Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 27.03.1996, Az.: 12 WF 51/96

Getrennte prozessuale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Familienangehörigen; Umfang des Beschwerderechts der Staatskasse im Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe; Zulässigkeit einer Beschwerde der Staatskasse gegen die Geltendmachung der Ansprüche in getrennten Verfahren; Möglichkeit der Ausdehnung des Beschwerderechts in Ausnahmefällen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
27.03.1996
Aktenzeichen
12 WF 51/96
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1996, 21456
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:0327.12WF51.96.0A

Fundstelle

  • FamRZ 1996, 1428-1429 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Kein Beschwerderecht der Staatskasse zur Überprüfung, ob PKH-Bewilligung in getrennt geführten Haushaltsverfahren von Familienangehörigen wegen erhöhter Anwaltskosten zulässig.

Gründe

1

In den Verfahren 7 F 114/95, 7 F 115/95 und 7 F 116/95 AG ...

2

machen die Kläger ihre Unterhaltsansprüche als getrennt lebende Ehefrau bzw. volljährige Kinder jeweils gesondert geltend. Ihnen ist für ihre Klagen jeweils durch Beschluss vom 17. November 1995 ratenfrei Prozesskostenhilfe bewilligt worden.

3

Gegen diese Beschlüsse wendet sich die Landeskasse mit ihren Beschwerden. Sie macht geltend, dass die Rechtsverfolgung in gesonderten Prozessen unnötige Mehrkosten verursache und daher mutwillig sei. Hiergegen sei die Beschwerde nach § 127 Abs. 3 ZPO gegeben.

4

Die Beschwerden sind nicht statthaft und somit als unzulässig zu verwerfen.

5

Denn im Bewilligungsverfahren kann eine Beschwerde der Staatskasse nur darauf gestützt werden, dass eine Partei nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten habe (§ 127 Abs. 3 ZPO).

6

dass nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung zu bewilligen war, wird von der Beschwerde jedoch nicht in Frage gestellt. Ob die Rechtsverfolgung in getrennten Prozessen durch die damit verbundenen Mehrkosten als mutwillig anzusehen ist und deshalb Prozesskostenhilfe nicht hätte bewilligt werden dürfen, kann die Staatskasse nach ihrer gesetzlich eingeschränkten Beschwerdebefugnis indes nicht geltend machen. Der Gesetzgeber hat grundsätzlich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe der Beschwerde entzogen. Das Beschwerderecht für die Staatskasse ist erst durch Gesetz vom 09. Dezember 1986 (BGBl. I 2326) aus fiskalischen Erwägungen begründet worden, um in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für die ratenfreie Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht gegeben waren, eine zumindest teilweise Erstattung der Kosten zu erreichen, welche der Staatskasse auf Grund des Bewilligungsbeschlusses entstehen. Dieses eingeschränkte Beschwerderecht der Staatskasse schließt jede Aufhebung oder sachlich Einschränkung des Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses aus; insbesondere ist die erstinstanzliche Entscheidung vom Beschwerdegericht nicht auf die sachlichen Voraussetzungen oder gar die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung zu überprüfen (Münch-Komm. § 127 ZPO Rdn. 41). Der Senat vermag sich daher nicht der im Beschluss vom 18. April 1994 (3 WF 30/94; Nds.Rpfl. 1994, 245) zum Ausdruck gebrachten Ansicht des 3. Zivilsenats anzuschließen.

7

Es ist auch nichts für eine greifbare Gesetzeswidrigkeit ersichtlich, welche in Ausnahmefällen ein weitergehendes Beschwerderecht begründen könnte (vgl. Zöller-Philippi § 127 ZPO Rdn. 33 a). Für das Verfahren 7 F 114/95 gilt dies bereits, weil in diesem Verfahren durch die gesonderten Klagen auf Kindesunterhalt keine Mehrkosten entstehen. Die durch die unbeschränkte Bewilligung von Prozesskostenhilfe in den anderen Verfahren zum Ausdruck gekommene An- sicht des erstinstanzlichen Gerichts, dass diese Art der Rechtsverfolgung hier nicht mutwillig sei, kann angesichts des bestehenden Beurteilungsspielraums nicht als krasser Verstoß gegen die gesetzliche Regelung angesehen werden. Ein solcher wäre jedoch Voraussetzung für eine ansonsten nicht statthafte Beschwerde (vgl. Zöller-Gummer § 567 ZPO Rdn. 19).

8

Ob die Erstattung der durch den Umfang der Beiordnung entstehenden Mehrkosten in voller Höhe von der Staatskasse zu übernehmen (§ 122 Abs. 1 BRAGO) oder die Angemessenheit der Gebühren noch einer Überprüfung im Festsetzungsverfahren zugänglich ist (vgl. hierzu Hartmann, Kostengesetze § 121 BRAGO Rdn.24), bedarf in diesem Ver- fahren keiner Entscheidung.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.