Landgericht Hildesheim
Urt. v. 02.09.2003, Az.: 10 O 70/03
Abberufung; Abmahnung; Arbeitnehmereigenschaft; außerordentliche; Einstellung; fristlose; Geschäftsführer; Geschäftsführertätigkeit; Geschäftsführerverhältnis; Geschäftsführervertrag; Gesellschafterbeschlüsse; grobe Pflichtverletzung; Kündigung; Organ der Gesellschaft; Pflichten; Status; vertragliche; Weigerung; wichtiger Grund
Bibliographie
- Gericht
- LG Hildesheim
- Datum
- 02.09.2003
- Aktenzeichen
- 10 O 70/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48343
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 38 Abs 1 GmbHG
- § 39 Abs 1 GmbHG
Tenor:
1. Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.
2. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung und Zahlung des offenen Gehaltes.
Die Parteien schlossen unter dem 23.3.1998 einen mit „Geschäftsführeranstellungsvertrag“ überschriebenen Vertrag. Der Kläger nahm die Tätigkeit des Geschäftsführers der Beklagten auf. Im Rahmen von Betriebsbedingten Änderungen der Organisation wurde der Vertrag unter dem 27.6./7.7.2000 modifiziert.
Im Dezember 2002 wies die Gesellschafterin den Kläger als Geschäftsführer an, von der Gesellschafterin beschlossene Maßnahmen auszuführen. Der Kläger bat um Bedenkzeit und antwortete mit Schreiben vom 10.12.2002 wie folgt:
„Mit Schreiben vom 05.12.02 erhielt ich den unterschriebenen Gesellschafterbeschluß und die Anweisung, die beigefügten Verträge über den Verkauf der immateriellen Wirtschaftsgüter und den Abschluß des Lizenzvertrages zu unterzeichnen.
Nach sorgfältigem Studium der Verträge komme ich zu dem Schluß, daß die offensichtlich gewollte Unterzeichnung einen existenzbedrohlichen Eingriff in die Y GmbH bedeutet, der deren Fortführung fraglich macht.
Vor diesem Hintergrund habe ich mich entschieden, meine Funktion und Tätigkeit als Geschäftsführer der Y GmbH niederzulegen. Ich stelle weiterhin meine Dienste der Y GmbH zur Verfügung und bitte um entsprechende Stellungnahme.
Zur Herstellung der notwendigen Klarheit bitte ich um Anmeldung zum Handelsregister bis spätestens 20.12.02 und um entsprechende Bestätigung.“
Die Gesellschafterin beschloss darauf hin unter dem 13.12.2002 die fristlose Kündigung und teilte dies dem Kläger mit Schreiben vom 18.12.2002 mit. Ende 2002 wurde der Kläger als Geschäftsführer im Handelsregister gelöscht.
Der Kläger ist der Ansicht, die Kündigung sei unwirksam. Er sei Arbeitnehmer, der Betriebsrat sei nicht gefragt, er sei nicht abgemahnt worden. Sein Verhalten begründe keinen wichtigen Grund, das Vertragsverhältnis zu beenden. Letztendlich habe er sich weigern dürfen, die Beschlüsse auszuführen, da sie für ihn und die Beklagte schädlich seien. Er habe seine weitere Tätigkeit angeboten.
Der Kläger beantragt, nachdem der Rechtsstreit vom Arbeitsgericht an das erkennende Gericht rechtskräftig verwiesen wurde,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 13.12.2002, dem Kläger am 19.12.2002 zugegangen, beendet ist, sondern unverändert fortbesteht,
hilfsweise
festzustellen, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 13.12.2002, dem Kläger am 19.12.2002 zugegangen, beendet worden ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.373,68 € brutto nebst 5 % des über dem jeweiligen Basiszins liegenden Zinssatz seit dem 26.1.2002 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.373,68 € brutto nebst 5 % des über den jeweiligen Basiszins liegenden Zinssatzes seit dem 26.2.2003 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.373,68 € brutto nebst 5 % des über dem jeweiligen Basiszins liegenden Zinssatz seit dem 26.3.2003 zu zahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.373,68 € brutto nebst 8 % des über dem jeweiligen Basiszins liegenden Zinssatzes seit dem 26.4.2003 zu zahlen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.373,68 € brutto nebst 8 % des über dem jeweiligen Basiszins liegenden Zinssatzes seit dem 26.5.2003 zu zahlen.
7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.373,68 € brutto nebst 8 % des über den jeweiligen Basiszins liegenden Zinssatzes seit dem 26.6.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die fristlose Kündigung der Beklagten ist wirksam, das Geschäftsführerverhältnis ist beendet, dem Kläger stehen so auch keine Vergütungsansprüche mehr zu.
Der Kläger begehrt mit der Klage die Feststellung, dass der Geschäftsführervertrag vom 23.3.1998 weiter fortbesteht. Es kann insoweit dahinstehen, ob der Antrag so unbefristet gestellt werden kann - die fristlose Kündigung beendet in jedem Fall den Vertrag ordentlich zum 31.3.2004 -, die Beklagte hat dargetan, dass der Vertrag im Dezember 2003 wirksam beendet wurde.
Mit Schreiben vom 10.12.2003 hat der Kläger mitgeteilt, dass er die Beschlüsse der Gesellschafterin nicht umsetzen werde, und gleichzeitig seine Geschäftsführertätigkeit beendet, sowie die Beklagte aufgefordert, den formellen Akt der Löschung im Handelsregister vorzunehmen zu lassen. Durch Vertrag vom 23.3.1998 war der Kläger als Geschäftsführer eingestellt. In der Niederlegung dieses Amtes könnte so seinerseits eine Kündigung des Vertrages gesehen werden. Andererseits bietet der Kläger die Ausübung allgemeiner Tätigkeiten an, die Beklagte hat das Schreiben so auch nicht gewertet.
Diese Frage kann letztendlich dahinstehen, da die stattdessen von der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung wirksam ist, d. h. den Vertrag beendet. Das Verhalten des Klägers begründet grundsätzlich einen wichtigen Grund. Der Kläger wendet sich nicht nur gegen eine Gesellschafterentscheidung, sondern weigert sich, seine vertraglichen Pflichten auszuführen. Insoweit ist es unerheblich, dass ein weiterer Geschäftsführer vorhanden ist, der mit einem Prokuristen die Handlungsfähigkeit der Beklagten sicherstellen kann. Der Kläger hat jedoch seine ureigensten Pflichten des Vertrages verweigert, dies stellt eine grobe Pflichtverletzung dar. Das vom Kläger angestrebte Ziel, die Durchführung der Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern, wäre auch ohne Niederlegung des Geschäftsführeramtes möglich gewesen.
Die fehlende Beteiligung des Betriebsrates und das Angebot der Arbeitstätigkeit ändern an der Wirksamkeit der Kündigung nichts.
Der Kläger ist kein Arbeitnehmer, insoweit ist der Klagantrag zu 1. schon aus diesem Grund abzuweisen. Der Kläger ist Organ. Dies ergibt sich schon aus seiner Stellung (Geschäftsführer) und dem dazugehörigen Vertrag. Der Kläger ist als Geschäftsführer angestellt - nicht als Arbeitnehmer aufgestiegen. Die engen Ausnahmen, die das Bundesarbeitsgericht entwickelt hat, liegen nicht vor. Es kann insoweit auch auf den Beschluss des Arbeitsgerichtes verwiesen werden. Soweit ist auch zu sehen, dass die Beschränkung der Befugnisse erst später erfolgt ist.
Auch der insoweit gestellte Hilfsantrag bietet aufgrund der wirksamen Kündigung keinen Erfolg. Das Angebot der Arbeitstätigkeit ist unerheblich. Die vertragliche Verpflichtung ist die Geschäftsführung, diese hat der Geschäftsführer nie angeboten.
Eine gesonderte Abmahnung ist nicht erforderlich gewesen. Zum einen liegt ein schwerer Verstoß vor. Zum anderen hat der Kläger seine Tätigkeit endgültig - über den Einzelfall hinaus - mit der Aufforderung, die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit beim Handelsregister anzumelden abgelehnt. Letztendlich lag die Aufforderung, die Gesellschafterbeschlüsse umzusetzen, bereits im Dezember vor, der Kläger hat um eine Überlegungsfrist gebeten, die ihm gewährt wurde, erst danach hat er die Durchführung der Beschlüsse abgelehnt und seine Geschäftsführeraufgabe niederlegt. Eine gesonderte Abmahnung ist in diesem Fall überflüssig.
Der Kläger hat zudem nicht dargetan, dass ein wichtiger Grund deshalb nicht vorläge, weil er im eigenen und gesellschaftlichen Interesse gehalten war, die Ausführung der Beschlüsse zu verhindern.
Zunächst ist zu sehen, dass der Kläger sich nicht nur gegen eine Entscheidung des Gesellschafters wendet, sondern auch seine vertraglichen Verpflichtungen verweigert - er hat seine Geschäftsführertätigkeit eingestellt.
Die Anweisung der Gesellschafterin stellt zudem eine unternehmerische Entscheidung dar. Es ist fraglich, inwieweit diese in Frage gestellt werden kann. Der Gesellschafter hat auch das Recht der Liquidation. Die Befürchtung des Klägers, dass die Beschlüsse den Bestand der Beklagten vernichten, ist nicht eingetreten. Sie firmiert weiter, erfüllt nach dem Vortrag des Klägers sogar die Zielvorgaben.
Dass die Entscheidung eine eigenen Haftung des Klägers begründen könnte, ist nicht dargetan. Abgesehen davon, dass eine Haftung des Geschäftsführers bei Ausführung von Gesellschafterbeschlüssen nur bedingt möglich ist, fehlt jeder Vortrag im Detail, aus welchem Geschehen und Rechtsgrund sich solche ergeben sollten.
Es kann deshalb auch dahinstehen, ob solche Gründe die Rechtmäßigkeit der Kündigung berühren oder nur Schadensersatzansprüche begründen würden.
Die Klage ist daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, über die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gem. § 709 ZPO entschieden.