Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 04.03.1996, Az.: 2 W 28/96
Ansprüche aus der Unfallversicherung; Zulässigkeit der Annahme einer leistungsausschließenden Bewusstseinsstörung bei Kraftfahrern ohne Möglichkeit des Gegenbeweises; Mindestblutalkoholkonzentration für absolute Fahruntüchtigkeit ; Notwendigkeit des Vorliegens von äußeren Anzeichen für den Beweis einer so genannten relativen Fahruntüchtigkeit ; Alkoholtypische Fahrfehler beim Unfallablauf ; Mitursächlichkeit einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung für einen Unfall
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 04.03.1996
- Aktenzeichen
- 2 W 28/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 21001
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1996:0304.2W28.96.0A
Rechtsgrundlage
- § 2 l Nr. 1 AUB i.d.F.v. 88
Amtlicher Leitsatz
Unfallversicherung: Alkoholbedingte Bewusstseinsstörung bei Kraftfahrer mit 0,95 g o/oo Blutalkoholkonzentration und alkoholtypischen Fahrfehler
Gründe
Bei absoluter Fahruntüchtigkeit, das heißt einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,1 g o/oo ist eine leistungsauschließende Bewusstseinsstörung (§ 2 l Nr. 1 AUB 88) ohne Möglichkeit des Gegenbeweises stets gegeben. Bei einer geringeren Alkoholisierung müssen äußere Anzeichen für den Beweis einer sog. relativen Fahruntüchtigkeit vorliegen (BGH r + s 88, 150; OLG Köln r + s 93, 78; OLG Zweibrücken r+ s 94, 276; Prölss/Martin, VVG, § 2 AUB 88 Anm. 2 c). Dies ist hier der Fall.
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung ist zu berücksichtigen, dass beim Antragsteller im Unfallzeitpunkt von einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,95 g o/oo auszugehen ist. Diese Blutalkoholkonzentration liegt nur geringfügig unter der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit. Hinzu kommt, dass der Unfall sich kurz nach zwei Uhr morgens ereignete, also zu einem Zeitpunkt, in welchem die Alkoholisierung die Fahrtüchtigkeit durch das zur Nachtzeit regelmäßig eintretende Leistungstief besonders beeinträchtigt.
Auch der Unfallablauf selbst zeigt alkoholtypische Fahrfehler des Antragstellers. Dieser hat bei Dunkelheit im Bereich einer Kurve die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h nicht unerheblich überschritten, indem er mindestens 80 km/h in den Kurvenbereich hineingefahren ist. Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen hat der Antragsteller in der Kurve zudem keine oder nur eine letztlich unerhebliche und geringe Reaktion gezeigt. Er ist praktisch geradeaus gefahren, ohne das Fahrzeug abzubremsen.
Demgegenüber ist das Unfallgeschehen nicht nachvollziehbar allein damit zu begründen, dass der Kl. glaubte, seine Freundin wolle sich von ihm abwenden, zumal sich auch diese Annahme des Kl. nach seinen eigenen Vortrag mangels objektiv vorliegender Gründe nur als alkoholbedingte Fehleinschätzung logisch erklären lässt.
Nach den hier anzuwendenden Grundsätzen über den Anscheinsbeweis (Prölss/Martin a.a.O., Anm. 2 d m.w.N.) ist auch davon auszugehen, dass die alkoholbedingte Bewusstseinsstörung für den Unfall jedenfalls mitursächlich gewesen ist.