Sozialgericht Oldenburg
v. 25.06.2003, Az.: S 61 KR 47/03
Bibliographie
- Gericht
- SG Oldenburg
- Datum
- 25.06.2003
- Aktenzeichen
- S 61 KR 47/03
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2003, 40221
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOLDBG:2003:0625.S61KR47.03.0A
In dem Rechtsstreit
... vertreten durch: ... Kläger, Prozessbevollmächtigte(r): Rechtsanwälte ...
gegen 1. Deutsche Angestellten Krankenkasse, 2. die Deutsche Angestellten Krankenkasse -Pflegekasse-, Nagelsweg 27-35, 20097 Hamburg, ... Beklagter,
hat das Sozialgericht Oldenburg - 61. Kammer - am 25. Juni 2003 gemäß §105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Richter am Sozialgericht Lipsius, - Vorsitzender -, für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wehrt sich gegen eine Beitragsnachforderung der Beklagten.
Die Mutter des Klägers ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Ihr Ehemann, der Vater des Klägers, ist versicherungsfrei nach §6 I Nr. 1 SGB V und nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung. Der am 07.05.1990 geborene Kläger wurde von der Beklagten zu 1) von Anfang an als bei seiner Mutter familienversichert angesehen und erhielt entsprechende Leistungen. Ausgehend von einer Fehlversicherung bot die Beklagte zu 1) dem Kläger unter der Alternative der Rückforderung ihrer Leistungen eine freiwillige Krankenversicherung ab Geburt an, der Kläger erklärte seinen Beitritt, seiner Meinung nach rechtswirksam nur für die Zukunft bzw. vergleichsweise ab dem 01.01.2002. Das gleiche geschah im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung.
Daraufhin forderten die Beklagten vom Kläger im Rahmen der Verjährung Beiträge für die Zeit vom 01.12.1997 an nach, und zwar jeweils den gesetzlichen Mindestbeitrag. Der Kläger wehrte und wehrt sich gegen Beitragsnachforderungen der Beklagten, die dazu die Bescheide vom 10.10.2002 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 12.02.2003 erließen. Dagegen erhob der Kläger jeweils binnen Monatsfrist Klage, das Gericht hat die Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden. Der Kläger bringt jetzt vor, es habe überhaupt keine Fehlversicherung bestanden, jedenfalls treffe ihn keine Schuld an der Fehlversicherung, denn er habe alle Angaben von Anfang an wahrheitsgemäß gemacht. Er sei auch erst mit Wirkung ab 01.01.2002 freiwilliges Mitglied beider Versicherungszweige geworden. Die Beitragsnachforderungen seien letztlich auch verwirkt.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 10.10.2002 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 12.12.2003 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie halten die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten waren Gegenstand der Entscheidung. Auf ihren Inhalt wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Voraussetzungen des §105 SGG lagen vor. Die frist- und formgemäß erhobene Klage ist zulässig. Sie ist unbegründet.
Der Kläger war mit seiner Geburt nicht über seine Mutter familienversichert, §10 III SGB V. Sein Vater war nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (bzw. der nachfolgenden gesetzlichen Pflegeversicherung bei der Beklagten zu 2)), sein Gesamteinkommen überstieg nach den unbestrittenen auf den Angaben der Mutter des Klägers beruhenden Feststellungen der Beklagten den Grenzbetrag.
Nach §9 I Nr. 2 SGB V besteht für Personen, für die nur deswegen, weil die Voraussetzungen des §10 III SGB V vorliegen, kein Versicherungsschutz besteht, das Recht auf freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das gleiche gilt nach den Vorschriften der §25 III, 26 I S. 2 SGB XI in der gesetzlichen Pflegeversicherung. "Nicht besteht¯ bedeutet, dass der Beitritt zur freiwilligen Versicherung nur von Anfang an oder gar nicht erklärt werden kann. Der Kläger hatte mithin nur die Wahl, entweder von Anfang an freiwillig versichert zu sein oder gar nicht. Wann immer auch seine Beitrittserklärung erfolgte, hatte sie im Ergebnis Wirkung von seiner Geburt bzw. dem Beginn der Pflegeversicherung gemäß dem SGB XI an. Ab da bestand denn auch Beitragspflicht.
Dass den Kläger kein Verschulden an der Fehlversicherung traf, war und ist damit berücksichtigt worden, dass ihm hinsichtlich der Beitrittsfristen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war und auch gewährt worden ist. Es handelt sich nun einmal um gesetzliche Regelungen, und die Unkenntnis des Gesetzes oder eines Versicherungstatbestandes führt nicht dazu, dass die gesetzlich vorgesehenen Folgen nicht eintreten.
Im Ergebnis ist der Kläger durch seinen Beitritt so gestellt, als ob er von Geburt an (bzw. ab Inkrafttreten des SGB XI) freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung und gesetzlichen Pflegeversicherung geworden ist. Hinsichtlich der sich daraus ergebenden Beitragspflichten werden in Fällen wie diesen, die (dann) Versicherten durch die gesetzlichen Verjährungsvorschriften geschützt, die von den Beklagten auch beachtet worden sind. Auf die zutreffenden Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden wird verwiesen. Ein (zu beweisender) Schuldvorwurf gegenüber den Beklagten hätte nur Bedeutung, wenn dem Kläger ein (bezifferbarer) Schaden durch das Verhalten der Beklagten entstanden wäre. Entsprechende Ansprüche wären unter Geltendmachung einer Amtshaftung vor den Zivilgerichten anzubringen. Auf Verwirkung kann sich der Kläger nicht berufen, da diese ein positives Tun der Verwaltung voraussetzt, nicht ein bloßes Unterlassen (hier: der Geltendmachung von Beitragsansprüchen). Sozialversicherungsrechtlich käme nur ein Erlass oder Teilerlass der Beitragsnachforderung gem. §76 II Nr. 3 SGB IV in Frage, der gesondert beantragt werden müsste und Gegenstand eines gesonderten Verfahrens wäre. Bei dieser Sach- und Rechtslage waren weitere Ermittlungen nicht anzustellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §109 SGG. Dieser Gerichtsbescheid kann mit der Berufung angefochten werden.