Landgericht Göttingen
Beschl. v. 20.06.2006, Az.: 10 T 32/06
Bemessung der Vergütung eines Insolvenzverwalters
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 20.06.2006
- Aktenzeichen
- 10 T 32/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 19077
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGGOETT:2006:0620.10T32.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Göttingen - 13.04.2006 - AZ: 74 IN 268/02
Rechtsgrundlagen
- § 2 InsVV
- § 3 InsVV
Fundstellen
- NZI 2006, 477 (Volltext mit red. LS)
- NZI 2007, 18
- ZInsO 2006, 930-931 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Vermögen der A. C.-Systeme GmbH
In dem Insolvenzverfahren
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht Pape als Einzelrichterin
auf die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters vom 26./27.04.2006
gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 13.04.2006 - 74 IN 268/02 -
am 20.06.2006 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: bis zu 900,00 EUR
Gründe
Mit Beschluss vom 11.10.2002 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der oben genannten Schuldnerin eröffnet und den Rechtsanwalt Peter Frhr. Roeder v. Diersburg zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 09.03.2006 hat der Insolvenzverwalter den Schlussbericht überreicht und mit Schriftsatz vom selben Tag die Festsetzung seiner Vergütung beantragt. Der Insolvenzverwalter hat eine Teilungsmasse von 14.064,35 EUR zu Grunde gelegt. Er hat ausgeführt, es handle sich um ein Normalverfahren, das weder Zu- noch Abschläge rechtfertige. Bei einer Vergütung von 40% der Teilungsmasse zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer hat der Insolvenzverwalter einen Betrag von 6.525,85 EUR errechnet. Er hat sodann einen Zuschlag nach § 3 InsVV In Höhe von 10% angesetzt mit der Begründung, dass das Verfahren länger als drei Jahre gedauert habe. Unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer hat der Insolvenzverwalter einen Vergütungsanspruch in Höhe von 7.178,44 EUR errechnet. Ferner hat er Auslagen gemäß § 8 InsVV in Höhe von insgesamt 2.512,44 EUR geltend gemacht.
Mit Beschluss vom 13.04.2006 hat das Amtsgericht die Vergütung des Insolvenzverwalters einschließlich Mehrwertsteuer auf 6.525,86 EUR festgesetzt zuzüglich der Auslagen (inkl. Mehrwertsteuer) in Höhe von insgesamt 2.362,06 EUR. Insgesamt ergibt dies einen Betrag von 8.887,91 EUR. Den darüber hinausgehenden Antrag des Insolvenzverwalters hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der beantragte Zuschlag gemäß § 3 InsVV könne nicht gewährt werden, da allein die Dauer des Verfahrens keinen Erhöhungsfaktor darstelle. Erhöhungsgründe, die über den Umfang eines so genannten Normalverfahrens hinausgingen, habe der Insolvenzverwalter jedoch nicht dargelegt. Die Dauer des Verfahrens als solche stelle keine Besonderheit dar, die zu einer Erhöhung im Sinne des § 3 InsVV führe.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Insolvenzverwalter mit der sofortigen Beschwerde. Er meint, die vom Amtsgericht vertretene Auffassung, dass die Dauer des Verfahrens nicht zu einer Erhöhung der Vergütung führe, stelle eine in der Literatur vertretene Mindermeinung dar. Mehrheitlich werde in Rechtsprechung und Literatur indes die Auffassung vertreten, dass eine Erhöhung dann gerechtfertigt sei, wenn das Insolvenzverfahren länger als drei Jahre dauere.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde des Insolvenzverwalters nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt.
Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters ist gemäß §§ 6 Abs. 1. 64 Abs. 3 InsO zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Das Amtsgericht hat die Vergütung des Insolvenzverwalters zutreffend festgesetzt. Gemäß § 2 InsVV erhält der Insolvenzverwalter in der Regel von den ersten 25.000.00 EUR der Insolvenzmasse 40%. Die Teilungsmasse beträgt hier 14.064,35 EUR, so dass die Vergütung des Insolvenzverwalters netto 5.625,74 EUR beträgt. Entgegen der Auffassung des Insolvenzverwalters ist seine Vergütung nicht nach § 3 InsVV zu erhöhen, weil das Insolvenzverfahren länger als drei Jahre dauerte. Allein die Dauer des Insolvenzverfahrens rechtfertigt nicht einen Zuschlag nach § 3 InsVV. Soweit sich der Insolvenzverwalter auf die Kommentierung von Kübler/Prütting/Eickmann, Vergütungsrecht, 2. Auflage, § 3 Rn. 31 stützt, vermag die Kammer dieser Auffassung nicht zu folgen. Zwar wird in der dort aufgeführten so genannten Faustregeltabelle vertreten, dass die Verfahrensdauer von bis zu drei Jahren einen Zuschlag von 10% rechtfertige. Tatsächlich ist jedoch, wie sich schon aus der Bezeichnung "Faustregel" ergibt, stets auf die Besonderheiten des Einzelfalls abzustellen (so auch Eickmann a.a.O. § 3 InsVV Rn. 30). Zwar mögen in überlangen Verfahren besondere Gründe vorliegen, wie zum Beispiel schwierige Rechtsfragen, Altlastenproblematik oder die Führung von Rechtsstreitigkeiten, die die lange Dauer des Verfahrens beeinflusst haben. Dass diese besonderen Gründe eine Erhöhung nach § 3 InsVV rechtfertigen können, steht außer Frage. Hier lagen jedoch derartige Gründe nicht vor, denn der Insolvenzverwalter hat ausdrücklich dargelegt, dass das Verfahren als solches durchschnittlich war, besondere Erschwernisse also nicht vorlagen und keine Erhöhung rechtfertigten. Vielmehr stellt der Insolvenzverwalter hier allein auf die Dauer des Verfahrens ab, die nicht durch besondere Gründe veranlasst war. Bei der Bemessung der Vergütung eines Insolvenzverwalters ist darauf abzustellen, welche konkreten Tätigkeiten er tatsächlich wahrgenommen hat (BGH NJW-RR 2003, 1417 = NZI 2003, 547 [BGH 24.06.2003 - IX ZB 453/02] = ZInsO 2003, 791, 792[BGH 24.06.2003 - IX ZB 453/02]; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung in Insolvenzverfahren, 3. Auflage, § 3 InsVV, Rn 42; AG Potsdam NZI 2005, 460, 461 [AG Potsdam 04.01.2005 - 35 IN 969/01]; LG Deggendorf Rpfleger 1998, 125). Es ist deshalb auf die Tätigkeiten des Insolvenzverwalters abzustellen und nicht allein auf den Zeitraum innerhalb dessen er diese Tätigkeiten ausgeübt hat. Andernfalls hätte es ein Insolvenzverwalter allein durch Verzögerungen, die In seiner Sphäre begründet sind, in der Hand, für eine überlange Verfahrensdauer zu sorgen, um so den Erhöhungstatbestand des § 3 InsVV zu erfüllen. Da der Insolvenzverwalter hier Tätigkeiten, die eine Erhöhung der Vergütung rechtfertigen, nicht dargelegt hat, besteht kein Anlass von der Regelvergütung des § 2 Abs. 1 InsVV abzuweichen.
Zuzüglich der Umsatzsteuer sowie der Auslagen ergibt sich damit ein Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters von 8.887,91 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: bis zu 900,00 EUR
Den Beschwerdewert hat die Kammer nach § 3 ZPO festgesetzt und ist dabei von der Differenz zwischen der festgesetzten Vergütung und der vom Insolvenzverwalter beantragten Vergütung ausgegangen.