Sozialgericht Oldenburg
Urt. v. 12.02.2003, Az.: S 6 KR 221/02

Bibliographie

Gericht
SG Oldenburg
Datum
12.02.2003
Aktenzeichen
S 6 KR 221/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 40213
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGOLDBG:2003:0212.S6KR221.02.0A

In dem Rechtsstreit

...

hat das Sozialgericht Oldenburg - 6. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2003 durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Der Bescheid der Beklagten vom 25.04.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2002 wird aufgehoben.

    Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten für die ICSI-Behandlung der Klägerin mit Ausnahme der bei ihrem Ehemann vorzunehmenden Maßnahme zu übernehmen.

    Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist eine ICSI-Behandlung der Klägerin.

2

Die im Januar 1965 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Ihr 1964 geborener Ehemann ist privat krankenversichert. Er leidet unter einer Fertilisationsstörung, derentwegen bei dem Ehepaar unstreitig eine ICSI-Behandlung indiziert ist.

3

Die Beklagte lehnte gegenüber der Klägerin eine Kostenübernahme mit der Begründung ab, die private Krankenversicherung sei für die Gesamtbehandlung leistungspflichtig Die private Krankenversicherung verweigert indes eine Übernahme der Kosten, die bei der (Mit) Behandlung der Klägerin anfallen. Sie hat insofern mittlerweile auch ein klagabweisendes Urteil vor dem Zivilgericht erfochten.

4

Die Beklagte beruft sich auf zivilrechtliche Rechtsprechung, nach der die Rechtsauffassung der privaten Krankenversicherung (und des Zivilgerichtes) irrig sei. (Bescheid vom 25.04.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2002).

5

Mit ihrer binnen Monatsfrist dagegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

6

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 25.04.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für ihre ICSI Behandlung mit Ausnahme der bei ihrem Ehemann vorzunehmenden Maßnahme zu übernehmen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Ihrer Meinung nach würde die private Krankenversicherung im umgekehrten Fall der (privat versicherten) Ehefrau auch keine entsprechenden Leistungen gewähren, da diese nur gegen Krankheit versichert sei, eine Krankheit aber nur bei dem (gesetzlich versicherten) Ehemann vorliege.

9

Die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

10

Die frist- und formgemäß erhobene Klage ist zulässig. Sie ist begründet.

11

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 03.04.2001 B 1 KR 22/00 R klargestellt, daß jede Versicherung bei ihren Versicherten im Rahmen einer ICSI-Behandlung die Maßnahmen tragen muß, die ihren Versicherten betreffen. Versicherungsfall ist dabei nicht die Krankheit, sondern die Behandlungsbedürftigkeit, die (wie bei einer Schwangerschaft) auch bei der Ehefrau gegeben ist. Aus dem Nebensatz im Urteil des Bundessozialgerichts vom selben Tag B 1 KR 40/00 R "... wenn ... der andere (Ehegatte) die entsprechenden Leistungen von seiner privaten Krankenversicherung ... nicht erhält", ergibt sich nur, daß selbstverständlich keine Doppelleistungen verlangt werden können. Daß nach der Darstellung der Beklagten im umgekehrten Fall die private Krankenversicherung der bei ihr versicherten Ehefrau Leistungen wie hier verweigert, kann nur aus einer Verkennung des Versicherungsfalls geschehen, eine entsprechende Rechtsauslegung kann jedenfalls nicht dazu führen, daß ein Ehepaar wie hier quasi "zwischen den Stühlen" sitzt.

12

Nur am Rande sei erwähnt, daß sich die Leistungspflicht der Beklagten nach Auffassung des Gerichts vorliegend schon analog § 43 SGB I ergibt Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes sollen Fälle wie hier vermieden werden, der erstangegangene Leistungsträger soll sich mit dem von ihm für zuständig gehaltenen Leistungsträger auseinandersetzen, die unstreitig gebotene Leistung, insbesondere eine wie hier nach dem Alter des Ehepaares dringlich gebotene Leistung, ist unverzüglich zu erbringen.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.