Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 29.03.1996, Az.: 12 WF 40/96
Zuweisung der elterlichen Sorge für das gemeinsame Kind in der Zeit des Getrenntlebens unter Zustimmung des Ehegatten; Beantragung einer Vergleichsgebühr durch den Verfahrensbevollmächtigten; Regelung über das Umgangsrecht als weiterer Verfahrensgegenstand; Einführung eines weiteren Verfahrensgegenstandes in das Verfahren mit der Folge der Erhöhung des Gegenstandswertes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 29.03.1996
- Aktenzeichen
- 12 WF 40/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 21911
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1996:0329.12WF40.96.0A
Rechtsgrundlagen
- § 121 BRAGO
- § 123 BRAGO
- § 128 Abs. 4 BRAGO
- § 620 ZPO
- § 12 Abs. 1 BRAGO
Fundstelle
- FamRZ 1997, 383-384 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Bei "vergleichsweiser" Regelung des streitfreien Umgangs im Sorgerechtsverfahren zwar Streitwerterhöhung, aber nur anwaltliche Mindestgebühr.
Gründe
Mit ihrem Antrag vom 01. März 1995 hat die Antragstellerin die Zuweisung der elterlichen Sorge für das gemeinsame Kind in der Zeit des Getrenntlebens erstrebt. Diesem Begehren hat der Antragsgegner sogleich zugestimmt. Im Termin vom 21. März 1995 haben die Parteien eine als Vergleich protokollierte Vereinbarung über die Ausgestaltung des Umgangsrechts geschlossen. Die der Antragstellerin bewilligte Prozesskostenhilfe ist auch hierauf erstreckt worden.
Den Streitwert hat das Amtsgericht sowohl für das Sorge- als auch für das Umgangsrecht auf jeweils 5.000,- DM festgesetzt.
Daraufhin hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin die Festsetzung einer Vergütung nach §§ 121, 123 BRAGO in Höhe von insgesamt 966,- DM (zwei Mittelgebühren und einer Vergleichsgebühr aus einem Streitwert von 5.000,- DM) beantragt. Auf die Erinnerung der Landeskasse hat das Amtsgericht die Gebühr zunächst auf 598,DM herabgesetzt, weil eine Vergleichsgebühr nicht entstanden sei (ständige Rechtsprechung des Senats (12 WF 55/93 = NdsRpfl. 1993, 298; 12 WF 78/94) Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin hat die Richterin mit Beschluss vom 12. Januar 1996 diese Entscheidung geändert und die Vergütung auf 796,49 DM festgesetzt, weil die Gebühren nach einem Streitwert von 10.000,- DM zu berechnen seien.
Gegen diesen Beschluss wendet sich wiederum die Landeskasse mit ihrer Beschwerde, soweit mehr als 598,- DM festgesetzt worden sind.
Sie macht geltend, dass das Umgangsrecht kein weiterer Verfahrensgegenstand gewesen sei.
Die nach § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde erweist sich im Ergebnis als begründet.
Der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin steht aus der Staatskasse kein höherer als der mit der Beschwerde nicht angegriffene Betrag von 598,- DM zu.
Zwar trifft es zu, dass die Parteien mit der Regelung über das Umgangsrecht einen weiteren Verfahrensgegenstand in das Verfahren eingeführt haben, der auch eine Erhöhung des Gegenstandswertes zur Folge hat. Auch wenn nach § 620 ZPO die gerichtliche Regelung des Umgangsrechts nur auf Grund eines Antrags erfolgt, sind die Parteien nicht gehindert, dieses Recht in einem anderen bereits anhängigen Verfahren mit zu erledigen. Hierfür kann auch ein unmittelbares praktisches Bedürfnis bestehen, weil sich so zusätzliche gerichtliche Verfahren mit insgesamt höheren Kosten vermeiden lassen. Da das erstinstanzliche Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ausdrücklich auch auf die Regelung des Umgangsrechts erstreckt hat, stehen der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin die nach dem erhöhten Gegenstandswert zu bemessenden Gebühren aus der Landeskasse zu (§§ 121, 122 Abs. 1, 123 BRAGO).
Der Gegenstandswert ist zwar hier mit jeweils 5.000,- DM für beide Regelungsinhalte zu hoch angesetzt und dürfte insbesondere für das Umgangsrecht deutlich niedriger anzunehmen sein (vgl. Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss v. 18. Dezember 1986 - 11 WF 247/86; Beschluss vom 12. Juni 1990 - 11 WF 59/90; zum Sorgerecht Beschluss vom 05. Juni 1989 - 11 WF 98/89; Senat Beschluss vom 14. Mai 1990 12 WF 61/90). dass infolge Zeitablaufs der festgesetzte Wert keiner Änderung mehr unterliegt (§ 25 Abs. 1 S. 4 GKG), steht einem Erfolg der Beschwerde gleichwohl nicht entgegen. Denn die beantragte Mittelgebühr wird der einfachen Sach- und Rechtslage nicht gerecht und ist deshalb unbillig.
Es handelt sich um ein Verfahren, welches im Vergleich zu anderen Sorgerechtsverfahren einen besonders einfach gelagerten Sachverhalt aufweist. Das Kind lebte bereits bei der Antragstellerin und wurde von ihr versorgt. Der Antragsgegner hat zu keinem Zeitpunkt die elterliche Sorge für sich beansprucht, sondern dem Antrag sogleich zugestimmt. Auch aus dem Jugendamtsbericht ergibt sich, dass beide Parteien trotz des wechselseitigen Misstrauens an einer einvernehmlichen Lösung im Interesse des Kindeswohl interessiert waren. Nur aus diesem Grund hatte das Jugendamt angeregt, sogleich auch eine Regelung hinsichtlich des Umgangsrechts zu treffen.
Demnach bedurfte die Sachbearbeitung nicht mehr als ein Mindestmaß an anwaltlicher Tätigkeit. Für die Regelung des Umgangsrechts beschränkte diese sich ohnehin auf die Beratung der Partei im gerichtlichen Termin. Bei den zudem unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen der Antragstellerin wäre hier jede über die Mindestgebühr hinausgehende Gebühr unbillig (§ 12 Abs. 1 BRAGO).
Da die Verfahrensbevollmächtigte demnach nur zwei 5/10 Gebühren (§§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 2, 12 BRAGO) beanspruchen kann, ergibt sich bei den aus § 123 BRAGO nach einem Wert von 10.000,- DM zu entnehmenden Gebühren kein den unangegriffenen Betrag von 598,- DM übersteigender Gebührenanspruch.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 128 Abs. 5 BRAGO).