Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 10.03.2022, Az.: 9 W 14/22

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
10.03.2022
Aktenzeichen
9 W 14/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 62714
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 26.01.2022 - AZ: 81 AR 2047/21

In der Vereinsregistersache
pp.
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 10. März 2022 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde vom 11. Februar 2022 (Bl. 46 d. A.) gegen den den Eintragungsantrag vom 11. Oktober 2021 (Bl. 4 d. A.) zurückweisenden Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Hannover - Registergericht - vom 26. Januar 2022 (Bl. 44 d. A.) wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gegenstandswert der Beschwerde: 5.000 €.

Gründe

I.

Der am 11. Oktober 2021 errichtete Antragsteller, der zur Förderung der Berufsbildung die unentgeltliche Hilfeleistung in Steuersachen durch Studenten unter Anleitung erfahrener Praktiker anbieten will, begehrt seine Eintragung im Vereinsregister.

Das Registergericht hat die Anmeldung mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen, weil der Satzungszweck, nämlich die geschäftsmäßige (wenn auch unentgeltliche) Hilfeleistung in Steuersachen, gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Nach § 5 StBerG dürften andere als die in den §§ 3, 3a und 4 StBerG bezeichneten Personen und Vereinigungen - zu denen der Antragsteller nicht zähle - keine geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen leisten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der die Anmeldung weiterverfolgt. Er macht geltend, die vom Registergericht herangezogenen Bestimmungen des Steuerberatungsgesetzes seien in ihrer derzeitigen Ausgestaltung verfassungswidrig. Es bestehe - wie sich auch aus einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 2310/06) ergebe - kein sachlicher Grund, Rechtsberatung und Steuerberatung im Hinblick auf unentgeltliche Beratungsleistungen ungleich zu behandeln. Angesichts dessen sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei der Reform des Rechtsdienstleistungsgesetzes eine gleichartige Änderung entsprechender Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes schlicht übersehen habe.

II.

1. Die Beschwerde ist gemäß §§ 382 Abs. 4 Satz 2, 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht erhoben worden. Bei der Zurückweisung des Eintragungsantrages kann der betroffene Verein als Vorverein Rechtsmittel einlegen, obwohl er die Rechtsfähigkeit noch nicht erlangt hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. Juli 2017, 27 W 144/16, juris Rn. 2 m. w. N.).

2. Die Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet. Das Registergericht hat aus zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, den Antrag auf Eintragung in das Vereinsregister (nicht, wie vom Registergericht tenoriert, Handelsregister) zurückgewiesen, weil dem Begehren in der Sache die Verbotsnorm des § 5 StBerG entgegensteht. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist Folgendes festzuhalten:

Soweit die Beschwerde geltend macht, der Gesetzgeber habe es übersehen, im Steuerberatungsgesetz eine § 6 Abs. 2 RDG entsprechende Zulässigkeit unentgeltlicher Beratung außerhalb des persönlichen Nahbereichs einzuführen, die aber aus Gründen der Gleichbehandlung und der allgemeinen Handlungsfreiheit verfassungsrechtlich geboten sei, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen.

Gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe bei der Reform des Rechtsdienstleistungsgesetzes im Jahre 2007 schlicht vergessen, eine Angleichung auch des Steuerberatungsgesetzes vorzunehmen, spricht es bereits, dass der Deutsche Bundestag noch am 6. Juni 2013 einer auf eine solche Angleichung abzielenden Petition nicht entsprochen hat, weil er die unterschiedliche Behandlung bei der Materie für gerechtfertigt angesehen hat (Pet 2-17-08-616-035778).

Dass, wie die Beschwerde meint, diese vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollte Ungleichbehandlung verfassungswidrig sei, ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 2008 (1 BvR 2310/06). Danach ist es zwar mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, dass § 2 Abs. 2 BerHG das Steuerrecht nicht zu den beratungshilfefähigen Angelegenheiten zählt. Aus dieser Entscheidung (der das zuvor erwähnte Petitionsverfahren, welches dem Bundestag keine Veranlassung zur Einführung einer § 6 Abs. 2 RDG entsprechenden Regelung auch im Steuerberatungsgesetz gegeben hat, zeitlich nachgegangen ist) ergibt sich indes nicht, dass die im Steuerberatungsgesetz vorgesehene Unzulässigkeit unentgeltlicher Beratung auch außerhalb des persönlichen Nahbereichs verfassungswidrig ist. Vielmehr ist gerade der Umstand, dass nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts unbemittelte Personen Anspruch auf Beratungshilfe haben, geeignet, eine unentgeltliche Beratung bedürftiger Studenten in steuerrechtlicher Hinsicht auch ohne die Hilfe des Antragstellers sicherzustellen.

Soweit die Beschwerde geltend macht, die Eröffnung einer unentgeltlichen Rechtsberatung außerhalb des persönlichen Nahbereichs, wie sie vor Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetzes durch das Rechtsberatungsgesetz ausgeschlossen worden sei, habe sich als unproblematisch erwiesen, was in gleicher Weise auch für die Hilfeleistung in Steuersachen zu erwarten sei, ist dies unerheblich. Eine Aufhebung oder Einschränkung des (vom Gesetzgeber gewollten und im Zuge des erwähnten Petitionsverfahrens bekräftigten) Verbots derartiger Leistungen ist nicht Sache des registergerichtlichen Ausgangs- oder Beschwerdeverfahrens. In dieser Hinsicht ist es auch unerheblich, dass die mit der Beschwerde angegriffenen, als restriktiv empfundenen gesetzlichen Regelungen (die der Bundestag indes noch im Jahr 2013 inhaltlich gebilligt hat) im Kern aus dem Jahr 1935 stammen mögen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG; für das von der Beschwerde erstrebte Absehen von der Erhebung von Gerichtskosten besteht kein Anlass. Der Senat hat, der Anregung der Beschwerde folgend, die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil die vom Antragsteller erstrebte Eintragung eine Fortbildung des Rechts (hier: Einschränkung der Verbotsnorm des § 5 StBerG entsprechend der Regelung des § 6 Abs. 2 RDG) erfordern würde, § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.