Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.03.1998, Az.: XII 404/93; XII 751/96

Kriterien für das Vorliegen einer Pferdezucht als Erwerbsunternehmen hinsichtlich der Steuerpflichtigkeit; Definition von Gewinnstreben i.S.v. § 13 Einkommensteuergesetz (EStG)

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
26.03.1998
Aktenzeichen
XII 404/93; XII 751/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 32846
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1998:0326.XII404.93.0A

Verfahrensgegenstand

Abgrenzung zur Liebhaberei: Hohe Investitionen in eine Pferdezucht.

Einkommensteuer 1983 bis 1987, 1993 und 1994

In den Rechtsstreiten
...
hat der XII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 26. März 1998,
an der mitgewirkt haben:
1. Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
2. Richter am Finanzgericht ...
3. Richter am Finanzgericht ...
4. ehrenamtliche Richterin ...
5. ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klagen werden auf Kosten des Klägers abgewiesen.

Tatbestand:

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in den Jahren 1983 bis 1987 eine Pferdezucht als Erwerbsunternehmen betrieben hat, so daß die erwirtschafteten hohen Verluste der Besteuerung zugrunde zu legen sind. Ferner ist streitig, wie hoch seine Einkünfte in den Jahren 1993 und 1994 waren.

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Der Kläger war Rechtsanwalt. Er erwarb im Jahre 1978 einen Hof in der Nähe von (insgesamt 1,248 ha) und 19799,75 ha Weideland in etwa 30 km Entfernung. Ferner hatte er 1,80 ha hinzugepachtet. Bis zum 30.04.1982 erfolgte keine ernsthafte Bewirtschaftung, vom 01.05.1982 an ermittelte der Kläger seinen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Abs. 3 EStG.

3

Im Wirtschaftsjahr 1984/85 errichtete der Kläger zusätzlich zu den vorhanden Gebäuden einen Pferdestall für 646.622 DM, für den im folgenden Jahr weitere Herstellungskosten von 85.817 DM anfielen. Die Finanzierung erfolgte durch Einlagen in Höhe von mehr als 1,5 Millionen DM.

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Der Kläger hielt am 30.04.1985 20 Pferde, am 30.04.1986 und 1987 jeweils 23. Erstmals im Wirtschaftsjahr 1986/87 wurden Erlöse für Pferdeverkäufe in Höhe von 39.096,71 DM erzielt.

5

Die Betriebsergebnisse waren in allen Jahren negativ. Sie betrugen im Wirtschaftsjahr

1982/83126.668 DM,
1983/84101.278 DM,
1984/85165.193 DM,
1985/86177.765 DM,
1986/87155.987 DM.
6

Zum Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres richtete der Kläger eine Buchführung ein; der Übergangsverlust betrug 8.957 DM, so daß bis dahin ein Verlust von 735.846 DM entstanden war. Die Buchführung ergab für das Wirtschaftsjahr

1987/88 einen Verlustvon 158.994 DM,
1988/89von 126.742 DM,
1989/90von 134.043 DM,
7

so daß sie die Verluste insgesamt auf 1.155.625 DM beliefen.

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In den Jahren 1988 bis 1992 (mit Unterbrechungen) fand bei dem Kläger eine Außenprüfung für die Jahre 1982 bis 1986 (Wirtschaftsjahre 1982/83 bis 1986/87) statt. Der Prüfer schätzte die in den folgenden Wirtschaftsjahren erzielbaren Ergebnisse auf

./. 57.000 DMfür das Wirtschaftsjahr 1990/91
und auf ./. 47.000 DMfür die Wirtschaftsjahre ab 1991/92 und
9

vertrat daher die Auffassung, die Pferdezucht werde nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben. Er ließ die bisher steuermindernd berücksichtigten Verluste nicht zum Abzug zu. Daraufhin ermittelte der Kläger vom Wirtschaftsjahr 1990/91 an die Betriebsergebnisse nicht mehr.

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Zur Verbesserung des Betriebsergebnisses verzichtete der Kläger auf die Beschäftigung von Angestellten. Damit konnte er seine Anwaltstätigkeit in nicht mehr ausüben und verlor seine Anwaltszulassung wegen Nichteinhaltung der Präsenzpflicht. In Niedersachsen wurde er als Landwirt zur Anwaltschaft nicht zugelassen. Im Februar 1993 erwarb er einen Hengst zum Decken eigener und fremder Stuten, zur Erhöhung der Einnahmen begann er den Ausbau von Fremdenzimmern, um Ferien auf dem Bauernhof anbieten zu können und es Kaufinteressenten zu ermöglichen, sich mit zu erwerbenden Pferden bei einem längeren Aufenthalt vertraut zu machen. Zur Absatzförderung wurde die Absatzgemeinschaft "Pferde" gegründet, an der der Kläger mitwirkte. Der Kläger war Gründungsmitglied des "Reit- und Fahrverein. Im Wirtschaftsjahr 1990/91 errichtete der Kläger weitere Stallungen für Pferde und eine Halle für eine Pferdebewegungsmaschine. Dadurch sollte es ermöglicht werden, 40 bis 50 Pferde zu halten. Auch sollte für die Ausbildung der Pferde ein Pferdewirt eingestellt werden. Bereits Anfang 1988 hatte der Kläger mit der Zucht und Mast von Galloway-Rindern begonnen. Den Verkauf betrieb er über eine neu gegründete Fleischhandelsgesellschaft, für die der Betrieb auch Magervieh in Pension nahm. Die Kosten für diese Investitionen sind nicht bekannt.

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Der Kläger, dessen Einkünfte aus Kapitalvermögen im Jahre 1984 noch 139.872 DM betragen hatten, hatte seine Investitionen zunächst aus eigenen Mitteln bestreiten können. Das zeigt sich daran, daß seine Einkünfte aus Kapitalvermögen im Jahre 1989 auf 31.543 DM zurückgegangen waren. Wegen seiner Konzentration auf den Pferdezuchtbetrieb verlor er ab 1987 seine Einkünfte ausnichtselbständiger Arbeit, später seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Im Jahre 1989 verkaufte er Grundbesitz für 960.000 DM, 1992 und 1993 für insgesamt 1.075.000 DM, 1994 für 920.000 DM und 1995 für 1.000.000 DM, wobei die Erlöse jedenfalls teilweise zur Abdeckung von Grundpfandrechten verwendet werden mußten. Deshalb hat der Kläger für weitere Investitionen in den Hof Kredite aufnehmen müssen, deren Höhe nicht bekannt ist. Er hat sie aufgrund der weiterhin ungünstigen Ertragslage nicht ausreichend bedienen können, so daß für den 01.04.1998 Termin zur Zwangsversteigerung des Hofes angesetzt ist. Der vom Versteigerungsgericht bestellte Gutachter hat auf den 01.06.1997 einen Wert von 1.852.000 DM ermittelt, wovon 1.849.395 DM auf Grundstücke und Gebäude entfallen und sicherungsübereignete Gegenstände, insbesondere landwirtschaftliche Geräte, nicht angesetzt sind. (In dem Termin am 01.04.1998 wurde ein Gebot nicht abgegeben.)

12

Vom Jahre 1990 an hat der Kläger keine Steuererklärungen mehr abgegeben, so daß das beklagte Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen geschätzt hat. Die Einkommensteuerbescheide 1990 bis 1992 wurden bestandskräftig. Für 1993 ging das Finanzamt von den einheitlich und gesondert festgestellten Einkünften aus selbständiger Arbeit von 50.000 DM und Einkünften aus Kapitalvermögen von 53.900 DM aus und ermittelte eine Einkommensteuer von 32.564 DM, für 1994 setzte es Einkünfte aus Kapitalvermögen von 23.900 DM und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 6.000 DM an und ermittelte eine Einkommensteuer von 4.182 DM.

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Gegen die Nichtberücksichtigung seiner Verluste aus der Pferdezucht und die Schätzungsbescheide wendet sich der Kläger nach erfolglosen Einspruchsverfahren mit beiden Klagen, die der Senat zur einheitlichen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Er begründet die Klage XII 404/93 im wesentlichen wie folgt:

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Er habe von Anfang an die Absicht gehabt, einen Totalgewinn zu erzielen und seinen Lebensunterhalt aus dem landwirtschaftlichen Betrieb zu bestreiten. Er habe seine anwaltliche Tätigkeit in Hamburg daher eingestellt und sich ganz auf den Betrieb konzentriert. Diesen hätte er jederzeit für 3.000.000 DM verkaufen können. Er habe auch seinen Betrieb aufgrund der wirtschaftlichen Lage fortentwickelt, um Verlustquellen zu minimieren und die Erlöse zu erhöhen.

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Er ist der Auffassung, die Klage XII 751/96 resultiere aus demselben Sachverhalt wie die Klage XII 404/93. Er hat sie bisher nicht begründet. Im Einspruchsverfahren hatte er vorgetragen, in den Jahren 1993 und 1994 keine steuerpflichtigen Einkünfte erzielt zu haben. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1993 hatte der Kläger seine Einnahmen aus Kapitalvermögen mit 35 DM, seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit ./. 66.000 DM und seine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtungder seinerzeit noch vorhandenen drei Mietobjekte mit ./. 23.000 DM beziffert. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1994 hatte der Kläger seine Einnahmen aus Kapitalvermögen mit 35 DM, seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit ./. 40.000 DM und seine Einkünfte aus zwei Mietobjekten mit ./. 4.740 DM beziffert. Das beklagte Finanzamt war diesen Erklärungen jedoch nicht gefolgt, weil sie sich nicht mit den ausden Akten ergebenden Erkenntnissen vereinbaren ließen und Aufklärungsversuche erfolglos geblieben waren. Insoweit wird auf den Einspruchsbescheid vom 10.10.1996 verwiesen.

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Der Kläger beantragt

in dem Verfahren XII 404/93:

die Verluste aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in den Wirtschaftsjahren

1982/83 mit126.667 DM,
1983/84 mit101.277 DM,
1984/85 mit165.192 DM,
1985/86 mit177.764 DM und
1986/87 mit155.985 DM zuzüglich des Übergangsverlustes von
8.956 DM zum Abzug zuzulassen und die

Einkommensteuerbescheide 1984 bis 1986 vom 17.02.1992 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 01.03.1993, den Einkommensteuerbescheid 1983 vom 16.03.1993 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 08.03.1993 und den Einkommensteuerbescheid 1987 vom 29.03.1993 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 14.04.1993 unter Aufhebung des Einspruchsbescheids vom 30.08.1993 entsprechend zu ändern,

in dem Verfahren XII 751/96:

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1993 vom 19.10.1994 und des Einkommensteuerbescheids 1994 vom 21.04.1995 und Aufhebung des Einspruchsbescheids vom 10.10.1996 die Einkommensteuer 1993 und 1994 auf 0 DM herabzusetzen.

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Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klagen abzuweisen.

18

Der Kläger habe bisher nichts vorgetragen, was die Annahme rechtfertigen könnte, bei Aufnahme des Betriebs habe eine ernsthafte Gewinnerzielungsabsicht bestanden. Plandaten oder Vorauskalkulationen, von denen er bei Beginn der Tätigkeit ausgegangen sei, habe der Kläger nicht vorgelegt. Auch ein Betriebsentwicklungsplan, aus dem sich die beabsichtigten Veränderungen und deren wirtschaftliche Auswirkungen ergeben müßten, liege nicht vor. Allgemeine subjektive Vorstellungen und Absichtserklärungen seien für den Nachweis einer Gewinnerzielungsabsicht nicht ausreichend.

19

Die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1993 und 1994 sei nach den vorliegenen Unterlagen vorgenommen worden. Der Kläger habe es unterlassen, sie zu entkräften, soweit es in seiner Macht gestanden habe.

Entscheidungsgründe

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Die Klagen sind unbegründet.

21

1.

Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 13 EStG liegen nur vor, wenn neben anderen Voraussetzungen die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird.

22

Fehlt es an dem Gewinnstreben, ist das Tätigwerden als Liebhaberei anzusehen mit der Folge, daß die aus ihr entstandenen Verluste einkommensteuerlich nicht zu berücksichtigen sind.

23

Ein Gewinnstreben in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn die Absicht besteht, mit der Betätigung auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen. Nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25.06.1984 (GrS 4/82, BStBl II 1984, 751) ist die Gewinnerzielungsabsicht eine innere Tatsache, die nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muß auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können, der vom Steuerpflichtigen entkräftet werden kann. Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsichtkann eine Betriebsführung sein, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten (BFH-Urteil vom 15.11.1984 IV R 139/81, BStBl II 1985, 205). Dies erfordert eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurteilung, wofür die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten können. Längere Verlustperioden allein reichen aber noch nicht aus, um die Liebhaberei zu begründen. Es müssen Beweisanzeichen hinzukommen, die den Schluß rechtfertigen, daß der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit aus persönlichen, dem Bereich der Lebensführung zuzuordnenden Gründen ausübt (BFH-Urteil vom 28.08.1987 III R 273/83, BStBl II 1988, 10).

24

Als ein solches Beweisanzeichen wird grundsätzlich eine Pferdezucht oder -haltung angesehen, die ein Steuerpflichtiger aus hohen eigenen Einkünften finanzieren kann, so daß es ihm auf das Erzielen von Gewinnen nicht ankommt. So scheint es auch beim Kläger zu liegen. Denn er hatte neben beträchtlichem Kapital- und Grundvermögen Einkünfte aus seiner Anwaltstätigkeit in und als Geschäftsführer von zwei Immobiliengesellschaften, so daß er in der Lage war, ein Hobby mit großemfinanziellen Einsatz zu betreiben. Auch der Umstand, daß der Kläger aktiv die Gründung eines Reit- und Fahrvereins betrieben hat, könnte den Schluß darauf zulassen, daß er am Pferdesport interessiert war. Jedoch können diese Aktivitäten im Streitfall nicht zu Lasten des Klägers verwertet werden, da der Senat insoweit keine Feststellungen getroffen hat.

25

Der Senat folgt dem Kläger nicht in seinem Vortrag, er habe seine Anwaltstätigkeit in aufgegeben, weil er seinen Lebensunterhalt nunmehr aus der Pferdehaltung bestreiten wolle. Denn er hat seine Anwaltstätigkeit nicht aufgegeben, um sich seinen Pferden zu widmen, sondern ihm ist nach seinem eigenen Bekunden gegenüber dem Beklagten die Anwaltszulassung in entzogen worden, weil er wegen des Aufenthalts auf dem Hof seiner Präsenzpflicht nicht mehr nachkam. Auch hat er sich nachdem Verlust der Anwaltszulassung in, wenn auch vergeblich, bemüht, in Niedersachsen als Anwalt zugelassen zu werden.

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Trotzdem haben sich für den Kläger die Dinge am Ende und vielleicht gegen seinen Willen dahin entwickelt, daß er den Hof als einzige wesentliche Einkommensquelle behielt. Diese Quelle hat ihm aber kein Einkommen erbracht, sondern er hat trotz hoher Investitionen Jahr für Jahr Verluste erwirtschaftet, obwohl er anscheinend sein ganzes Vermögen hineingesteckt hat und am Ende Kredite für seine Investitionen aufnehmen mußte, die letztlich zu dem noch nicht beendeten Zwangsversteigerungsverfahren führten.

27

Diese finanzielle Entwicklung zeigt, daß der Betrieb des Klägers nicht mit Gewinnerzielungsabsicht bewirtschaftet worden sein kann. Das beklagte Finanzamt weist mit Recht darauf hin, daß der Kläger keinen Betriebsentwicklungsplan, keine Plandaten und keine Vorauskalkulationen vorgelegt hat, also derartige Unterlagen für die Beantwortung der Frage, ob es sich um ein mit Gewinnerzielungsabsicht bewirtschaftetes Unternehmen handelte, nicht vorhanden waren. Auch die nach und nach vorgenommenen Investitionen beruhten nicht auf entsprechenden Vorauskalkulationen, sondern zeigten den zum Scheitern verurteilten Versuch, durch eine Verzettelung Einnahmen zu erwirtschaften, die der Kläger anscheinend mit Gewinnen verwechselte. Denn Investitionsaufwendungen führen, soweit sie mit Eigenkapital finanziert werden, zu einer Erhöhung der Abschreibungen, soweit sie mit Fremdkapital finanziert werden, zusätzlich zu Zinsaufwendungen, die den Gewinn mindern. Die bloße Hoffnung, daß zusätzlich erwirtschaftete Erträge die zusätzlichen Aufwendungen überstiegen, kann eine Gewinnerzielungsabsicht nicht begründen. Wie das für das Zwangsversteigerungsverfahren erstellte Sachverständigengutachten zeigt, lag der Wert des Betriebes weit unter den vom Kläger erhofften 3.000.000 DM und anscheinend - die genauen Zahlen sind dem Gericht nicht bekannt - noch unter den vom Kläger vorgenommenen Investitionen. Aus all diesen Umständen ergibt sich, daß die Investitionennicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vorgenommen worden sein können.

28

Wenn ein Betrieb in der Anfangsphase nicht kostendeckend arbeitet, kann es sich um Anfangsverluste handeln, deren steuerliche Berücksichtigung nicht ausgeschlossen ist. Wird nach anfänglichen Verlusten innerhalb eines angemessenen Zeitraums die Gewinnschwelle nicht überschritten, bleiben einem mit Gewinnerzielungabsicht handelnden Unternehmer zwei Optionen: Er kann den Betrieb zur Vermeidung weiterer ständiger Verluste schließen, oder er kann versuchen, durch Umstrukturierung (Aufgabe verlustbringender Betriebszweige, Rationalisierung, eventuell durch entsprechende Investitionen, Aufbau neuer Betriebszweige) in die Gewinnzone zu kommen. Der Kläger hat offensichtlich die zweite Option gewählt.

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Gleichwohl kann dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn der Aufbau der neuen Wirtschaftszweige hat sich ebenso wie der ursprüngliche Betrieb als nicht gewinnbringend erwiesen. DerKläger hat ohne Rücksicht auf das Ergebnis investiert. Anders ist das endgültige Scheitern nicht zu erklären, das seinen Ausdruck in der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens gefunden hat.

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So mag die Aufnahme von Pensionsvieh noch zu zusätzlichen Einnahmen ohne Aufwendungen geführt haben. Sie ist aber beschränkt auf das zur Verfügung stehende Weideland und mußte daher bald mit der vorgesehenen Erweiterung der Pferdehaltung in Konkurrenz treten. Wie der Kläger hier im einzelnen vorgehen wollte, ist nicht erkennbar. Er hat dazu nichts vorgetragen. Andererseits setzt die Haltung von 40 bis 50 Pferden wesentlich größere Grünlandflächen voraus, als dem Kläger zur Verfügung standen. Inwiefern die Einnahmen aus der Pensionsviehhaltung den Aufwand für den Erwerb bzw. die Anpachtung weiterer Flächen übersteigen würde, ist nicht durch Plandaten oder eine betriebswirtschaftliche Vorschau dargetan. Im übrigen hätte die Pensionsviehhaltung nicht allein, sondern nur zusammen mit anderen Maßnahmen zu einem völligen Abbau der Verluste führen können.

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Entsprechendes gilt für das angestrebte Angebot Ferien auf dem Bauernhof. Die dafür erforderlichen Investitionen führten einmal zu Aufwendungen in Gestalt von Abschreibungen, außerdem wäre die Einstellung von Personal erforderlich geworden. Plandaten oder eine betriebswirtschaftliche Vorschau liegen nicht vor.

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Für die Zucht von Rindern gilt dasselbe wie für die Aufnahme von Pensionsvieh, es mußte sich notwendigerweise eine Konkurrenz im Futterbedarf ergeben, so daß nicht genügend selbsterzeugtes Futter zur Verfügung stand und ein Zukauf erforderlich werden mußte. Plandaten oder eine betriebswirtschaftliche Vorschau liegen nicht vor.

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Eine vom Ansatz her überzeugende Maßnahme war die Gründung einer Erzeugergemeinschaft "Pferde". Zu einem Erfolg hätte diese jedoch nur führen können, wenn - bei der dem Senat auszahlreichen Verfahren bekannten starken Konkurrenz auf dem Markt für Pferde - herausgestellt worden wäre, worin der Vorteil der Pferde gegenüber Pferden bekannter Rassen aus eingeführten Gestüten liegen sollte. Inwieweit aber die Tätigkeit einer solchen Erzeugergemeinschaft nach den erforderlichen Werbeaufwendungen und der innergemeinschaftlichen Konkurrenz zu einer Verbesserung der Ertragssituation des Betriebes des Klägers hätte beitragen können, ist weder durch Plandaten noch durch eine betriebswirtschaftliche Vorschau dargetan worden.

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Allein für die Anschaffung eines Deckhengstes hat der Kläger eine Nach- und Vorauskalkulation vorgelegt. Die Anschaffung des Hengstes erfolgte jedoch erst im Februar 1993, etwa 15 Jahre nach dem Grundstückserwerb. Zu dieser Zeit war längst absehbar, daß eine ertragbringende Bewirtschaftung nicht mehr möglich war, daß insbesondere die bis dahin aufgelaufenen Verluste nicht mehr ausgeglichen werden konnten. Diese Maßnahme war daher nicht mehrgeeignet, eine Gewinnerzielungabsicht des Klägers zu begründen.

35

Die Gründung des Reit- und Fahrvereins steht nach Auffassung des Senats mit den betrieblichen Erfordernissen nicht in einem unlösbaren Zusammenhang. Sie läßt eher auf doch vorhandene pferdesportliche Interessen des Klägers schließen. Doch da die Tätigkeit des Klägers hierfür von allenfalls untergeordneter Bedeutung gewesen sein kann. ist hieraus nicht auf das Vorliegen von Liebhaberei zu schließen.

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Die Behauptung des Klägers, einen Gesamtgewinn erzielen zu können, weil er sein Anwesen jederzeit für 3.000.000 DM verkaufen könne, überzeugt den Senat ebenfalls nicht. Rechnet man nämlich die Anschaffungskosten, die jährlichen Verluste und die zunächst dem Wert nach bekannten, in den späteren Jahren nicht mehr bezifferten Investitionen hinzu, ergibt sich nach Auffassung des Senats bereits eine Summe von mehr als 3.000.000 DM.Demgegenüber hat der Gutachter im Zwangsversteigerungsverfahren den Wert auf weniger als 2.000.000 DM ermittelt. Dieser Betrag scheint - wie bereits erwähnt - nicht einmal die Investitionen des Klägers zu decken. Ein Gewinn jedenfalls kann bei diesem Wert nicht erzielt werden.

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Unter diesen Umständen kann der Senat von Anfang an eine Gewinnerzielungsabsicht des Klägers nicht bejahen. Der Kläger hat planlos gehandelt und sich durch immer neue Ideen, denen ebenfalls keine sorgfältige betriebswirtschaftliche Planung zugrunde lag, verzettelt. Als Nichtfachmann konnte er selbst die zu erwartenden Erträge und Aufwendungen nicht übersehen. Er hat anscheinend von Beginn an nicht erkannt, daß Investitionen nicht von selbst zu Erträgen führen, sondern daß diese durch den Einsatz von Arbeitskraft erwirtschaftet werden müssen. Arbeitskräfte hat der Kläger jedoch gerade entlassen, um Kosten zu senken.

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2.

Auch die Klage bezüglich der Streitjahre 1993 und 1994 kann keinen Erfolg haben. Verluste des Klägers aus seinem landwirtschaftlichen Betrieb können, wie dargelegt, nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden, zumal er sie nicht einmal durch Vorlage einer den steuerrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnermittlung beziffert hat.

39

Im übrigen ist die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch das beklagte Finanzamt trotz der vom Kläger vorgelegten Steuererklärungen für die Streitjahre nicht zu beanstanden, da sich die Schätzung als zutreffend erweist.

40

Eine Schätzung ist nach § 162 AO zulässig, soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, inbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag. Die Angaben des Klägers in seinen Steuererklärungen beruhen selbst auf Schätzungen, deren Grundlage der Kläger nicht angegeben hat. So kann es ausgeschlossen werden, daß der Kläger in zwei aufeinanderfolgenden Jahren den gleichen Betrag an Einnahmeaus Kapitalvermögen gehabt hat, obwohl er in der Zwischenzeit Grundbesitz veräußert hat und es nicht unwahrscheinlich erscheint, daß die Veräußerungserlöse, soweit sie nicht zur Ablösung von dinglichen Belastungen erforderlich waren und nicht unmittelbar zur Deckung von Aufwendungen für den Lebensunterhalt oder für Investitionen in der Landwirtschaft verwendet wurden, vom Kläger zinsgünstig angelegt wurden. Dies liegt schon deshalb nahe, weil der Kläger in den Vorjahren ein hohes Vermögen zinsbringend angelegt hatte und davon nicht zum eigenen Schaden nunmehr abgewichen sein wird. Es hätte dem Kläger freigestanden, den Verbleib und die Verwendung von Grundstückserlösen aus 1989 bis 1993 in Höhe von mehr als 2.000.000 DM darzulegen, um die maßvolle Schätzung der Kapitalerträge von etwa 2,65 % zu widerlegen, die im Folgejahr auf 1,1 % vermindert wurde. Wenn sich der Kläger jedoch bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung auf die Mitteilung beschränkte, es handle sich um denselben Sachverhalt wie für die Jahre 1983 bis 1987, muß es das Gericht bei der Schätzung durch das Finanzamt belassen.

41

Gleiches gilt auch für die Schätzung der Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt konnte sinnvollerweise bei seiner Schätzung berücksichtigen, daß der Kläger den Erlös aus seinen Grundstücksverkäufen zumindest teilweise zur Rückführung der Schulden auf dem ihm verbliebenen Grundbesitz verwenden würde, so daß sich die bisherigen Verluste verminderten. Nachweise durch den Kläger sind, wie bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen, nicht erbracht worden, so daß es bei der Schätzung durch das Finanzamt verbleiben muß.

42

Die Vorgehensweise des Klägers zeigt sich deutlich bei der Behandlung seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die er offensichtlich frei geschätzt hat. Für das Jahr 1993 liegt dem Finanzamt die verbindliche (§ 182 Abs. 1 AO) Feststellung der Besteuerungsgrundlagen durch das Betriebsstättenfinanzamt vor,für 1994 erfolgte keine Schätzung, anscheinend, weil inzwischen der Kläger seine Anwaltszulasssung verloren hatte. Der runde Betrag von 40.000 DM, den der Kläger angibt, beruht ganz offensichtlich auf einer Schätzung, eine Gewinnermittlung wurde nicht vorgelegt. Somit ist der Ansatz der festgestellten Einkünfte aus selbständiger Arbeit von 50.000 DM im Jahre 1993 zutreffend erfolgt, der Nichtansatz derartiger Einkünfte im Jahre 1994 rechtlich nicht zu beanstanden.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.