Entscheidung jedenfalls nicht aus, dass die Unrichtigkeit lediglich allgemein behauptet wird, sich diese aber nicht aus dem Antrag selbst, sondern erst nach einer Durchsicht der Akten erschließt. Ernstliche Zweifel i. S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen dann vor, wenn der Erfolg des Rechtsmittels (mindestens) ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.1.1999 - 12 L 5431/98 -, NdsVBl. 1999, 93; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Januar 2002, RdNrn. 395g, h zu § 80; Schenke, aaO, RdNr. 7 zu § 124). Hierbei reicht es aus, dass ein die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschl. v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458(1459) = NdsVBl. 2000, 244(245) = NVwZ 2000, 1163).
3.1.2 Nach diesem Maßstab hat der Kläger einen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2
Nr. 1 VwGO nicht hinreichend dargelegt.
Der Kläger macht hierzu geltend, das Verwaltungsgericht habe in dem angefochtenen Urteil eine Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine Elektroakupunktur nach Dr. Voll mit der Erwägung verneint, bei dieser Behandlungsmethode handele es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Methode, weil die überwiegende Zahl der sog. Schulmediziner diese Behandlungsmethode nicht anerkenne; es sei aber „nicht nachvollziehbar, warum eine Heilmethode die Anerkennung durch die überwiegende Zahl der Schulmediziner erfahren <müsse>, bevor sie als wirksam und wissenschaftlich anerkannt gelten“ könne. Vielmehr könne „im Hinblick auf <die zwischen Schul- und Alternativmedizinern bestehenden> unüberbrückbaren Gegensätze vernünftigerweise nur darauf abgestellt werden, ob sich die entsprechende Methode in wissenschaftlich fundierten Tests und Forschungen generell als medizinisch wirksam herausgestellt“ habe. Dies habe das angefochtene Urteil verkannt und damit die Anforderungen, die „an die wissenschaftliche Anerkennung einer Heilmethode im beihilferechtlichen Sinne <zu stellen seien>, zu hoch angesetzt“ und damit im Gegensatz zu der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „die Kriterien für die wissenschaftliche Anerkennung einer Heilmethode strenger formuliert als das Bundesverwaltungsgericht“. Mit diesen Ausführungen ist es dem Kläger aber nicht gelungen, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hervorzurufen.
Der Senat kann hierbei offen lassen, ob es für den Ausschluss der Beihilfefähigkeit einer Behandlung als einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode i. S. des
§ 6 Abs. 2 BhV darauf ankommt, ob unter der herrschenden oder doch überwiegenden Mehrheit der mit dieser Heilmethode befassten Wissenschaftler (s. dazu BVerwG, Urt. v. 29.5.1995 – BVerwG 2 C 15.94 -, Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 15 = DÖV 1996, 37 = ZBR 1996, 48 = NJW 1996, 801(802) u. Urt. v. 18.6.1998 – BVerwG 2 C 24.97 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 10 = NJW 1998, 3436) die Mehrheit der sog. Schulmediziner zu verstehen ist (so offenbar das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil und Topka/Möhle, Kommentar zum Beihilferecht Niedersachsens und des Bundes, Stand: Feb. 2003, RdNr. 20.4 zu § 6 Abs. 2 unter Berufung auf den Beschl. des Bundesverwaltungsgerichts v. 15.3.1984 – BVerwG 2 C 2.83 -, NJW 1985, 1413) oder ob – wie der Kläger und das Verwaltungsgericht Hannover (Urt. v. 28.8.2001 – 13 A 6567/99 -) meinen – nicht auf die Bewertung der betreffenden Methode durch die sog, Schulmedizin abzustellen ist, sondern auf die überwiegende Mehrheit derjenigen Personen, die sich von dritter Seite als Wissenschaftler in einem wissenschaftlichen Verfahren mit der Frage der Wirksamkeit der Methode auseinandergesetzt haben. Denn auch wenn man nicht auf die „herrschende oder doch überwiegende Meinung“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.6.1998, aaO) in der sog. Schulmedizin abstellen wollte, könnte dies hier nicht zum Erfolg des auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützten Zulassungsbegehrens des Klägers führen. Der Kläger hätte nämlich im Zulassungsantrag, d. h. in dem seinen Zulassungsantrag begründenden Schriftsatz vom 3. Februar 2003 darlegen müssen (s. Tz. 1. u. 3.1.1), dass zumindest von den an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der für die Elektroakupunktur zuständigen medizinischen Fachrichtung tätigen Personen (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.6.1995, aaO, S. 802) auch unter den sog. Alternativmedizinern eine überwiegende Mehrheit die Erfolgsaussichten der Elektroakupunktur als geeignet und wirksam einschätzt. Hieran fehlt es aber; denn der Kläger hat sich in seinem Schriftsatz vom 3. Februar 2003 damit begnügt, insoweit lediglich die bloße Behauptung aufzustellen, die Wirksamkeit der Elektroakupunktur sei in breit angelegten medizinischen Studien nachgewiesen worden, ohne dass von ihm hierfür auch nur ein einziger Beleg benannt worden ist. Zwar hat der Kläger in diesem Zusammenhang auf die von ihm „im Verfahren vorgelegten Belege“ verwiesen, diese Bezugnahme erfüllt aber schon deshalb nicht das Darlegungserfordernis, weil die Darlegung eines Zulassungsgrundes in dem Zulassungsantrag aus sich heraus verständlich sein muss, (grundlegende) Bezugnahmen auf den erstinstanzlichen Vortrag aber gerade nicht zulässig sind (s. Tz. 1.).
Hiervon abgesehen ist der Kläger auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht den Nachweis schuldig geblieben, bei der Elektroakupunktur handele es sich aufgrund von seriösen wissenschaftlichen Studien um eine zumindest unter den sog. Alternativwissenschaftlern überwiegend als wirksam und geeignet anerkannte Heilmethode. Allerdings hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 1. August 2001 entsprechende Behauptungen aufgestellt und sich hierzu auf vier wissenschaftliche Veröffentlichungen sowie auf die Stellungnahmen des Gesundheitsamtes des Landkreises D. (nicht E.) vom
18. Mai 1999 und vom 6. Januar 2000 bezogen. Dem Schriftsatz vom 1. August 2001 waren aber ausweislich des Eingangsstempels des Verwaltungsgerichts die bezeichneten wissenschaftlichen Aufsätze nicht beigefügt, im Übrigen sind diese Aufsätze auch anderweitig – etwa durch Überreichung in der mündlichen Verhandlung vom 20. November 2002 – nicht zur Akte gelangt. Des Weiteren wird in den Stellungnahmen des Gesundheitsamtes lediglich auf die Ähnlichkeit der Elektroakupunktur nach Dr. Voll zur klassischen chinesischen Akupunktur, deren Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen sei, und auf die Heilerfolge in dem Einzelfall des Klägers hingewiesen. Von einem Nachweis der allgemeinen Anerkennung der Elektroakupunktur auch nur im Kreis der sog. Alternativmediziner kann daher selbst unter Berücksichtung des Vorbringens erster Instanz keine Rede sein.
Auch soweit der Kläger meint, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergäben sich daraus, dass das Verwaltungsgericht in Verkennung der in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 1998 (aaO) aufgestellten Grundsätze die Anforderungen an die wissenschaftliche Anerkennung einer Heilmethode im beihilferechtlichen Sinne zu hoch angesetzt habe, fehlt es an einer hinreichenden Darlegung ernstlicher Zweifel i. S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dies folgt schon daraus, dass die Darlegung zum Beleg ihrer These Passagen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 1998 anführt, die sich nicht auf den in der Darlegung nur behandelten Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen nach § 6 Abs. 2 BhV, sondern darauf beziehen, ob in Ausnahmefällen der Dienstherr aufgrund des von der Fürsorgepflicht getragenen Gebots des § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV verpflichtet sein kann, eine Beihilfe zu dem Grunde nach notwendigen Aufwendungen auch dann zu leisten, wenn sich eine wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode für bestimmte Erkrankungen noch nicht herausgebildet hat. Beruht die Darlegung damit aber auf einer unzureichenden Beachtung der Voraussetzungen möglicher, aber unterschiedlicher Anspruchsgrundlagen, so muss sie sich schon aus diesem Grunde als unzureichend erweisen.
3.2 Eine Zulassung der Berufung kommt auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Betracht.
3.2.1 Die Anforderungen, die an die Darlegung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu stellen sind, sind daran auszurichten, dass der Gesetzgeber mit diesem Zulassungsgrund (negativ) an die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides (§ 84 VwGO) und die Übertragung an den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) angeknüpft hat (dass dieser Zulassungsgrund vorliegt, wird indes nicht schon dadurch indiziert, wenn das Verwaltungsgericht den Rechtsstreit nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen, sondern durch die Kammer entschieden hat: Nds. OVG, Beschl. v. 16.9.1997 - 12 L 3580/97 -, NdsVBl. 1997, 282 u. Senat, Beschl. v. 10.2.2003 – 2 L 2953/01 -). Jedenfalls keine "besonderen Schwierigkeiten" i.S.des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bereiten solche Rechtsstreitigkeiten, die ohne Weiteres durch einfache Anwendung einer eindeutigen Rechtsvorschrift auf einen klar zutage liegenden Sachverhalt gelöst werden können.
Für die Darlegung reicht es dann aber nicht aus, wenn lediglich jeder richterlichen Rechtsanwendung immanente Probleme (und sei es unter Heranziehung in Rechtsprechung und Schrifttum aufbereiteter Rechtsfragen) bezogen auf einen im Kern geklärten (entscheidungserheblichen) Sachverhalt oder die Notwendigkeit der Aufbereitung und der Würdigung des Tatsachenstoffes aufgezeigt werden. Erforderlich ist grundsätzlich vielmehr, dass in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die fortbestehenden besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten als solche benannt werden, wobei der Darlegungslast genügt wird, wenn im Zulassungsantrag mit erläuternden Hinweisen ein erheblicher Begründungsaufwand der angefochtenen Entscheidung angesprochen wird. Soweit im Zulassungsantrag geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht sei auf bestimmte tatsächliche und/oder rechtliche Aspekte nicht oder fehlerhaft eingegangen, ist es erforderlich, dass im Zulassungsantrag diese Gesichtspunkte dargestellt und in ihrem Schwierigkeitsgrad plausibel gemacht werden (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschl. v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 (1459) = NdsVBl. 2000, 244 (245) = NVwZ 2000, 1163).
3.2.2 Nach diesen Anforderungen hat der Kläger auch nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO einen Zulassungsgrund nicht aufzuzeigen vermocht; denn insoweit fehlt es ebenfalls an einer hinreichenden Darlegung dieses Zulassungsgrundes.
Soweit der Kläger das Vorliegen besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten behauptet und hierzu geltend macht, es müsse in einem zuzulassenden Berufungsverfahren geklärt werden, „inwieweit in der medizinischen Fachliteratur die Elektroakupunktur nach Dr. Voll anerkannt“ sei (oder ob dies nicht der Fall sei), erweist sich die Darlegung aus den schon zum Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO angeführten Gründen als unzulänglich (s. Tz. 3.1.2). Auch insoweit lässt nämlich die Darlegung des Zulassungsantrages, aber auch der Vortrag erster Instanz die gebotene nähere Auseinandersetzung damit vermissen, ob und in welchem Umfang die genannte Therapieform selbst in der sog. Alternativmedizin als geeignet und wirksam angesehen wird.
Die gleichen Überlegungen gelten für die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten i. S. des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; denn auch insoweit begnügt sich die Darlegung mit der Behauptung, es sei rechtlich umstritten „wie weitreichend die Anforderungen an den Nachweis und <den> Grad der wissenschaftlichen Anerkennung alternativer Heilmethoden“ für eine Beihilfefähigkeit sein müssten. Hierzu reicht es aber nicht aus, auf die unterschiedlichen Interpretationen der Ausschlussklausel des § 6 Abs. 2 BhV durch zwei Verwaltungsgerichte hinzuweisen, insbesondere, wenn es sich wie hier um unterschiedliche Behandlungsmethoden zur Behandlung unterschiedlicher Leiden (einerseits Elektroakupunktur nach Dr. Voll zur Behandlung von "Kieferostitis, chronischer Endzündung der Hirnrinde, Homocystenämie und Tinnitus" und anderseits Bioresonanztherapie zur Behandlung multipler Allergien und einer ausgeprägten Immundefizenz) handelt. Auch der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 1998 (aaO) ist insoweit nicht weiterführend, weil sich das Verwaltungsgericht Hannover in seinem Urteil vom 28. August 2001 – 13 A 6567/99 – auf diese Entscheidung nicht im Rahmen der in dem Zulassungsantrag nur problematisierten Ausschlussklausel des § 6 Abs. 2 BhV, sondern lediglich im Zusammenhang mit der in Ausnahmefällen gegebenen Anspruchsgrundlage aus § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV berufen hat.
3.3 Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist von dem Kläger nicht hinreichend dargelegt worden.
3.3.1 Wird der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache geltend gemacht, so ist eine eine Zulassung der Berufung eröffnende Grundsatzfrage nur dann i. S. des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufgeworfen wird, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist sowie im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss. Der Zulassungsantrag muss eine konkrete Frage aufwerfen, deren Entscheidungserheblichkeit erkennen lassen und (zumindest) einen Hinweis auf den Grund enthalten, der das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll (Meyer-Ladewig, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, aaO, RdNr. 30 zu § 124; Schenke, aaO, RdNr. 10 zu § 124) Für die Darlegung reicht es aus, dass die aufgeworfene Grundsatzfrage rechtlich derart aufbereitet wird, wie dies nach Maßgabe der Begründung in der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts erforderlich ist. Insgesamt ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten
(Teil-)Rechtsweges in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert. Diese Voraussetzungen sind dann nicht gegeben, wenn sich die Frage so, wie sie mit dem Antrag aufgeworfen worden ist, im Rechtsmittelverfahren nicht stellt, ferner dann nicht, wenn sich die Frage nach dem Gesetzeswortlaut ohne weiteres eindeutig beantworten lässt (BVerwG, Beschl. v. 8.12.1985 - BVerwG 1 B 136.85 -, Buchholz 130 § 22 RuStAG, S. 2) oder sie in der Rechtsprechung - namentlich des Bundesverwaltungsgerichts oder des erkennenden Senats - geklärt ist.
3.3.2 Diesen Maßstab verfehlt die Darlegung, wenn sie die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig aufwirft, es müsse geklärt werden, „welche Anforderungen generell an den wissenschaftlichen Anerkennungsgrad alternativer Heilmethoden zu stellen <seien>, damit diese als beihilfefähig anerkannt werden“ könnten. Die Fragen, welche generellen Anforderungen an Heilmethoden zu stellen sind, damit diese als wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode angesehen werden können und nicht unter die Ausschlussklausel des § 6 Abs. 2 BhV fallen, ist nämlich bereits allgemein in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 15.3.1984, v. 29.6.1995 u. v. 18.6.1998, jeweils aaO), aber auch des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 10.11.1998
– 5 L 2829/96 – u. Beschl. v. 15.5.2002 – 2 LA 254/01 -), in der sich beide mit Beihilfefragen befassten Senate der o. g. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen haben, geklärt.
Auch soweit es um den Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 6 Abs. 2 BhV der hier umstrittenen Behandlungsmethode der Elektroakupunktur geht, liegt eine grundsätzliche Klärung in Gestalt des Urteils des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom
10. November 1998 – 5 L 2829/96 – bereits vor, in dem eine Beihilfefähigkeit verneint worden ist. Einen erneuten Klärungsbedarf zeigt die Darlegung nicht auf, die es versäumt hat, in der gebotenen Auseinandersetzung (s. Tz. 3.3.1) mit dem Urteil vom 10. November 1998 und den dort für einen Ausschluss angestellten Erwägungen auch nur geltend zu machen, es sprächen nunmehr gewichtige Gründe für eine Neubewertung i. S. einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung dieser Behandlungsmethode.
3.4 Schließlich kann auch die von dem Kläger geltend gemachte Divergenz der angefochtenen Entscheidung zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 1998 (aaO) nicht zur Zulassung der Berufung führen.
3.4.1 Eine die Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO rechtfertigende Abweichung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung einen entscheidungserheblichen abstrakten Grundsatz (Rechtssatz) tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgestellt hat, der mit einem ebensolchen Grundsatz in einer Entscheidung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeführten Gerichte nicht übereinstimmt. Ein solcher Grundsatz (Rechtssatz), den das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat, muss zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen sein, er muss sich aber aus der angefochtenen Entscheidung hinreichend deutlich ergeben. Eine Abweichung i. S. des
§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liegt dagegen nicht vor, wenn das Verwaltungsgericht einen im Einzelfall nicht in Frage gestellten Grundsatz (Rechtssatz) stillschweigend übergeht, nicht hinreichend anwendet, außer Acht lässt oder (rechtsfehlerhaft) für nicht anwendbar erachtet (vgl. Senat, Beschl. v. 19.04.2001 – 2 LA 1298/01 -). In diesem Fall liegt nämlich lediglich eine Rechtsanwendungsdivergenz vor, durch den die Rechtseinheit nicht Frage gestellt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.7.1995 – BVerwG 9 B 18.95 -).
3.4.2 Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Kläger eine nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO beachtliche Divergenz nicht dargelegt. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich der Kläger für die von ihm im Zulassungsantrag nur betrachteten Erwägungen zu § 6
Abs. 2 BhV auf Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in dem Urteil vom 18. Juni 1998 (aaO, S. 802) bezieht, die eine weitere, sich aus der Fürsorgepflicht und § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV möglicherweise ergebende Anspruchsgrundlage betreffen, wie dies schon zum Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO näher dargelegt worden ist (s. Tz. 3.1.2). Im Übrigen läge allenfalls eine nicht zur Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO führende Rechtsanwendungsdivergenz vor, weil das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und namentlich dem Urteil vom 18. Juni 1998 gefolgt ist.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertentscheidung aus den §§ 13 Abs. 2, 14 GKG.