Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 23.02.2005, Az.: 1 A 110/04
Beitritt; berufsbezogene Prüfung; Bewertung; Bewertungsfehler; Bewertungsspielraum; Chancengleichheit; gerichtliche Kontrolle; Kontrolldichte; Kontrollverfahren; Prüfung; Prüfungsentscheidung; Prüfungsleistung; Prüfungssituation; Randbemerkungen; Verfahrensfehler; Vertretbarkeitsmaßstab; verwaltungsinternes Kontrollverfahren; Zweitgutachter
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 23.02.2005
- Aktenzeichen
- 1 A 110/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 50814
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 113 Abs 5 S 2 VwGO
- § 14 JAG ND
- § 4 Abs 3 WaffG
- § 45 WaffG
- § 49 WaffG
- § 30 StGB
- § 49 Abs 1 StGB
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen ihr zweites Nichtbestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung und begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die Klausur V 1 unter Beachtung der Auffassung des Gerichts mit mindestens 4 Punkten neu zu bewerten.
Die am C. geborene Klägerin, die verheiratet ist und ein Kind hat, durchlief seit Februar 2001 den juristischen Vorbereitungsdienst. Nachdem sie die zweite juristische Staatsprüfung zunächst nicht bestanden hatte, absolvierte sie den vorgeschriebenen Ergänzungsvorbereitungsdienst. Auf Antrag der Klägerin wurde das Ergebnis der A-Klausur (5 Punkte) auf die Prüfungsgesamtnote der Wiederholungsprüfung angerechnet. Die schriftlichen Klausuren der im August 2003 begonnenen Wiederholungsprüfung wurden wie folgt bewertet:
Z 1 - Klausur: mangelhaft (1 Punkt)
Z 2 - Klausur: mangelhaft (2 Punkte)
S 1 - Klausur: ausreichend (6 Punkte)
S 2 - Klausur: mangelhaft (2 Punkte)
V 1 - Klausur: mangelhaft (3 Punkte)
V 2 - Klausur: mangelhaft (2 Punkte)
A - Klausur: ausreichend (5 Punkte)
WZ - Klausur: mangelhaft (1 Punkt)
Da weniger als drei Aufsichtsarbeiten mit mindestens „ausreichend“ bewertet wurden, teilte das Landesjustizprüfungsamt der Klägerin mit Bescheid vom 22. Oktober 2003 mit, dass sie gemäß § 14 NJAG die zweite juristische Staatsprüfung abermals nicht bestanden habe.
Die Klägerin legte dagegen Widerspruch ein und trug im Wesentlichen vor: Die Bewertung der ersten verwaltungsgerichtlichen Klausur (V 1 - Klausur) mit mangelhaft (3 Punkten) sei fehlerhaft. Die Klausur sei besser zu bewerten, mindestens mit ausreichend. Den Einwand des Widerspruchsführers, der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis scheitere bereits an der abgelaufenen Jahresfrist nach Verwaltungsverfahrensgesetz, habe sie in der Klausur zutreffend mit dem Hinweis auf die im Waffengesetz enthaltene Spezialregelung behandelt. Ihr für die Vorgreiflichkeit des Waffengesetzes zur Begründung gegebener Hinweis auf die dreijährige Kontrollprüfung gemäß § 4 Abs. 3 Waffengesetz sei zu Unrecht mit der Randkorrektur „hiermit meint das Gesetz etwas anderes“, die in der Endbeurteilung nicht mehr aufgegriffen werde, versehen worden. Durchgreifende Bedenken begegne der Einwand der Korrektoren, sie habe im Rahmen Behandlung des Grundes für den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse, nämlich der Unzuverlässigkeit des Widerspruchsführers, eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Widerspruchsführers nicht vorgenommen; ihr sei es nicht gelungen, die Schwerpunkte des Falles zu erkennen und herauszuarbeiten. Denn zu der geforderten umfassenden Auseinandersetzung mit der Unzuverlässigkeit habe nach dem geänderten Waffengesetz vom 11. Oktober 2002 keine Veranlassung mehr bestanden. Die beim Widerspruchsführer vorliegende Verurteilung wegen eines Verbrechens stelle einen zwingenden Widerrufsgrund dar. Weitere Erörterungen oder gar Ermessenerwägungen seien angesichts dieser Konstellation nicht geboten gewesen. Es entstehe der Eindruck, dass die Klausur zurzeit der Geltung des alten Waffengesetzes konzipiert und die Änderung nicht hinreichend bedacht worden seien.
Die Prüfer der V 1 - Klausur nahmen zu den Vorwürfen hinsichtlich der Bewertung der Klausur schriftlich Stellung. Sie sahen allerdings keine Veranlassung zu einer Änderung ihrer Beurteilung und Benotung. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf die schriftliche Stellungnahme der Erstbeurteilerin D. vom 12. Dezember 2003 und des Zweitbeurteilers E. vom 20. Dezember 2003 (Blatt 25, 26 der Beiakte A) Bezug genommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2004 wies das Landesjustizprüfungsamt den Widerspruch der Klägerin im Wesentlichen mit der Begründung zurück, die Bewertung der V 1 - Klausur durch die Prüfer sei nicht zu beanstanden. Aufgrund ihrer Stellungnahmen zu den Vorwürfen der Klägerin sei feststellbar, dass sie weder von falschen Tatsachen ausgegangen seien, noch unter Verkennung von Rechtssprechung und Literatur Vertretbares als falsch angesehen hätten. Die Kritik der Beurteiler bestehe vielmehr im Wesentlichen darin, dass die fallspezifischen Aspekte von der Klägerin nicht so erfasst und gewürdigt worden sein, wie es die Prüfer für sachgerecht hielten. Die von den Prüfern vorzunehmende Bewertung bei der Klausur habe im Übrigen ganz überwiegend einem durch Verwaltungsbehörde und Verwaltungsgericht entzogenen Beurteilungsspielraum unterlegen. Insoweit habe die Klägerin lediglich ihre Bewertung an diejenige der Prüfer gesetzt, womit eine Fehlerhaftigkeit der Bewertung der Prüfer nicht belegt werden könne.
Am 6. Februar 2004 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Vorverfahren. Sie legt insbesondere nochmals dar, dass die Klausur zu der von der Korrektorin geforderten vertiefenden Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Widerspruchsführers zur Unzuverlässigkeit nach der Gesetzesänderung keinerlei Anlass gebe. Zu diesem Punkt habe auch kein sonstiger Erörterungsbedarf bestanden. Es werde von der Korrektorin schlicht übersehen, dass es sich nach der Gesetzesänderung um eine für die zweite juristische Staatsprüfung ungeeignete Klausur gehandelt habe. Die Lösungsskizze bzw. die Musterlösung zu der Klausur, deren Vorlage der Beklagten aufzugeben sei, werde belegen, dass hier nicht hinreichend die Auswirkung der neuen Gesetzeslage bedacht worden sei. Die Bewertung des Zweitbeurteilers sei angreifbar, da dieser sich der Bewertung der Erstbeurteilerin ohne eigene Randbemerkungen oder Erklärungen angeschlossen habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 22. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die V 1 - Klausur mit mindestens 4 Punkten neu zu bewerten.
Das beklagte Ministerium beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt es im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid. Ergänzend legt es dar, dass die Klausur auch unter Berücksichtigung der geänderten Gesetzeslage geeignet gewesen sei. Demgemäß hätten die Beurteiler der Klägerin auch nicht vorgehalten, sich nicht in ausreichendem Maße mit der Frage, ob ein Regelbeispiel erfüllt gewesen sei und durch atypische Umstände des Einzelfalles die Unzuverlässigkeit hätte widerlegt werden können, auseinandergesetzt zu haben. Vielmehr hätten die Prüfer in dem Mittelpunkt ihrer Kritik gestellt, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1a Waffengesetz hinsichtlich der Verurteilung wegen eines Verbrechens sehr kurz geprüft worden sein, ohne jedoch die Schwerpunkte des Falles zu erkennen und herauszuarbeiten. Diese Kritik sei nicht zu beanstanden. Eine Vorlage der sogenannten Musterlösungen oder der Lösungshinweise kommen nicht in Betracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Landesjustizprüfungsamtes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 22. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin mithin nicht in ihren Rechten; die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts vorzunehmende Neubewertung bzw. Höherbewertung ihrer im Rahmen der Wiederholungsprüfung im August 2003 geschriebenen V 1 - Klausur (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Ob die Aufsichtsarbeit zutreffend beurteilt und benotet wurde, unterliegt nur unter Einschränkungen, allerdings im größeren Umfang als bisher angenommen, der richterlichen Überprüfung.
Nach der früheren ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes und der übrigen Verwaltungsgerichte war die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen stark eingeschränkt. Den Prüfern wurde generell ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Die Gerichte hatten deshalb nur zu kontrollieren, ob das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob die Prüfer von falschen Tatsachen ausgegangen sind, ob sie allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet haben, ob sie sich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen und ob die Bewertung unter keinem erdenklichen wissenschaftlichen oder pädagogischen Gesichtspunkt gerechtfertigt sein kann und daher willkürlich ist (Nachweise bei Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2: Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, Rdnr. 846 ff). Diese weitgehende Zurücknahme der gerichtlichen Kontrolle hat das Bundesverfassungsgericht in zwei Beschlüssen vom 17. April 1991 bei berufsbezogenen Prüfungen unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG hingegen nicht in vollem Umfang gebilligt (BVerfG, Beschlüsse v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 u. 213/83 -, BVerfGE 84, 34 = NJW 1991, 2005 <Jura> und - 1 BvR 1529/84 u. 128/87 -, BVerfGE 84, 59 = NJW 1991, 2008 [BVerfG 17.04.1991 - 1 BvR 1529/84] <ärztliche Prüfung>). Die bisherige Rechtsprechung hat es unter Bezugnahme auf den ebenfalls verfassungsrechtlich legitimierten Gegenpol der Chancengleichheit der Prüflinge nur insoweit unbeanstandet gelassen, wie es um prüfungsspezifische Wertungen geht. Hingegen sind nach dieser Rechtsprechung fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling der gerichtlichen Kontrolle nicht generell entzogen. Eine vertretbare mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden (sog. Antwortspielraum des Prüflings). Soweit hinsichtlich der prüfungsspezifischen Wertungen auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes weiterhin ein Bewertungsspielraum der Prüfer verbleibt, verlangt hiernach der Grundrechtsschutz einen Ausgleich durch ein besonderes verwaltungsinternes Kontrollverfahren.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (BVerwG, Urteile v. 24.2.1993 - 6 C 32.92 -, NVwZ 1993, 689 und - 6 C 35.92 -, NVwZ 1993, 681 [BVerwG 24.02.1993 - BVerwG 6 C 35/92]). Soweit aber den Gegenstand der Leistungsbewertung nicht fachliche Fragen, sondern komplexe prüfungsspezifische Bewertungen - z. B. bei der Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, bei der Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgaben oder bei der Würdigung der Qualität der Darstellung - im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen, und diese sich nicht ohne Weiteres in nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren einzelner Prüflinge isoliert nachvollziehen lassen, ist nach der auch weiterhin bestehenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesverwaltungsgerichtes den Prüfern gerade im Hinblick auf das Gebot der Chancengleichheit der Berufsbewerber auch weiterhin ein Bewertungsspielraum zuzubilligen (BVerwG, Urt. v. 21.10.1993 - 6 C 12.92 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 320). Grund hierfür ist, dass die Prüfer bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen müssen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Das Gericht kann diese Vorgänge auch mit sachverständiger Hilfe weder aufdecken noch auf die nur in Umrissen rekonstruierbare Prüfungssituation anwenden. Wenn das Gericht eigene Bewertungen entwickeln würde, würden die Maßstäbe verzerrt.
In der Folgezeit sind in Ausfüllung dieser Grundsätze in der Rechtsprechung als Anwendungsfälle ohne einen Bewertungsspielraum der Prüfer neben (1) der Richtigkeit oder Vertretbarkeit der Lösung insbesondere (2) die Geeignetheit der Prüfungsaufgaben, (3) die Interpretation der Fragestellung insbesondere im Antwort-Wahl-Verfahren, (4) die Einhaltung des gleichen Prüfungsmaßstabes sowie (5) der methodisch fehlerhafte Lösungsaufbau herausgearbeitet worden (vgl. hierzu insgesamt Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 2. Aufl. 2001, Rdnr. 513 m. N. aus der Rechtsprechung). Als Anwendungsfälle mit einem weiter bestehenden Bewertungsspielraum der Prüfer werden dagegen weiterhin insbesondere (1) die Frage der "notwendigen Kenntnisse" für das Bestehen einer Prüfung, (2) der Prüfungsmaßstab der einzelnen Prüfer, (3) die Bewertung konsequenter Folgefehler, (4) die Bewertung einzelner Prüfungsleistungen als Kern- oder Randproblem, (5) die Rüge ausschließlich der Bewertung mit dem Ziel einer Verbesserung der Note, (6) die Abweichung von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote sowie (7) die Prognose, ob "besondere Gründe" bei einem Antrag auf Zulassung zu einer Wiederholungsprüfung vorliegen, angesehen (Nachweise aus der Rechtsprechung bei Zimmerling/Brehm, a. a. O., Rdnr. 525 ff.).
Nach diesen Grundsätzen ist die Bewertung der V 1 - Klausur von Seiten des Gerichts nicht zu beanstanden. Weder liegen Verfahrensfehler vor noch sind gerichtlich überprüfbare Fehler in der Bewertung der Prüfungsleistung gegeben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich das Gericht angeschlossen hat, führt ein Verfahrensfehler im Prüfungsverfahren grundsätzlich nur dann zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung, wenn er wesentlich ist und somit ein Einfluss auf das Prüfungsergebnis nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausgeschlossen werden kann (BVerwG, Urteil vom 20.9.1984 - 7 C 57.83 -, NVwZ 1985, 187; Urteil vom 12.11.1997 - 6 C 11.96 -, NVwZ 1998, 636). Als solche Verfahrensfehler sind insbesondere die Mitwirkung eines befangenen Prüfers, eine unzureichende schriftliche Begründung einer schriftlichen Prüfungsarbeit, kein Überdenken der Prüfungsbewertung durch die Prüfer trotz substantiierter Einwendungen des Prüflings und das Fehlen der unbeschränkten Aufmerksamkeit eines Prüfers in der mündlichen Prüfung etwa durch Beschäftigung mit prüfungsfremder Literatur anzusehen (vgl. hierzu Zimmerling/Brehm aaO, Rn 572 m.w.N.). Als entscheidungsunerhebliche Verfahrensrügen werden dagegen etwa die Begünstigung eines Prüfungsteilnehmers, solange das eigene Prüfungsverfahren korrekt verläuft, und ein unzureichender Umfang der Prüfergutachten angesehen (Zimmerling/Brehm aaO, Rn 574 m.w.N.). Zudem ist ein Verfahrensfehler grundsätzlich nur dann beachtlich, wenn der Prüfling ihn unverzüglich geltend macht.
Dem Anspruch der Klägerin auf ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren ist hier genüge getan worden. Die von der Klägerin erhobenen Einwände gegen die Bewertung ihrer V 1 - Klausur sind den Prüfern zugeleitet worden, die sie erwogen und sich im Einzelnen mit ihnen sachlich auseinandergesetzt haben. Die Klägerin ihrerseits hatte Gelegenheit, hierzu im Klageverfahren wiederum Stellung zu nehmen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es nicht zu beanstanden, dass der Zweitgutachter sich bei der Beurteilung der Klausur auf die Bemerkung beschränkt hat, „ich trete der Begründung und Bewertung (der Erstbeurteilerin) voll inhaltlich bei“ und bei der Stellungnahme zu den Einwendungen der Klägerin unter die Stellungnahme der Erstbeurteilerin lediglich vermerkt hat, „ich trete der fundierten Stellungnahme der Erstbeurteilenden Frau H. voll inhaltlich bei und bleibe ebenfalls bei meiner Beurteilung vom 10. Oktober 2003“. Denn schließt sich der Zweitgutachter der Begründung des Erstgutachters an, so muss er diese nicht mit anderen Worten wiederholen, sondern es reicht die kurze Bemerkung, dass er „einverstanden“ sei (vgl. Niehus, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2: Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, Rn 717). Dies gilt zwar nicht, wenn der Bewertungsvermerk des Erstprüfers dürftig oder widersprüchlich ist. Eine derartige Fallkonstellation liegt hier aber eindeutig nicht vor. Andere Verfahrensfehler sind von der Klägerin weder vorgetragen noch für das Gericht sonst ersichtlich.
Vom Gericht zu beanstandende Bewertungsfehler hinsichtlich der V 1 - Klausur sind ebenfalls nicht gegeben.
Soweit die Klägerin die Randbemerkung zu ihren Ausführungen hinsichtlich der nicht eingehaltenen Einjahresfrist nach Verwaltungsverfahrensgesetz als unzutreffend gerügt hat, haben die Beurteiler in ihrer Stellungnahme klargestellt, dass dieser Punkt nicht negativ in die Beurteilung aufgenommen wurde. Im Übrigen ist die Randbemerkung nicht unzutreffend, denn die in § 4 Abs. 3 Waffengesetz niedergelegte Verpflichtung der Behörde, Inhaber von waffenrechtlichen Erlaubnissen in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch nach Ablauf von drei Jahren, erneut auf ihre Zuverlässigkeit und ihrer persönlichen Eignung zu prüfen, gibt nichts dafür her, dass der in § 45 Waffengesetz geregelte Widerruf als inhaltsgleiche Sonderregelung dem § 49 VwVfG vorgeht mit der Folge, dass auch die Jahresfrist keine Anwendung findet.
Soweit die Klägerin einwendet, die Beurteiler hätten zu Unrecht gerügt, dass sie im Rahmen der Unzuverlässigkeitsprüfung den Schwerpunkt des Falles nicht erkannt und herausgearbeitet habe und die Begründung des entworfenen Widerspruchsbescheides nicht adressatengerecht sei, zumal die Klägerin nicht umfassend auf das Vorbringen des Widerspruchsführers eingegangen sei, kann die Klägerin damit nicht durchdringen. Die hier angesprochene Rüge der Beurteiler berührt die Vertretbarkeit der Lösung der Klägerin und stellt sich damit als ein Fall dar, in dem die Prüfer keinen uneingeschränkten Bewertungsspielraum haben. Aus dieser kurzen Begründung zur Bewertung eines zentralen Bereichs der Klausur durch die Erstbeurteilerin vom 2. Oktober 2003 mag zwar beim „ersten Hinsehen“ der Eindruck entstehen, dass von der Beurteilerin erwartet worden wäre, dass sich die Klägerin mit der Frage, ob ein Regelbeispiel erfüllt war und durch atypische Umstände des Einzelfalles die Unzuverlässigkeit widerlegt worden sein könnte, auseinander zusetzen hat. Eine derartige Forderung wäre allerdings in der Tat fehlerhaft, da aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Widerspruchsführers wegen eines Verbrechens von der Unzuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1a Waffengesetz unwiderlegbar auszugehen war. Aus der von der Erstbeurteilerin abgegebenen Stellungnahme zu den Einwendungen der Klägerin vom 12. Dezember 2003 wird aber hinreichend deutlich, dass die Beurteilerin dies der Klägerin nicht vorhalten wollte. Vielmehr ging die Rüge dahin, dass die Klägerin zum einen nicht näher dargelegt und begründet hatte, warum die versuchte Anstiftung zu einem Totschlag, weswegen der Widerspruchsführer verurteilt worden war, selbst ein Verbrechen im Sinne des Strafgesetzbuches darstellt. Zum anderen sollte gerügt werden, dass die Klägerin gerade nicht herausgearbeitet habe, dass es sich bei der Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 a Waffengesetz um eine unwiderlegliche Vermutung bzw. eine gebundene Entscheidung gehandelt habe und die Einwände des Widerspruchsführers daher nicht beachtlich waren.
Die so verstandene Rüge der Erstbeurteilerin, der sich der Zweitbeurteiler angeschlossen hat, gibt zu rechtlichen Bedenken keinen Anlass. Die Klägerin hat in ihrer Klausur in der Tat nicht näher dargelegt und begründet, dass die versuchte Anstiftung des Widerspruchsführers zu einem Totschlag, die nach § 30 StGB bestraft worden war, selbst ein Verbrechen darstellt. Dies liegt auch nicht ohne weiteres auf der Hand, da der Strafrahmen nach § 30 StGB zwingend nach § 49 Abs. 1 StGB herabgesetzt ist und dementsprechend nicht jede versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen selbst ein Verbrechen darstellt.
Der Standpunkt der Beurteilerin, dass auch bei der Annahme einer unwiderlegbaren Vermutung der Unzuverlässigkeit des Widerspruchsführers ein möglichst umfassendes Eingehen auf die Ausführungen des Widerspruchsführers geboten war, wenn diese Ausführungen - wie hier - erkennbar einen wesentlichen Schwerpunkt des Falles und des Vortrages des Widerspruchsführers berühren, kann gerichtlich nicht als fehlerhaft gerügt werden. Zutreffend weist die Beurteilerin darauf hin, dass bei Abfassung eines Widerspruchbescheides maßgebliches Kriterium stets sei, dass der Widerspruchsführer in die Lage versetzt werden müsse, die Erfolgsaussichten seiner Klage abzuschätzen und sie sachgemäß begründen zu können. Daneben gehört auch eine Befriedungsfunktion dazu. Wenn die Beurteilerin dann wegen des völligen Fehlens eines Eingehens auf die Ausführungen des Widerspruchsführers in dem von der Klägerin entworfenen Widerspruchsbescheid, eines Fehlens einer Begründung zur Unwiderlegbarkeit der Unzuverlässigkeit und im Zusammenhang mit den anderen gerügten Fehler die Klausur nur als mangelhaft bewertet, kann dies nicht beanstandet werden. Diese zusammenfassende Beurteilung unterfällt ihrem uneingeschränkten Bewertungsspielraum und lässt gerichtlich rügbare Fehler im oben beschriebenen Sinne nicht erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO zuzulassen, sind nicht gegeben.