Landgericht Göttingen
Beschl. v. 27.12.2006, Az.: 10 T 135/06
Streit über die Zulässigkeit der Verhängung eines Zwangsgeldes gegen einen im Zwangsvollstreckungsverfahren eingesetzten Treuhänder; Verpflichtung des Treuhänders zur Rückgabe der Bestellungsurkunde wegen der Erteilung der Restschuldbefreiung
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 27.12.2006
- Aktenzeichen
- 10 T 135/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 35687
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGGOETT:2006:1227.10T135.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Göttingen - 30.11.2006 - AZ: 74 IK 195/04
- nachfolgend
- BGH - 15.11.2007 - AZ: IX ZB 8/07
Rechtsgrundlagen
- § 56 Abs. 2 S. 2 InsO
- § 58 Abs. 2 InsO
- § 313 InsO
Fundstelle
- NZI 2007, VI Heft 11 (amtl. Leitsatz)
In dem Verbraucherinsolvenzverfahren
...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
E. als Einzelrichterin
auf die sofortige Beschwerde des früheren Treuhänders vom 06./08.12.2006
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 30.11.2006 - 74 IK 195/04 -
am 27.12.2006
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des früheren Treuhänders wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 2.000,00 EUR.
Gründe
Mit Beschluss vom 02.08.2004 hat das Amtsgericht das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und den Rechtsanwalt C. zum Treuhänder bestellt. Am 01.11.2006 hat das Amtsgericht durch Beschluss dem Schuldner die Erteilung der Restschuldbefreiung angekündigt. Gleichzeitig hat das Amtsgericht in diesem Beschluss den Diplom-Rechtspfleger F. in Göttingen zum Treuhänder bestellt. Das Amtsgericht hat den bisherigen Treuhänder mit Verfügung vom selben Tag zur Rückgabe der Bestellungsurkunde aufgefordert. Der bisherige Treuhänder hat erwidert, dass er die Bestellungsurkunde nicht zurückgeben werde, weil er nach wie vor Treuhänder sei. Mit Verfügung vom 10.11.2006 hat das Amtsgericht dem früheren Treuhänder eine Frist zur Rückgabe der Bestellungsurkunde bis zum 22.11.2006 gesetzt und ihm für den Fall der Nichterfüllung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR angedroht. Der frühere Treuhänder hat die Bestellungsurkunde innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht zurückgegeben. Das Amtsgericht hat daraufhin mit Beschluss vom 30.11.2006 gegen den früheren Treuhänder ein Zwangsgeld von 2.000,00 EUR festgesetzt.
Hiergegen wendet sich der frühere Treuhänder mit der sofortigen Beschwerde. Er meint, zur Herausgabe der Bestellungsurkunde nicht verpflichtet zu sein, weil er nach wie vor Treuhänder im vorliegenden Verfahren sei. Die Auffassung des Amtsgerichts und des Landgerichts, dass das Amt des Treuhänders beendet sei, sei offensichtlich falsch. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht hätten § 313 InsO nicht berücksichtigt. Aus dieser Vorschrift ergebe sich unzweifelhaft, dass der Treuhänder bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt werde. Das Amt des Treuhänders ende demgemäß nicht mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung, sondern erst bei Beendigung des gesamten Verfahrens.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt.
Die sofortige Beschwerde des früheren Treuhänders ist gemäß §§ 6 Abs. 1, 58 Abs. 2 Satz 3 InsO zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Das Amtsgericht hat zu Recht das Zwangsgeld gegen den früheren Treuhänder festgesetzt. Nach § 58 Abs. 2 InsO kann das Gericht nach vorheriger Androhung gegen den Insolvenzverwalter (Treuhänder) Zwangsgeld festsetzen, wenn er seine Pflichten nicht erfüllt. Grundsätzlich ist die Aufsicht zeitlich durch den Beginn und das Ende des Verwalteramts begrenzt. Da mit Beendigung des Amtes für den Verwalter eine Rechnungslegungspflicht besteht und ebenfalls die Pflicht zur Rückgabe der Bestellungsurkunde (§ 56 Abs. 2 Satz 2 InsO) unterliegen auch diese Pflichten der Vorschrift des § 58 InsO und ihre Erfüllung kann im Wege der Zwangsgeldfestsetzung sichergestellt werden (Kübler/Prütting/Lüke, Kommentar zur Insolvenzordnung, 6. Lfg. 2/00 § 58 Rdnr. 4). Das Amtsgericht hat den früheren Treuhänder mit Verfügung vom 01.11.2006 aufgefordert, die Bestellungsurkunde zurückzugeben. Mit Verfügung vom 10.11.2006 hat das Amtsgericht die Festsetzung eines Zwangsgelds für den Fall angedroht, dass der frühere Treuhänder die Rückgabe nicht bis zum 22.11.2006 vornimmt.
Entgegen der Auffassung des früheren Treuhänders ist er zur Herausgabe der Bestellungsurkunde verpflichtet. Ihm steht es frei, seine Rechtsauffassung in Bezug auf die Beendigung des Amts des Treuhänders für das Verbraucherinsolvenzverfahren zu vertreten. Er verkennt jedoch, dass insoweit das Amtsgericht mit Beschluss vom 01.11.2006 den Diplom-Rechtspfleger F. zum Treuhänder bestellt hat. Darüber hinaus ist dem Beschwerdeführer durch mehrere Entscheidungen der Beschwerdekammer (z.B. in dem Verfahren 74 IK 328/05 Amtsgericht Göttingen) bekannt, dass nach Auffassung der Beschwerdekammer mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung für den Schuldner und der damit beginnenden Tätigkeit des Treuhänders in der Wohlverhaltensperiode das Amt des Treuhänders für das vereinfachte Verfahren endet. Die Bestellung zum Treuhänder für das eröffnete Verfahren wirkt nicht automatisch für die Zeit der Wohlverhaltensperiode fort. Auch wenn diese Rechtsauffassung nicht mit derjenigen des früheren Treuhänders übereinstimmt, hat er sie gleichwohl zu akzeptieren und demzufolge die Bestellungsurkunde herauszugeben. Da er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, hat das Amtsgericht zur Durchsetzung dieser Pflicht zu Recht ein Zwangsgeld festgesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Den Beschwerdewert hat die Kammer nach § 3 ZPO festgesetzt und ist dabei von der Höhe des festgesetzten Zwangsgelds ausgegangen.