Landgericht Hildesheim
Beschl. v. 24.10.2003, Az.: 5 T 416/03
Voraussetzungen für die Entstehung des Vergütungsanspruchs eines Betreuers; Vergütunganspruch des Betreuers ohne formale Betreuerbestellung bei Erbringung von Betreuertätigkeit bei bestehendem Betreuungsbedarf; Materiell-rechtliche Wirkungen der Ausstellung und Übersendung eines Betreuerausweises
Bibliographie
- Gericht
- LG Hildesheim
- Datum
- 24.10.2003
- Aktenzeichen
- 5 T 416/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 42579
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHILDE:2003:1024.5T416.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hildesheim - 22.09.2003 - AZ: 74 XVII T 243 VH
Rechtsgrundlagen
- § 1835 BGB
- § 1835a BGB
- § 1836 BGB
- § 1836a BGB
- § 1 Abs. 1 BVormVG
- § 56 GFGG
- § 76 Abs. 3 GFGG
Fundstelle
- FamRZ 2006, 291 (Volltext mit red. LS)
In der Betreuungssache
...
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim
am 24.10.2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Rojahn,
den Richter am Landgericht Pingel und
den Richter Dr. Brandt
auf die sofortige Beschwerde des Betreuers vom 01.10.2003
gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 22.09.2003
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebühren- und gerichtsauslagenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Mit Beschluss vom 29.05.2002 (Bl. 15 d. Betreuungsakte) hat das Amtsgericht Hildesheim im Wege der einstweiligen Anordnung für den Betroffenen eine vorläufige Betreuung, befristet bis zum 28.11.2002, eingerichtet. Mit Beschluss vom 08.08.2002 (Bl. 32, 33 d. Betreuungsakte) hat das Amtsgericht durch einstweilige Anordnung einen Einwilligungsvorbehalt hinsichtlich der Vermögenssorge, befristet bis längstens zum 07.02.2003, angeordnet.
Am 27.02. wurde durch Beschluss des Amtsgerichts (Bl. 61, 62 d. Betreuungsakte) eine endgültige Betreuung eingerichtet.
In der Zeit vom 29.11.2002 bis zum 26.02.2003 bestand für den Betroffenen aufgrund der oben genannten Beschlüsse keine Betreuung. Gleichwohl wurde dem Beschwerdeführer ein Betreuerausweis übersandt, der eine Gültigkeit für die ursprünglichen Aufgabenkreise einschließlich Einwilligungsvorbehalt bis zum 07.02.2003 aufwies (Bl. 77 d. Betreuungsakte).
Mit Schreiben vom 28.02.2003 (Bl. 22 bis 27 d. Vergütungsheftes) beantragt der Beschwerdeführer, seine Vergütung für den Zeitraum vom 01.12.2002 bis 28.02.2003 auf insgesamt 585,23 EUR festzusetzen.
Mit Beschluss vom 22.09.2003 (Bl. 62, 63 d. Vergütungsheftes) hat das Amtsgericht die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu erstattenden Ansprüche für seine Tätigkeit in dem Zeitraum vom 01.12.2002 bis 27.02.2003 auf 3,60 EUR festgesetzt.
Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde vom 01.10.2003 (Bl. 69, 70 d. Vergütungsheftes). Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass der beantragte Gesamtbetrag von 585,23 EUR aus der Staatskasse zu vergüten sei. Der Umstand, dass in dem Zeitraum vom 29.11.2002 bis 26.02.2003 eine formale Betreuerbestellung nicht bestand, beruhe auf einem Organisationsversehen des Amtsgerichts. Aus der Vergütungsabrechnung ergebe sich jedoch, dass die Betreuung durchgängig erforderlich gewesen sei und ein andauernder Unterstützungsbedarf des Betroffenen auch über den 29.11.2002 hinaus bestanden habe. Alle Beteiligten seien seiner Zeit davon ausgegangen, dass die vorläufige Betreuung alsbald in eine endgültige Betreuung umgewandelt würde.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen.
Ein Vergütungsanspruch des Betreuers für die in dem Zeitraum vom 29.11.2002 bis 26.02.2003 für den Betroffenen erbrachten Tätigkeiten besteht nicht. Voraussetzung für einen Vergütungsanspruch des Betreuers gem. §§ 1908 i, 1908 e, 1835, 1835 a, 1836, 1836 a BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 BVormVG, §§ 76 Abs. 3, 56 GFGG setzt voraus, dass für den Zeitraum, für welchen Vergütung begehrt wird, eine Betreuung eingerichtet war. Dieses war vorliegend für den Zeitraum vom 29.11.2002 bis zum 26.02.2003 nicht der Fall, weil die durch einstweilige Anordnung eingerichtete Betreuung mit Ablauf des 28.11.2002 endete und die endgültige Betreuung erst am 27.02.2003 eingerichtet wurde.
Der Vergütungsanspruch des Betreuers wird nicht bereits dadurch begründet, dass der Betreuer in dem fraglichen Zeitraum trotz Fehlens einer formalen Betreuerbestellung gleichwohl Betreuertätigkeit erbracht hat oder Betreuungsbedarf des Betroffenen bestand. Entscheidend für die Entstehung des Vergütungsanspruches ist insoweit allein die formale Betreuerbestellung. Insoweit ist auch unerheblich, dass dem Beschwerdeführer offenbar aufgrund eines Versehens des Amtsgerichtes ein Betreuerausweis mit Gültigkeit bis zum 07.02.2003 übersandt wurde. An die Ausstellung bzw. Übersendung eines Betreuerausweises sind keine materiell-rechtlichen Wirkungen geknüpft (Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Auflage, § 69 b FGG Randnr. 10 ff.). Die Übersendung des Betreuerausweises an den Beschwerdeführer entfaltet deshalb keinerlei Rechtswirkung hinsichtlich des Fortbestehens des Betreueramtes (Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 13. Auflage, § 69 b Randnr. 7).
Auch aus dem Beschluss des Amtsgerichtes vom 08.08.2002, durch welchen ein Einwilligungsvorbehalt hinsichtlich der Vermögenssorge für den Betroffenen, befristet bis zum 07.02.2003, eingerichtet wurde, ergibt sich keine Betreuerbestellung des Beschwerdeführers. Ausweislich des genannten Beschlusses (Bl. 32 d. Betreuungsakte) galt die Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes bis längstens zum 07.07.2003. Aus der Formulierung "längstens" ergibt sich, dass die Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes auch vor dem 07.02.2003 enden kann. Dies ist im vorliegenden Fall mit Auslaufen der vorläufigen Betreuung am 28.11.2002 geschehen.
Ein Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers für den Zeitraum vom 29.11.2002 bis 26.02.2003, für den formal eine Betreuung für den Betroffenen nicht eingerichtet war, besteht insoweit nicht.
Die Kammer hat die sofortige weitere Beschwerde nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebühren- und gerichtsauslagenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 131 KostO).
Pingel
Dr. Brandt