Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.05.1993, Az.: 1 TaBV 28/93
Gesetzliche Frist bei der gerichtlichen Bestellung einer Einigungsstelle
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 24.05.1993
- Aktenzeichen
- 1 TaBV 28/93
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1993, 10730
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1993:0524.1TABV28.93.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AZ: 2 BV 20/92
Fundstellen
- AuR 1993, 257 (amtl. Leitsatz)
- DB 1993, 2240 (Volltext)
Sonstige Beteiligte
1.
2.
In dem Beschlußverfahren
hat
die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
durch
den Präsidenten Dr. Lipke als Vorsitzenden
am 24. Mai 1993 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Betriebsrats wird als unzulässig verworfen.
Gründe
1.
Die Beteiligten streiten, ob eine Einigungsstelle einzurichten ist, die über die Berechtigung der Beschwerde eines Arbeitnehmers entscheiden soll.
Das Arbeitsgericht Lüneburg hat den entsprechenden Antrag des Betriebsrats mit Beschluß vom 09. Juli 1992 wegen offensichtlicher Unzuständigkeit der Einigungsstelle zurückgewiesen. In der angefügten Rechtsmittelbelehrung hat es als zulässiges Rechtsmittel die Beschwerde angegeben, die innerhalb eines Monats nach Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen einzulegen sei. Die Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses an den Betriebsrat erfolgte am 14. August 1992.
Mit Schriftsatz vom 08. März 1993, beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangen am 11. März 1993, hat der Betriebsrat Beschwerde gegen die arbeitsgerichtliche Entscheidung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Er beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 09.07.1992 zu beschließen,
- 1.
daß zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle über die Beschwerde der Arbeitnehmerin K. Richter am Arbeitsgericht Hamburg N. zu bestellen und
- 2.
die Zahl der Beisitzer für jede Seite auf jeweils zwei festzusetzen ist.
2.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Sie ist weder innerhalb der gesetzlichen Beschwerdefrist von zwei Wochen noch im Rahmen der von der Rechtsmittelbelehrung vorgegebenen Monatsfrist eingelegt worden. Das Rechtsmittel war deshalb zu verwerfen.
a)
Für den besonderen Fall der gerichtlichen Bestellung einer Einigungsstelle nach § 98 ArbGG ist im Gesetz eine von der im Beschlußverfahren sonst maßgebenden Monatsfrist (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) abweichende Rechtsmittelfrist von nur zwei Wochen für die Einlegung und Begründung der Beschwerde gegen eine erstinstanzliche Entscheidung vorgesehen (§ 98 Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Die fast sieben Monate nach Zustellung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses eingelegte und begründete Beschwerde des Betriebsrats wahrt diese Frist nicht.
b)
Die Beschwerde ist ferner nicht innerhalb der von der Rechtsmittelbelehrung des Arbeitsgerichts vorgegebenen Monatsfrist erhoben worden. Entgegen der Rechtsauffassung des Betriebsrats ist diese längere als die gesetzlich vorgegebene Rechtsmittelfrist verbindlich.
Der Betriebsrat kann sich nicht darauf berufen, infolge einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung sei die Rechtsmittelfrist noch nicht in Gang gesetzt worden. Zwar bestimmt § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG, daß im Falle einer unterbliebenen und unrichtigen Belehrung eine Rechtsmittelfrist von einem Jahr ab Zustellung der anzufechtenden Entscheidung läuft. Dies setzt indessen voraus, daß die mängelbehaftete Rechtsmittelbelehrung geeignet ist, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsmittels nennenswert zu erschweren (BVerwG 13. Dezember 1978, 6 C 77/78 = NJW 1979, 1670).
Davon ist hier nicht auszugehen, denn die gesetzlich in § 9 Abs. 5 ArbGG, ebenso auch in §§ 58 Abs. 2 VwGO, 66 Abs. 2 SGG vorgegebene Rechtsmittelbelehrung durch das Gericht soll den Beschwerten nur darüber unterrichten, wieviel Zeit ihm zur Verfügung steht, die ihn belastende Entscheidung anzufechten (vgl. Eyermann/Fröhler, VwGO, 9. Auflage, § 58 Rz. 10). Nur ein Weniger, nicht aber einer Mehr an Zeit für die Einlegung des Rechtsmittels kann deshalb dem Beschwerten schaden. Hat das Arbeitsgericht eine längere als die gesetzlich vorgesehene Rechtsmittelfrist angegeben, so gilt diese (BVerwG 10. November 1966, II C 99/64 = NJW 1967, 591 f.; Kopp, VwGO, 8. Auflage, § 58 Rz. 14; Meyer-Ladewig, SGG, 4. Auflage, § 66 Rz. 9 jeweils m.w.N.). Der Betriebsrat hat die längere Rechtsmittelfrist von einem Monat nicht genutzt, sondern erst nach weiteren sechs Monaten die Beschwerde eingelegt. Die in der Rechtsmittelbelehrung des Arbeitsgerichts unrichtig angegebene längere Rechtsmittelfrist hat es ihm jedoch nicht erschwert, das zutreffend als Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel innerhalb der vorgegebenen Frist einzulegen.