Sozialgericht Oldenburg
Urt. v. 24.01.2003, Az.: S 63 KR 208/02
Bibliographie
- Gericht
- SG Oldenburg
- Datum
- 24.01.2003
- Aktenzeichen
- S 63 KR 208/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 40219
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOLDBG:2003:0124.S63KR208.02.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat das Sozialgericht Oldenburg - 63. Kammer - ohne mündliche Verhandlung am 24. Januar 2003 durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Übernahme der Kosten für eine Auffahrrampe zur Verladung eines Rollstuhls in einen PKW.
Der im Jahre 1987 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er ist schwerstbehindert und auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Am 13. März 2000 verordnete der behandelnde Arzt H. M. eine Rollstuhlverladehilfe inklusive Transportsicherung. Unter Vorlage eines Kostenvoranschlags über 2.211,71 Euro beantragte der Kläger am 22. März 2002 die Übernahme der Kosten. Mit Bescheid vom 28 März 2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab, mit der Begründung, die Nutzung eines PKW zur Erweiterung des persönlichen Freiraums falle in den Eigenverantwortungsbereich des Versicherten. Den Widerspruch des Klägers vom 22. April 2002 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 05. September 2002 als unbegründet zurück. In diesem Bescheid verwies die Beklagte überdies auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06. August 1998 (B 3 KR 3/97 R). Am 17. September 2002 erhob der Kläger Klage.
Der Kläger trägt vor, er könne sich nicht allein fortbewegen. Er sei auf die Benutzung eines Rollstuhls und ständige Begleitung angewiesen. Nur mit Hilfe der Auffahrrampe könne der Rollstuhl in einen PKW verladen werden. Die Rampe sei daher notwendig für seine Mobilität, insbesondere in den Bereichen Schule, Freizeit und soziale Anbindungen. Die Rampe sei daher ein notwendiges Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV).
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 28. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05. September 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Auffahrrampe zur Verladung eines Rollstuhls in einen PKW antragsgemäß zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an dem Inhalt des angefochtenen Bescheides fest.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05. September 2002 ist rechtmäßig. Durch ihn ist der Kläger nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn er hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die o. g. Auffahrrampe.
Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, weil das Gericht den zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid folgt (§ 136 Abs. 3 SGG). Insbesondere verweist die Beklagte zutreffend auf das Urteil des BSG vorn 06. August 1998 (SozR 3-2500 § 33 Nr. 29). Danach ist die behindertengerechte Ausstattung eines Kraftfahrzeugs kein Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung. Die behindertengerechte Ausstattung eines Kraftfahrzeugs gleiche zwar, so das BSG, weitgehend die beeinträchtigten Funktionen der Gliedmaßen aus, wie sie zum Führen eines Kraftfahrzeugs erforderlich seien. Sie setze aber nicht unmittelbar am Körper an, sondern am zu bedienenden Gerät Dieser mittelbare Ausgleich wäre deshalb nur dann zur Begründung der Leistungspflicht der Krankenkasse ausreichend, wenn er der Befriedigung eines Grundbedürfnisses dienen würde. Dies sei aber nicht der Fall. Das eigenständige Führen eines Kraftfahrzeugs sei kein Grundbedürfnis im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch das Grundbedürfnis der Erschließung "eines gewissen körperlichen Freiraums" habe die bisherige Rechtsprechung nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten eines gesunden Menschen verstanden. Autofahren könne zwar inzwischen in breiten Bevölkerungsschichten zum normalen Lebensstandard gezählt werden. Nahezu jeder junge Mensch erwerbe beim Erreichen des erforderlichen Lebensalters die notwendige Fahrerlaubnis. Dennoch sei dies nur Ausdruck des inzwischen erlangten allgemeinen Wohlstandsniveaus. Zum Existenzminimum, das notfalls durch die Sozialhilfe gewährleistet werde, gehöre der Besitz eines Kraftfahrzeugs indes nicht. Wenn es die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei, dem durch eine Krankheit oder Behinderung beeinträchtigten Menschen die eigenständige und unabhängige Erfüllung seiner vitalen Lebensbedürfnisse zu ermöglichen, könne ihre Leistungspflicht nicht an den Besitz eines Kraftfahrzeugs anknüpfen und dazu führen, es für den Behinderten nutzbar zu machen. Die grundlegenden Organfunktionen der Beine, um deren Ausfall es vor allem gehe, seien das Gehen und Stehen. Diese seien im Rahmen des technisch Machbaren und wirtschaftlich Vertretbaren zu ersetzen, u.a. durch Hilfsmittel; zu ersetzen sei hingegen nicht die Fähigkeit, mittels der Beine ein schnelleres und bequemeres Fortbewegungsmittel zu betreiben (BSG Urteil vom 06.08.1998, SozR 3-2500 § 33 Nr. 29).
Dieser Rechtsprechung des BSG schließt sich das Gericht an und hält sie auch für den hier zu beurteilenden Fall für anwendbar, bei dem es nicht um das Selbstfahren im PKW, sondern nur um die Mitnahme des Klägers geht. Die oben dargestellten Grundsätze gelten hier erst recht, denn anders als bei der eigenständigen Benutzung eines Kraftfahrzeugs ist der Kläger auf die Verfügbarkeit einer Hilfsperson angewiesen, um ein Kraftfahrzeug benutzen zu können (vgl. insoweit auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.03.2000 - L 4 KR 59/99 -).
Die Klage ist daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.