Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 09.03.2022, Az.: 14 U 105/21

Restwerklohnforderung für die Errichtung eines Wohnhauses; Minderungsansprüche wegen Baumängeln; Umstellung eines Minderungsanspruchs auf einen Kostenvorschussanspruch; Unverhältnismäßigkeit einer Nachbesserung (vorliegend verneint)

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
09.03.2022
Aktenzeichen
14 U 105/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 24477
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 22.08.2024 - AZ: VII ZR 68/22

Fundstellen

  • BauR 2023, 502-504
  • IBR 2022, 661

In dem Rechtsstreit
1. ...,
2. ...,
Beklagte, Widerkläger Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigter zu 1 und 2:
Rechtsanwalt ...,
gegen
...,
Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2022 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26. Mai 2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg - 6 O 4/16 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 102.100,37 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03. Juni 2014 zu zahlen.

Auf die Widerklage hin wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagten als Gesamtgläubiger 47.633,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. April 2015 zu zahlen.

Auf die Widerklage hin wird die Klägerin weiter verurteilt, an die Beklagten als Gesamtgläubiger einen Kostenvorschuss in Höhe von 16.730,36 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Oktober 2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu einem Drittel und die Beklagten als Gesamtschuldner zu zwei Dritteln; die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 95 % und die Beklagten jeweils zu 2,5 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 67.633,98 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind über einen Vertrag über die Errichtung des Wohnhauses der Beklagten miteinander verbunden. Gegenstand des Rechtsstreits sind eine Restwerklohnforderung der Klägerin sowie - ursprünglich - ein Minderungsanspruch der Beklagten, den diese im Wege der Widerklage geltend machen. Das Berufungsverfahren hat nur noch einen Teil der Widerklage zum Gegenstand, wobei die Beklagten ihr Begehren teilweise auf einen Kostenvorschuss umgestellt haben.

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung und Einholung von Sachverständigengutachten mit am 26. Mai 2021 verkündeten Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge Bezug genommen wird, der Klägerin den geltend gemachten Restwerklohn vollumfänglich zzgl. Zinsen zugesprochen, der Beklagten zu 1. einen Minderungsanspruch in Höhe etwa der Hälfte der geltend gemachten Forderung zzgl. Zinsen zuerkannt und die Widerklage im Übrigen als unbegründet sowie die Widerklage in Bezug auf den Beklagten zu 2. insgesamt als unzulässig abgewiesen. Soweit für das Berufungsverfahren von Belang führt das Landgericht zur Begründung seiner Entscheidung insbesondere Folgendes aus:

Die Widerklage sei für den Beklagten zu 2. unzulässig, weil für diesen kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Derjenige, der das Eigentum an einem vermeintlich schadhaften Gegenstand aufgebe, könne diesbezüglich keine Ansprüche mehr geltend machen.

Die Widerklage für die Beklagte zu 1. sei zulässig, aber nur teilweise begründet. Die Beklagte habe einen Anspruch auf Minderung der Vergütung in Höhe von 47.633,98 Euro gemäß §§ 634 Nr. 3, 638 BGB. Das Haus weise Mängel auf, welche zur Minderung berechtigten. Aufgrund des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen K. und dessen mündlichen Erläuterungen hätten die vom Sachverständigen S. festgestellten Mängel der Statik / Deckendurchbiegung, Schimmelbildung und Feuchtigkeit im Heizungsraum, Schimmelbildung und Ausbildung im Gästezimmer sowie hinsichtlich des Estrichs eine Verkehrswertminderung des Hauses der Beklagten zum Zeitpunkt der Fertigstellung und Abnahme im Oktober 2013 in Höhe von netto 47.633,98 Euro zur Folge. Die weiteren vom Sachverständigen festgestellten Mängel u.a. bzgl. des Schallschutzes würden nicht zur Minderung berechtigen. Diese würden sich nach dem Gutachten des Sachverständigen K. nicht wertmindernd auswirken.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Widerklagebegehren teilweise weiterverfolgen. Sie greifen nicht ihre eigene Verurteilung an und akzeptieren auch zum Teil die Teilabweisung der Widerklage; sie erstreben mit der Berufung allerdings die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung an sie als Gesamtgläubiger in Höhe von 67.633,98 Euro.

Die Beklagten machen zur Begründung ihres Rechtsmittels zunächst geltend, das Landgericht habe zu Unrecht die Widerklage des Beklagten zu 2. als unzulässig angesehen, schließlich sei auch der Beklagte zu 2. Vertragspartner der Klägerin, und als solcher mache er gemeinsam mit der Beklagten zu 1. Mängelgewährleistungsrechte geltend.

In der Sache haben die Beklagten ursprünglich geltend gemacht, das Landgericht habe rechtsirrig, dem Sachverständigen K. folgend, die durch den Sachverständigen S. festgestellten und mit etwa 20.000 Euro bezifferten Schallschutzmängel als nicht wertmindernd angesehen. Auf den Hinweis des Senats, dass konkrete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der landgerichtlichen Feststellungen hinsichtlich der Frage, ob bzw. inwieweit die vom Sachverständigen S. genannten Schallschutzmängel eine Wertminderung des streitgegenständlichen Hauses bedingen, auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nicht vorlägen, haben die Beklagten ihr Begehren in der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2021 teilweise umgestellt und erklärt, die begehrten weiteren 20.000 Euro aus der Widerklageforderung nicht mehr als Minderungsanspruch, sondern als Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung geltend zu machen.

Die Beklagten beantragen zuletzt,

unter Abänderung des am 26. Mai 2021 verkündeten, den Beklagten am 1. Juni 2021 zugestellten Urteils des Landgerichts Lüneburg zum Aktenzeichen 5 O 4/16, den Kläger, Widerbeklagten und Berufungsbeklagten (im Folgenden der "Kläger") zu verurteilen, auf die Widerklage hin an die Beklagten als Gesamtgläubiger 67.633,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. April 2015 zu zahlen, wobei der geltend gemachte Anspruch in Bezug auf 20.000 Euro nicht mehr als Minderungsanspruch, sondern als Kostenvorschuss geltend gemacht wird.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt die landgerichtliche Entscheidung gegen die Angriffe der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie macht insbesondere geltend, es sei unstreitig, dass der Beklagte zu 2. nicht mehr Miteigentümer des Hauses sei, und deshalb könne er im eigenen Namen keine Ansprüche mehr geltend machen; seine Aktivlegitimation sei nicht gegeben. In der Sache ist die Klägerin der Ansicht, der Sachverständige K. habe zutreffend die Schallschutzmängel als unbedeutende Einschränkungen bewertet und ihnen keinen Werteinfluss zugemessen. Hinsichtlich der Umstellung auf einen Kostenvorschussanspruch meint die Beklagte, dies sei rechtlich nicht möglich. Die Beklagten seien an ihre Minderungserklärung, die als Gestaltungsrecht bedingungsfeindlich und unwiderruflich sei, gebunden. In der Sache verweist sie auf ihre erstinstanzlich erhobenen Einwände gegen das Gutachten des Sachverständigen S. vom 10. Januar 2019 in Bezug auf die Schallschutzmängel. Die Nacherfüllung wäre auch mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden. Die Klägerin hat zudem die Einrede der Verjährung erhoben und hilfsweise die Aufrechnung mit einem restlichen Vergütungsanspruch erklärt.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 1. Dezember 2021 (Bl. 1375ff. d.A.) die ergänzende Beweiserhebung durch mündliche Erläuterung des Gutachtens vom 10. Januar 2019 durch den Sachverständigen S. angeordnet; wegen des Ergebnisses der Beweiserhebung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2022 (Bl. 1397ff. d.A.) verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie überwiegend Erfolg. Im Einzelnen:

1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Widerklage des Beklagten zu 2. nicht unzulässig mangels Rechtsschutzbedürfnisses, weil der Beklagte zu 2. kein Miteigentümer des streitgegenständlichen Hausgrundstücks mehr ist. Der Beklagte zu 2. nimmt gemeinsam mit seiner Ehefrau die Klägerin nicht aus einer Eigentümerstellung in Anspruch (z.B. §§ 985, 987ff., 1004 BGB), sondern macht vertragliche Gewährleistungsrechte geltend. Dass er Vertragspartner der Klägerin ist, ist unstreitig. Weshalb ihm dann Gewährleistungsrechte aus dem Vertragsverhältnis nicht (mehr) zustehen sollen, ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Mit der Eigentümerstellung hat das Widerklagebegehren nichts zu tun. Die Rechte wegen Mängeln stehen dem Besteller aus dem Vertrag zu (vgl. insofern zum WEG-Recht u.a. BGH, Urteile vom 19. Dezember 1996 - VII ZR 233/95, Rn. 10, und vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42-58, Rn. 14, jew. juris). Auch Veränderungen hinsichtlich des Eigentums am Werkgegenstand lassen etwaige vertragliche Ansprüche unberührt, vielmehr müsste gegebenenfalls eine (stillschweigende) Ermächtigung des Erwerbers oder eine Abtretung der Ansprüche erfolgen (vgl. und näher hierzu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage, Rn. 471 mit Rechtsprechungsnachweisen).

Wenn aber anzunehmen ist, dass auch der Beklagte zu 2. Inhaber der Gewährleistungsrechte aus dem Bauvertrag mit der Klägerin ist, bestehen auch keine Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Widerklage.

Ergänzend wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 1. Dezember 2021 unter Ziff. II. verwiesen.

2. In der Sache ist anzunehmen, dass die Widerklage des Beklagten zu 2. im gleichen Umfang wie die der Beklagten zu 1. begründet ist. Das Landgericht hat den der Beklagten zu 1. zugesprochenen Anspruch im Einzelnen begründet. Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über diesen Teil des landgerichtlichen Urteils in der Sache nicht, insbesondere verteidigt auch die Klägerin die landgerichtliche Entscheidung in Bezug auf den Beklagten zu 2. ausschließlich mit dem Verweis darauf, dem Beklagten zu 2. fehle die Aktivlegitimation. Diese Ansicht ist jedoch unzutreffend, wie ausgeführt. Etwaige (andere) Fehler der landgerichtlichen Entscheidung, soweit mit ihr die Widerklage in der Sache als begründet angesehen worden ist, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Demzufolge ist ohne Weiteres zu entscheiden, dass in diesem Umfang aus den in der Sache zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils auch die Widerklage des Beklagten zu 2. begründet ist. Die Beklagten sind im Übrigen Gesamtgläubiger gemäß § 428 BGB, wie geltend gemacht. Der Zinsanspruch folgt insoweit aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

3. Entgegen der Ansicht der Klägerin waren die Beklagten nicht gehindert, ihr Begehren teilweise von einem Minderungsanspruch auf einen Kostenvorschussanspruch umzustellen. Auf die Ausführungen hierzu im Beschluss vom 1. Dezember 2021 unter Ziff. I. wird verwiesen. Der Senat hält auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 17. Dezember 2021 an dieser Auffassung fest. Jedenfalls dann, wenn - wie hier - tatsächlich kein Minderwert aufgrund von Werkmängeln vorliegt, kann dem Besteller ein Wechsel zum Vorschussanspruch nicht verwehrt werden.

4. Der Kostenvorschussanspruch gemäß § 637 Abs. 3 BGB ist auch überwiegend begründet. Materiell-rechtlich stand lediglich im Streit, ob und ggf. in welchem Umfang die im schriftlichen Gutachten des Sachverständigen S. genannten Schallschutzmängel vorliegen. Der Sachverständige S. hatte bereits in seinem schriftlichen Gutachten dargelegt, dass und inwieweit Schallschutzmängel vorliegen und in welchem Umfang Beseitigungskosten anfallen werden; auf S. 72f., 74 und 81ff. des Gutachtens vom 10. Januar 2019 wird verwiesen. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2022 hat der Sachverständige vor dem Senat sein Gutachten mündlich erläutert. Er hat zunächst dargelegt, dass hinsichtlich der Lüfter zwar keine Messungen oder Berechnungen vorlägen, allerdings kein Schallschutz bestehe und daher die von ihm im Gutachten vorgeschlagenen Ertüchtigungsmaßnahmen sicherlich erforderlich seien, um die nach dem Bebauungsplan bestehenden Anforderungen zu erfüllen. Der Sachverständige hat keinen Zweifel daran gelassen, dass allenfalls fraglich und dann zu klären sei, ob die von ihm genannten Maßnahmen bereits ausreichen werden oder darüber hinaus weitere Maßnahmen erforderlich sein werden, um die Schallschutzanforderungen zu erfüllen. Hinsichtlich des Schallschutzes Abwasseranlage hat der Sachverständige an seinen schriftlichen Ausführungen festgehalten und erklärt, dies habe nichts damit zu tun, ob es sich um ein Ein- oder Mehrfamilienhaus handele; auch sei lediglich ein Austausch des Rohres durch ein Kunststoff-Schallschutzrohr nicht möglich, weil die Voraussetzungen hierfür technisch nicht gegeben seien. Soweit es die Trennwand anbelangt hat der Sachverständige dagegen erklärt, dass eine Ertüchtigung entgegen den schriftlichen Ausführungen dann nicht erforderlich sei, wenn das Haus der Beklagten als Einfamilienhaus betrachtet werde. Soweit es den Trittschall anbelangt hat der Sachverständige erläutert, dass in solchen Fällen eine teilweise Mängelbeseitigung meistens nicht viel bringe; man könne zwar versuchen, zunächst lediglich den Randstreifen am Estrich aufzunehmen und zu prüfen, ob die Schallbrücken beseitigt sind; es sei aber kompliziert, verbleibende Schallbrücken zu finden, außerdem seien etwaige Elektroleitungen zu beachten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2022 verwiesen.

Die Ausführungen des Sachverständigen S. waren durchweg nachvollziehbar, schlüssig und widerspruchsfrei. An der Fachkompetenz des Sachverständigen bestehen keine Zweifel. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die vom Sachverständigen im schriftlichen Gutachten genannten Maßnahmen und die genannten Kosten zur Mangelbeseitigung erforderlich sind, mit Ausnahme der Trennwand, weil es sich hier nach dem Vertrag der Parteien um ein Einfamilienhaus handelt (vgl. den Bauvertrag der Parteien, Anlage K 1, dort § 1 Vertragsgegenstand: "... Errichtung eines Einfamilienhauses..."). Die für die Ertüchtigung der Trennwand angesetzten 901,41 Euro bleiben daher unberücksichtigt. Für die Lüfter hatte der Sachverständige Kosten von 4.873,05 Euro, hinsichtlich der Abwasseranlage 3.784,20 Euro und für die Schallentkoppelung 10.223,11 Euro prognostiziert. Es errechnen sich danach insgesamt Kosten von 18.880,36 Euro, die die Beklagten von der Klägerin als Vorschuss für die Beseitigung der genannten Schallschutzmängel verlangen können. Im Rahmen der Vorschussklage hat der Auftragnehmer auch die noch nicht angefallene Umsatzsteuer zu zahlen (vgl. Senat, Urteil vom 20. März 2018 - 14 U 96/17, Rn. 31 mwN, juris).

5. Soweit die Klägerin Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung (§ 635 Abs. 3 BGB) einwendet, bleibt dies ohne Erfolg. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann ein objektives berechtigtes Interesse der Beklagten an der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung in diesem Zusammenhang nicht abgesprochen werden. Die Schallschutzmängel sind nicht gänzlich belanglos und vernachlässigbar. Daran ändert der Umstand, dass sich die Mängel nicht auf den Wert des Hauses auswirken, nichts, vielmehr müssten die Beklagten andernfalls mit den Mängeln leben und die daraus folgenden Beeinträchtigungen ertragen. Zudem sind die vom Sachverständigen S. prognostizierten Kosten auch nicht derart hoch, dass deshalb die Mangelbeseitigung als unverhältnismäßig erschiene.

6. Der erstmals am 26. Oktober 2021 geltend gemachte Vorschussanspruch der Beklagten ist im Hinblick auf § 213 BGB und den ursprünglich geltend gemachten Minderungsanspruch nicht verjährt (vgl. zur Erstreckung der Hemmung der Verjährung eines Anspruchs auf Schadensersatz wegen des Mangels eines Werks gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB auch auf einen Vorschussanspruch gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGBBGH, Urteil vom 19. November 2020 - VII ZR 193/19, juris).

7. Der Vorschussanspruch ist allerdings aufgrund der von der Klägerin erklärten Hilfsaufrechnung mit einem restlichen Vergütungsanspruch in Höhe von 2.150 Euro teilweise erloschen. Dem waren die Beklagten nicht entgegengetreten. Es verbleibt danach im Ergebnis ein Kostenvorschussanspruch in Höhe von 16.730,36 Euro.

8. Der auch auf den Vorschussanspruch geltend gemachte Zinsanspruch besteht erst ab dem 27. Oktober 2021 und folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 100 ZPO. Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens war von einem Streitwert von 196.933,62 Euro (Klage: 102.100,37 Euro, Widerklage: 94.833,25 Euro) auszugehen. Insofern obsiegen die Klägerin zu etwa zwei Dritteln, die Beklagten zu etwa einem Drittel. Hinsichtlich des Berufungsverfahrens ist von einem Streitwert von 67.633,98 Euro auszugehen (s.u. Ziff. VI.). Die Klägerin unterliegt im Umfang von 64.364,34 Euro (47.633,98 Euro zzgl. 16.730,36 Euro), was gerundet 95% entspricht. Da die Beklagten hier nicht als Gesamtschuldner verurteilt werden, findet § 100 Abs. 4 ZPO keine Anwendung; es gilt insoweit § 100 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

V.

Die Revision war im Hinblick auf die Frage, ob der Besteller vom Minderungsanspruch auf einen Vorschussanspruch wechseln kann, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen.

VI.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, §§ 45, 47 Abs. 1 GKG. Die Beklagte zu 1. begehrt zwar lediglich weitere 20.000,-- Euro, während der Beklagte zu 2., der mit der Widerklage erstinstanzlich keinen Erfolg hatte, 67.633,98 Euro erstrebt. Da die Beklagten den Anspruch und die Beträge als Gesamtgläubiger geltend machen, es sich also um wirtschaftlich identische Streitgegenstände handelt, findet allerdings keine Zusammenrechnung statt, sondern ist allein der höhere Betrag maßgeblich (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 23. Juli 2015 - XI ZR 263/14, BGHZ 206, 276-280, Rn. 6ff.). Eine Erhöhung des Streitwertes um den im Berufungsverfahren hilfsweise zur Aufrechnung gestellten restlichen Vergütungsanspruch hatte nicht zu erfolgen, weil die Beklagten die Gegenforderung nicht bestritten haben (vgl. § 45 Abs. 3 GKG).