Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 07.02.2005, Az.: 2 A 263/03

Bestehen eines Rechtsanspruchs auf die bergrechtliche Zulassung eines Rahmenbetriebsplans zur Salzgewinnung; Anforderungen an Rahmenbetriebspläne; Nichtentgegenstehen überwiegender öffentlicher Interessen als eine zusätzliche Zulassungsvoraussetzung; Zulässigkeit der Erteilung von Auflagen

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
07.02.2005
Aktenzeichen
2 A 263/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 22353
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2005:0207.2A263.03.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 17.07.2008 - AZ: 7 LC 53/05
BVerwG - 23.03.2009 - AZ: BVerwG 7 B 54.08

Fundstellen

  • AbfallR 2005, 234
  • EurUP 2005, 99

Verfahrensgegenstand

Rahmenbetriebsplan zur Salzgewinnung aus dem Salzstock Gorleben

Redaktioneller Leitsatz

Eine über Jahre offen gehaltene Option für ein Erkundungsbergwerk, deren Verwirklichung aus mehreren unabhängig voneinander bestehenden Gründen derzeit vollkommen offen ist, vermag sich nicht ohne weiteres gegenüber einer durch Art. 14 GG geschützten Salzabbaugerechtigkeit durchzusetzen, deren Ausbeutung durch die Genehmigung eines Rahmenbetriebsplans eingeleitet werden soll.

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Lüneburg - 2. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2005
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Beyer,
den Richter am Verwaltungsgericht Müller,
den Richter am Verwaltungsgericht Pump sowie
die ehrenamtlichen Richter Frau Keirath und Herr Holdberg
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Widerspruchsbescheid des beklagten Amtes vom 21. November 2003 sowie der der Beigeladenen erteilte Abhilfebescheid vom 21. November 2003 werden aufgehoben.

Die Nebenbestimmung Nr. 2 in dem Bescheid des (ehemaligen) Bergamtes Celle über die Zulassung des Rahmenbetriebsplans des Klägers vom 15. April 1998 wird aufgehoben.

Das beklagte Amt wird verpflichtet, die Gültigkeit des Rahmenbetriebsplans bis zum 31. März 2008 zu verlängern.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Amt und die Beigeladene je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die bergrechtliche Zulassung eines Rahmenbetriebsplans zur Salzgewinnung.

2

Der Kläger ist Eigentümer von Flächen über dem Salzstock Gorleben. Am 18. Dezember 1996 beantragte er beim Bergamt Celle die Zulassung des gleichzeitig vorgelegten "Rahmenbetriebsplan Salzgewinnung Salzstock Gorleben". Das Vorhaben soll auf dem im Eigentum des Klägers stehenden Flurstück E. der Flur F. in der Gemarkung G. durchgeführt werden. Nach der Planbeschreibung soll zunächst eine Erkundungsbohrung bis in eine Tiefe von ca. 850 m führen. Bei genereller Eignung der angetroffenen Salzformationen soll das Salz abgebaut und wirtschaftlich verwertet werden. Er ist Inhaber der im Salzgrundbuch des Amtsgerichts Dannenberg eingetragenen Salzabbaugerechtigkeit. Dabei handelt es sich um alte Rechte im Sinne des § 149 Abs. 1 BBergG. Gleichzeitig beantragte auch die H. I. GmbH für das ebenfalls im Eigentum des Klägers stehende und mit einem Pachtvertrag über die Nutzung der Salzrechte belastete Flurstück 37/18 einen entsprechenden Rahmenbetriebsplan.

3

Die Beigeladene betreibt zur Erfüllung der ihr nach § 9 a Abs. 3 i.V.m. § 9 b AtG obliegenden Verpflichtungen zur Errichtung von Anlagen zur Sicherstellung und Endlagerung radioaktiver Abfälle die Erkundung des Salzstocks Gorleben. Die Entfernung zwischen dem nächstgelegenen Schacht und dem vom Kläger beantragten Bohrpunkt beträgt ca. 1.500 m Luftlinie. Das von der H. I. GmbH gepachtete Flurstück grenzt unmittelbar südwestlich an das Schachtgrundstück an. Der Salzstock ragt bis etwa 200 m unter der Erdoberfläche auf. Seine Basis wird bei etwa 3.000 m Tiefe vermutet. Zum Zweck der Erkundung sollen zwei etwa 400 m voneinander entfernte Schächte bis zu ca. 900 m abgeteuft und von den Schächten aus nach Nordosten und Südwesten Strecken bis zu 4.000 Länge und parallel dazu Querschläge und weitere Richtstrecken aufgefahren werden. Von den Strecken, Querschlägen und Richtstrecken aus sollen horizontal, vertikal und diagonal Bohrungen sowie Hochfrequenzmessungen vorgenommen werden. Insgesamt soll sich die Erkundung auf einen Bereich von etwa 2.000 Breite, 9.000 m Länge und 300 m Tiefe erstrecken. Die beiden Schächte sind mittlerweile abgeteuft und zahlreiche Strecken auf verschiedenen Höhen zwischen diesen Schächten und in nordöstlicher Richtung vorgetrieben worden. In süd-westlicher Richtung sind bisher keine Schachtvortriebe erfolgt.

4

Der bisherigen Erkundung liegt die Zulassung des Rahmenbetriebsplans vom 9. September 1983 der physikalisch-technischen Bundesanstalt für die untertägige Erkundung des Salzstocks Gorleben vom 14. April 1982 zugrunde. In den Maßgaben des Bescheides heißt es, dass die Zulassung lediglich allgemeine Angaben über die beabsichtigte untertägige Erkundung des Salzstocks Gorleben und deren technische Durchführbarkeit zum Gegenstand habe. Sie berechtige nicht dazu, das Vorhaben zu beginnen, hierzu bedürfe es der Zulassung von Haupt- oder Sonderbetriebsplänen. Für die Durchführung des Vorhabens seien - soweit noch nicht geschehen - die erforderlichen Salzabbauberechtigungen noch nachzuweisen. In den folgenden Jahren sind verschiedene Sonder- und Hauptbetriebspläne zugelassen worden, u.a. zur Erkundung des Nord-Ost-Feldes. Der Rahmenbetriebsplan ist mehrfach verlängert worden. In dem letzten Verlängerungsantrag der deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe vom 24. Februar 1998, in dem eine Verlängerung für den Zeitraum 31. Dezember 1999 zunächst bis zum 31. Dezember 2009 und dann bis zum 30. September 2010 beantragt worden ist, heißt es, dass es unverändertes Ziel sei, den Salzstock in seiner Gesamtheit, also auch im Südwesten, zu erkunden, wenn dies nach dem Ergebnis der (ergebnisoffen durchgeführten) Erkundung des nordöstlichen Teils des Salzstocks erforderlich sei. Diesem Antrag gab das Bergamt Celle mit Bescheid vom 29. September 2000 statt. In der Begründung heißt es, dass sich die Verlängerungsfrist an der paraphierten Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000 orientiert habe. Das darin vorgesehene Erkundungs-Moratorium bedeute eine Unterbrechung der Erkundung, nicht jedoch eine Aufgabe des Standorts Gorleben oder eine abschließende Beendigung der bisher geplanten Maßnahmen.

5

Im Rahmen des im Zusammenhang mit dem Antrag des Klägers eingeleiteten Beteiligungsverfahrens nach § 54 Abs. 2 BBergG holte das Bergamt Celle u.a. Stellungnahmen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe - BGR - und des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung - NLfB - zur gebirgsmechanischen Einschätzung ein. Dabei sollte insbesondere auf die Frage eingegangen werden, ob aus dieser Sicht eine gegenseitige Beeinträchtigung zwischen dem beabsichtigten Kavernenbetrieb, dem bereits betriebenen Erkundungsbergwerk und dem geplanten Endlager gegeben sein könnte. Auf die Stellungnahmen der BGR vom 7. Oktober 1997 und der NLfB vom 1. Oktober 1997 wird Bezug genommen. Die Beigeladene verwies mit Schriftsatz vom 4. September 1997 auf ihre bereits unter dem 5. März 1997 eingereichte Stellungnahme.

6

Mit Bescheid vom 15. April 1998 ließ das Bergamt Celle den Rahmenbetriebsplan befristet bis zum 31. März 2003 zu. Der Zulassung waren insgesamt sieben Nebenbestimmungen beigefügt. Die Nebenbestimmungen Nr. 5, 6 und 7 legten fest, dass der Kläger mit Vorlage des Hauptbetriebsplans

  • die Auswirkungen des Vorhabens auf Natur und Landschaft beschreiben und Vorschläge für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu unterbreiten habe,
  • Angaben zu einem um das Betriebsgelände herum anzulegenden und zu unterhaltenden Waldbrandschutzstreifen mit einer Gesamtbreite von mindestens 25 m zu machen habe und
  • einen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis zur Förderung von Grundwasser für Löschwasserzwecke vorzulegen habe.

7

Die Nebenbestimmung Nr. 2 lautet wie folgt:

"Dem noch vorzulegenden Hauptbetriebsplan (§ 52 Abs. 1 BBergG) ist eine gutachterliche Stellungnahme beizufügen, aus der hervorgeht, dass die geplante Einrichtung und der spätere Betrieb der Kavernenanlage einschließlich seiner erforderlichen Sicherheitsabstände das Erkundungsbergwerk des Bundesamtes für Strahlenschutz unter Berücksichtigung einer später vorgesehenen Nutzung des Salzstocks Gorleben als Endlagerbergwerk für radioaktive Abfälle nicht gefährdet. Die Fragestellung des Gutachtens ist mit dem Bergamt abzustimmen."

8

In der Begründung des Bescheides heißt es hierzu, dass ein Rahmenbetriebsplan nach § 52 Abs. 2 Nr. 1 BBergG nur allgemeine Angaben über das beabsichtigte Vorhaben und dessen technische Durchführbarkeit enthalten müsse. Konkrete Angaben müssten sich erst aus dem Hauptbetriebsplan ergeben. Diesen allgemeinen Anforderungen würde der eingereichte Plan genügen. Die Nebenbestimmung Nr. 2 sei erforderlich, weil neben der vom Kläger beabsichtigten Nutzung die Beigeladene im gleichen Salzstock bereits damit begonnen habe, ein Erkundungsbergwerk zu errichten, dessen Zweck es sei, festzustellen, ob sich der Salzstock Gorleben für die Endlagerung radioaktiver Abfälle eigne. Das Erkundungsbergwerk sei durch einen unanfechtbaren Rahmenbetriebsplan zugelassen, genieße Bestandsschutz und werde fortlaufend aufgrund zugelassener Haupt- und Sonderbetriebspläne realisiert. Ziel der Erkundung sei die Untersuchung der Zechstein-2-Formation mit dem Hauptsalz der Staßfurt-Folge im Kern des Salzstocks. Bei allen untertägig vorzutreibenden Erkundungsstrecken soll die Zechstein-2-Formation im vorgesehenen Einlagerungsbereich unverritzt bleiben, um das Anlegen von Sicherheitsfesten zu vermeiden. Die vom Kläger geplante Bohrung und der darauf folgende Solebetrieb würde etwa 1.600 m westlich des Schachts 1 des Erkundungsbergwerks in einem Teufintervall von 700 m bis 850 m unter Gelände im Staßfurt-Hauptsalz angelegt und damit in der für den Endlagererkundungsbereich vorgesehenen geologischen Formation durchgeführt werden. Es sei daher nicht auszuschließen, dass sich beide Betriebe gegenseitig beeinflussen. Um die Zulassungsvoraussetzung des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 BBergG zu erfüllen, sei es daher erforderlich, dass der Kläger in einem Gutachten nachweise, dass die erforderliche Vorsorge getroffen sei, damit die Sicherheit eines nach den §§ 50 und 51 BBergG zulässigerweise bereits geführten Betriebs nicht gefährdet werde. Das erforderliche Gutachten solle auch nachweisen, dass das öffentliche Interesse im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG, dem die Errichtung des Untersuchungsbergwerks nach der zweiten Gorleben-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts entspreche, durch das neue Vorhaben nicht gefährdet werde.

9

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, soweit es die Nebenbestimmungen 2, 5, 6 und 7 betrifft, und die Beigeladene gegen den Bescheid insgesamt. Hinsichtlich der Nebenbestimmungen 5 bis 7 trägt der Kläger zur Begründung vor, dass sein Vorhaben auf der sehr kleinen Fläche von 50 m × 50 m errichtet werden solle. Damit entfalle ein auszugleichender Eingriff in den Naturhaushalt oder das Landschaftsbild. Auch die Brandschutzbestimmungen in den Nebenbestimmungen Nr. 6 und 7 seien völlig überdimensioniert.

10

Die Nebenbestimmung Nr. 2 (Vorlage eines Gutachtens) verkenne, dass die Prüfung der beiden Vorhaben auf gegenseitige mögliche Gefährdung nicht seine Aufgabe, sondern die der Genehmigungsbehörde sei. Sie verfüge über den für die Prüfung erforderlichen wissenschaftlichen technischen Sachverstand und setze vor allem den Maßstab dafür, was die für die Vermeidung von Gefährdungen erforderliche Vorsorge sei. Das Vorhaben der Beigeladenen sei gegenüber seinem Vorhaben auch nachrangig. Denn für das Süd-West-Feld verfüge die Beigeladene lediglich über einen Rahmenbetriebsplan. Sie müsse sich erklären, ob und ggf. wann sie eine Erkundung dieses Bereichs überhaupt (noch) angehen wolle, bevor die Vorlage eines Gutachtens über eine mögliche Gefährdung beider Vorhaben von ihm verlangt werden könne. Bisher werde im Süd-West-Feld des Salzstocks kein Betrieb seitens der Beigeladenen geführt, da Hauptbetriebspläne allein für das Nord-Ost-Feld bestünden. § 55 Abs. 1 Nr. 8 BBergG diene der Schadensvorsorge im Interesse benachbarter Betriebe. Schäden könnten aber erst dann eintreten, wenn mit der Errichtung des Bergbaubetriebs begonnen werde. Dieses werde aber erst durch den Hauptbetriebsplan gestattet, der für den Südwestbereich aber noch nicht vorliege.

11

Der Rahmenbetriebsplan, der sich auf das Süd-West-Feld beziehe, könne ihm im Übrigen auch deshalb nicht entgegengehalten werden, weil er einen Vorbehalt hinsichtlich seiner Salzbauberechtigung enthalte. Mithin sei eine Gefährdung des Erkundungsbetriebs der Beigeladenen auszuschließen, da sich sein Vorhaben in einer Entfernung von ca. 1.200 m von dem durch Hauptbetriebspläne geschützten Betrieb der Beigeladenen befinde. Die Ausführungen, die sich auf eine mögliche Gefährdung des Vorhabens im Süd-West-Teil des Salzstocks bezögen, seien daher unbeachtlich. Unabhängig davon kämen die BGR und das NLfB in ihren Stellungnahmen zu dem Ergebnis, dass beide Betriebe möglicherweise vereinbar seien, wenn die Streckenführung des Erkundungsbergwerks seinem Vorhaben entsprechend angepasst werde.

12

Schließlich sei ihm die tatsächliche Erfüllung der Auflage unmöglich. Niemand verfüge über ausreichende Kenntnisse bezüglich des Erkundungsbergwerks und erst recht nicht über ein möglicherweise zu errichtendes Endlagerbergwerk, um sich zu deren Vereinbarkeit mit seinem eigenen Vorhaben äußern zu können. Es fehle auch bislang völlig an Kriterien dafür, welche Sicherheitsabstände zwischen einem Bergwerk und einem potentiellen Endlager für radioaktive Stoffe einzuhalten seien und welche sonstigen Kriterien einBergwerk erfüllen müsse, damit der Betrieb eines in der Nähe liegenden Endlagers nicht gefährdet werde.

13

Seinem Vorhaben stünden auch nicht überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG entgegen. Das sei nur dann der Fall, wenn sie in öffentlich-rechtlichen Verboten oder Beschränkungen ihren Niederschlag finden würden. Vorliegend seien aber keine Vorschriften erkennbar, die sein Vorhaben verbieten oder beschränken würden. Auf das behauptete öffentliche Interesse an der Erkundung des Salzstocks könne es nicht ankommen, da sich daraus für ihn weder ein Verbot noch eine Beschränkung ergebe. Bei einer Interessensabwägung sei auch zu berücksichtigen, dass die Beigeladene ihr Interesse am Süd-West-Teil des Salzstocks praktisch aufgegeben habe. Abgesehen davon könne auch deshalb kein öffentliches Interesse an der Erkundung des Salzstocks bestehen, weil die bisherigen Erkundungen bereits ergeben hätten, dass er tatsächlich als Endlager für atomare Abfälle nicht geeignet sei und der Standort Gorleben aufgrund eines fehlerhaften Verfahrens ausgewählt worden sei.

14

Hinsichtlich des von Seiten der Beigeladenen eingelegten Widerspruchs sei darauf hinzuweisen, dass dieser unzulässig sei. Die Beigeladene könne keine Verletzung eigener Rechte durch die Zulassung seines Rahmenbetriebsplans geltend machen. Solche Pläne seien ihrer Rechtsnatur nach grundsätzlich nicht dazu geeignet, Rechte Dritter zu beeinträchtigen. Sie enthielten lediglich allgemeine Angaben über das beabsichtigte Vorhaben, autorisierten aber nicht zu einem Baubeginn. Im gesamten Bergrecht gebe es mit Ausnahme der Enteignungsfälle keinen Drittschutz, wie sich aus der einschlägigen Kommentierung zum Bundesberggesetz ergebe.

15

Die Beigeladene begründet ihren Widerspruch im Wesentlichen wie folgt: Sie sei sehr wohl widerspruchsberechtigt, da nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der auch in der Literatur gefolgt worden sei, der Rahmenbetriebszulassung eine präjudizierende Wirkung und damit auch Drittschutz zukomme. Die Prüfung der Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 BBergG hätte nicht in das Hauptbetriebsplanverfahren verlegt werden dürfen. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass ein Rahmenbetriebsplan, der noch nicht alle Zulassungsvoraussetzungen erfülle, nicht ohne weiteres abgelehnt werden dürfe. Die Bergbehörde müsse vielmehr die Zulassung mit Nebenbestimmungen versehen, wenn dadurch den Anforderungen des Bergrechts genügt werden könnte. Es dürfe aber nicht völlig offen gelassen werden, ob eine Zulassungsvoraussetzung erfüllt oder zumindest erfüllbar sei. Vorliegend werde mit der Nebenbestimmung Nr. 2 (Vorlage eines Gutachtens) aber nicht die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzung sichergestellt, sondern es bleibe vollständig offen, ob diese Voraussetzung überhaupt erfüllt werden könne. So sei entgegen der Auffassung des Klägers der Stellungnahme des NLfB nicht zu entnehmen, dass eine gebirgsmechanische Beeinflussung von Endlagerbergwerk (in seiner jetzigen Ausdehnung) und dem Aussohlungsprojekt des Klägers definitiv ausgeschlossen sei. Weiterhin sei es nicht zutreffend, dass bei der Prüfung der Zulassungsvoraussetzung des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 BBergG die als Option offengehaltene Erkundung des südwestlichen Teils des Salzstocks außer Betracht zu bleiben habe. Der damit bezweckte Schutz des bereits geführten Betriebs sei nicht auf den vorhandenen Ausbauzustand zu beschränken, der im Zeitpunkt der Vorlage des (anderen) Betriebsplans gerade erreicht sei. Vielmehr sei der bereits geführte Betrieb auch in seinen durch das Vorhandensein von Bodenschätzen vorgegebenen "Ausdehnungsmöglichkeiten" geschützt. Bergbauliche Betriebe seien keine statischen Betriebe, sie würden sich dynamisch fortentwickeln. Bei der Prüfung einer Gefährdung müsse die Bergbehörde daher auch die zukünftige Entwicklung des bereits vorhandenen Betriebs bewerten, wobei sie sich an einem zugelassenen Rahmenbetriebsplan orientieren könne. Hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzung des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG sei vorzutragen, dass entgegenstehende öffentliche Interessen sich nicht nur aus einer öffentlich-rechtlichen Verbotsnorm ergeben könnten, sondern auch aus anderen Bestimmungen. Insoweit könne sie sich auf § 126 Abs. 3 BBergG berufen. Schließlich sei es nicht zutreffend, dass sie ihr Interesse am Süd-West-Teil des Salzstocks praktisch aufgegeben habe. Vielmehr behalte sie sich je nach dem Ergebnis der noch durchzuführenden Standortauswahl vor, in die auch der Standort Gorleben einzubeziehen sei, die jetzt unterbrochene untertägige Erkundung fortzusetzen, ggf. auch den südwestlichen Teil des Salzstocks zu erkunden.

16

In der Folgezeit ruhte das Widerspruchsverfahren einvernehmlich im Hinblick auf das Gorleben-Moratorium vom Juni 2000 und die beabsichtigte Veränderungssperre aufgrund der Novelle zum Atomgesetz. Die Entscheidung über den bergrechtlichen Zulassungsantrag der H. I. GmbH wurde zurückgestellt, weil zunächst über die bergrechtliche Genehmigung über das vom Kläger zugunsten der H. I. GmbH bestellte Nießbrauchsrecht an dem Flurstück J./K. entschieden werden sollte. Mit Bescheid vom 6. August 1997 wurde die Genehmigung abgelehnt, weil ein Versagungsgrund nach § 156 Abs. 2 Satz 3 BBergG bestehe. Denn in dem Bereich, in dem das Vorhaben verwirklicht werden solle, solle im älteren Steinsalz (Zechstein 2) auf der 840 m-Sole die geplante nördliche Richtstrecke in Richtung Süd-Westen verlaufen. Diese notwendige Erkundung würde durch die von einem anderen Unternehmen betriebene Aufsuchung und Gewinnung von Salz unter demFlurstück J./K. unmöglich gemacht oder zumindest stark beeinträchtigt. Das Verwaltungsgericht Lüneburg gab mit Urteil vom 16. Februar 2000 (7 A 13/98) der von der H. I. GmbH gegen diese Versagung erhobenen Untätigkeitsklage statt, weil sie einen Anspruch auf die Genehmigung habe. Versagungsgründe nach § 156 Abs. 2 Satz 3 BBergG für die Überlassung des Rechts würden nicht vorliegen. Die hiergegen geführte Berufung wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 30. Oktober 2003 (7 L 3421/00) zurück. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Versagungstatbestands seien nicht erfüllt. Gegenwärtig stehe nicht fest, dass der mit der Erlangung des Nießbrauchsrechts verbundene Plan der Salzgewinnung notwendig die sinnvolle oder planmäßige Aufsuchung oder Gewinnung der Bodenschätze im Rahmen der Erkundungstätigkeit der Beigeladenen beeinträchtige oder gefährde. Insoweit bestehende Bedenken wären in einem Betriebsplanzulassungsverfahren auszuräumen. Welche rechtliche Bedeutung der Zulassung des nunmehr bis zum 30. September 2010 verlängerten Rahmenbetriebsplans im Einzelnen zukomme und in welchem Verhältnis der Rahmenbetriebsplan zu nachfolgenden Haupt- und Sonderbetriebsplänen stehe, müsse daher in diesem Verfahren nicht abschließend erörtert werden.

17

Mit Schreiben vom 13. November 2002 beantragte der Kläger die Verlängerung des Rahmenbetriebsplans um weitere fünf Jahre und bat gleichzeitig, über die noch anhängigen Widersprüche gegen den Bescheid vom 15. April 1998 zu entscheiden. Mit Bescheid vom 21. November 2003 hob das beklagte Amt den durch Bescheid vom 15. April 1998 zugelassenen Rahmenbetriebsplan auf den Widerspruch der Beigeladenen hin auf. Zur Begründung verwies es auf den gleichzeitig gegenüber der Beigeladenen ergangenen Abhilfebescheid. Darin heißt es, dass der Widerspruch der Beigeladenen zulässig sei. Nach neuerer Rechtsprechung und Kommentierung komme einem Teil der Vorschriften über die Zulassung von Betriebsplänen (auch Rahmenbetriebsplänen) drittschützende Wirkung zu. Dieses gelte offenkundig auch für § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 BBergG, da diese Bestimmung dem Schutz des Unternehmers diene, der den bereits vorhandenen Betrieb führe und in der Regel erhebliche Investitionen getätigt habe. Der Widerspruch der Beigeladenen sei auch begründet. Schon aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 55 Abs. 1 Ziffer 8 BBergG i.V.m. § 52 Abs. 4 BBergG ergebe sich, dass in dem beantragten Rahmenbetriebsplan der Nachweis erbracht werden müsse, dass eine Beeinträchtigung des Erkundungsbergbaus durch das streitbefangene Vorhaben ausgeschlossen sei. Diese Frage hätte nicht faktisch in das Hauptbetriebsplanverfahren verlagert werden dürfen. Aus den Stellungnahmen der BGR und des NLfB ergebe sich aber, dass unter Berücksichtigung desgegenwärtigen Erkundungsstands bezüglich des geplanten Endlagers eine gegenseitige Beeinflussung von Erkundungsbergwerk und Solbetrieb nicht sicher ausgeschlossen werden könne. Die beiden gutachterlichen Stellungnahmen belegten darüber hinaus eine deutliche Zuspitzung der Konkurrenzsituation, wenn es zu der Ausdehnung der Erkundungsarbeiten in südwestlicher Richtung komme, eine Option, die die Beigeladene offenkundig nach wie vor aufrechterhalte und die immerhin Gegenstand des aktuellen bestandskräftigen Rahmenbetriebsplans "Erkundung des Salzstocks Gorleben" sei. Der Auffassung der Beigeladenen, dass ein zulässigerweise bereits geführter Betrieb auch in seinen potentiellen Ausdehnungsmöglichkeiten geschützt werde, sei zu folgen. Angesichts der Tatsache, dass Hauptbetriebspläne regelmäßig nur für einen Zeitraum von höchstens zwei Jahren auszustellen seien, wäre es widersinnig, die Frage der Gefährdung eines bereits vorhandenen Bergbaubetriebs durch ein neues Vorhaben nur an dem Stand zu messen, den der bereits vorhandene Betrieb innerhalb der Laufzeit des aktuellen Hauptbetriebsplans erreicht habe. Nur Betriebe, die sich noch in der Planung befänden, seien außer Betracht zu lassen. Weder der Umstand, dass diese Option noch nicht in einem Hauptbetriebsplan fixiert sei, noch dass es derzeit an der erforderlichen Abbauberechtigung für diesen Bereich fehle, führe dazu, dass dieser Bereich bei der Betrachtung außen vor zu bleiben habe. Denn das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner zweiten Gorlebenentscheidung ausgeführt, dass das BBergG mehrere Möglichkeiten vorsehe, das Erkundungsbergwerk in das Feld der dem Kläger zustehenden Salzrechte hinein zu erstrecken und dass es eine eher fernliegende Annahme sei, dass der Gesetzgeber diese Rechte als unüberwindliche Hindernisse gegenüber jeglicher Möglichkeit der Inanspruchnahme für die Erforschung des Untergrunds im Hinblick auf Endlagervorhaben ansehe.

18

Unabhängig davon scheitere das streitbefangene Vorhaben auch an den entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG. Auch insoweit werde der Auffassung der Beigeladenen gefolgt, dass es für die Anwendung des § 48 Abs. 2 BBergG ausreiche, wenn sich die öffentlichen Interessen in entsprechenden Normen manifestierten. Diese seien hier in den einschlägigen Vorschriften des Atomgesetzes sowie in § 126 Abs. 3 BBergG gegeben. Die öffentlichen Interessen würden auch überwiegen, weil die Suche nach einem sicheren Endlager deutlich Vorrang habe vor der Förderung von Salz, wofür angesichts der Marktlage kein zwingendes Bedürfnis bestehe.

19

Soweit weiterhin dem streitbefangenen Vorhaben entgegengehalten worden sei, es mangele an einer ordnungsgemäßen Beseitigung der anfallenden Abfälle, seien die entsprechenden Bestimmungen nicht drittschützend. Eventuell dem Vorhaben einmal entgegenstehende raumordnerische bzw. landesplanerische Erfordernisse seien mittlerweile ausgeräumt. Es könne auch nicht erkannt werden, dass dem Vorhaben mit dem Verdikt einer unzulässigen Rechtsausübung begegnet werden könne. Eine grundsätzlich zu begrüßende bergbauliche Aktivität werde nicht dadurch ins rechtliche Abseits gestellt, dass dieses Vorhaben (möglicherweise) mit einer Motivation betrieben werde, die nicht nur auf Gewinnerzielungsabsicht hinauslaufe, sondern auch von dem nachvollziehbaren Interesse getragen werde, die unmittelbare Nachbarschaft von hochproblematischen Abfällen freizuhalten.

20

Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage ist unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens begründet worden.

21

Der Kläger beantragt,

den Widerspruchsbescheid des beklagten Amtes vom 21. November 2003 sowie den der Beigeladenen erteilten Abhilfebescheid vom 21. November 2003 und die Nebenbestimmungen Ziffern 2, 5, 6 und 7 in der ihm erteilten Rahmenbetriebsplanzulassung zur Salzgewinnung aus dem Salzstock Gorleben vom 15. April 1998 aufzuheben und das beklagte Amt zu verpflichten, die Zulassung des Rahmenbetriebsplans über den 31. März 2003 hinaus für fünf weitere Jahre zu verlängern.

22

hilfsweise,

das beklagte Amt zu verpflichten, den Rahmenbetriebsplan ohne die Nebenbestimmungen zuzulassen und die Zulassung für fünf weitere Jahre zu verlängern.

23

Das beklagte Amt beantragt,

die Klage abzuweisen.

24

Es vertieft zur Begründung seine Ausführungen aus dem Abhilfebescheid.

25

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

26

Auch sie bezieht sich auf ihre Stellungnahmen im vorangegangenen Verwaltungsverfahren. Ergänzend macht sie Ausführungen zum augenblicklichen Stand des Bergwerks zur Erkundung des Salzstocks Gorleben. Seit dem 1. Oktober 2000 würden im Erkundungsdungsbergwerk nur Maßnahmen und Arbeiten durchgeführt, die das Erkundungsbergwerk in einem betriebssicheren Zustand erhalten sollen. Darüber hinaus seien Restarbeiten aus der Erkundungsphase abzuschließen. Dadurch befinde sich das Bergwerk in einem Status quo, der es erlaube, die Erkundungsarbeiten nach Beendigung des Moratoriums ohne nennenswerte negative Auswirkungen wieder aufzunehmen. Im Juni 2004 habe das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit - BMU - den Entwurf einer Veränderungssperre für den Salzstock Gorleben nach § 9 g Abs. 1 AtG fertiggestellt. Noch im selben Monat seien die Anhörungen der Länder und Verbände eingeleitet worden. Im September 2004 hätten Informationsveranstaltungen mit Bürgern aus dem Planungsgebiet und Vertretern des Landkreises Lüchow-Dannenberg stattgefunden. Das BMU gehe davon aus, dass nach Abschluss der Länder- und Verbände-Anhörung im ersten Quartal 2005 und nach Zustimmung des Bundesrates die Verordnung noch im zweiten Quartal 2005 verabschiedet werde und danach in Kraft treten könne. Zum Beleg hiefür legte der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen eine Pressemitteilung des BMU vom 9. Juli 2004 und einen Bericht aus einer vom BMU herausgegebenen Zeitschrift vom November 2004 vor. Weiterhin würden beim BMU Überlegungen zu einer grundlegenden Neuorientierung bei der Einrichtung eines Endlagers für radioaktive Abfälle stattfinden. Nach Abschluss der internen Vorbereitungen beim BMU und der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung werde über die Einbringung eines Gesetzentwurfes zur Regelung eines Standortauswahlverfahrens entschieden werden.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogene Gerichtsakte 7 A 13/98 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Amtes verwiesen.

Entscheidungsgründe

28

Die zulässige Klage ist mit dem Anfechtungsantrag begründet. Der angefochtene Widerspruchsbescheid vom 21. November 2003 und der Abhilfebescheid vom selben Tag sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Sie waren daher aufzuheben (l.). Der damit wieder rechtlich in den Blick zu nehmende Ausgangsbescheid über die Zulassung des Rahmenbetriebsplans vom 15. April 1998 war hinsichtlich der vom Kläger angefochtenen Nebenbestimmung Nr. 2 aufzuheben, weil die Klärung der Gefährdungsfrage nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 8 BBergG und des Überwiegens entgegenstehender öffentlicher Interessen nach § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG nicht in das Hauptbetriebsverfahren hätte verlagert werden dürfen. Die weiterhin vom Kläger angefochtenen Nebenbestimmungen Nr. 5, 6 und 7 begegnen dagegen keinen rechtlichen Bedenken. Der Kläger hat einen Rechtsanspruch auf Zulassung des so gefassten Rahmenbetriebsplans (II.). Für den in dieser Gestalt rechtmäßigen Rahmenbetriebsplan, dessen Gültigkeit am 31. März 2003 abgelaufen ist, war die Frist antragsgemäß um 5 Jahre zu verlängern (III.)

29

I.

Die Zulassung eines Betriebsplans im Sinne des § 52 BBergG ist zu erteilen, wenn die in den Ziffern 1-13 im Einzelnen aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Auch Rahmenbetriebspläne müssen nach Maßgabe des § 55 Abs. 1 Satz 2 BBergG den Anforderungen genügen, die der Gesetzgeber ganz allgemein an die Zulassung von Betriebsplänen stellt (BVerwG, Urt. v. 09.11.1995 - 4 C 25/94 -, BVerwGE 100, 31 ff; Boldt/Weller, Bundesberggesetz, Kommentar 1984, § 52 Rdn. 3). Nur Satz 1 Nr. 2 (Zuverlässigkeit und Eignung des Betreibers) gilt nicht bei Rahmenbetriebsplänen (§ 55 Abs. 1 Satz 2 BBergG). Aufgabe eines Rahmenbetriebsplans ist es, den Rahmen abzustecken, innerhalb dessen bestimmte einzelne Vorhaben in Zukunft durchgeführt werden sollen. Das beabsichtigte Vorhaben, dessen technische Durchführung und voraussichtlicher zeitlicher Ablauf brauchen daher nur in allgemein gehaltenen Angaben dargestellt zu werden (Boldt/Weller, § 52 Rdn. 4). Der Gesetzgeber gibt damit den Bergbehörden ein zusätzliches Kontrollinstrument für den Fall an die Hand, dass ein Koordinierungsbedarf sichtbar wird, der sich durch eine Mehrzahl von Haupt- und Sonderbetriebsplänen allein nicht befriedigen lässt. Es bestehen keine rechtlichen Hindernisse, dass der Unternehmer diese Pläne auch von sich aus aufstellt und zur Genehmigung vorlegt (Boldt/Weller, § 52 Rdn. 6 und Boldt/Weller, Ergänzungsband 1992, zu § 52 Rdn. 18). Die Rahmenbetriebsplanung entfaltet allerdings noch keine Gestaltungswirkung. Hierfür bedarf es vielmehr der Aufstellung von Haupt- und ggf. auch Sonderbetriebsplänen (BVerwG, Urt. v. 09.11.1995, a.a.O.). Liegen die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Ziffern 1 bis 13 BBergG vor, so hat der Unternehmer einen Rechtsanspruch auf die Betriebsplanzulassung. Sie ist eine gebundene Entscheidung. Der zuständigen Behörde steht kein Versagungsermessen zu (BVerwG, Urt. v. 02.11.1995 - 4 C 14/94 -, BVerwGE 100, 1 ff [BVerwG 02.11.1995 - 4 C 14/94]).

30

Der von dem Kläger zur Zulassung gestellte Rahmenbetriebsplan zur Salzgewinnung aus dem Salzstock Gorleben auf dem Flurstück 10 der Flur 11 erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen, die an eine bergrechtliche Zulassung zu stellen sind. Das ist unter den Beteiligten auch unstreitig. Im Streit ist, ob der vorgelegte Plan mit § 55 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 8 BBergG vereinbar ist (1.) und ob dem Abbauvorhaben überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG entgegenstehen (2.).

31

1.

Die Zulassung eines Betriebsplans im Sinne des § 52 ist zu erteilen, wenn die erforderliche Vorsorge getroffen ist, dass die Sicherheit eines nach den §§ 50 und 51 zulässigerweise bereits geführten Betriebes nicht gefährdet wird (§ 55 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 8 BBergG). Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist allein entscheidend, ob bereits ein nach den §§ 50 und 51 BBergG zulässigerweise geführter Betrieb vorhanden ist, dessen Sicherheit durch die in dem Betriebsplan vorgesehenen Maßnahmen gefährdet werden könnte. Ist das der Fall, so hat die Behörde zu prüfen, ob in dem Betriebsplan Vorsorge dafür getroffen worden ist, dass diese Gefährdung vermieden wird (Boldt/Weller, § 55 Rdn. 36).

32

a.

Das von der Beigeladenen betriebene Erkundungsbergwerk Gorleben ist ein im Sinne des BBergG zulässigerweise geführter Betrieb und unterliegt dem bergrechtlichen Zulassungsverfahren. Zweifel bestehen nicht etwa deshalb, weil das Bergwerk nicht zu dem Zweck errichtet wird, Salz zur Sicherung der Rohstoffversorgung aufzusuchen und zu gewinnen (vgl. § 1 Nr. 1 BBergG). § 126 Abs. 3 BBergG erklärt die Vorschriften über das Betriebsplanverfahren zwar nur für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Endlagerung radioaktiver Stoffe und nicht auch für die Eignungsuntersuchung des Untergrunds für entsprechend anwendbar. Ob die Vorschrift erweiternd ausgelegt werden kann, erscheint zweifelhaft, zumal § 126 Abs. 1 und 2 BBergG für Untergrundspeicher ausdrücklich die Untersuchung des Untergrundes erwähnt. Das kann jedoch offen bleiben. Des Rückgriffs auf § 126 Abs. 3 BBergG, der allenfalls die nur entsprechende Anwendung der Regelungen über das Betriebsplanverfahren vermitteln könnte, bedarf es nicht, weil stets dann, wenn - wie hier - bergfreie oder grundeigene Bodenschätze aufgesucht oder gewonnen werden, das Bundesberggesetz anzuwenden ist (§ 2 Abs. 1 BBergG). Ob die Erkundung des Salzstocks als Gewinnungs- oder als Aufsuchungsbetrieb einzustufen ist und, wenn letzteres zuträfe, ob es sich um ein Aufsuchen zu gewerblichen oder zu wissenschaftlichen Zwecken (vgl. § 7 Abs. 2 BBergG) handelt, kann ebenfalls offen bleiben; denn für die Frage der Betriebsplanpflichtigkeit spielt dies keine Rolle (BVerwG, Urt. v. 02.11.1995, a.a.O.).

33

Für den Erkundungsbetrieb liegen verschiedene Betriebspläne vor. Die Erkundung des Nord-Ost-Feldes ist rechtlich durch Hauptbetriebspläne gesichert, hier liegen auch die erforderlichen Salzabbauberechtigungen vor. Für das Süd-West-Feld, das sich auch unter das klägerische Flurstück E. der Flur F. erstreckt, liegen bisher nur Rahmenbetriebspläne vor. Für einen Teil dieses Bereiches steht dem Kläger aufgrund aufrechterhaltener alter Rechte (§ 149 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BBergG) das ausschließliche Verfügungsrecht am Salz zu. In dem letzten Bescheid über die Verlängerung des Rahmenbetriebsplans vom 29. September 2000 heißt es, dass sich die Verlängerungsfrist an der paraphierten Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000 orientiert habe. Das darin vorgesehene Erkundungs-Moratorium bedeute eine Unterbrechung der Erkundung, nicht jedoch eine Aufgabe des Standorts Gorleben oder eine abschließende Beendigung der bisher geplanten Maßnahmen. Von der vom Gesetzgeber in derartigen Fällen grundsätzlich vorgesehenen Möglichkeit, zur Sicherung oder Fortsetzung der untertägigen vorbereitenden Standorterkundung für Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle auf der Grundlage der Vorschriften des Bundesberggesetzes nach § 9 g AtG eine Veränderungssperre zu erlassen, ist bisher nicht Gebrauch gemacht worden. Nach den der Kammer erstmals in der mündlichen Verhandlung am 7. Februar 2005 bekannt gegebenen Informationen befindet sich im Zusammenhang mit einer nunmehr beabsichtigten bundesweiten Standortsuche für ein Endlager der Entwurf einer Veränderungssperre im Anhörungsverfahren. Dabei erscheinen die in der mündlichen Verhandlung vorgestellten Zeitvorstellungen des BMU - Inkrafttreten der Veränderungssperre noch im zweiten Quartal 2005 - angesichts des erst jetzt erreichten Planungsstandes, der als Beleg der Planung vorgelegten Unterlagen (Presseerklärung vom Juli 2004), der noch ausstehenden notwendigen Abstimmungsprozesse im Bundesrat und der gesetzlichen Einspruchmöglichkeiten der Kammer mehr als zweifelhaft.

34

Die der Beigeladenen noch fehlende Bergbauberechtigung fällt allerdings im Gegensatz zur Auffassung des Klägers nicht entscheidend ins Gewicht. Die Zulassung eines Rahmenbetriebsplans hat in bezug auf die Rechtmäßigkeit der in ihm enthaltenen "allgemeinen Angaben" nur feststellende und noch keine gestattende Wirkung. Mit der Ausführung von Arbeiten darf auf seiner Grundlage nicht begonnen werden, vielmehr bedarf es dafür zuvor der Zulassung eines Hauptbetriebsplans. Folglich wird mit der Zulassung eines Rahmenbetriebsplans oder seiner Verlängerung rechtlich auch nicht bereits ein Eingriff in fremde Bergbauberechtigungen ermöglicht. Deshalb ist allgemein anerkannt, dass die Rahmenbetriebsplanzulassung nicht voraussetzt, dass die Bergbauberechtigung schon für das gesamte vom Rahmenbetriebsplan erfasste Feld nachgewiesen wird (Boldt/Weller, § 55 Rdn. 7). Die Rahmenbetriebsplanzulassung darf im Hinblick auf § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBergG allerdings nicht vorbehaltlos ausgesprochen werden, weil sonst bei der Zulassung eines späteren Hauptbetriebsplans das Nachweiserfordernis als bereits vorentschieden angesehen werden könnte. Sie darf ferner nicht ausgesprochen werden, wenn im Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung bereits ausgeschlossen werden kann, dass der Bergbauunternehmer die Berechtigung nicht erlangen wird. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seiner zweiten Gorleben-Entscheidung vom 2. November 1995 (a.a.O.) im Einzelnen ausgeführt hat, ist entscheidend, ob es trotz der erklärten Weigerung des Klägers nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Beigeladene zu gegebener Zeit die erforderliche Berechtigung nachweisen kann. Sie beabsichtigt nach wie vor, eine Verwaltungsentscheidung herbeizuführen, die es ihr ermöglicht, das Erkundungsbergwerk in das Feld hinein zu erstrecken, in dem dem Kläger die aufrechterhaltenen "alten Rechte" zustehen. Von welchen rechtlich gegebenen Möglichkeiten sie dabei Gebrauch macht, ist nicht entscheidend. Die Annahme, der Gesetzgeber habe die bei Inkrafttreten des Bundesberggesetzes bestehenden alten Rechte als unüberwindbares Hindernis gegenüber jeder Möglichkeit der Inanspruchnahme für die Erforschung des Untergrundes für ein Vorhaben aufrechterhalten wollen, das er in § 126 Abs. 3 BBergG als im öffentlichen Interesse geboten angesehen hat, liegt eher fern.

35

Zusammenfassend stellt sich daher die rechtlich nach § 155 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 8 BBergG geschützte Position des Erkundungsbergwerks, dessen Sicherheit durch die in dem Rahmenbetriebsplan des Klägers vorgesehenen Maßnahmen gefährdet werden könnte, wie folgt dar: Die Beigeladene verfügt über einen bis zum 30. September 2010 gültigen Rahmenbetriebsplan für die Erkundung des Süd-West-Feldes. Hauptbetriebspläne für diesen Bereich sind weder genehmigt, noch ist ihre Genehmigung beantragt. Die zugelassene Erkundung wird derzeit wegen des am 14. Juni 2000 vereinbarten Moratoriums nicht betrieben. Unabhängig davon soll die Entscheidung darüber in Abhängigkeit von der Bewertung der Erkundungsergebnisse aus dem nordöstlichen Teil erfolgen. Wenn diese Erkundung ergeben sollte, dass dort hinreichend große, für die Endlagerung geeignete Salzpartien vorhanden sind, wäre eine Erkundung des südwestlichen Teils des Salzstocks aus der Sicht der Beigeladenen nicht (mehr) erforderlich. Es ist daher derzeit nicht absehbar, ob überhaupt und wenn ja wann die Erkundung des Süd-West-Feldes betrieben werden soll. Maßnahmen, die noch fehlende Bergbauberechtigung für diesen Bereich (zwangsweise) zu erwerben, sind bisher nicht eingeleitet worden, eben so wenig ist zeitlich das Inkrafttreten einer atomrechtlichen Veränderungssperre absehbar. Bei dieser Sachlage kann es daher auf die Frage, ob und in welchen "Ausdehnungsmöglichkeiten" das Erkundungsbergwerk rechtlich geschützt ist, im Rahmen des hier zu entscheidenden Verfahrens nicht ankommen. Das Nds. Oberverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung über die Zulässigkeit der Übertragung des Nießbrauchsrechts (Urt. v. 30.10.2003 - 7 L 3421/00 -, NordÖR 2004, 123) die Rechtsposition der Beigeladenen dahingehend beschrieben, dass die Beigeladene derzeit lediglich potentiell notwendig werdende Maßnahmen aufzeige und Optionen offengehalten wissen möchte, für die es zur Zeit an einer hinreichenden rechtlichen Absicherung fehle.

36

b.

Die Sicherheit eines solchermaßen geführten und - bezogen auf das Süd-West-Feld - nur eingeschränkt rechtlich abgesicherten Betriebes wird durch die in dem Rahmenbetriebsplan des Klägers vorgesehenen Maßnahmen nicht im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 8 BBergG gefährdet. Eine über Jahre offen gehaltene Option, deren Verwirklichung aus mehreren oben beschriebenen unabhängig voneinander bestehenden Gründen derzeit vollkommen offen ist, vermag sich nicht ohne weiteres gegenüber einer durch Art. 14 GG geschützten Salzabbaugerechtigkeit durchzusetzen, deren Ausbeutung durch die Genehmigung eines Rahmenbetriebsplans eingeleitet werden soll. Die Tatsache, dass der geplante Abbau des Salzes wohl kaum unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten rentabel ist, führt noch nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Antragstellung, wie die Beigeladene meint. Die Absicht des Klägers, aus dem Salzstock Gorleben Salz zu gewinnen, stellt als solche kein missbilligenswertes Ziel dar. Auch wenn der Kläger - wie verschiedenen Äußerungen entnommen werden kann - letztlich das Anliegen verfolgt, "das Endlager zu Fall zu bringen", fehlt es an konkreten, ohne weiteres erkennbaren Anhaltspunkten dafür, dass er an dem Salzabbau kein substantielles Interesse hat. Ob der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung hat, ist daher allein eine Frage des materiellen Rechts (so auch für die Nießbraucheinräumung, Urteil des Nds. OVG, a.a.O.).

37

Die von dem beklagten Amt ins Feld geführten Stellungnahmen des Nds. Landesamtes für Bodenforschung vom 1. Oktober 1997 sowie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe vom 7. Oktober 1997 vermögen eine Gefährdung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 8 BBergG nicht zu belegen. In beiden Stellungnahmen wird die Frage einer konkreten "Gefährdung" des Erkundungsbergwerks durch den geplanten Salzabbau nicht klar beantwortet. Danach war allerdings auch nicht gefragt worden. Denn die Stellungnahmen waren ausweislich der Anschreiben vom 19. August 1997 lediglich zu einer "gegenseitigen Beeinträchtigung" beider bergrechtlicher Unternehmen erbeten worden. Unabhängig davon wird in beiden Stellungnahmen betont, dass die Planung hinsichtlich der Erkundung des Salzstocks Gorleben in süd-westlicher Richtung unklar sei. Sie erfordere die Auffahrung weiterer Strecken, der geplante Solbetrieb würde eine erhebliche Einschränkung der Auswahl bei der Streckenführung bedeuten. Eine umfassende Erkundung der Zechstein-2-Formation könne in diesem Bereich nicht zielgerichtet durchgeführt werden (BGR). Auch in der Stellungnahme der NLfB wird betont, dass über die endgültige Konfiguration des geplanten Endlagers noch keine abschließende Vorstellung bestehen würde, die eine konkrete Prüfung erlaube. Beim gegenwärtigen Stand der Auffahrungen im Bereich des geplanten Endlagerbergwerks, d.h. einem minimalen untertägigen Abstand zwischen den Grubenbauten des Erkundungsbergwerks und der geplanten Kaverne von etwa 1,4 km, sei eine gegenseitige gebirgsmechanische Beeinflussung sowohl aus Sicht des Kavernenbetriebes, als auch des Erkundungsbergwerks bzw. des geplanten Endlagers "weitestgehend auszuschließen." Bei einer Verringerung der Abstände und einer Annäherung der Bergwerke, die bei in westlicher Richtung für erforderlich gehaltenen Auffahrungen nicht auszuschließen sei, könne sehr schnell eine ausgeprägte Konkurrenzsituation entstehen, die Einschränkungen der Endlager-Option bis hin zur praktischen Unmöglichkeit zur Folge haben könnten. Letztlich ist diesen beiden Stellungnahmen, die in dem angefochtenen Abhilfebescheid als (einzige) Belege für die Gefährdung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 8 BBergG angeführt werden, nur zu entnehmen, dass bei der Zulassung des beantragten Rahmenbetriebsplans dann eine Beeinträchtigung und möglicherweise auch eine Gefährdung der Sicherheit des Erkundungsbergwerk zu erwarten ist, wenn eine derzeit lediglich in einem Rahmenbetriebsplan der Beigeladenen, der noch nicht zur Ausführung von Arbeiten berechtigt, als Option offen gehaltene Ausdehnung in süd-westlicher Richtung erfolgen sollte. Das aber ist für die Annahme der Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 8 BBergG nicht ausreichend. Die (nur) solchermaßen geschützte Rechtsposition unterscheidet sich inhaltlich nur wenig von einer Planung. Vorsorgemaßnahmen zum Schutz von Betrieben, die sich erst in der Planung befinden,können aber nach einheitlicher Rechtsauffassung nicht gefordert werden (Boldt/Weller, § 55 Rdn. 36).

38

2.

Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG kann die für die Zulassung von Betriebsplänen zuständige Behörde in anderen Fällen als denen des Absatzes 1 und des § 15, unbeschadet anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften, eine Aufsuchung oder einer Gewinnung beschränken oder untersagen, soweit ihr überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. War diese Vorschrift zunächst als Auffangvorschrift verstanden worden, die nur dann zur Anwendung kommt, wenn keine Möglichkeit besteht, öffentliche Interessen, die einer Aufsuchung oder eine Gewinnung entgegenstehen könnten, auf andere Weise zur Geltung zu bringen (Boldt/Weller, § 48 Rdn. 8), so ist diese Auslegung auf Grund mehrerer Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts hierzu auch in der Literatur aufgegeben worden (vgl. hierzu mit Rspr.-Nachweisen Boldt/Weller, Ergänzungsband, zu § 48 Rdn. 5 ff). Das Nichtentgegenstehen überwiegender öffentlicher Interessen ist vom Bundesverwaltungsgericht als eine zusätzliche Zulassungsvoraussetzung neben den Zulassungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1-13 BBergG angesehen worden. Sie ermöglicht eine Berücksichtigung auch außerbergrechtlicher Belange (Urteil vom 2. November 1995, a.a.O. mit weiteren Rspr. Nachweisen). Dieses bedeutet aber zugleich, dass § 48 Abs. 2 BBergG keine öffentlichen Belange umfasst, die bereits zu den in § 55 Abs. 1 Satz 1 Ziffern 1-13 enumerativ aufgeführten Zulässigkeitsvoraussetzungen gehören (Boldt/Weller, Ergänzungsband, zu § 48 Rdn. 5). Als überwiegende öffentliche Interessen kommen solche in Betracht, die in öffentlich-rechtlichen Vorschriften konkretisiert sind, indem sie Tätigkeiten verbieten oder beschränken, die ihrer Art nach der Aufsuchung oder Gewinnung von Bodenschätzen dienen können. Diese Vorschrift erweitert zwar die Befugnisse der Bergbehörden auf die Anwendung außerbergrechtlicher Vorschriften, "aber nur insoweit, als sie Verbote oder Beschränkungen für das Vorhaben aussprechen" (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1990 - 7 C 18/90 -, Buchholz - 406.27 - § 55 BBergG Nr. 3). Nach der Kommentierung von Boldt/Weller (Ergänzungsband, zu § 48 Rdn. 10 f) gehören hierzu z.B. Verbote nach § 22 BlmSchG (Vermeidung schädlicher Umweltwirkungen) und die Beschränkungen enthaltene Regelungen im Baugesetzbuch, in den Raumordnungsgesetzen sowie in den landesrechtlichen Vorschriften des Natur- und des Denkmalschutzes.

39

Eine auf § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG gestützte Beschränkung oder Untersagung der Aufsuchung oder Gewinnung setzt weiterhin voraus, dass überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Es genügt nicht das bloße Entgegenstehen, sondern die öffentlichen Interessen müssen das Interesse an der Aufsuchung oder Gewinnung der betreffenden Bodenschätze "überwiegen." Dies erfordert eine abwägende Entscheidung der Bergbehörde. In die Abwägung sind auf der einen Seite alle entgegenstehenden öffentlichen Interessen, soweit sie im Rahmen des § 48 Abs. 2 BBergG berücksichtigt werden können, einzustellen; auf der anderen Seite steht das Interesse des Bergbauberechtigten an der Ausübung seines durch Art. 14 GG geschützten Rechts, wobei zusätzlich ins Gewicht fällt, dass das Bundesberggesetz mit der Rohstoffsicherungsklausel in § 48 Abs. 1 Satz 2 und der Vorschrift des § 1 Nr. 1 (Förderung der Rohstoffversorgung) zu erkennen gibt, dass es dem Interesse an der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen jedenfalls grundsätzlich den Vorrang eingeräumt wissen will (Boldt/Weller, Ergänzungsband, zu § 48 Rdn. 12 unter Bezugnahme auf die Rspr. des BVerwG).

40

Solchermaßen verstandene überwiegende öffentliche Interessen stehen dem Vorhaben des Klägers nicht entgegen. Das beklagte Amt beruft sich in seinem Abhilfebescheid vom 21. November 2003 zunächst nicht auf entsprechende außerbergrechtliche Vorschriften, sondern räumt ein, dass Vorschriften, "die in öffentlich-rechtlichen Verboten oder Beschränkungen Niederschlag finden ... im vorliegenden Fall nicht erkennbar seien". Weiterhin meint es, das Bundesverwaltungsgericht sei auf Grund weiterer Entscheidungen dahingehend zu verstehen, dass "diese Aussage nicht losgelöst vom Kontext verallgemeinerungsfähig" sei. Die Entscheidung vom 14. Dezember 1990 (a.a.O.) nehme Bezug auf andere Urteile, die "eine derart strikte Formulierung nicht aufweisen". Es sei mithin für die Anwendung des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG ausreichend, dass sich die öffentlichen Interessen in entsprechenden Normen manifestierten. Diese seien hier in den "einschlägigen Vorschriften des Atomgesetzes sowie in § 126 Abs. 3 BBergG gegeben." Dieser Auffassung vermag die Kammer nicht zu folgen. In der Literatur ist zu Recht kritisiert worden, diese Auslegung des öffentlichen Interesses als "offene Gemeinwohlklausel" sei wegen mangelnder Konkretisierung rechtsstaatlich bedenklich (Boldt/Weller, § 48 Rdn. 10), was letztlich auch zu der einschränkenden und auf Beschränkungen und Verbotsnormen eingrenzenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geführt hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch in späteren Entscheidungen (vgl. hierzu die Rechtsprechung des BVerwG zu § 48 Abs. 2 BBergG bei juris) keinen Anlass gesehen, von dieser Rechtsprechung im Sinne der vom beklagten Amt favorisierten weiten Auslegung wieder abzurücken. Unabhängig davon sind weder die behaupteten entgegenstehenden öffentlichen Interessen noch ihr Überwiegen vom beklagten Amt näher dargelegt worden.

41

II.

Der mithin von der Kammer aufzuhebende Abhilfebescheid und der - ebenfalls aufzuhebende - Widerspruchsbescheid haben den Kläger erstmals insoweit beschwert, als dadurch der ihn begünstigende Bescheid über die Zulassung des Rahmenbetriebsplans wieder aufgehoben worden ist. Gleichzeitig hat der Kläger aber auch für den Fall, dass sein Anfechtungsantrag gegen Abhilfe- und Widerspruchsbescheid Erfolg haben sollte und damit der Zulassungsbescheid vom 15. April 1998 wieder auflebt, die diesem Bescheid beigefügten Nebenbestimmungen Nr. 2, 5, 6 und 7 angefochten.

42

1.

Die in der Nebenbestimmung Nr. 2 ausgesprochene Verpflichtung, mit dem Hauptbetriebsplan ein Gutachten vorzulegen, in dem die Bedenken hinsichtlich der Erfüllung der Voraussetzungen der §§ 55 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 8 und 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG ausgeräumt werden, ist rechtlich als Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Ziffer 4 VwVfG anzusehen. Auflagen sind regelmäßig selbstständig anfechtbar (Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm. 8. Aufl. 2003, § 36 Rdn. 61). Diese Auflage ist vorliegend rechtswidrig gewesen und war aufzuheben.

43

Erfüllt ein Rahmenbetriebsplan die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen nach den Ziffern 1-13 des § 55 Abs. 1 BBergG nicht - hiervon ist die Bergbehörde in ihrem Zulassungsbescheid vom 15. April 1998 ausgegangen - darf die Zulassung gleichwohl nicht ohne weiteres abgelehnt werden. Lassen sich die Zulassungsvoraussetzungen dadurch schaffen, dass der Betriebsplan inhaltlich beschränkt oder mit Nebenbestimmungen versehen wird, die sicherstellen, dass den Anforderungen des § 55 BBergG genügt wird, so hat sich die Bergbehörde dieses im Verhältnis zur Ablehnung milderen Mittels zu bedienen (BVerwG, Urt. v. 09.11.1995, a.a.O.). Allerdings darf die Bergbehörde nicht - wie im Ausgangsbescheid geschehen - zentrale Zulassungsfragen ausklammern und von der Vorlage eines vom Unternehmer beizubringenden Gutachten abhängig machen, das erst klären soll, ob eine Zulassung überhaupt in Betracht kommen kann. Vielmehr ist es ihre Aufgabe als zuständiger Fachbehörde, über einen eingereichten Antrag nach Durchführung des in § 54 Abs. 2 BBergG geregelten Beteiligungsverfahrens zu entscheiden. Sieht sie sich nach Prüfung der zunächst eingeholten Stellungnahmen nicht in der Lage, eine Entscheidung in der Sache zu treffen, muss sie weitere Informationen einholen, bis ihr eine verantwortungsvolle Entscheidung über die Zulassung oder die Ablehnung der Zulassung möglich erscheint. Denn das Betriebsplanverfahren ist ein Instrument, um schon präventiv die Wahrung bestimmter im öffentlichen Interessen liegender Erfordernisse und Belange sicherzustellen. Daher wird auch in den §§ 52 und 53 BBergG die Verpflichtung des Unternehmers begründet, in dem Betriebsplanverfahren nachzuweisen, dass bei der Durchführung seines Vorhabens diese Erfordernisse und Belange gewahrt sind. Dementsprechend legt § 55 BBergG fest, dass ein Betriebsplan erst und nur dann zuzulassen ist, wenn die in Form von Voraussetzungen abschließend normierten Erfordernisse und Belange gewahrt sind Daraus folgt, dass ein Plan nicht zugelassen werden darf, wenn ungeklärt ist, ob die Erfüllung der normierten Erfordernisse und Belange überhaupt möglich ist. Der Rechtsanspruch auf Betriebsplanzulassung greift erst, wenn die in § 55 BBergG bezeichneten Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (Boldt/Weller, § 55 Rdn. 4). Daher war die selbständig anfechtbare Nebenbestimmung Nr. 2 des Ausgangsbescheides, in dem der Nachweis der fehlenden Gefährdung des Erkundungsbergwerks und der Nachweis des fehlenden Entgegenstehens überwiegender öffentlicher Interessen von der Vorlage eines (positiven) Gutachtens abhängig gemacht worden ist, aufzuheben.

44

2.

Die dem Ausgangsbescheid weiterhin beigefügten und von dem Kläger angegriffenen Nebenbestimmungen Nr. 5, 6 und 7 begegnen allerdings keinen rechtlichen Bedenken. Es handelt sich dabei um Vorgaben, die die Erfüllung der in § 55 BBergG genannten Zulassungsvoraussetzungen sicherstellen sollen. Die Möglichkeit, die Betriebsplanzulassung mit Nebenbestimmungen zu versehen, richtet sich nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (Boldt/Weller, § 5 Rdn. 1 und § 56 Rdn. 7 und 13). Wie soeben ausgeführt, ist dieser Weg an Stelle einer Ablehnung des Antrags zu wählen, wenn die Zulassungsvoraussetzungen dadurch geschaffen werden können (BVerwG, Urt. v. 09.11.1995, a.a.O.). Der dabei in § 55 BBergG verwendete Begriff der "erforderlichen Vorsorge" ist als unbestimmter Rechtsbegriff zu werten. Er räumt der Bergbehörde zwar einen gewissen Beurteilungsspielraum ein, dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Akt des Ermessens, sondern der Subsumtion, der der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Soweit von dem im Betriebsplan dargestellten Maßnahmen öffentliche Belange betroffen sind, die in anderen Gesetzen geregelt sind, so sind grundsätzlich die für diese Belange zuständigen Behörden zur Regelung befugt. Denn der Betriebsplanzulassung kommt keine Konzentrationswirkung zu. Allerdings kommt eine Einbeziehung dann in Betracht, wenn eine der Voraussetzungen des § 55 BBergG die Prüfung gleicher oder ähnlicher Kriterien einschließt. Darüber hinaus stellen auch verschiedene in § 55 BBergG verwendete unbestimmte Rechtsbegriffe Öffnungsklauseln dar, diees der Bergbehörde ermöglichen, in bestimmten Grenzen auch außerbergrechtliche Vorschriften zum Gegenstand der Betriebsplanprüfung zu machen (Boldt/Weller, § 55 Rdn. 50 ff).

45

Im vorliegenden Verfahren hat das beklagte Amt im Rahmen des Beteiligungsverfahrens nach § 54 Abs. 2 BBergG u.a. auch den Landkreis Lüchow-Dannenberg beteiligt. In seiner Stellungnahme vom 10. Oktober 1997 hat der Landkreis als örtlich zuständige Ordnungs- und Naturschutzbehörde die im Einzelnen in den Nebenbestimmungen Nr. 5, 6 und 7 aufgenommenen Maßnahmen aus Naturschutz- und Brandschutzgründen für erforderlich gehalten. Gleichzeitig hat er mitgeteilt, dass er zu einzelnen Punkten im weiteren Verfahren zu beteiligen sei. Das beklagte Amt hat diese Vorgaben des Landkreises in den Nebenbestimmungen des Zulassungsbescheides umgesetzt und den Kläger auch lediglich aufgefordert, in dem noch vorzulegenden Hauptbetriebsplan hierzu entsprechende Angaben zu machen. Er hat diese Vorgaben damit noch nicht verbindlich festgesetzt. Ihre endgültige inhaltliche Ausgestaltung bleibt dem Hauptbetriebsplan vorbehalten. Damit ist das beklagte Amt den Anforderungen gerecht geworden, die an einen Rahmenbetriebsplan zu stellen sind. Denn dort sind - wie bereits ausgeführt - nur der Rahmen abzustecken, innerhalb dessen das beabsichtigte Vorhaben durchgeführt werden soll. Im Gegensatz zur Nebenbestimmung Nr. 2 handelt es sich dabei auch nicht um Belange, die die Zulässigkeit des Antrags insgesamt in Frage stellen könnten, sondern um allgemeine naturschutz- und ordnungsrechtliche Belange, die regelmäßig im Zusammenhang mit bergrechtlichen Zulassungsverfahren zu regeln sind. Weitere Einzelheiten, sowohl was die inhaltliche Ausgestaltung der angesprochenen Belange als auch die Zuständigkeit des beklagten Amtes und weiterer (Fach-)Behörden betrifft, sind im Verfahren über die Zulassung des Hauptbetriebsplans zu klären.

46

Über den Hilfsantrag des Klägers, der voraussetzt, dass die angefochtenen Nebenbestimmungen Nr. 2 und 5-7 nicht selbstständig anfechtbar sind, brauchte daher nicht mehr entschieden zu werden.

47

III.

Über den Antrag des Klägers auf Verlängerung des Rahmenbetriebsplans hatte die Kammer auch ohne Vorverfahren im Rahmen der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zu entscheiden. Denn die Zulässigkeit des Rahmenbetriebsplans vom 15. April 1998 war auf 5 Jahre befristet. Seine Gültigkeit ist am 31. März 2003 abgelaufen. Gemäß der Nebenbestimmung Nr. 1 zum Zulassungsbescheid ist seine Verlängerung spätestens 2 Monate vor Fristablauf zu beantragen.

48

Diesen Vorgaben ist der Kläger nachgekommen. Nachdem über die gegen den Rahmenbetriebsplan eingelegten Widersprüche des Klägers und der Beigeladenen bis 1/2 Jahr vor Fristablauf noch nicht entschieden worden war, ist von ihm mit anwaltlichem Schreiben vom 13. November 2002 eine Verlängerung um weitere 5 Jahre über den 31. März 2003 hinaus beantragt worden. Über diesen Antrag hatte das beklagte Amt bis zum Außerkrafttreten des Planes am 31. März 2003 noch nicht entschieden. Es ist lediglich in dem Widerspruchsbescheid vom 21. November 2003 davon ausgegangen, dass sich der Verlängerungsantrag mit der Aufhebung des Zulassungsbescheides erledigt habe. Da die Kammer den Widerspruchs- und den Abhilfebescheid aber aufgehoben hat, war nunmehr auch wieder über die zeitliche Weitergeltung des Rahmenbetriebsplans vom 15. April 1998 zu entscheiden. Irgendwelche Gesichtspunkte, die der beantragten Verlängerung entgegenstehen könnten, sind weder vorgetragen worden, noch der Kammer ersichtlich. Daher war entsprechend der Frist der Erstzulassung der Verlängerung um weitere 5 Jahre antragsgemäß stattzugeben.

49

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 162 Abs. 3 VwGO.

50

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

51

Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 70.000,00 EUR festgesetzt.

1 % der Investitionssumme (Streitwertkatalog Ziffer 11.1.1 i.d. Änderungsfassung von 7. Juli 2004), die in dem vor dem Nds. OVG geführten Verfahren 7 L 3421/00 mit 7 Mio. angegeben worden ist.

Dr. Beyer
Müller
Pump