Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 21.08.2003, Az.: 13 Verg 13/03

Ausschreibung von Erdarbeiten und Straßenbauarbeiten für die Bundesstraße 68; Asphaltierung einer Brückenfläche mit Splittmastixasphalt; Nachprüfung eines Vergabeverfahrens hinsichtlich der Wertung von Nebenangeboten; Technische Gleichwertigkeit von Kompaktasphalt und Splittmastixasphalt

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
21.08.2003
Aktenzeichen
13 Verg 13/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 44769
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2003:0821.13VERG13.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VK Niedersachsen - 27.05.2003 - AZ: 04/03

Fundstellen

  • EUK 2003, 140
  • IBR 2003, 570
  • ZfBR 2003, 830 (amtl. Leitsatz)

In der Vergabesache
...
hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie
der Richter am Oberlandesgericht ...und ...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
5. August 2003
beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer bei dem Niedersächsischen Landesamt für Straßenbau vom 27. Mai 2003 aufgehoben. Dem Auftraggeber wird aufgegeben, bei der Wertung der Angebote das Nebenangebot Nr. 2 der Antragstellerin nicht wegen Unvollständigkeit oder wegen fehlender Gleichwertigkeit auszuschließen. Der weitergehende Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin haben der Antragsgegner und die Beigeladene als Gesamtschuldner zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin haben der Auftraggeber und die Beigeladene je zur Hälfte zu tragen.

Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer und im Beschwerdeverfahren notwendig war.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 203.910,03 EUR festgesetzt.

Gründe

1

I.

Das Straßenbauamt ... schrieb im Januar 2003 Erd- und Straßenbauarbeiten für die Bundesstraße 68, Ortsumgehung ... europaweit im offenen Verfahren aus. Die 2,068 km lange Ausbaustrecke der Bundesstraße 68 ist in der Baubeschreibung als Achse 10 bezeichnet. Auf dieser Strecke soll ein bituminöser Oberbau hergestellt werden, der gemäß Leistungsverzeichnis aus drei Schichten (10 cm Asphalttragschicht, 8 cm Asphaltbinder und 4 cm Splittmastixasphalt, Bauklasse II) bestehen soll. In den Brückenabschnitten "Ber 1", "Ber 4", "Ber 7" und "Ber 8" ist nach der Baubeschreibung (nur) eine Schicht Splittmastixasphalt "entsprechend der Straßendeckschicht" herzustellen. Diese Brückenflächen betragen 2.412 qm. Der Auftraggeber übersah bei der Massenberechnung, dass auf den Brücken nur eine Schicht Splittmastixasphalt herzustellen ist, und gab im Leistungsverzeichnis bei den Massen der Asphalttragschicht, des Asphaltbinders und des Splittmastixasphalts jeweils 41.100 qm an.

2

An dem Vergabeverfahren beteiligten sich u.a. die Antragstellerin und die Beigeladene, die jeweils ein Hauptangebot und mehrere Nebenangebote abgaben. Das Nebenangebot Nr. 2 der Antragstellerin beinhaltet anstatt der 8 cm dicken Schicht Asphaltbinder und der 4 cm dicken Schicht Splittmastixasphalt einen sogenannten Kompaktasphalt, der aus einer 10 cm dicken Schicht Asphaltbinder und einer 2 cm dicken Schicht Splittmastix-Asphalt besteht. Beide Schichten werden beim Kompaktasphalt in einem Arbeitsgang "heiß auf heiß" aufgetragen. In dem Nebenangebot der Antragstellerin werden die Positionen des Leistungsverzeichnisses 2.1.25 "41.100 qm Asphaltbinder einbauen" und 2.1.27 "41.100 qm Splittmastix-Asphalt f.b.BA einbauen" ersetzt durch die Positionen "41.100 qm Asphaltbinder einbauen wie Pos. 2.1.25, jedoch 10 cm" und "41.100 qm Splittmastixasphalt einbauen wie Pos. 2.1.27, jedoch 2 cm". Die durch das Nebenangebot erzielten Einsparungen sind mit 44.023,16 EUR angegeben.

3

Bei der Auswertung der Angebote gelangte der Auftraggeber zu dem Ergebnis, dass das Angebot der Beigeladenen unter Berücksichtigung der Nebenangebote Nr. 2, 4, 5 und 6 mit einer Summe von 4.713.096,39 EUR an erster Stelle und das Angebot der Antragstellerin unter Berücksichtigung des Nebenangebots Nr. 3 mit einer Summe von 4.733.588,39 EUR an zweiter Stelle liege.

4

Der Auftraggeber teilte der Antragstellerin in der Bieterinformation gemäß § 13 VgV mit, dass das Nebenangebot Nr. 2 nicht berücksichtigt werde und erklärte:

"Nach Untersuchungsergebnissen der BAST/BMVBW ist der Kompaktasphalt technisch gleichwertig. Durch die Reduzierung der Dicke der Deckschicht gegenüber der Binderschicht kann jedoch der Kompaktasphalt nur dann als gleichwertig gewertet werden, wenn dies bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe ausdrücklich als gleichwertig bezeichnet worden ist".

5

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, dass der Auftraggeber das Nebenangebot Nr. 2 zu Unrecht bei der Wertung nicht berücksichtigt habe. Das Nebenangebot sei gleichwertig im Sinne der §§ 21 Nr. 2 VOB/A, 25 Nr. 4 VOB/A. Davon sei auch der Auftraggeber in der Mitteilung gemäß § 13 VgV ausgegangen. Mit der Bejahung der technischen Gleichwertigkeit habe der Auftraggeber ein Wertungsermessen ausgeübt. Es sei ihm verwehrt, diese Beurteilung im Nachprüfungsverfahren durch eine andere zu ersetzen. Soweit der Auftraggeber ausgeführt habe, Kompaktasphalt könne nur dann als gleichwertig gewertet werden, wenn dieser bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe ausdrücklich als gleichwertig bezeichnet worden sei, sei das rechtsfehlerhaft. Mit Nebenangeboten sollten gerade technische Innovationen, die der Auftraggeber nicht bedacht habe, Eingang ins Vergabeverfahren finden. Im Übrigen sei die technische Gleichwertigkeit des Kompaktasphalts gegenüber der ausgeschriebenen Bitumendecke tatsächlich gegeben.

6

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen und ausgeführt: Zwar sei das Nebenangebot Nr. 2 der Antragstellerin als gleichwertig anzusehen. Soweit der Auftraggeber erklärt habe, die Wertung als gleichwertig scheitere an einem entsprechenden Hinweis in den Vergabeunterlagen, treffe dies nicht zu. Jeder Bieter habe die kompakte Asphaltbauweise kennen und selbst eine Entscheidung für moderne Fertigungsmethoden treffen können. Die Gleichwertigkeit des Nebenangebots sei auch nicht im Hinblick auf die geringere Dicke der Schicht Splittmastixasphalt zu verneinen. Die Ausschreibungsunterlagen enthielten insoweit keine Mindestanforderungen. Dennoch sei das Nebenangebot nicht zu werten, weil es nicht erschöpfend und eindeutig im Sinn des § 21 Nr. 2 Satz 2 VOB/A sei. Aus der Baubeschreibung ergebe sich, dass auf den Brückenbauwerken eine 4 cm dicke Schicht als Splittmastixasphalt entsprechend der Position 02.01.0027 des Leistungsverzeichnisses, anders als bei der übrigen Fahrbahn aber keine Binderschicht eingebaut werden solle. Eine Kompaktasphalt-Bauweise im Bereich Brückenbauwerke sei aus bautechnischer Sicht nicht ausführbar. Die Antragstellerin habe daher für den Bereich der Brücken eine zusätzliche Position in das Nebenangebot aufnehmen müssen. Das sei nicht der Fall.

7

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie in erster Linie erreichen will, dass der Auftraggeber ihr den Zuschlag auf ihr Hauptangebot einschließlich des Nebenangebots Nr. 2 erteilt. Außerdem macht die Antragstellerin geltend, dass die Nebenangebote Nr. 2, 4, 5 und 6 der Beigeladenen von der Wertung auszuschließen seien. Der Auftraggeber und die Beigeladenen beantragen, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

8

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt. Sie hat im Wesentlichen auch in der Sache Erfolg. Der Auftraggeber muss die Wertung erneut vornehmen. Er darf das Nebenangebot Nr. 2 der Antragstellerin nicht wegen Unvollständigkeit oder wegen fehlender Gleichwertigkeit von der Wertung ausschließen.

9

1.

Die Vergabekammer hat zutreffend angenommen, dass das Nebenangebot Nr. 2 nicht wegen fehlender Gleichwertigkeit von der Wertung ausgeschlossen werden darf.

10

Der Auftraggeber hat zwar im Vergabevermerk vom 20. März 2003 die Gleichwertigkeit mit der Begründung verneint, dass die Kompaktasphalt-Bauweise in den aktuellen Regelwerken nicht enthalten sei, und dass gesicherte Aussagen über die Vor- und Nachteile derartiger Fahrbahnausbauten nicht für einen längeren Nutzungszeitraum vorlägen. Von dieser Bewertung hat der Auftraggeber jedoch Abstand genommen. In einem handschriftlichen Zusatz zu dem Vergabevermerk hat er ausgeführt, dass nach den Untersuchungsergebnissen der BAST/BMVBW der Kompaktasphalt technisch gleichwertig sei. Diese Auffassung hat er der Antragstellerin in der Bieterinformation gemäß § 13 VgV mitgeteilt.

11

Nicht tragfähig ist die Erklärung des Auftraggebers in der Bieterinformation, Kompaktasphalt könne nur dann als gleichwertig gewertet werden, wenn er bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe ausdrücklich als gleichwertig bezeichnet worden sei. Nebenangebote sind zu werten, es sei denn der Auftraggeber hat sie in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen nicht zugelassen (§ 25 Nr. 5 VOB/A). Wird mit einem Nebenangebot eine andere als die in den Ausschreibungsunterlagen verlangte Bauweise angeboten, so setzt die Zulässigkeit des Nebenangebots in aller Regel nicht voraus, dass der Auftraggeber diese Bauweise ausdrücklich als zugelassen oder erwünscht bezeichnet hat. Denn die Nebenangebote sollen dem Auftraggeber gerade die Kenntnis von anderen, ihm nicht bekannten oder von ihm nicht bedachten Ausführungsmöglichkeiten vermitteln. Besondere Gründe, weshalb es hier anders sein sollte, trägt der Auftraggeber nicht vor.

12

2.

Anders als die Vergabekammer meint, lässt sich der Ausschluss des Nebenangebots auch nicht damit begründen, dass das Nebenangebot im Hinblick auf die Brückenflächen nicht erschöpfend und eindeutig im Sinne des § 21 Nr. 2 Satz 2 VOB/A gewesen sei.

13

a)

Das Leistungsverzeichnis und die Leistungsbeschreibung sind dahin auszulegen, dass Gegenstand des Auftrags auch die Bitumendecke auf den Brückenabschnitten "Ber 1", "Ber 4", "Ber 7" und "Ber 8" der Achse 10 sein soll.

14

In der Baubeschreibung heißt es zu diesen Brückenbereichen ausdrücklich, die Brückendeckschicht werde aus Splittmastixasphalt entsprechend der Straßendeckschicht hergestellt (S. 11, 13 f. d. Baubeschreibung). An anderer Stelle wird der Aufbau der Brückendeckschichten in den vier Bereichen ausdrücklich beschrieben mit "4,0 cm Splittmastixasphalt..." (S. 20 der Baubeschreibung). Dass die Brückendeckschichten in der Bauklasse II herzustellen sind, ergibt sich aus der Beschreibung, "Die Brückendeckschicht wird aus Splittmastixasphalt entsprechend der Straßendeckschicht hergestellt". Die Straßendeckschicht ist in der Bauklasse II ausgeschrieben.

15

Angesichts dieser eindeutigen Baubeschreibung ist es nicht maßgeblich, dass in den Positionen 02.01.0020, 02.01.0025 und 02.01.0027 des Leistungsverzeichnisses für die Asphalttragschicht, den Asphaltbinder und den Splittmastixasphalt dieselben Massen - jeweils 41.100 qm - ausgeschrieben sind, also nicht berücksichtigt ist, dass die Fahrbahn in den Brückenbereichen nur aus einer Schicht Splittmastix-Asphalt bestehen soll. Es spricht nach dem Inhalt der Ausschreibung nichts dafür, dass der Auftraggeber wegen der verhältnismäßig kleinen Flächen der Bitumendecke auf den Brücken ein drittes Unternehmen gesondert beauftragt will.

16

b)

Aus dieser Auslegung der Ausschreibungsunterlagen folgt, dass das Hauptangebot der Antragstellerin die Brückendeckschichten mit erfasst. Denn die Antragstellerin hat insoweit nur die Einheitspreise und die Gesamtpreise in das Leistungsverzeichnis eingesetzt.

17

c)

Entgegen der vom Auftraggeber im Beschwerdeverfahren vertretenen Meinung ist aus dem Umstand, dass in dem Nebenangebot Nr. 2 der Antragstellerin die Position 02.01.0027 "41.100 qm Splittmastix-Asphalt f. b. BA einbauen" entfallen, nicht zu schließen, dass die Antragstellerin die Brückendeckschichten aus Splittmastixasphalt nicht mit anbietet. Es liegt vielmehr nahe, dass die Antragstellerin mit dem Nebenangebot Nr. 2 Kompaktasphalt nur für die Straßenflächen anbieten will. Nur dort - und nicht auf den Brücken - ist eine mehrschichtige Bitumendecke herzustellen, so dass die Kompaktbauweise zum Einsatz kommen kann. Insoweit verbleibende Zweifel lassen sich unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Ausschreibungsfehler des Auftraggebers für die insoweit möglicherweise bestehende Unklarheit mit ursächlich war, gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A aufklären. Dies ist im Nachprüfungsverfahren geschehen. Der Inhalt des Angebots steht fest, nachdem der Geschäftsführer der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt hat, dass im Fall eines Zuschlags auf das Hauptangebot i.V.m. d. Nebenangebot Nr. 2 die Brückendeckschichten gemäß Position 02.01.0027 des Leistungsverzeichnisses auszuführen seien.

18

Ohne Erfolg macht der Auftraggeber geltend, die Parteien hätten das Nebenangebot der Antragstellerin übereinstimmend dahin verstanden, dass die Brückendeckschichten nicht mit angeboten sein sollten. Es kann offen bleiben, ob der Grundsatz, dass ein übereinstimmender Wille der Parteien rechtlich auch dann maßgebend ist, wenn er in der auszulegenden Erklärung keinen Ausdruck gefunden hat, auch bei der Auslegung von Angeboten im Vergabeverfahren gilt, insbesondere, ob er mit dem vergaberechtlichen Gebot der Transparenz zu vereinbaren ist. Denn es ist nicht richtig, dass die Antragstellerin und der Auftraggeber das Nebenangebot übereinstimmend in dem behaupteten Sinn verstehen. Die Antragstellerin hat zwar aus Gründen der Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht, dass die Brückendeckschichten bereits in der Ausschreibung nicht enthalten seien. Sie hat aber in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, dass ihr Angebot auch unter Berücksichtigung des Nebenangebots Nr. 2 die Brückendeckschichten erfasse. Offenbar hat auch der Auftraggeber dies bei der Prüfung und Wertung der Angebote so gesehen. Die Auffassung, dass das Nebenangebot Nr. 2 der Antragstellerin zu einem unvollständigen Angebot führe, hat er erst im Nachprüfungsverfahren auf entsprechenden Vortrag der Beigeladenen hin vertreten.

19

3.

Der Auftraggeber macht im Beschwerdeverfahren geltend, die Gleichwertigkeit des Nebenangebots Nr. 2 der Beschwerdeführerin sei auch deshalb zu verneinen, weil bei einem Einbau von Kontaktasphalt auf beiden Seiten der Brücken Arbeitsnähte anfielen, aus denen sich eine geringere Ebenflächigkeit der Fahrbahnen ergebe. Auch diese Bedenken gegen das Nebenangebot greifen nicht durch.

20

Ob der Einwand in technischer Hinsicht richtig ist, kann offen bleiben. Schon aus rechtlichen Gründen lässt sich aufgrund des neuen Vortrags die Gleichwertigkeit des Nebenangebots Nr. 2 nicht verneinen. Der Auftraggeber hat bei der Feststellung der Gleichwertigkeit des Nebenangebots einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum. Nachdem der Auftraggeber im Vergabeverfahren in Ausübung dieses Spielraums die technische Gleichwertigkeit des Nebenangebots bejaht hat, ist er daran gebunden. Er kann nicht im Nachprüfungsverfahren von seiner Beurteilung abrücken und die technische Gleichwertigkeit nunmehr verneinen. Anders könnte es nur sein, wenn es sich um einen derart gravierenden Gesichtspunkt handeln würde, dass es keinen Ermessensspielraum des Auftraggebers mehr gäbe (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Dezember 2002 - Verg 45/01). Das ist hier nicht der Fall.

21

Dementsprechend ist auch das neue Vorbringen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 10. August 2003 unbeachtlich.

22

4.

Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet, soweit die Antragstellerin sich gegen die Berücksichtigung der Nebenangebote der Beigeladenen 2, 4, 5 und 6 wendet.

23

Die Antragstellerin hat mit zutreffender Begründung der Vergabekammer (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Juni 2003 - 13 Verg 13 /03) keine Einsicht in die Angebotsunterlagen der Beigeladenen und die Unterlagen der Vergabestelle erhalten. Die Vergabekammer hat ihr insoweit Auskünfte über das Angebot der Beigeladenen, u.a. die Themenschwerpunkte der gewerteten Nebenangebote, erteilt. Daraufhin hat die Antragstellerin geltend gemacht, sie könne mangels näherer Kenntnis der Nebenangebote nur zu Problempunkten vortragen, die erfahrungsgemäß häufig aufträten.

24

Die von der Antragstellerin nach eigener Angabe auf der Grundlage von Vermutungen vorgetragenen Rügen greifen nicht durch. Die Vergabestelle hat bei der Prüfung der Nebenangebote Nr. 4 und 5 das allgemeine Rundschreiben Nr. 20/1997 vom 23. Mai 1997 berücksichtigt. Es befindet sich bei den Vergabeakten. Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, dass im Hinblick auf die alternativ angebotenen Wellstahlrohre unterschiedliche Erdbauleistungen erforderlich sind und entsprechend berechnet und kalkuliert werden müssen, ist dies bei den Angeboten der Beigeladenen der Fall. Die Beigeladene hat eine übersichtliche Berechnung und Kalkulation auch in Bezug auf die Erdbauleistungen vorgelegt. Sie ist von der Vergabestelle überprüft worden. Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten liegen nicht vor. Im Hinblick auf das Nebenangebot Nr. 6 ist dem Vergabevermerk vom 20. März 2003 zu entnehmen, dass der Auftraggeber die Gleichwertigkeit geprüft und die Gleichwertigkeit bejaht hat.

25

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer beruht auf § 128 Abs. 3 Satz 1, § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Beigeladene hat auch die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer als Gesamtschuldnerin zu tragen. Die Beigeladene hat zwar in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer keinen Antrag gestellt. Sie hat indes mit Schriftsatz vom 21. Mai 2003 erklärt, dass auch nach ihrer Auffassung das zweite Nebenangebot der Antragstellerin abzulehnen sei. Die von der Beigeladenen in diesem Zusammenhang vorgetragenen Rügen waren für die Entscheidung der Vergabekammer von wesentlicher Bedeutung. Der Umstand, dass die Antragstellerin unterlegen ist, soweit sie die Nichtberücksichtigung der Nebenangebote Nr. 2, 4, 5 und 6 der Beigeladenen erreichen wollte, führt nicht dazu, dass die Antragstellerin mit einem Teil der Kosten zu belasten ist. Denn es ist wahrscheinlich, dass die Antragstellerin ihr wirtschaftliches Ziel, den Zuschlag zu erhalten, schon wegen des Erfolgs des Nachprüfungsantrags im Hinblick auf ihr eigenes Nebenangebot Nr. 2 erreichen wird.

26

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 12a Abs. 2 GKG auf 5% der Nettoauftragssumme, auf die die Antragstellerin den Zuschlag erhalten will, festgesetzt (Hauptangebot 4.116.151,65 EUR abzgl. Einsparung 37.951 EUR durch das zweite Nebenangebot).