Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 28.03.2022, Az.: 21 UF 57/22
Herausgabe einer im Alleineigentum stehenden Immobilie eines Ehegatten; Kein Verfahren auf Überlassung einer Ehewohnung; Vorliegen einer sonstigen Familiensache; Zeitlich begrenzte Nutzungsregelung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 28.03.2022
- Aktenzeichen
- 21 UF 57/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 17960
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2022:0328.21UF57.22.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Geestland - 23.02.2022 - AZ: 11d F 828/21
Rechtsgrundlagen
- § 133 BGB
- § 156 BGB
- § 985 BGB
- § 1361b BGB
- § 266 FaF
- § 200 FaF
- § 114 ZPO
Fundstellen
- NJW 2022, 2203-2205
- NJW-Spezial 2022, 357
- NZFam 2022, 645-647
- NZM 2022, 711-713
Amtlicher Leitsatz
Bei dem Herausgabeverlangen der im Alleineigentum stehenden Immobilie auf der Grundlage eines in einem einstweiligen Anordnungsverfahren geschlossenen Vergleichs handelt es sich nicht um ein Verfahren auf Überlassung der Ehewohnung, sondern um eine sonstige Familiensache.
Einem hierauf gestützten Antrag steht nicht entgegen, dass in der Trennungszeit eine Regelung zur Überlassung der Ehewohnung nach § 1361b BGB als lex specialis einem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB vorrangig und dieser unzulässig ist (vgl. BGH FamRZ 2017, 22).
Haben die Eheleute eine zeitlich begrenzte Nutzungsregelung getroffen, kann aus dem Vergleich im Wege der Auslegung (§§ 133, 156 BGB) ein Herausgabeanspruch jedenfalls dann folgen, wenn eine zeitlich gestufte Fristenregelung zur Suche nach einer neuen Wohnung bzw. zur Nutzung der Ehewohnung vereinbart wurde.
Ein auf Überlassung der Ehewohnung gerichteter Widerantrag der zur Herausgabe verpflichteten Ehefrau kann nicht mit einer sonstigen Familiensache verbunden werden, sodass dieser abzutrennen ist.
Tenor:
I. Der Antrag der Antragsgegnerin vom 8. März 2022, die Vollstreckung aus dem Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Geestland vom 23. Februar 2022 einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.
II. Der Antragstellerin wird die für Beschwerde nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe versagt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Herausgabe der im Alleineigentum des Antragstellers stehenden Immobilie.
In der Anhörung vom ... Juni 2021 haben die Beteiligten im dortigen einstweiligen Anordnungsverfahren (11d F 320/21) zu dem von der Antragsgegnerin gestellten Gewaltschutzantrag eine Vereinbarung getroffen. Darin heißt es in Ziffer 1.:
"Die Antragstellerin zu 1 versichert, sich um eine Wohnung zu kümmern und zeitnah aus der Ehewohnung auszuziehen. Sie erhält hierfür eine Frist von drei Monaten. Sollten die Bemühungen nachweislich nicht innerhalb der vorgenannten Frist zum Erfolg geführt haben und die Antragstellerin zu 1 innerhalb der genannten Frist noch keine Wohnung gefunden haben, die auch vom Jobcenter finanziert wird, so bleibt ihr nachgelassen, binnen weiterer drei Monate eine entsprechende Wohnung zu finden."
Darüber hinaus haben die Beteiligten in der Vereinbarung die Herausgabe von persönlichen Gegenständen (Ziffer 2.) sowie das Betreten der vom dortigen Antragsgegner für eine Nebenerwerbstätigkeit genutzten Garage geregelt (Ziffer 3.). In Ziffer 4. und 5. der Vereinbarung wurden einseitige und wechselseitige Unterlassungsverpflichtungen konkretisiert.
Nach der Trennung der Beteiligten bewohnt die Antragsgegnerin mit dem gemeinsamen 13-jährigen Sohn sowie ihrer 20-jährigen Tochter die Ehewohnung. Mit Schriftsatz vom 12. November 2021 hatte der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin zur Räumung und Herausgabe der Immobilie A. in G. zu verpflichten. Die Antragsgegnerin hat ihrerseits mit ihrer Antragserwiderung beantragt, ihr die Immobilie zur alleinigen Nutzung zuzuweisen und hierzu vorgetragen, dass sie trotz ihrer Bemühungen, wie sie sie in der E-Mail vom 11. November 2021 dargestellt hat, keine geeignete Wohnung gefunden habe. Nach dem von ihr vorgelegten Schreiben des Jobcenters C. vom 8. Juni 2021 hat das Jobcenter die Übernahme der Kosten von insgesamt 745 € inklusive Nebenkosten und Heizkosten erklärt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Amtsgericht im angefochtenen Beschluss die Antragsgegnerin zur Räumung und Herausgabe der Immobilie verpflichtet, die Anträge der Antragsgegnerin zurückgewiesen und die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses angeordnet.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. Mit ihrem Schriftsatz vom 8. März 2022 begehrte die Antragsgegnerin, die Vollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss einstweilen einzustellen. Hierzu macht sie geltend, dass das Amtsgericht die Interessen des Antragstellers an einer zeitnahen Rückerlangung seiner Immobilie zu Unrecht für höher eingeschätzt habe als die Interessen der Antragsgegnerin, ohne dies jedoch hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit, die im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehe, im Einzelnen zu begründen. Darüber hinaus macht sie geltend, dass sie im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen und familiären Verhältnisse eine angemessene Wohnung für sich und die zwei Kinder, die in Bad Bederkesa zur Schule gehen, nicht habe finden können. Am Wohnort sowie in deren Umgebung sei es schwierig, eine Wohnung zu finden. Schließlich verweist die Antragsgegnerin auf die psychisch labile Situation des gemeinsamen 12-jährigen Sohnes sowie die Abiturvorbereitung in ihrer 20-jährigen Tochter.
II.
Der Antrag, die Vollstreckung aus dem Beschluss des Amtsgerichts Geestland vom 23. Februar 2022 einstweilen einzustellen, ist nicht begründet.
Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FamFG hat das Gericht auf Antrag die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken, wenn der Verpflichtete glaubhaft macht, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
1.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich vorliegend nicht um ein Verfahren auf Überlassung der Ehewohnung nach § 1361b BGB. Zwar hat sie mit ihrer Antragserwiderung vom 9. Dezember 2021 einen dahingehenden Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung gestellt. Ein solcher Widerantrag ist jedoch weder verfahrensrechtlich zulässig noch materiell-rechtlich eröffnet.
a)
Die Verbindung eines Verfahrens, das eine Familienstreitsachen i.S.d. §§ 112, 113 Abs. 1 FamFG betrifft, mit einem Verfahren, das eine Familiensache der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zum Gegenstand hat, ist verfahrensrechtlich nicht zulässig. Nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 260 ZPO können mehrere Ansprüche, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, nur dann in einem Antrag verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das "Prozessgericht" zuständig ist und "dieselbe Prozessart" zulässig ist. Beim Verfahren in einer FG-Familiensache und einer sonstigen Familiensache i.S.v. § 266 FamFG handelt es sich um unterschiedliche Verfahrensgegenstände, die unterschiedlichen Verfahrensgrundsätzen unterliegen. Dies ist für Verfahren auf Überlassung der Ehewohnung sowie einen Antrag auf Nutzungsentschädigung nach § 745 Abs. 2 allgemein anerkannt, gilt aber auch für Ansprüche auf Nutzungsentschädigung für die Trennungszeit nach § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB und dahingehende Ansprüche für die Zeit nach Ehescheidung aus § 745 Abs. 2 BGB (vgl. OLG Brandenburg NZFam 2018, 235; BGH FamRZ 2017, 693 [Rn. 38]); HdB FamR, 12. Aufl. Kap. 1 Rn. 18, 23).
Bei dem Antrag des Antragstellers vom 12. November 2021, die in seinem Alleineigentum stehende Immobilie zu räumen und herauszugeben, handelt es sich um eine sonstige Familiensache i.S.v. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Denn mit seinem Antrag verfolgt der Antragsteller nicht ein Recht, ihm für die Trennungszeit die Ehewohnung zu überlassen, das sich grundsätzlich aus § 1361b Abs. 1 Satz 1 BGB herleiten würde. Vielmehr stützt er seinen Antrag auf den Vergleich, den die Beteiligten in der Anhörung vom 2. Juni 2021 geschlossen haben. Insoweit handelt es sich um einen vertraglichen Anspruch des Antragstellers auf Herausgabe.
Vor diesem Hintergrund hätte das Amtsgericht über den Antrag auf Herausgabe sowie über den Widerantrag auf Wohnungsüberlassung nicht einheitlich entscheiden dürfen, sondern hätte letzteren gemäß § 145 Abs. 1 ZPO abtrennen und über diesen in einem gesonderten Verfahren entscheiden müssen.
b)
Der Antrag des Antragstellers auf Räumung und Herausgabe ist nicht unzulässig.
Zwar hat der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden, dass die Regelung zur Überlassung der Ehewohnung nach § 1361b BGB lex specialis gegenüber dem Herausgabeanspruch nach § 985 BGB mit der Folge ist, dass ein hierauf gestützter Herausgabeanspruch unzulässig ist (vgl. BGH FamRZ 2017, 22). Vorliegend stützt der Antragsteller seinen Antrag jedoch nicht auf einen aus seinem Alleineigentum beruhenden sachenrechtlichen Herausgabeanspruch, sondern auf die erzielte Einigung der Beteiligten.
Entsprechend ist ein Antrag eines Ehegatten auf Überlassung der Ehewohnung nach § 1361b BGB mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht zulässig, wenn die Beteiligten bereits eine Einigung über die Nutzung der Ehewohnung erzielt haben. Eine solche Einigung kann mündlich oder schriftlich zustande kommen und außergerichtlich wie auch in einem gerichtlichen Verfahren getroffen werden (vgl. HdB FamR/Kaßing, a.a.O., Kap. 8 Rn. 25).
2.
Die Beteiligten haben in dem einstweiligen Anordnungsverfahren betreffend Schutzmaßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz in der Anhörung vom 2. Juni 2021 eine Regelung zur Nutzung der Ehewohnung durch die hiesige Antragsgegnerin (und damalige Antragstellerin zu 1) einerseits sowie zur Herausgabe der Wohnung andererseits getroffen.
Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass die gerichtlich protokollierte Vereinbarung auf eine zeitlich begrenzte Nutzungsregelung sowie auf einen Herausgabeanspruch gerichtet ist. Auch wenn nach dem Wortlaut in Zif. 1 der Vereinbarung eine Formulierung dahingehend, dass die Antragsgegnerin die Ehewohnung herauszugeben habe, nicht ausdrücklich enthalten ist, folgt dies erkennbar nach dem mit der Regelung verfolgten Zweck sowie der Auslegung nach Maßgabe der §§ 133, 156 BGB.
Auch wenn die Formulierung, die Antragsgegnerin zu 1 versichere, "sich um eine Wohnung zu kümmern und zeitnah aus der Ehewohnung auszuziehen," als für einen Herausgabeanspruch noch nicht hinreichend eindeutig formuliert erscheinen mag, weil eine Verpflichtung nicht ausdrücklich aufgenommen wurde, folgt diese jedoch aus dem Regelungszusammenhang der Sätze 1 und 2. Das Amtsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass dem Wort "versichern" die Bedeutung im Sinne einer Bekräftigung zukomme. Diese wird jedoch hinsichtlich einer Wohnungssuche dadurch relativiert, dass diese darauf gerichtet ist, sich um eine neue Wohnung zu kümmern. Dieses wiederum enthält keine konkreten oder gar vollstreckbaren Handlungsverpflichtungen für die Antragsgegnerin. Dieser Umstand kann indes dahinstehen, weil hieran anknüpfend die Antragsgegnerin zugleich versichert hat, aus der Ehewohnung auszuziehen. Damit hat sie ihren Willen, die Ehewohnung zeitnah zu verlassen, weiter bekräftigt.
Selbst wenn man diesen beiderseitigen Erklärungen noch keine hinreichend klare Verpflichtung entnehmen wollte, folgt dieser nach Auffassung des Senats jedenfalls daraus, dass in Satz 2 der Regelung die Beteiligten eine konkret gestufte Fristenregelung für die Dauer der Nutzung der Ehewohnung durch die Antragsgegnerin getroffen haben. Aus dem Zusammenhang, aus der Ehewohnung auszuziehen und den der Antragsgegnerin eingeräumten Fristen folgt eine Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe.
Die Beteiligten waren im Vorverfahren davon ausgegangen, dass für die Suche nach einer geeigneten Wohnung eine Frist von drei Monaten ausreichen würde (Satz 2). Für den Fall, dass die Antragsgegnerin trotz ihrer Bemühungen nachweislich innerhalb dieser Frist keine Wohnung finden würde, wurde ihr eine weitere Frist von drei Monaten "nachgelassen" (Satz 3), eine entsprechende Wohnung zu finden. Der Umstand, dass die Beteiligten auch die Finanzierungsmöglichkeiten durch das zuständige Jobcenter einbezogen haben, hat auf die von der Antragsgegnerin übernommene Verpflichtung keine unmittelbaren Auswirkungen, sondern konkretisiert vielmehr die von ihr zu erwartenden Bemühungen um eine neue Wohnung.
Danach besteht eine (vertragliche) Verpflichtung der Antragsgegnerin, aus der Ehewohnung auszuziehen, die rechtlich im Anspruch auf Räumung und Herausgabe durchzusetzen ist. Daher handelt es sich bei dem Begehren des Antragstellers verfahrensrechtlich um einen zivilrechtlichen Anspruch, der als sonstige Familiensachen zu qualifizieren ist. Als solcher steht die getroffene Einigung der Beteiligten einer Regelung zur Wohnungsüberlassung entgegen.
3.
Der danach bestehenden Verpflichtung der Antragsgegnerin, spätestens bis zum Dezember 2021 aus der Ehewohnung auszuziehen, steht nicht entgegen, dass die Beteiligten die Vereinbarung im einstweiligen Anordnungsverfahren getroffen haben. Mit der Vereinbarung bzw. dem Vergleich in der Anhörung vom 2. Juni 2021 haben die Beteiligten das dortige einstweilige Anordnungsverfahren nach dem Gewaltschutzgesetz abgeschlossen, wie sich aus Zif. 6 der Vereinbarung ergibt, in der das "hiesige Verfahren" ausdrücklich für erledigt erklärt und eine Kostenregelung getroffen wird.
Ein Vergleich in einem einstweiligen Anordnungsverfahren kann sowohl an die Stelle einer vorläufigen gerichtlichen Regelung treten, wie sie im Anordnungsverfahren erfolgen könnte, oder als endgültige Regelung eine Hauptsacheentscheidung ersetzen (zu den verfahrensrechtlichen Folgen: BGH FamRZ 1983, 892; 1991, 1175; 2018, 1343). Welches Ziel die Beteiligten einem Vergleich verfolgen, ist nach dessen Wortlaut und Regelungsinhalt zu bestimmen. Hierzu können die Beteiligten zum einen in der Vereinbarung klarstellende Regelungen treffen. Die Reichweite eines Vergleichs kann sich zum anderen auch aus dem Regelungsinhalt selbst folgen (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 1989, 87; OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 1840; Schulte-Bunert/Weinreich/Schwonberg, FamFG, 6. Aufl., § 51 Rn. 34; Prütting/Helms/Dürbeck, FamFG, 5. Aufl., § 51 Rn. 14).
Aus dem Umstand, dass die Beteiligten eine Nutzungsregelung getroffen haben, lässt sich allein nicht ableiten, ob es sich insoweit um eine vorläufige oder endgültige Regelung handeln soll. Denn die Nutzung kann sowohl auf die gesamte Trennungszeit bezogen sein und sich damit als für diese als endgültig darstellen, sie kann jedoch auch vorläufig auf einen von den Beteiligten nur vorerst überschaubaren Zeitraum gerichtet sein und damit eine nur einstweilige Regelung enthalten. Ist jedoch die Nutzungsregelung verbunden mit einer Verpflichtung, aus der Wohnung auszuziehen, stellt sich dieser Regelungsinhalt hinsichtlich der Auszugsverpflichtung - zumindest bei Alleineigentum des anderen Ehegatten - als eine endgültige und nicht nur vorläufige Regelung der Beteiligten dar. Anderenfalls würde diesem Regelungsinhalt seine Bedeutung für die Beteiligten genommen.
4.
Die Antragsgegnerin kann sich gegenüber dem Herausgabeanspruch des Antragstellers aus der Vereinbarung vom 2. Juni 2021 auch nicht darauf berufen, dass deren Geschäftsgrundlage entfallen sei.
Grundsätzlich könnte die Antragsgegnerin geltend machen, die Erwartung der Beteiligten, von der sie bei ihrer Regelung ausgegangen waren, habe sich nicht erfüllt. Die Prognose, zu welchem Zeitpunkt bzw. innerhalb welcher Frist die Antragsgegnerin eine neue Wohnung gefunden haben würde, stellt sich als Geschäftsgrundlage des gerichtlichen Vergleichs dar. Die Antragsgegnerin hat jedoch nicht dargetan, dass diese Geschäftsgrundlage vorliegend tatsächlich entfallen sei und ihr daher einen Anspruch auf Anpassung der Vereinbarung, die auf eine Verlängerung der Nutzung gerichtet wäre, zustehen könnte.
Denn Voraussetzung für den Wegfall der Geschäftsgrundlage ist, dass die Antragsgegnerin die von ihr übernommene Verpflichtung in der vertraglichen Regelung erfüllt hat. Diese Verpflichtung war darauf gerichtet, sich um eine Wohnung "zu kümmern und zeitnah aus der Ehewohnung auszuziehen." Daraus ist nach dem objektiven Empfängerhorizont zu schließen, dass die Antragsgegnerin intensive Bemühungen für eine Wohnungssuche entfaltet. Zwar folgt aus der Formulierung kümmern erst einmal nur, dass sich die Antragsgegnerin überhaupt auf die Suche nach einer neuen Wohnung begibt. Da sie sich jedoch verpflichtet hat, auch aus der Wohnung zeitnah auszuziehen, und dies zusätzlich versichert hat, folgt hieraus, dass die Bemühungen dem Zeitrahmen, von dem die Beteiligten ausgegangen waren, gerecht werden. Diesen Zeitraum haben sie mit einer Frist von zweimal drei Monaten konkretisiert. Da die Situation auf dem Wohnungsmarkt als schwierig angesehen werden kann, wie allgemein bekannt ist, waren daher ab Anfang Juni intensive Bemühungen der Antragsgegnerin erforderlich, um der übernommenen Verpflichtung, zeitnah aus der Ehewohnung auszuziehen, nachkommen zu können.
Mit dem Amtsgericht geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin diesen Anforderungen nicht gerecht geworden ist. In ihrer E-Mail an ihren Verfahrensbevollmächtigten vom 11. November 2021 hat die Antragsgegnerin in der Zeit vom 3. Mai bis 20. Oktober 2021 lediglich zwölf Termine für eine Wohnungsbesichtigung aufgeführt, wobei hiervon vier Termine bereits vor Abschluss der Vereinbarung im Mai 2021 lagen, zwei weitere Termine im Juni 2021, ein Folgetermin Ende August 2021 sowie vier Termine im Oktober 2021. Danach hat die Antragsgegnerin nach dem Vergleichsabschluss bis quasi Ende August 2021 lediglich zwei Wohnungen besichtigt und bis Ende September 2021 dann keine weiteren Wohnungen aufgesucht.
Konkrete Angaben zur Wohnungssituation in Bad Bederkesa bzw. der dortigen Region hat die Antragsgegnerin trotz des Bestreitens des Antragstellers ebenfalls nicht geführt. Das im Beschwerdeverfahren vorgelegte Schreiben der Kreissozialarbeiterin der Diakonie C. vom 3. März 2022 ist hinsichtlich der konkreten Wohnungssituation ebenfalls nicht hinreichend.
III.
Aufgrund der voranstehenden Ausführungen bietet die Beschwerde der Antragsgegnerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 114 ZPO, sodass ihr Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden kann.