Landgericht Göttingen
Beschl. v. 05.12.2006, Az.: 10 T 27/06

Notwendigkeit der Erhebung einer Klage zur Wiederaufnahme des Restschuldbefreiungsverfahrens vor Ablauf der Notfrist von einem Monat; Beginn der Frist ab Kenntniserlangung vom Anfechtungsgrund

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
05.12.2006
Aktenzeichen
10 T 27/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 33350
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2006:1205.10T27.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Osterode - 13.03.2006 - AZ: 8 IK 9/00
LG Göttingen - 27.06.2006 - AZ: 10 T 27/06
BGH - 09.11.2006 - AZ: IX ZB 133/06

Fundstellen

  • InsbürO 2007, 357-358 (Volltext)
  • InsbürO 2007, 238 (Volltext mit Anm.)
  • NZI (Beilage) 2007, 4-5 (amtl. Leitsatz)
  • ZIP 2008, 340
  • ZIP 2007, 936 (amtl. Leitsatz)
  • ZInsO 2007, 47 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZVI 2007, 85-86 (Volltext mit amtl. LS)

In dem Restschuldbefreiungsverfahren
...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
B. als Einzelrichterin
am 05.12.2006
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Schuldners auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird zurückgewiesen. Der Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 13.03.2006 hat das Amtsgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung gemäß § 298 Abs. 1 InsO versagt, weil der Schuldner trotz Aufforderungen und Fristsetzung seiner Pflicht zur Zahlung der Treuhändervergütung nicht nachgekommen war und der Treuhänder daraufhin den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt hatte. Der Schuldner hat die Weigerung der Zahlung der Treuhändervergütung mit Schadensersatzansprüchen gegen den Treuhänder begründet und hierzu vorgetragen, der Treuhänder habe gegenüber dem Finanzamt unberechtigte Steuerforderungen anerkannt. Den Prozesskostenhilfeantrag des Schuldners für eine Klage gegen den Treuhänder auf Schadensersatz wegen der behaupteten unsachgemäßen Behandlung der Steuerangelegenheit hat das Amtgericht zurückgewiesen.

2

Gegen den die Restschuldbefeiung versagenden Beschluss des Amtsgerichts vom 13.03.2006 hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt. Diese ist vom Landgericht Göttingen mit Beschluss vom 27.06.2006 zurückgewiesen worden. Den Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 09.11.2006 zurückgewiesen.

3

Mit Schriftsatz vom 03.12.2006, bei Gericht eingegangen am 05.12.2006, beantragt der Schuldner die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 4 InsO, §§ 578, 580 Nr. 7 b ZPO. Hierzu trägt der Schuldner vor, der Treuhänder C. habe in dem Restschuldbefreiungsverfahren seine Sorgfaltspflichten verletzt. Dadurch sei dem Schuldner ein finanzieller Schaden entstanden. Das Ausmaß der behaupteten Sorgfaltspflichtverletzung des Treuhänders sei durch ein Schreiben des Finanzamts D. vom 26.09.2006 erkennbar geworden. Aus diesem Schreiben ergebe sich, dass der Treuhänder C. seinen Widerspruch nicht begründet habe und damit seine Sorgfaltspflichten verletzt habe. Der Treuhänder habe eine unberechtigte Forderung des Finanzamts anerkannt und damit dem Schuldner einen Schaden zugefügt.

4

Der Antrag des Schuldners auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist unzulässig und unbegründet. Grundsätzlich sind die Regeln über die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen rechtskräftige Entscheidungen (§§ 578 - 591 ZPO) auch auf rechtskräftige Beschlüsse nach der Insolvenzordnung entsprechend anwendbar (Kübler/Prütting, Kommentar zur Insolvenzordnung, 11. Lfg. 11/01).In diesem Fall wird das Verfahren durch einen Antrag eingeleitet und nicht, wie in der ZPO für Klageverfahren vorgesehen durch eine Klage.

5

Der Antrag des Schuldners ist jedoch unzulässig. Nach § 586 Abs. 1 ZPO sind Klagen zur Wiederaufnahme des Verfahrens (Nichtigkeitsklage gemäß § 579 und Restitutionsklage gemäß § 580 ZPO) vor Ablauf der Notfrist von einem Monat zu erheben. Diese Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat. Gründet sich die Wiederaufnahme - wie hier - auf § 580 Nr. 7ZPO, so ist die Kenntnis des Inhalts der Urkunde und der Möglichkeit davon, sie zu benutzen, maßgebend (Zöller, ZPO, 25. Auflage § 586 Rdnr. 11). Der Schuldner meint, hier ergebe sich aus einem Schreiben des Finanzamts D. vom 26.09.2006 eine für ihn günstige Rechtslage. Das Schreiben des Finanzamts D. stammt vom 26.09.2006 (das Datum des Schreibens 26. September 2005 ist offensichtlich fehlerhaft, vielmehr stammt das Schreiben aus dem Jahr 2006, wie sich schon daraus ergibt, dass in diesem Schreiben des Finanzamts D. auf ein Schreiben des Schuldners vom 03.06.2006 Bezug genommen wird). Bei gewöhnlicher Bearbeitungsdauer und Postlaufzeit ist davon auszugehen, dass der Schuldner dieses Schreiben des Finanzamts spätestens bis zum 30. Oktober 2006 erhalten hat. Damit lief die Frist für den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens spätestens am 30. November 2006 ab. Der Antrag des Schuldners ist jedoch erst am 5. Dezember 2006 und damit verspätet beim Landgericht Göttingen eingegangen.

6

Darüber hinaus ist der Antrag auch unbegründet. Die Restitutionsklage findet nach § 580 Nr. 7 b ZPO statt, wenn die Partei eine andere Urkunde auffindet, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Voraussetzung ist, dass diese Urkunde entweder schon zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses vorhanden gewesen oder nach Verkündung des Urteils erster Instanz, aber vor Ablauf der Berufungsfrist errichtet worden ist, so dass sie noch im Rechtsmittelverfahren hätte benutzt werden können. Voraussetzung ist mithin, dass es sich um eine Urkunde handeln muss, die bereits errichtet worden war, als das betreffende Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war (vergleiche Zöller, ZPO, 25. Auflage § 580 Rdnr. 16 a). Dieser Fall liegt hier nicht vor. Der Schuldner bezieht sich auf ein Schreiben des Finanzamts D. vom 26.09.2006. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch die Entscheidung über die sofortige Beschwerde schon ergangen, denn der Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts stammt vom 27.06.2006. Die Urkunde, auf die sich der Schuldner jetzt bezieht, ist erst nach dem Beschluss, mit dem die sofortige Beschwerde zurückgewiesen worden ist, errichtet worden. Sinn der Restitutionsklage des § 580 Nr. 7 b ZPO ist es jedoch, einer Partei Nachteile dadurch auszugleichen, die ihr entstanden sind, weil sie im Rechtsstreit eine bereits vorhandene Urkunde, die sie jedoch nicht auffinden konnte oder verloren glaubte, nicht vorlegen konnte. Findet also die Partei diese bereits zur Zeit des Rechtsstreits existente Urkunde zu einem späteren Zeitpunkt auf, hat sie im Wege der Restitutionsklage die Möglichkeit, durch Wiederaufnahme des Verfahrens eine solche Urkunde noch vorzubringen. Wie bereits ausgeführt, liegt dieser Fall hier jedoch nicht vor.

7

Dem Schuldner war die beantragte Prozesskostenhilfe zu versagen, da sein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ohne hinreichende Erfolgsaussicht ist.