Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 17.03.2022, Az.: 8 U 260/21

Entschädigung aus einer Hausratversicherung nach einem Einbruchdiebstahl; Beweis des äußeren Bildes einer bedingungsgemäßen Entwendung; Begriff "Wertschutzschrank"

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
17.03.2022
Aktenzeichen
8 U 260/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 32490
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 06.08.2021 - AZ: 5 O 92/20

Fundstelle

  • VersR 2022, 1583-1584

In dem Rechtsstreit
D. ... Versicherungsverein a. G., ...,
Beklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsgesellschaft B., ...,
gegen
F. R. G., ...,
Kläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt O., ...,
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2022 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Berufung des Beklagten wird das am 6. August 2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg abgeändert und die Klage abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

  3. 3.

    Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Zahlung von Entschädigung aus einer Hausratversicherung für im Rahmen eines Einbruchdiebstahls in seine Wohnung angeblich entwendetes Bargeld.

Am 20. Juni 2017 beantragte der Kläger bei der Versicherungsvertreterin des Beklagten, der Zeugin H., ausweislich des als Anlage K 1 bzw. B. 1 vorgelegten Beratungsprotokolls und des als Anlage K 2 bzw. B. 1 vorgelegten und von ihm unterzeichneten Antrags den Abschluss einer Hausratversicherung zum "Komfort-Schutz". Auf Seite 3 des Antrags lautet es unmittelbar über der Unterschrift des Klägers:

"Ich bestätige hiermit, dass mir die Durchschrift dieser Anträge/dieses Antrags und vor Antragsunterzeichnung das Produktinformationsblatt zu den angebotenen Produkten, die Verbraucherinformationen, die Versicherungsbedingungen für die Hausratversicherung (VHB 2017 Fassung D., Stand 01.05.2017) sowie je nach Versicherungsumfang die Besonderen Bedingungen, Zusatzbedingungen, Erläuterungen und Klauseln auf meinen Wunsch als separate Datei(en) per E-Mail an meine Adresse ...@GMX.DE zugesandt wurden.

Hinweis: Ich habe die Datei erhalten und bestätige, dass es sich um die zuvor genannten Informationen handelt."

Der Beklagte policierte den Vertrag mit dem als Anlage K 3 vorgelegten Versicherungsschein, beginnend zum 21. Juni 2017. Ausweislich des Versicherungsscheins werden als Vertragsgrundlagen ausdrücklich die Versicherungsbedingungen für die Hausratversicherung (VHB 2017) (im Folgenden: VHB) in Bezug genommen.

In den vom Beklagten vorgelegten VHB (Anlage (B. 3) heißt es unter Ziffer 1.1.9:

"1.1.9.1 Versicherte Wertsachen sind

Bargeld und auf Geldkarten geladene Beträge (z. B. Chipkarte), (...)

1.1.9.2 Unsere Entschädigung ist auf 10 Prozent der Versicherungssumme begrenzt, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.

Für Wertsachen, die sich außerhalb eines anerkannten und verschlossenen Wertschutzschranks (siehe Ziffer 1.1.9.3) befunden haben, ist unsere Entschädigung begrenzt auf:

• insgesamt 500 Euro für Bargeld und auf Geldkarten geladene Beträge mit Ausnahme von Münzen, deren Versicherungswert den Nennbetrag übersteigt, höchstens auf den vereinbarten Betrag, (...)"

Nach Ziffer 15.6 der VHB belaufen sich die vorgenannten Grenzen beim vereinbarten "Komfort-Schutz" auf 30 % der Versicherungssumme bzw. 1.500 € Bargeld. In den VHB heißt es ferner:

"1.1.9.3 Anerkannte Wertschutzschränke im Sinne von Ziffer 1.1.9.2 sind Sicherheitsbehältnisse, die

• durch die V. ... GmbH oder durch eine gleichermaßen qualifizierte Prüfstelle anerkannt sind und

• als freistehende Wertschutzschränke ein Mindestgewicht von 200 kg aufweisen oder bei geringerem Gewicht nach den Vorschriften des Herstellers fachmännisch verankert oder in der Wand oder im Fußboden bündig eingelassen sind (Einmauerschrank)."

Dem vom Kläger vorgelegten Versicherungsschein ist ab Seite 7 eine "Anlage" mit einer "Darstellung ihrer versicherten Leistungen" beigefügt. Auf Seite 8 heißt es unter der Überschrift "Darüber hinaus sind folgende Sachen versichert" unter anderem:

"Wertsachen mitversichert bis 30 % * [*) der Versicherungssumme]

Entschädigungsgrenze (außerhalb von Wertschutzschränken) für Bargeld (und auf Geldkarte gespeicherte Beträge) 1.500 Euro (...)"

Am 5. Januar 2019 kam es im Haus des Klägers zu einem Einbruchdiebstahl. Der Kläger meldete gegenüber dem Beklagten den Einbruch und den Diebstahl unter anderem von Bargeld in Höhe von 19.000,00 € aus einem mitentwendeten Tresor, der nicht verankert war und rund 44 Kilogramm wog.

Mit Schreiben vom 8. April 2019 (Anlage K 7) regulierte der Beklagte den geltend gemachten Schaden, wobei er hinsichtlich des als gestohlen behaupteten Bargeldschadens unter Verweis auf die Entschädigungsgrenze lediglich in Höhe von 1.500,00 € regulierte und eine weitergehende Regulierung, nämlich in Höhe des klageweise geltend gemachten Differenzbetrages von 17.500,00 €, ablehnte.

Der Kläger hat behauptet, die VHB seien ihm vor dem Einbruchdiebstahl nicht zugänglich gemacht worden. Bei dem Einbruchdiebstahl sei aus seiner Wohnung unter anderem Bargeld in Höhe von 19.000,00 € entwendet worden. Vor dem Einbruchdiebstahl habe sich das Bargeld in dem Tresor, der lose in einem Schrank abgestellt gewesen sei, im Schlafzimmer befunden. Er und ein Nachbar, der Zeuge B., hätten zwei Tage zuvor das Bargeld gemeinsam gezählt.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 17.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2019 zu zahlen,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.100,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Dezember 2019 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, dem Kläger seien die VHB per E-Mail von der Versicherungsvertreterin, der Zeugin H., vor Unterzeichnung des Antrags übersandt worden. Auch technisch sei die Eingabe der Unterschrift des Klägers auf den Antragsunterlagen erst nach Versendung der Unterlagen möglich. Die Unterschrift des Klägers bewirke eine Vermutung nach § 440 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der Richtigkeit der darüber befindlichen Erklärung, die VHB erhalten zu haben. Selbst wenn die VHB nicht wirksam einbezogen worden sein sollten, sei der Versicherungsvertrag im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung mit dem Inhalt zustande gekommen, den der Beklagte üblicherweise zugrunde lege.

Das Landgericht hat Beweis erhoben mit Beweisbeschluss vom 13. November 2020 (Bl. 227 d. A.) über die Behauptung des Klägers, er habe von seinem Vater im November 2018 eine Darlehensrückzahlung erhalten und zwei Tage vor dem Einbruchdiebstahl hätten sich 19.000,00 € in dem Tresor des Klägers befunden, durch Vernehmung der Zeugen B. und G. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22. Januar 2021 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 6. August 2021, auf das wegen der dort getroffenen Feststellungen und den Einzelheiten der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von 17.500,00 € verurteilt. Wertsachen seien gemäß der Vereinbarung im Versicherungsschein bis 30 % der Versicherungssumme versichert. Die Einschränkungen aus Ziffer 1.1.9 VHB griffen nicht. Der Kläger habe unwiderlegt in Abrede gestellt, die VHB vor dem Jahr 2020 zur Verfügung gestellt bekommen zu haben. Der Beklagte habe ins Blaue hinein behauptet, der Kläger habe vor Unterzeichnung des Antrags eine E-Mail mit den VHB erhalten. Die vom Kläger unterzeichnete Erklärung über den Erhalt der Unterlagen könne den Zugang nicht beweisen. Seine Behauptung, eine Unterzeichnung des Antrags ohne vorherige Übersendung der Unterlagen sei technisch nicht möglich, habe der Beklagte nicht unter Beweis gestellt. Der Beklagte habe auch nicht die E-Mail an den Kläger vorlegen können. Angesichts ausreichender Regelungen im Versicherungsschein habe keine Vertragslücke vorgelegen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätten sich 19.000,00 € in dem gestohlenen Tresor befunden. Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen B. hätten er und der Kläger bei einem lockeren Abend Alkohol getrunken, woraufhin der etwas enthemmte Kläger mit seinem großen Geldbetrag angegeben habe. Auch die Aussage des Zeugen G. zu dem gewährten Darlehen sei glaubhaft, weil die Schilderung eine Fülle von Einzelheiten aufgewiesen habe, die bei einem erfundenen Geschehen überflüssig gewesen wären. Schließlich seien die Angaben des Klägers glaubhaft gewesen. Die Diskrepanz zwischen November und dem Zeitraum zwischen Weihnachten und Neujahr sei nicht geeignet, auf eine Falschaussage zu schließen. Ebenso sei der Widerspruch zu dem vorprozessualen Vortrag des Klägers, es seien 18.000,00 € als Darlehen und weitere 1.000,00 € aus anderen Gründen im Tresor gewesen, und dem Prozessvortrag, wonach 19.000,00 € als Darlehen gegeben worden seien, auf ein Missverständnis des Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückzuführen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Der Kläger habe unstreitig den Erhalt der VHB bestätigt. Ausreichend sei insoweit die Möglichkeit der Kenntnisnahme. Auf den Zugang komme es nicht an. Der Beklagte sei auch nicht für den Zugang der VHB beim Kläger darlegungs- und beweisbelastet, weil der Kläger aus der Verletzung von § 306 BGB Ansprüche herleite. Aus der signierten Empfangsbestätigung des Klägers folge eine Echtheitsvermutung gemäß § 440 Abs. 2 ZPO. Deshalb obliege dem Kläger, den Gegenbeweis zu führen. Zudem habe der Beklagte für seine Behauptung der Versendung per E-Mail Beweis angeboten durch Vernehmung der Zeugin H. Aus den als Anlagen vorgelegten Antragsdokumenten ergebe sich, dass die Zeugin H. den Antrag unterschrieben, dem Kläger per E-Mail übersandt und dieser nach Zugang der Unterlagen den auch von ihm unterschriebenen Antrag zurückgesandt habe. Zudem habe der Kläger am 21. Juni 2019 um Übersendung einer Zweitausfertigung der Versicherungspolice und der VHB gebeten, welche der Beklagte ihm am selben Tag übersandt habe. Dennoch habe der Kläger mit der Anlage K 3 die ursprüngliche Versicherungspolice - und nicht die Zweitausfertigung - vorgelegt. Selbst wenn die VHB nicht übersandt worden wäre, sei die dadurch entstandene Vertragslücke durch die üblicherweise verwendeten Bedingungen des Versicherers zu schließen. Schließlich habe der Kläger nicht beweisen, dass sich das Bargeld direkt vor dem Einbruch in dem Tresor befunden habe. Es sei unglaubhaft, dass der Zeuge B. und der Kläger zwei Tage vor dem Einbruch das Geld gezählt hätten. Der Zeuge B. habe sich zudem an die konkrete Bargeldsumme nicht erinnern können. Selbst wenn insoweit bewiesen sein sollte, dass zwei Tage zuvor sich das Geld in dem Tresor befunden habe, sei nicht bewiesen, dass es im Zeitpunkt des Einbruchs immer noch im Tresor gelegen habe. Ebenso sei die Aussage des Zeugen G. nicht geeignet, den Beweis zu führen. Dieser sei der Vater des Klägers und habe ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens. Es sei zeitlich unplausibel, dass der Zeuge während eines Urlaubs im August 2017 den Entschluss gefasst habe, sich das Geld vom Kläger zu leihen, das Geld aber bereits am 1. August 2017 vom Kläger abgehoben worden sei. Auch der Grund für das Darlehen sei unplausibel. Die Angaben des Zeugen G. zu der Verwendung seien konfus gewesen. Es sei nicht plausibel, weshalb das Geld wenige Tage vor dem Einbruch zurückgezahlt worden sei, obwohl der vereinbarte Rückzahlungszeitraum noch lange nicht abgelaufen sei. Die Angaben der Zeugen G. und B. hätten sich hinsichtlich der Stückelung widersprochen. Zudem habe die Aussage des Zeugen G. den Angaben des Klägers zum Standort des Tresors widersprochen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Er behauptet nunmehr - erstmals -, bei der Anbringung seiner Unterschriften auf dem von der Vertreterin H. verwendeten Unterschriftenpad sei dort - außer der Unterschriftenzeile - jeweils kein weiterer Text angezeigt worden. Dies sei auch technisch ausgeschlossen. Auf seinem Email-Account sei im Übrigen zu keinem Zeitpunkt irgendeine Email der Beklagten mit Versicherungsbedingungen eingegangen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Die gemäß § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine abweichende Entscheidung.

1. Auf die in erster Instanz streitige Frage, ob der Eintritt des Versicherungsfalls vom Kläger bewiesen wurde, kommt es nicht an. Gemäß den - nach dem Klägervortrag allein maßgeblichen - Bedingungen in der Versicherungspolice ist der hier eingetretene Einbruchdiebstahl vom Versicherungsschutz umfasst. Zwischen den Parteien ist insoweit nur streitig, ob der Minimalsachverhalt eines Einbruchdiebstahls bewiesen ist.

Der Versicherungsnehmer genügt seiner Beweislast, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen. Zu dem Minimum an Tatsachen, die bei einem Einbruchdiebstahl das äußere Bild ausmachen, gehört, dass die als gestohlen gemeldeten Sachen vor dem behaupteten Diebstahl am angegebenen Ort vorhanden, danach nicht mehr aufzufinden waren und Einbruchspuren vorhanden sind, wenn nicht ein Nachschlüsseldiebstahl in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 14. Juni 1995 - IV ZR 116/94 -, Rn. 9, juris). Der Beklagte hat die Behauptung des Klägers, in dem Tresor hätten sich vor dem Einbruchdiebstahl mehr als 1.500,00 €, nämlich insgesamt 19.000,00 €, befunden, bestritten.

Es bedarf nicht der Feststellung, ob die Behauptung des Klägers zutrifft. Denn selbst unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags ergibt sich kein über die - unstreitig - geleistete Zahlung in Höhe von 1.500,00 € hinausgehender Entschädigungsanspruch des Klägers.

2. Der Anspruch des Klägers auf Entschädigung für Bargeld ist gemäß Ziffern 15.6 und 1.1.9.VHB i. V. m. der Regelung auf Seite 8 des Versicherungsscheins auf 1.500,00 € begrenzt.

Denn selbst für den Fall, dass die VHB nicht wirksam gemäß § 305 Abs. 2 BGB als Vertragsbestandteil einbezogen worden sein sollten -was hier ebenfalls keiner Entscheidung bedarf -, ist der Entschädigungsanspruch des Klägers gemäß der Regelung auf Seite 8 des Versicherungsscheins auf 1.500,00 € begrenzt. Danach ist die Entschädigung von Wertsachen außerhalb von "Wertschutzschränken" für Bargeld auf 1.500,00 € begrenzt.

a. Kommt es nicht zu einer wirksamen Einbeziehung der Versicherungsbedingungen, ist umstritten, wonach sich der Vertragsinhalt richtet (vgl. Armbrüster, in: Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. (2016), VVG § 7, Rn. 153 ff.). § 306 Abs. 2 BGB bestimmt, dass sich in diesem Fall der Vertragsinhalt nach den gesetzlichen Vorschriften richtet. Bei der misslungenen Einbeziehung von Versicherungsbedingungen ist eine ergänzende Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB, die als Teil der gesetzlichen Vorschriften im Sinne von § 306 Abs. 2 BGB zu verstehen sind, vorzunehmen (Beckmann, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. (2008), C. Allgemeine Versicherungsbedingungen, Rn. 81; Rixecker, in: Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. (2019), VVG § 1, Rn. 30). Die ergänzende Vertragsauslegung hat sich dabei ebenso wie die Auslegung und Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen an einem objektiv generalisierenden Maßstab auszurichten, der sich am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise orientiert (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 -, Rn. 29, juris; Beckmann, a. a. O., Rn. 82; Rixecker, a. a. O., VVG § 1, Rn. 30). Teilweise wird vertreten, unter Hinweis auf § 49 Abs. 2 Satz 2 VVG die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vom Versicherer verwendeten Bedingungen, die für den Versicherungsnehmer am günstigsten sind, zur Anwendung zu bringen (Armbrüster, a. a. O., VVG § 7, Rn. 155; Rixecker, a. a. O., VVG § 1, Rn. 30).

b. Gemessen hieran ist der im Versicherungsschein verwendete Begriff "Wertschutzschrank" jedenfalls nicht allein aus der Perspektive des Klägers zu definieren.

Auch wird man nicht auf das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers abstellen können, weil es insoweit kein allgemeines, hinreichend bestimmtes Wortverständnis gibt. Allerdings enthalten sämtliche marktübliche Versicherungsbedingungen - wie auch vom Beklagten vorgetragen - eine entsprechende Definition. Exemplarisch sei auf die (mit den streitgegenständlichen VHB Wortlaut identischen) Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) mit den Fassungen VHB 2008 und VHB 2010 (dort jeweils § 13 Ziff. 1 b)) verwiesen (abgedruckt bei Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 1. und 3. Auflage). Auch Ziffer A 18.2 der Musterbedingungen des GDV (Stand: 26. Mai 2017) zu den VHB 2016 enthält folgende Definition:

"A 18.2.1 Wertschutzschränke sind Sicherheitsbehältnisse, die durch ________ anerkannt sind.

A 18.2.2 Zusätzlich gilt:

Freistehende Wertschutzschränke müssen ein Mindestgewicht von ___ kg aufweisen.

Bei geringerem Gewicht müssen sie nach den Herstellervorschriften fachmännisch verankert oder in der Wand oder im Fußboden bündig eingelassen sein."

Die Auslegung führt daher zu dem Ergebnis, dass der im Versicherungsschein verwendete Begriff des "Wertschutzschranks" in dem Sinne zu verstehen ist, wie er allgemein in allen marktüblichen Hausratversicherungen aufgrund der Musterempfehlungen des Verbandes verwendet wird.

Zu berücksichtigen ist insoweit, dass die Regelung in Ziffer 1.1.9.3 VHB (wie auch in Ziffer A 18.2.2 VHB 2016) zwar die Möglichkeit eines freistehenden Wertschutzschrankes vorsehen. Unstreitig hat der Tresor des Klägers jedoch bereits über keinerlei "Anerkennung" von einer Prüfstelle verfügt. Die Einbeziehung dieser Definition entspricht dem auch für Versicherungsnehmer erkennbaren Versicherungsrisiko des Beklagten, der eine hohe Wertgegenstandssumme nur bei Bestehen besonderer Sicherungsmaßnahmen versichern möchte. Dies stellt auch keine unbillige Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar. Wertschutzschränke, die durch eine oder zwei Personen ohne Weiteres aus der Wohnung getragen werden können - wie hier -, stellen auch aus Sicht des Versicherungsnehmers keine derart sicheren Maßnahmen dar, dass er mit einem besonderen Versicherungsschutz bis zur Höhe von 30 % der Versicherungssumme rechnen darf.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.