Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 01.02.2005, Az.: 3 A 83/03
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 01.02.2005
- Aktenzeichen
- 3 A 83/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 43113
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGLUENE:2005:0201.3A83.03.0A
In der Verwaltungsrechtssache
Streitgegenstand: Verbandsbeiträge,
hat das Verwaltungsgericht Lüneburg - 3. Kammer - ohne mündliche Verhandlung am 18. Januar 2005 durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Siebert als Einzelrichter für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu Deichverbandsbeiträgen für das Jahr 2002.
Der Beklagte ist ein Deichverband, der u. a. die Aufgabe hat, die Jeetzeldeiche auszubauen, zu erhalten und zu verteidigen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Rückstaudeiche, welche die Aufgabe haben, gegen Hochwasser zu schützen, welches bei höchsten Hochwasserständen der Elbe in die Jeetzel zurückdrückt und auf die zeitgleich auflaufenden Hochwässer aus der Jeetzel aufläuft.
Nach dem Ausbau der Deiche in diesem Gebiet wurden die Verbandsflächen sowie die Mitglieder mit ihren anteiligen Beitragslasten am 5. November 1960 durch den Regierungspräsidenten in Lüneburg bestimmt (Satzung und Umgestaltungsverfügung). Die Satzung und Umgestaltungsverfügung regelten seinerzeit u. a. die Mitgliedschaft und die Beitragspflicht der Städte Lüchow und Dannenberg sowie der im betroffenen Gebiet liegenden vier Wasser-und Bodenverbände.
Im Jahre 1999 wurde der Verband neu strukturiert: Am 29. Januar 1999 erließ die Bezirksregierung Lüneburg eine Verordnung über die Bestimmung der Grenzen des durch die Deiche geschützten Gebietes und über die Festlegung der Grenze zwischen dem Dannenberger Deichverband und dem Jeetzeldeichverband (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Lüneburg 1999 S. 34). Danach wurde das Verbandsgebiet erweitert. Es wird jetzt - in groben Umrissen - im Norden von der Landesstraße 256 zwischen Dannenberg und Gorleben begrenzt, von den beiden nördlichen Eckpunkten westlich von Dannenberg und westlich von Gorleben verläuft das Gebiet in Richtung Süden in annähernd dreieckiger Form und umfasst im südlichen Bereich die Stadt Lüchow. Das Gebiet der Stadt Lüchow lag zuvor nicht im Verbandsgebiet. Die Bezirksregierung Lüneburg legte bei der neuen Bestimmung des Verbandsgebietes für den Bereich der Stadt Lüchow einen Wasserstand von NN + 16,50 m (Schiffsschleuse) bis NN +17,00 m (Flügeldeiche) zugrunde. Die Verordnung trat am 16. Februar 1999 in Kraft. Bereits im Januar 1969 hatte der Regierungspräsident in Lüneburg die Sollhöhe der Flügeldeiche an der Jeetzel in Lüchow auf 17,50 m und am Wehr Lüchow auf 16,70 m festgesetzt (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Lüneburg 1969 S. 31).
Der Beklagte erließ seine Verbandssatzung neu. Mitglieder des Verbandes sind nunmehr nicht mehr die Städte Dannenberg und Lüchow sowie die Wasser- und Bodenverbände, sondern die Grundstückseigentümer im Verbandsgebiet. Die Beitragslast verteilt sich auf die Eigentümer aller im Schutz der Deiche gelegenen Grundstücke im Verhältnis der Grundsteuermessbeträge. Die Satzung trat mit ihrer Bekanntmachung am 19. Mai 1999 in der Elbe-Jeetzel-Zeitung in Kraft.
Der Beklagte setzte gegenüber den Klägern mit Bescheid vom 8. Oktober 2002 Verbandsbeiträge für das Jahr 2002 in Höhe von 29,51 DM fest, wobei er den Steuermessbetrag für das Grundstück mit dem Hebesatz von 31 % vervielfältigte. Wegen einer "Gutschrift für 1999" in derselben Höhe ergab sich ein zu zahlender Gesamtbetrag von 0,00 DM. Der Widerspruch gegen den Bescheid wurde zurückgewiesen.
Die Kläger haben am 12. Mai 2003 Klage erhoben. Sie tragen vor: Die Veranlagung der Grundstückseigentümer sei rechtswidrig, Mitglieder seien vielmehr die Gemeinden. Der Austausch der Mitglieder sei rechtlich nicht zulässig und verstoße gegen das Wasserverbandsgesetz. Anstelle von sechs Mitgliedern müssten nunmehr über 5.200 Mitglieder veranlagt werden, was mit zusätzlichen Ausgaben verbunden sei. Der Beitragsmaßstab sei fehlerhaft. Die Satzung treffe keine Sonderregelungen für hochwasserfreie Insellagen, von denen es allein im Bereich Lüchow etwa 80 bis 100 gebe. Wenn der Maßstab an die Grundsteuermessbeträge anknüpfe, sei dies fehlerhaft. Landwirtschaftliche Grundstücke würden begünstigt gegenüber Wohngrundstücken. Wenn der Beklagte im Haushalt Rückstellungen für die Sanierung von Straßenbrücken vorsehe, sei dies unzulässig. Die Städte Lüchow und Dannenberg weigerten sich aus finanziellen Gründen, die maroden Bauwerke freiwillig zu übernehmen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Beklagten über die Festsetzung von Deichverbandsbeiträgen für das Jahr 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Bescheid und weist darauf hin, dass die Brücken nach wie vor in seiner Unterhaltungslast stünden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten über die Festsetzung von Deichverbandsbeiträgen für das Jahr 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig, so dass eine Aufhebung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ausscheidet.
Die Kläger sind seit dem 16. Februar 1999 deichpflichtige Mitglieder des beklagten Deichverbandes (1). Für das Jahr 2002 unterliegen sie auch in vollem Umfang der Deichlast, so dass ihnen gegenüber Beträge festgesetzt werden durften (2). Der Beitragsmaßstab lässt sich nicht beanstanden, Fehler bei der Ermittlung des Hebesatzes liegen nicht vor (3).
1. Zur Mitgliedschaft im beklagten Verband seit dem 16. Februar 1999 hat die Kammer bereits im Parallelverfahren der Kläger 3 A 144/00 (Beiträge für das Jahr 1999) ausgeführt:
Nach § 9 Abs. 1 Niedersächsisches Deichgesetz - NDG - sind Mitglieder des Deichverbandes die nach § 6 NDG Deichpflichtigen. Nach § 6 Abs. 1 NDG sind die Eigentümer aller im Schutz der Deiche und Sperrwerke gelegenen Grundstück zur gemeinschaftlichen Deicherhaltung verpflichtet (Deichpflicht). Werden die Grenzen des geschützten Gebietes geändert, so geschieht dies gemäß § 6 Abs. 3 NDG durch Verordnung; gleiches gilt, wenn der Verlauf der Grenze zwischen nebeneinander liegenden Verbänden geändert wird (§ 9 Abs. 3 NDG). Dabei bestimmt die obere Deichbehörde die Grenzen des geschützten Gebietes, und zwar bei Hauptdeichen und Sperrwerken nach der Höhe des maßgebenden Sturmflutwasserstandes und bei Hochwasserdeichen nach dem höchsten bekannten Hochwasser (§6 Abs. 2 NDG).
Aufgrund des § 6 Abs. 2 und 3 und des § 9 Abs. 3 NDG hat die Bezirksregierung Lüneburg mit Verordnung vom 29. Januar 1999 die Grenzen des durch die Deiche geschützten Gebietes im Bereich des Jeetzeldeichverbandes geändert und neu bestimmt. Diese Änderung des geschützten Gebietes hat am Tage nach der Verkündung der Verordnung im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Lüneburg vom 15. Februar 1999 Wirksamkeit erlangt. Seitdem - d.h. seit dem 16. Februar 1999 - sind alle Kläger der verschiedenen Verfahren, die im "Neugebiet" liegen, deichpflichtige Mitglieder des Beklagten. Ob im "Altgebiet" die Grundstückseigentümer entsprechend §§ 9 Abs. 1, 6 Abs. 2 NDG Verbandsmitglieder waren oder wegen der abweichenden Regelung der Bezirksregierung die zwei Städte und die vier Verbände, bleibt offen. Denn alle Kläger haben ihre Grundstücke im ausgedehnten "Neugebiet", so dass ihre Mitgliedschaft erstmals durch die Ausweitung und mit dem Inkrafttreten der Verordnung vom Januar 1999 begründet werden konnte.
Die Verordnung vom Januar 1999, die die Mitgliedschaft begründet, ist weder mit Erfolg angefochten worden noch nichtig.
a) Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwGO hätte die Verordnung innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntmachung in einem Normenkontrollverfahren vor dem Nds. Oberverwaltungsgericht auf ihre Gültigkeit überprüft werden können. Ein solcher Antrag ist nicht gestellt worden, und das Nds. Oberverwaltungsgericht hat keine Entscheidung über die (teilweise) Unwirksamkeit getroffen.
b) Der Ablauf der Zweijahresfrist hindert das Verwaltungsgericht allerdings nicht, die Mitgliedschaft aufgrund der Verordnung "inzident" zu überprüfen, wenn sich dies wie hier in einem Abgabenverfahren als Vorfrage der Beitragspflicht rechtlich als notwendig erweist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 12. Aufl. 2000, § 47 Rdnr. 83 mit weiteren Nachweisen).
Die Verordnung der Bezirksregierung über die Ausweitung des Verbandsgebietes lässt sich indessen rechtlich nicht beanstanden.
Es bestand für die Bezirksregierung kein Anlass, die Neumitglieder vor Erlass der Verordnung zu hören. Denn nach dem Niedersächsischen Deichgesetz ist eine solche Anhörung vor Erlass der Verordnung nicht vorgesehen. Dies ist folgerichtig, da es für die Ausweitung eines Verbandsgebietes nicht darauf ankommen kann, ob einzelne Grundstückseigentümer diese Ausweitung für sinnvoll halten oder nicht. Die Ausweitung ist nach der Höhe des maßgebenden Sturmflutwasserstandes oder nach dem höchsten bekannten Hochwasser vorzunehmen (§ 6 Abs. 2 NDG); dies kann ohne Bürgerbeteiligung festgestellt werden.
Es ist allerdings richtig, dass Verordnungen nicht mit gesetzlichen Regelungen in Widerspruch stehen dürfen und ihr Inhalt bestimmt sein muss. Ein Verstoß gegen diese allgemeinen Rechtsgrundsätze ist hier nicht gegeben. Insbesondere ist nicht feststellbar, dass die Grenzen des geschützten Gebietes 1999 fehlerhaft festgesetzt worden sind. Die Bezirksregierung hat hierzu im Schreiben vom 17. Dezember 2001 mitgeteilt: Die Grenzen des geschützten Gebietes im Bereich des Jeetzeldeichver-bandes wurden entsprechend § 6 Abs. 2 NDG nach dem höchsten bekannten Hochwasser bestimmt. Gleichzeitig bedurfte es aber auch der Betrachtung des maßgeblichen Hochwasserereignisses in der Jeetzel.
Dem geschützten Gebiet liegen folgende höchste (eisfreie) Hochwasserstände zugrunde: Elbe : Hitzacker HHW (1895) NN+14,93 m Damnatz HHW (1395) NN+16,51 m Kl. Wootz/Gorleben HHW (1895) NN+18,88m Jeetzel : Lüchow (Schiffsschleuse) HHW (1941) NN+16,50m -6- NN+17,OOm -6-Lüchow (Flügeldeiche) HHW 100 Aus diesen Hochwasserereignissen wurden durch Interpolation (auf entsprechenden Verbindungslinien) idealisierte Hochwasserhöhengleichen abgeleitet und mit den Geländehöhen der DKG 5 geschnitten.
Durch die besondere Situation kann im Katastrophenfall die Stadt Lüchow von einem Elbehochwasser über die Dannenberger Landgrabenniederung und gleichzeitig von einem Jeetzelhochwasser betroffen sein. Für den Bereich der Stadt Lüchow wurde daher von der Bezirksregierung Lüneburg ein Wasserstand von NN+16,50 m bis NN+17,00 m zugrunde gelegt.
Die rechtliche Grundlage für die Einbeziehung des Stadtgebietes Lüchow einschließlich des Kolborner Berges stellt § 6 Abs. 1 NDG dar, wonach zum geschützten Gebiet auch die Bodenerhebung innerhalb dieses Gebietes gehören. Bereiche der Stadt Lüchow sowie der Kolborner Berg stellen eine "Insellage" innerhalb des Gebietes dar. Es ist unstrittig, dass bei der Höhenlage die Flächen durch Wasserangriff keinen Schaden erleiden, aber indirekt dennoch einen Vorteil durch den Deichschutz erfahren. Im Überflutungsfall ist zwar eine Verkehrsanbindung über die L 261 möglich, dessen künstlich aufgehöhter Straßendamm südlich der Spötzingstraße kann jedoch durch Hochwassereinwirkungen zerstört werden. Auch die Stromversorgung könnte im Falle einer Überschwemmung ausfallen, mit der Folge, dass Heizungsanlagen, Gefriertruhen usw. nicht mehr funktionieren. Sofern das Wasserwerk nicht mit Notstromaggregaten ausgerüstet ist, bricht auch die Wasserversorgung zusammen. Die zentrale Abwasserbehandlungsanlage liegt im tieferliegenden Gebiet, so dass eine gesicherte Abwasserentsorgung im Überflutungsfall nicht mehr gewährleistet ist.
Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, bestehen hier ohne Zweifel Vorteile durch den Deichschutz. Die rückwärtige Grenze ist nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 27.03.1986 unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse so genau wie möglich zu ermitteln, wobei eine Festlegung im Gelände auf Dezimeter genau allerdings nicht erforderlich ist. Die örtlichen Verhältnisse ergeben sich hinreichend genau aus dem vorhandenen Kartenmaterial im Maßstab 1 : 5 000 (DGK 5 N). Der Abstand der Höhenlinien beträgt in diesen Karten 0,5 m. Es ist somit ausreichend auch das Hochwassergefälle, hier die Hochwasserhöhengleichen, in 0,5 m-Schritten zu ermitteln.
Für die Erfassung und Abgrenzung des geschützten Gebietes wurden zudem die Erkenntnisse aus einer Begehung verwandt, nachdem die vollständigen Kartenunterlagen mit einem Verordnungsentwurf am 11.08.1998 an den Landkreis Lüchow-Dannenberg, die Samtgemeinden und die Verbände zur Stellungnahme vorgelegt wurden.
Die Festsetzung der Hochwasserstände von NN+16,50m und NN+17,00m ist nach Überzeugung der Kammer zutreffend.
Allerdings ist für die Beitragspflichtigen vorgetragen worden: Die Höhe von NN+17,00m sei untauglich als Anknüpfungspunkt für die Bildung des Deichverbandsgebietes. Die Höhe beruhe auf einem "Störfallszenario": Die Behörden gingen von einem Bruch des Eibdeiches bei Pretzetze aus und davon, dass dann das Hochwasser aus der Elbe komme und sich mit dem Hochwasser aus der Jeetzel bei Lüchow treffe. Nach dem Gesetz sei ein solches Störfallszenario kein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Bildung des Verbandsgebietes. Anknüpfungspunkt sei vielmehr das höchste bekannte Hochwasser, so stehe es eindeutig in § 6 Nds. Deichgesetz. Das höchste bekannte Hochwasser sei aber 1941 mit NN+16,50m gemessen worden und nicht mit NN+17,OOm. Schon deshalb sei das Verbandsgebiet fehlerhaft gebildet worden.
Jedoch führt dieser Vortrag nicht zur Fehlerhaftigkeit des Wertes von NN+17,00 m. Zum einen ist die Verordnungsbehörde nicht verpflichtet, die Grenzen des Verbandsgebietes nach Dezimeterlinien in Gelände festzulegen, weil dies praktisch kaum durchführbar ist. Die Verordnungsbehörde ist daher berechtigt, eine auf volle Meter gerundete Höhenlinie als Grenzlinie zu bestimmen und festzulegen (vgl. Lü-ders/Leis, Nds. Deichgesetz, 1964, § 6 Anm. 7). Dabei ist sie nicht verpflichtet, auf volle Meter abzurunden, sondern im Interesse eines effektiven Deichschutzes berechtigt, auf volle Meter aufzurunden. Zum anderen ist Hochwasserschutz nur dann sinnvoll, wenn er auf einen künftigen Schutz gegen Hochwasser abstellt und nicht (allein) auf den Schutz von Hochwasser, welches in der Vergangenheit zu beobachten gewesen ist. Es würde dem Gedanken des Hochwasserschutzes entgegenlaufen, künftige berechenbare Hochwässerstände zu ignorieren und ausschließlich auf das historisch bekannte höchste beobachtete Hochwasser abzustellen. Hochwasserschutz ist zukunftsgerichtet und nicht vergangenheitsorientiert. Ergibt sich etwa infolge gestiegener Wasserstände in den Flüssen die Gefahr höherer Hochwasserstände in der Zukunft, gehören zum geschützten Gebiet auch solche Flächen, die bisher aufgrund des historisch beobachteten Hochwassers der Überflutungsgefahr noch nicht ausgesetzt waren. Solchen überschaubaren künftigen Gefahren muss vorgebeugt und dadurch der Gebietsschutz auch bei ungünstiger Entwicklung für die Zukunft sichergestellt werden. Eine solche "pessimistische Einschätzung künftiger Gefahren" durch die Festlegung entsprechender Verbandsgrenzen ist als Bemessungswert geboten und verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, Urt. v. 29.7.1959 -1 BvR 394/58 -, DÖV 1959 S. 698, 699 -Erftverband -). In diesem Zusammenhang ist auf § 4 Abs. 2 NDG hinzuweisen, wonach die Höhe der Hochwasserdeiche nach dem "zu erwartendenden höchsten Hochwasser" zu bestimmen ist. Aus dieser Vorschrift kann nicht der Schluss gezogen werden, die Abmessungen der Deiche müssten nach dem erwarteten Hochwasser bemessen werden (§ 4 Abs. 2 NDG), das geschützte Gebiet im Sinne des § 6 Abs. 2 NDG werde aber (lediglich) nach dem höchsten historisch bekannten Hochwasser bemessen. Das wäre widersprüchlich. Vielmehr ist der Begriff des höchsten bekannten Hochwassers im Sinne des § 6 Abs. 2 NDG übereinstimmend mit dem des zu erwartenden höchsten Hochwassers im Sinne des § 4 Abs. 2 NDG auszulegen. Denn der durch die Deiche bewirkte Vorteil erfasst nicht nur diejenigen Grundstücke, die in der Vergangenheit durch Hochwasser geschützt waren, sondern auch diejenigen Grundstücke, die künftig gegen jedes Hochwasser geschützt werden. Deshalb ist es nur konsequent, dass auch diese Grundstückseigentümer der Deichpflicht unterliegen.
Wenn die Beitragspflichtigen vortragen, bei einem Hochwasser von NN+16,50 m könne nicht von einer Insellage der Stadt Lüchow ausgegangen werden, so dass von vornherein ein Vorteil für die dortigen Grundstückseigentümer nicht gegeben sei, ist dies wegen der maßgeblichen Höhenlinie von NN+17,00m unerheblich.
Wenn weiter vorgetragen wird, selbst bei einem Hochwasser von NN+17 m sei es möglich, auf der Landesstraße Richtung Jeetzel-Klennow-Dolgow aus Lüchow herauszukommen, gleiches gelte für die Bahnlinie und andere Strecken, führt dieser Gesichtspunkt ebenfalls nicht dazu, die Deichpflicht der Grundstückseigentümer von Lüchow zu verneinen.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 NDG gehören zum geschützten Gebiet auch die Bodenerhebungen innerhalb des Gebietes: Das durch einen Deich geschützte Gebiet ist regelmäßig nicht eben wie ein Tisch, vielmehr befinden sich in ihm Flächen von oftmals nur geringer Ausdehnung, die mit ihren oberen Teilen höher liegen als die zur Abgrenzung der geschützten Gebiete dienenden Bemessungswerte in § 6 Abs. 2 NDG. Solche inselartigen Auftragungen sind entweder naturgegeben (Hügel), oder sie sind von Menschenhand hergestellt (künstliche Aufschüttungen für Wege, Straßen, Eisenbahnen und einzelne Grundstücke). Da alle diese Bodenerhebungen ohne Deichschutz bei hohen Wasserständen im überfluteten Gebiet liegen würden, würden sie durch Wasserangriff Schaden erleiden oder zumindest zeitweise keine Verbindung mit dem Hinterland haben. Sie haben mithin durch den Deichschutz Vorteile, gehören also zum geschützten Gebiet, und ihre Eigentümer unterliegen der Deichpflicht. Dies folgt aus dem Gesetz - § 6 Abs. 1 Satz 3 NDG -unmittelbar.
Die aus Lüchow herausführenden Straßen und die Bahnlinie machen das Stadtgebiet nicht zu einer "Halbinsel", für die ein Deichschutz nicht erforderlich wäre. Die Bahnlinie, die möglicherweise eine über NN+17,00m hinausgehende Höhe hat, muss in diesem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben, weil diese Strecke etwa für Rettungsfahrzeuge der Katastrophendienste unbefahrbar wäre. Die aus Lüchow herausführende Landesstraße 261 ist auf einer künstlichen Aufschüttung angelegt. Hiervon hat sich die Kammer durch Einblick in diejenigen Pläne (Maßstab 1 : 5.000) einen Eindruck verschafft, die die Bezirksregierung im Zusammenhang mit der Verordnung vom Januar 1999 erstellt hat: An der Sprötzingstraße hat das Gelände eine Höhe von rund NN+16,50m, südlich davon ist es tiefer bis zu NN+15,60m (nahe des Umleitungsgrabens), der Umleitungsgraben an der Landesstraße hat eine Höhe von NN+16,00m; die Landesstraße selbst liegt erhöht auf einer Aufschüttung, die genaue Höhe ist in den Karten nicht exakt angegeben. Wenn die Straße in ihrem gesamten Verlauf über der Bemessungsgrenze liegt, ist Lüchow bei Hochwasser von NN+17,00m hier über einen künstlichen Straßendamm zu erreichen. Die aus Lüchow westlich nach Dannenberg herausführende Straße (B 248) liegt ebenfalls auf einem künstlichen Damm, wobei sie im Stadtgebiet westlich der Leibnitzstraße streckenweise wohl unter NN+17,00m liegt. Der Plater Weg Richtung Norden liegt eindeutig unter NN+17,00m, nämlich z.T. nur auf NN+16,40m. Die Bundesstraße 493 Richtung Woltersdorf liegt ebenfalls klar unter der Bemessungsgrenze, etwa östlich von Loge an der Abgrenzung nach Kolborn auf NN+16,80m. Die B 248 in südliche Richtung liegt jenseits der Polizeikaserne und des Königsberger Kanals zwar knapp über NN+17,00m, verläuft aber auf einer künstlichen Aufschüttung bis kurz vor Saaße. Die nördlich der Polizeikaserne zu den Bahngleisen herumführende Straße liegt zum einen Teil nur auf NN+16,80m und ist zum anderen Teil auf einer künstlichen Aufschüttung errichtet.
Das Stadtgebiet von Lüchow ist damit auf den Deichschutz angewiesen. Die künstlichen Straßendämme der L 261, der B 248 in westliche und südliche Richtung aus Lüchow hinaus und der Damm der Straße um die Polizeikaserne, falls sie über der 17-m-Grenze liegen sollten, bieten keinen wirksamen Hochwasserschutz und führen nicht zu einer "Halbinsellage" der Stadt Lüchow ohne Vorteil von den Deichen. Die Straßen sind ungeeignet, im Falle eines Hochwasserstandes von NN+17,00m einen dauerhaften gesicherten Zu- und Abgangsverkehr auch mit Schwerlastfahrzeugen zu gewährleisten. Es besteht die Gefahr, dass die Straßen , wenn sie im Unterbau mit Wasser vollgesogen sind, aufweichen und für einen mehr als nur geringfügigen Fahrzeugverkehr von und nach Lüchow unbrauchbar werden. Damit ist ihre Tauglichkeit als Verbindung etwa für Rettungsfahrzeuge und Fahrzeuge der Katastrophendienste nicht gewährleistet. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte in einigen der Verfahren schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt:
"Solche Straßen und Bahndämme sind nicht dafür geschaffen, Wasserangriff bei Hochwasser zu begegnen. Straßen- und Bahndämme bestehen zum größeren Teil aus grobkörnigen Materialien im Unterbau des Straßenkörpers, die relativ wasserdurchlässig sind. Eine Verdichtung dieser Materialien bei längerem Bestehen der Straße oder der Bahnlinie wirkt sich nicht auf den gesamten Unterbau aus, sondern erfolgt nur in Teilbereichen. Damit kommt es zu unterschiedlichen Materialeigenschaften im Damm, so dass ein Wasserangriff noch erleichtert wird. Darüber hinaus sind Straßen-und Bahndämme häufig mit Durchlässen versehen, die dem Wasser gute Ansatzpunkte für Abbruche bieten. Außerdem sind Straßen-und Bahndämme häufig mit Büschen oder Bäumen bewachsen, wobei das Wurzelwerk bei Überflutung verstärkt Lockerungen im Damm entstehen lässt, die zu seinem Einbruch führen können. Nicht umsonst ist es bei Hochwasserdeichen erstes Gebot, diese von jeder Bebauung und jedem Bewuchs außer Gras freizuhalten."
Unerheblich für die Grenzen des durch die Deiche geschützten Gebietes ist es, ob die Ist-Höhen der Deiche den Soll-Höhen entsprechen. Sind die Deiche - aus welchen Gründen auch immer - abgesackt oder aus anderen Gründen nicht hoch genug, würde dies allenfalls einen Anspruch auf Durchführung von Unterhaltungsmaßnahmen geben - nach § 5 AbS: 2 NDG sind Deichstrecken entsprechend zu erhöhen, wenn sie mehr als 20 cm von ihrer vorgeschriebenen Höhe verloren haben -, dieser Umstand würde jedoch nicht zur Folge haben, dass die Festsetzung des deichgeschützten Gebietes nicht nach dem höchsten bekannten Hochwasser vorgenommen werden dürfte: wegen unzureichender Ist-Höhen der Deiche auf die Unwirksamkeit des Schutzgebietes und auf die Unwirksamkeit der Verbandsausweitung zu schließen, würde den Gedanken des Deichschutzes, wie er in § 6 Abs. 2 NDG zum Ausdruck kommt, aufgeben.
Wenn vorgetragen wird, die Umstellung der Mitgliedschaft auf die Bürger sei unzulässig, und eine Entlassung der Städte sowie Wasser- und Bodenverbände sehe das Gesetz nicht vor, führt dieses Argument nicht dazu anzunehmen, die Mitgliedschaft der Grundstückseigentümer im Neugebet des Verbandes sei nicht wirksam zustande gekommen. Nach dem eindeutigen und nicht näher auslegbaren Gesetzeswortlaut des § 6 Abs. 1 NDG sind die Eigentümer aller im Schutz der Deiche gelegenen Grundstücke zur gemeinschaftlichen Deicherhaltung verpflichtet, und sie sind gem. § 9 Abs. 1 NDG Mitglieder der Verbände. Die Mitgliedschaft von Städten und Verbänden sieht das Gesetz insoweit nicht vor. Nur bei Hauptdeichen, die dem Schutz eines Gebietes vor Hochwasser zu dienen bestimmt sind (§ 2 Abs. 1 NDG), obliegt die Deicherhaltung dem Lande und damit nicht den Grundstückseigentümern (vgl. § 7 NDG). Ein solcher Ausnahmefall, in dem die Mitgliedschaft den Kommunen und Verbänden obliegt, ist hier nicht gegeben, so dass die jetzt geltende Rechtslage beim beklagten Jeetzeldeichverband mit dem Gesetz übereinstimmt. Die Bürger haben jedenfalls keinen Anspruch darauf, dass die frühere faktische "Mitgliedschaft" der Städte und Wasser- und Bodenverbände, die nach dem Deichgesetz nicht begründet werden konnte und mit dem Gesetz deshalb nicht in Übereinkläng gestanden hat, beibehalten wird. Diese faktische Mitgliedschaft hat sich räumlich ohnehin nur auf das "Altgebiet" bezogen, so dass sich die Neumitglieder im ausgedehnten Gebiet darauf nicht berufen können: hinsichtlich ihrer Grundstücke liegt ein "Wechsel" der Mitgliedschaft nicht vor.
c) Der Umstand, dass die Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg vom Januar 1999 über die Ausweitung des Verbandgebietes erst durch die Satzung des Beklagten vom Mai 1999 umgesetzt worden ist, hat nicht zur Folge, dass die Mitgliedschaft der Grundstückseigentümer erst im Mai 1999 begründet worden ist. Denn von dem Mitgliederverzeichnis und dem Hinweis in § 1 Abs. 4 der Satzung vom Mai 1999 auf das Verbandsgebiet hängt das Bestehen einer Mitgliedschaft nicht ab. Wird die Aktualisierung der Satzung im Hinblick auf das Verbandsgebiet und des Mitgliederverzeichnisses versäumt, so ist dies für die Mitgliedschaft als solche ohne Bedeutung. Denn die Festschreibung des Verbandsgebietes in der Satzung und das Mitgliederverzeichnis wirken nicht konstitutiv, d. h. die Aufnahme des Verbandsgebietes in die Satzung und das Mitgliederverzeichnis sind kein Mittel, um die Mitgliedschaft erst zu begründen oder zu beenden. Die Mitgliedschaft wird nicht durch Satzung und Verzeichnis begründet, sondern durch andere, äußere Umstände. Insbesondere bei behördlichen Regelungen über die Ausweitung des Verbandsgebietes wird die Mitgliedschaft schon zu diesem Zeitpunkt begründet und nicht erst bei interner Umsetzung der behördlichen Verfügung oder Verordnung durch die Verbandssatzung (vgl. Rapsch, Kommentar zur WWO, 1989, § 11 Rdnr. 7; Rapsch, Wasserverbandsrecht, 1993, Rdnr. 150; Tönnesmann, WWO, 1941, § 11 Anmerkung 2 und 3).
An diesen Erwägungen hält der Einzelrichter auch unter Berücksichtigung der im vorliegenden Verfahren vorgebrachten Ausführungen der Kläger fest. Mitglieder im Verband sind nicht die Gemeinden, sondern die einzelnen Grundstückseigentümer. Das gilt auch für die Grundstückseigentümer im Stadtgebiet von Lüchow einschließlich des Kolborner Berges, denn zum geschützten Gebiet gehören - wie ausgeführt - auch die Bodenerhebung innerhalb dieses Gebietes.
Wenn die Kläger vortragen, ihre Mitgliedschaft könne nur entstehen, wenn sie durch einen besonderen Verwaltungsakt zur Mitgliedschaft herangezogen würden, ist dies unzutreffend. Mitglieder eines Deichverbandes sind - wie bereits dargestellt - die Eigentümer und Erbbauberechtigten aller im Schutz der Deiche und Sperrwerke gelegenen Grundstücke (geschütztes Gebiet). Die Grenzen des geschützten Gebietes werden nach § 6 Abs. 2 NDG von der oberen Deichbehörde bestimmt; die Bestimmung oder Änderung der Grenzen des geschützten Gebietes wird gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 NDG durch Verordnung vorgenommen. Das gleiche gilt nach § 9 Abs. 3 NDG für die Festlegung der Grenze zwischen nebeneinanderliegenden Deichverbänden. Diese gesetzliche Verknüpfung des geschützten Gebietes eines Deichverbandes mit der Bestimmung oder Änderung der Grenzen des Verbandsgebietes führt angesichts der durch das Eigentum oder Erbbaurecht an einem Grundstück vermittelten dinglichen Mitgliedschaft in einem Deichverband dazu, dass jede Änderung der Grenzen des geschützten Gebietes durch Verordnung unmittelbar eine Änderung des Mitgliederbestandes eines Deichverbandes bewirkt. Einer zusätzlichen Maßnahme nach Wasserverbandsrecht in Gestalt einer Zuweisung durch Verwaltungsakt bedarf es danach insbesondere im Fall der Begründung oder Erweiterung der Mitgliedschaft entgegen der Annahme der Kläger nicht (so bereits Nieders. OVG, Urt. v. 20.12.2001 -7KN55/01 -).
Wenn die Kläger vortragen, die Mitgliedschaft der Kommunen und Verbände sei gem. §§ 4 Ziff. 3, 60 ff. WVG unveränderbar, ist dies ebenfalls nicht zutreffend. Die Mitgliedschaft ist im Nieders. Deichgesetz abschließend geregelt, so dass ein Rückgriff auf das Wasserverbandsgesetz auszuscheiden hat, Deichverbände unterliegen insoweit nicht den Regelungen des Wasserverbandsgesetzes (Nieders. OVG, Urt. v. 8.9.2004 -13 KN 52/04-).
2. Für das Jahr 2002 unterliegen die Kläger in vollem Umfang der Deichlast, so dass ihnen gegenüber Beträge festgesetzt werden durften. Die im Mai 1999 veröffentlichte Satzung des Beklagten ist für das gesamte Jahr 2002 taugliche Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Beiträgen. Das Problem einer unzulässigen, rückwirkenden Begründung der Deichlast in eine für die neuen Verbandsmitglieder "satzungsfreie Zeit" stellt sich hier für das Beitragsjahr 2002 nicht. Dieses Problem hat ausschließlich das Beitragsjahr 1999 betroffen (vgl. dazu die Ausführungen im Urteil zum Parallelverfahren der Kläger 3 A 144/00). Für das Jahr 2002 gilt die Satzung gegenüber den neuen Verbandsmitgliedern in vollem zeitlichen Umfang, da sie im Mai 1999 und damit vor Beginn des Haushaltsjahres 2002 in Kraft getreten ist.
Die nach § 9 Abs. 2 NDG i. V. m. § 6 Abs. 2 WVG erforderlichen satzungsrechtlichen Bestimmungen sind in der Satzung enthalten: Name und Sitz des Verbandes, Aufgaben und Unternehmen, Verbandsgebiet, Mitgliedschaft und Mitgliederverzeichnis, Beschränkungen des Grundeigentums, die von den Verbandsmitgliedern zu dulden sind, und diesen sonst obliegende Verpflichtungen, Grundsätze für die Beitragsbemessung, Bildung und Aufgaben der Verbandsorgane, Deichschau, Satzungsänderungen und Bekanntmachungen des Verbandes.
Der von den Klägern gerügte Umstand, dass § 9 NDG ursprünglich nur allgemein auf das "Recht der Wasser- und Bodenverbände" und nicht konkret auf das Wasserverbandsgesetz verwiesen hat, macht weder die Rechtsgrundlage für die Satzung noch die Satzung selbst unwirksam, vielmehr ist ohne weiteres nachvollziehbar und erkennbar, dass sich das Recht der Wasser- und Bodenverbände auf das Wasserverbandgesetz bezieht. Dynamische Verweisungen widersprechen nicht dem Rechtsstaatsprinzip, sondern sind üblich und rechtlich nicht zu beanstanden.
Wenn die Kläger weiter vortragen, die Satzungen seien alle unwirksam, weil der beklagte Verband nicht einmal wirksam errichtet worden sei, ist dem nicht zu folgen. Die Kläger sind - wie ausgeführt - seit dem 16. Februar 1999 Mitglied im Verband, spätestens zu diesem Zeitpunkt sind die Kommunen als Mitglieder formal ausgeschieden. Die hier maßgebliche Satzung des Beklagten ist vom Verbandvorsteher am 22. März 1999 und vom Landrat des Landkreises am 1. April 1999 unterschrieben worden, sie ist mit Veröffentlichung in der Elbe-Jeetzel-Zeitung in Kraft getreten. Es ist daher ohne Weiteres davon auszugehen, dass die neuen gesetzlichen Mitglieder beim Erlass der Satzung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen mitwirken konnten.
3. Der Beitragsmaßstab lässt sich nicht beanstanden, Fehler bei der Ermittlung des Hebesatzes sind nicht geltend gemacht worden.
§ 35 Abs. 2 der Satzung bestimmt:
Die Beitragslast für den Hochwasserschutz verteilt sich auf die Eigentümer aller im Schutz der Deiche gelegenen Grundstücke im Verhältnis der Grundsteuermessbeträge.
Mit Wirkung ab August 2000 ist die Vorschrift wie folgt ergänzt worden:
Aus dem Verhältnis der gesamten Grundsteuermessbeträge im Verbandsgebiet zu den Gesamtausgaben des Verbandes wird ein Prozentsatz (Beitragshebesatz) ermittelt. Dieser Beitragshebesatz, bezogen auf den jeweiligen Grundsteuermessbetrag des Mitgliedes, ergibt den Verbandsbeitrag.
a) Der Beitragsmaßstab ist rechtmäßig.
aa) Es ist zunächst sachgerecht und nicht fehlerhaft, bei den Verbandsbeiträgen an das Grundstück anzuknüpfen. Entgegen der Ansicht der Kläger bedarf es keiner Sonderregelungen für hochwasserfreie Insellagen, von denen es allein im Bereich Lüchow etwa 80 bis 100 geben soll. Eigentümer von Grundstücken außerhalb des Verbandsgebietes müssen nicht zu Beiträgen herangezogen werden.
Jedes Grundstück setzt schon allein in Folge seiner Lage im Überschwemmungsgebiet des Gewässers eine Ursache für die Deichunterhaltung. Die Ursache für die Deichunterhaltung setzen die Grundstücke unabhängig davon, ob sie nahe am Deich liegen oder weiter entfernt. Auch die Höhenlage der Grundstücke ist für die Deichunterhaltung unerheblich, da nach den oben gemachten Ausführungen selbst Grundstücke, die oberhalb der Bemessungsgrenzen liegen, vom Deichbau "bevorteilt" sind, was sich aus § 6 Abs. 1 NDG ergibt. Entfernung vom Deich und Höhenlage der Grundstücke müssen deshalb im Maßstab des Beitrages nicht zwingend Berücksichtigung finden. Auch reicht nach § 30 Abs. 1 Satz 2 WVG für die Festlegung des Beitragsmaßstabes eine annähernde Ermittlung der Vorteile aus.
An dieser Einschätzung ändert es nichts, wenn die Kläger wiederholt Kritik an der maßgeblichen Höhenlinie für die Deichabmessung und an der Einbeziehung der sog. Insellagen üben. Insoweit wird auf die oben zur Mitgliedschaft gemachten Ausführungen Bezug genommen, die keiner Ergänzung bedürfen.
Es drängt sich auch nicht auf, dass außerhalb des Verbandsgebietes liegende örtlichen Bereiche einen vergleichbaren Schutz vom Deiche haben wie die innerhalb des Gebietes. Die Stadt Wustrau und andere Teile des Landkreises müssen deshalb nicht zu Beiträgen herangezogen werden.
bb) Die Maßgeblichkeit des an das Grundstück anknüpfenden Grundsteuermessbetrages ist rechtlich zulässig.
In.diesem Zusammenhang hat der Beklagte im Parallelverfahren 3 A 228/03 auf Folgendes hingewiesen (Schriftsatz vom 4.12.2003 Bl. 3): Die Steuermesszahl für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft betrage 6 v.T., für sonstige Grundstücke zwischen 2,6 und 3,5 v.T. Im Verhältnis zum Einheitswert werde für landwirtschaftliche Grundstücke doppelt so viel gezahlt wie für sonstige Grundstücke. Dies werde aber dadurch ausgeglichen, dass der Einheitswert für landwirtschaftliche Grundstücke niedriger sei als der Einheitswert sonstiger Grundstücke. Damit werde bereits bei Festlegung der Grundsteuermessbeträge ein Ausgleich zwischen landwirtschaftlichen und sonstigen Grundstücken vorgenommen.
Auch die Kammer hat bereits früher entschieden, dass der unterschiedlichen Qualität der Grundstücke im Hinblick auf ihre Nutzung - Gewerbegrundstücke, Wohngrundstücke, land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke - schon im Bereich des Steuerrechtes bei der Festlegung des Grundsteuermessbetrages Rechnung getragen wird. Die Kammer hat deshalb vertreten, dass den unterschiedlichen Nutzungsarten nicht noch einmal im Maßstab des Verbandsbeitrages Rechnung getragen werden muss. Dies hätte eine "doppelte" Berücksichtigung der Grundstücksqualität zur Folge, wozu ein Deichverband nicht verpflichtet ist. Auch wenn man davon ausgehen wollte, dass "bessere" oder "gerechtere" Maßstäbe möglich sind als der des Grundsteuermessbetrages, ist die Anknüpfung des Beitragsverhältnisses an den Messbetrag weder willkürlich noch "gänzlich unpassend" (vgl. Rapsch, Kommentar zur WWO, 1989, § 81 Rdnr. 10; vgl. auch Rapsch, Wasserverbandsrecht, 1993, Rdnr. 279). Die Anknüpfung an den Grundsteuermessbetrag ist vor allem auch deshalb nicht zu beanstanden, weil - worauf nochmals in diesem Zusammenhang hinzuweisen ist - nach § 30 Abs. 1 Satz 2 WVG für die Festlegung des Beitragsmaßstabes eine annähernde Ermittlung der Vorteile ausreicht. Demzufolge hat die Kammer einen an den Grundsteuermessbetrag anknüpfenden Beitragsmaßstab für einen Deichverband bereits mehrmals gebilligt (etwa Urteil vom 05.02.2002 - 3 A 172/01 -). Wenn das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in der von den Klägern zitierten Entscheidung vom 15. Dez. 1977 (3 A 16/76) eine andere Auffassung vertreten haben sollte, ist dem nicht zu folgen.
b) Zum Hebesatz: aa) Die Berechnungsmethode zum Hebesatz ist im August 2000 durch Ergänzung des § 35 Abs. 2 konkretisiert worden. Bedenken gegen die Berechnungsmethode sind nicht gegeben.
bb) Unschädlich ist es, dass in der Satzung nicht geregelt ist, dass der Verbandsausschuss - wie es beim Beklagten Praxis ist - den Hebesatz festsetzt. Denn dies ergibt sich bereits aus dem Gesetz, so dass es einer bloßen "Wiederholung" in der Satzung nicht bedurfte.
Nach § 9 Abs. 2 NDG i.V.m. § 47 Abs. 1 Nr. 5 WVG ist der Haushaltsplan von der Verbandsversammlung festzusetzen. Hat der Verband keine Verbandsversammlung wie der Beklagte (dieser hat - lediglich - einen Vorstand und einen Ausschuss, § 10 der Satzung), obliegen die Aufgaben der Verbandsversammlung einem Verbandsausschuss (§ 49 Abs. 1 Satz 1 WVG). Nach § 11 Nr. 5 der Satzung des Beklagten hat der Verbandsausschuss entsprechend über die Haushaltsplan zu beschließen. Da ein Haushaltsplan der Feststeilung und Deckung des Finanzbedarfs dient und alle im Haushaltsjahr zu erwartenden Einnahmen und damit auch die Beiträge enthält (§ 28 der Satzung sowie §§ 9 Abs. 2 NDG, 65 WVG i. V. m. §§ 2, 11 Abs. 2 Nr. 1 LHO), bedeutet dies, dass es beim Beklagten dem Verbandsausschuss obliegt, die Ausgaben festzulegen, zu deren Deckung die Beiträge dienen. Damit bestimmt der Verbandsausschuss zugleich die Höhe des Hebesatzes.
cc) Rechtliche Bedenken an der Höhe des Hebesatzes 31 % für das Beitragsjahr 2002 sind nicht gegeben. Zu Unrecht rügen die Kläger im Hinblick auf die Beitragshöhe, der Beklagte dürfe keine Rücklagen zur Brückensanierung bilden.
Denn die Bildung von Rücklagen bei einem Verband ist zulässig, die Grenzen sind im vorliegenden Fall nicht überschritten.
§ 67 Abs. 2 WWO sieht die Bildung sog. Tilgungsrücklagen ausdrücklich vor. Auch wenn weitere spezielle Vorschriften fehlen, ist die Bildung anderer Rücklagen zulässig (vgl. Rapsch, Wasserverbandrecht, 1993, Rdnr. 316). Das allgemeine Haushaltsrecht sieht - in erster Linie allerdings im kommunalen Haushaltsrecht - die Bildung allgemeiner und besonderer Rücklagen vor. Die Bildung von Rücklagen ist dem Haushaltsrecht damit immanent. Die Bildung von Rücklagen, die sich aus Verbandsbeiträgen ergeben, hat allerdings Grenzen. Die Bildung und Beibehaltung von Rücklagen darf nicht zu einer Art "Schattenhaushalt" ausarten. Rücklagen müssen durch sachliche Gründe, insbesondere das Ziel einer angemessenen Zukunftssicherung gerechtfertigt sein: Rücklagen aus Beiträgen der Mitglieder sind rechtlich zulässig zur Tilgung von Krediten, zu besonderen Investitionen oder sonstiger vorhersehbarer Ausgaben, wenn die Ausgaben den üblichen Rahmen des laufenden Haushalts erheblich überschreiten und anders nicht gedeckt werden können (Urt. der Kammer v. 23.11.2004 - 3 A 5/01 -).
Dass der Beklagte im vorliegenden Fall unzulässige Rücklagen gebildet hätte, ist nicht ersichtlich. Die Rücklagenbildung führt nicht zu einer Art Schattenhaushalt, und die Rücklagen sind auch nicht zu einem Selbstzweck geworden. Die Bildung der Rücklagen ist vielmehr durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Der Beklagte hat vorgetragen, er sei für die Sanierung der Brücken zuständig, da sie in seiner Unterhaltungslast stünden. Auch wenn die Kläger darauf hinweisen, dass die Brücken in der Vergangenheit den Gemeinden hätten übertragen werden müssen, so ist dies aber erkennbar nicht geschehen, und die derzeitige Verantwortlichkeit des Beklagten für die Brücken wird auch von den Klägern nicht in Abrede gestellt. Wenn sich nach dem Vortrag der Kläger die Gemeinden aus finanziellen Gründen weigern, die maroden Bauwerke freiwillig zu übernehmen, bleibt der Beklagte an seine Unterhaltungspflicht gebunden, und er kann und muss Sorge für die Sanierung der Bauwerke tragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V'.m. § 708 Nr. 11 ZPO.