Landgericht Göttingen
Beschl. v. 14.06.2006, Az.: 10 T 29/06

Erhöhung der Mindestvergütung eines Treuhänders nur bei Anmeldung der Forderungen im Insolvenzverfahren durch mehr als fünf Gläubiger; Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs. 1 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung InsVV

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
14.06.2006
Aktenzeichen
10 T 29/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 35882
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2006:0614.10T29.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Göttingen - 12.11.2004 - AZ: 74 IK 108/04
nachfolgend
BGH - 13.03.2008 - AZ: IX ZB 99/06

In dem Verbraucherinsolvenzverfahren
...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
E. als Einzelrichterin auf die sofortige Beschwerde des Treuhänders vom 22./23.11.2004
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 12.11.2004 - 74 IK 108/04 -
am 14.06.2006
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Treuhänders wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.000,50 Euro.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 04.05.2004 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet, der Schuldnerin Stundung bewilligt und den C. zum Treuhänder bestellt. Dieser hat mit Schriftsatz vom 23.10.2004 die Festsetzung seiner Vergütung beantragt. Dabei hat er einen Mindestsatz gemäß § 13 Abs. 1 InsVV in Höhe von 1.500,-- Euro zugrunde gelegt. Zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer hat der Treuhänder einen Vergütungsanspruch in Höhe von 2.001,-- Euro geltend gemacht. Zur Begründung hat der Treuhänder ausgeführt, dass in dem Verfahren 14 Gläubiger ermittelt worden seien, von denen drei Forderungen zur Tabelle angemeldet hätten. Die Vergütung nach § 13 Abs. 1 InsVV in Höhe von 600,-- Euro sei in keiner Weise auskömmlich, um die geleistete Arbeit angemessen zu vergüten. Auch diejenigen Gläubiger, die keine Forderung angemeldet hätten, hätten Arbeitsaufwand verursacht. Sie hätten das Büro des Treuhänders in Anspruch genommen, indem sie Angaben zum Verfahren abgefordert hätten, um über eine mögliche Anmeldung der jeweiligen Forderung zur Insolvenztabelle zu entscheiden. Insgesamt hätten der Treuhänder und seine Mitarbeiter im vorliegenden Verfahren einen Arbeitsaufwand von 22,7 Stunden entfaltet. Lege man den Regelsatz von 600,-- Euro zugrunde, entspräche dies einem Stundensatz von circa 26,-- Euro, was bei Weitem zu niedrig sei.

2

Mit Beschluss vom 12.11.2004 hat das Amtsgericht die Vergütung des Treuhänders auf insgesamt 1.000,50 Euro festgesetzt. Das Amtsgericht hat die Regelvergütung gemäß § 13 InsVV in Höhe von 600,-- Euro um 150,-- Euro erhöht mit der Begründung, dass 14 Gläubiger Forderungen angemeldet hätten. Im Übrigen hat das Amtsgericht den Vergütungsantrag des Treuhänders zurück gewiesen und ausgeführt, dass eine Erhöhung der Vergütung über die in § 13 InsVV vorgegebenen Vergütungssätze nicht in Betracht komme.

3

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Treuhänder mit der sofortigen Beschwerde. Er meint, die neugeregelte Mindestvergütung sei nicht geeignet, die durchschnittlichen entstehenden Kosten eines Verfahrens, wie dem vorliegenden zu decken. Die Regelung in § 13 InsVV sei deshalb verfassungswidrig. Dem Verordnungsgeber habe bekannt sein müssen, dass die neu festgelegte Vergütung die durchschnittlich entstehenden Kosten nicht abdecke. Es müsse deshalb die Mindestvergütung durch die Gerichte angemessen erhöht werden. Auch sei durch die Neufassung der Mindestvergütung in § 13 InsVV die annährende Gleichbehandlung zwischen IN und IK-Verfahren nicht eingehalten worden, obwohl der Arbeitsaufwand in beiden Verfahren für den Insolvenzverwalter bzw. für den Treuhänder weitgehend gleich sei.

4

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 20.04.2006 nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt.

5

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 6 Abs. 1, 64 Abs. 3 InsO zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Dem Treuhänder steht über die festgesetzte Vergütung hinaus kein weiterer Vergütungsanspruch zu.

6

Der Anspruch des Treuhänders folgt aus § 13 Abs. 1 S. 3 InsVV. Danach erhält der Treuhänder in der Regel 600,-- Euro, wenn nicht mehr als fünf Gläubiger ihre Forderungen angemeldet haben. Im vorliegenden Verfahren haben drei Gläubiger ihre Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet, so dass - entgegen der Festsetzung in dem angefochtenen Beschluss - eine Erhöhung um 150,-- Euro nicht gerechtfertigt war. Nach dem Grundsatz der reformatio in peius ist das Gericht jedoch insoweit gehindert, die Vergütung des Treuhänders in der Beschwerdeinstanz zu reduzieren. Zu erwähnen bleibt hier jedoch, dass die Zahl der vom Insolvenzverwalter ermittelten bzw. im Gläubigerverzeichnis der Schuldnerin enthaltenen Gläubiger (hier 14) unerheblich ist. Nach dem zweifelsfreien Wortlaut des § 13 Abs. 1 S. 3 InsVV findet eine Erhöhung der Mindestvergütung nur dann statt, wenn mehr als fünf Gläubiger ihre Forderungen im Insolvenzverfahren angemeldet haben (vgl. BGH Beschluss vom 9.3.2006 - IX ZB 257/04 -). Eine Erhöhung der Mindestvergütung des Treuhänders ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt zulässig, dass die Regelung in § 13 Abs. 1 InsVV verfassungswidrig ist. Der Gesetzgeber ist auf Veranlassung der vom Bundesgerichtshof am 15.1.2004 (BGH ZIP 2004, 417 ff. = NZI 2004, 196 [BGH 15.01.2004 - IX ZB 96/03] = ZInsO 2004, 257) ergangenen Entscheidung tätig geworden. Der BGH hatte in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die in § 13 InsVV a.F. vorgesehene Mindestvergütung von 250,-- Euro den im Durchschnitt entstehenden Bearbeitungsaufwand nicht abdeckt und deshalb einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit darstellt, mit der Folge, dass ab 1. Januar 2004 die Regelung der Mindestvergütung der Insolvenzverwalter/Treuhänder verfassungswidrig war. Der Gesetzgeber hat jedoch am 4.10.2004 unter Berücksichtigung dieser Entscheidung des BGH die Verordnung zur Änderung der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung verkündet und damit eine geänderte Grundlage für die Mindestvergütung der Insolvenzverwalter und Treuhänder geschaffen. Für die Kammer besteht keine Veranlassung, von dieser gesetzlichen Regelung abzuweichen. Die Kammer geht von der Verfassungsmäßigkeit der geänderten Regelung aus. Eine pauschale Erhöhung der in der InsVV vorgesehen Mindestvergütung verbietet sich damit. Der Beschwerde ist mithin der Erfolg versagt.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

8

Den Beschwerdewert hat die Kammer nach § 3 ZPO festgesetzt.