Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 01.03.2006, Az.: L 3 KA 92/03

Erweiterung des einem Facharzt für Anästhesiologie zuerkannten Praxisbudgets; Anspruch des Arztes auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung über die Erweiterung eines Praxisbudgets bzw. Zusatzbudgets; Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung als Voraussetzung für die Gewährung einer Erweiterung der Praxisbudgets und/oder Zusatzbudgets; Anspruch auf Budgeterweiterung bei Gewährung von den Anforderungen der Schmerztherapie-Vereinbarung entsprechender Versorgung zugunsten von Schmerzpatienten

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
01.03.2006
Aktenzeichen
L 3 KA 92/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 11970
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2006:0301.L3KA92.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Bremen - 12.03.2003 - AZ: S 1 KA 35/01

Redaktioneller Leitsatz

Die Erweiterung des Praxisbudgets wegen eines schmerztherapeutischen Schwerpunktes setzt voraus, dass der Arzt an der Schmerztherapie-Vereinbarung teilnimmt oder Schmerzpatienten, die unter die Schmerztherapie-Vereinbarung fallen, behandelt und dabei eine Versorgung gewährleistet, die in ihrer Qualität den Anforderungen der Schmerztherapie-Vereinbarung in etwa entspricht.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 12. März 2003 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Beklagten im Berufungsverfahren sind vom Kläger zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein seit dem 01. Juli 1999 in E. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Facharzt für Anästhesiologie, begehrt für das Quartal IV/1999 eine Erweiterung des ihm zuerkannten Praxisbudgets.

2

Mit Honorarbescheid vom 27. April 2000 gewährte die Beklagte dem Kläger für das Quartal IV/1999 ein Honorar in Höhe von 55.846,22 DM. Von den insgesamt im Rahmen der allgemeinen ambulanten Tätigkeit als Anästhesist abgerechneten 555.015 Punkten entfielen 40,83% auf schmerztherapeutische Leistungen im Sinne des Abschnitts D I. "Anästhesien zur Schmerztherapie" (Ziffern 415 - 450) des EBM. An Leistungen im Sinne des Abschnitts D II. "Anästhesien/Narkosen bei operativen Eingriffen" (Ziffern 451 - 496) des EBM hatte der Kläger im Quartal IV/1999 nur einmal eine Plexusanästhesie nach Ziffer 462 (entsprechend 0,17% der Gesamtpunktzahl für die ambulante anästhesistische Tätigkeit) erbracht.

3

Gegen den Honorarbescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 26. Mai 2000 Widerspruch ein. Unter anderem machte er geltend, dass die Honorarabrechnung fehlerhaft sei, weil ihm wegen seines schmerztherapeutischen Schwerpunktes eine Erweiterung seines Praxisbudgets zuerkannt werden müsse.

4

Durch Bescheid vom 22. März 2001 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Quartalsabrechnung zurück. Zur Begründung wies sie u.a. darauf hin, Voraussetzung für die Erteilung eines bedarfsabhängigen Zusatzbudgets Schmerztherapie sei die Teilnahme an der ab 01.07.1997 gültigen Schmerztherapie-Vereinbarung. Die Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung sei dem Kläger aber versagt worden.

5

Am 12. April 2001 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Bremen Klage erhoben und eine weitergehende Honorarzuteilung für das Quartal IV/1999 auf der Grundlage eines unter Berücksichtigung seines schmerztherapeutischen Schwerpunktes zu erweiternden Praxisbudgets begehrt.

6

Mit Urteil vom 12. März 2003, dem Kläger zugestellt am 31. März 2003, hat das SG Bremen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere dargelegt, dass einer Erweiterung des Praxisbudgets nach Ziffer 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM entgegenstehe, dass der Bewertungsausschuss im Zusammenhang mit den bedarfsabhängigen Zusatzbudgets nach Ziffer 4.2 die Vorgabe einer Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung gemacht habe.

7

Am 02. April 2003 hat der Kläger Berufung eingelegt. Am 18. Februar 2004 hat der Senat nach mündlicher Verhandlung den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung vertagt. Mit gerichtlicher Verfügung ist der Kläger aufgefordert worden, nähere Informationen zu den von ihm im streitigen Quartal abgerechneten 133 Behandlungsfällen vorzulegen. Daraufhin hat der Kläger 21 Behandlungsfälle ausgewertet und entsprechende Unterlagen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, vorgelegt.

8

Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger geltend, dass das Praxisbudget für Anästhesisten auf die Durchführung von Narkosen zugeschnitten sei, die er in seiner Praxis so gut wie gar nicht erbringe. Während die meisten niedergelassenen Anästhesisten sich auf die Vornahme von Narkosen im Rahmen ambulanter Operationen spezialisiert hätten, behandele er zu mehr als 90% an chronischem Schmerz leidende Patienten. Er verfüge damit über keine sog. "Verdünnerfälle" mit Narkoseleistungen. Vor diesem Hintergrund reiche das Budget für die von ihm praktizierte spezielle Schmerztherapie nicht aus. Bei der Behandlung chronisch Schmerzkranker gebe es auch deutliche Versorgungslücken.

9

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des SG Bremen vom 12. März 2003 und den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal IV/1999 vom 27. April 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2001 aufzuheben und

  2. 2.

    die Beklagte zu verpflichten, über seinen Honoraranspruch für das Quartal IV/1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

10

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

11

Sie trägt vor: Der Normgeber habe zum Ausdruck gebracht, dass die Zuerkennung eines bedarfsabhängigen Zusatzbudgets sowie seiner Erweiterung und/oder einer Erweiterung des Zusatz- bzw. Praxisbudgets nach Ziffer 4.3 nur für Teilnehmer der Schmerztherapie-Vereinbarung in Betracht komme. Ihrer Auffassung nach könne es nicht angehen, dass ein Arzt, dem eine Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung versagt worden sei, über den "Umweg" einer Praxisbudgeterweiterung das erhalten würde, was er aufgrund der nicht nachgewiesenen Qualifikation nach der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht erhalten habe. Es liege sicherlich nicht im Sinne des Normgebers, den schmerztherapeutisch tätigen Ärzten einen Anreiz zur Erfüllung der in der Schmerztherapie-Vereinbarung vorgesehenen Qualifikationsvoraussetzungen zu nehmen.

12

Bezüglich der von dem Kläger vorgelegten Unterlagen zu den im streitigen Quartal abgerechneten Behandlungsfällen hat die Beklagte eine Stellungnahme des Vorsitzenden der Schmerztherapie-Kommission vom 12. Mai 2005 vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

13

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Unterlagen des Klägers und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Urteil des SG Bremen vom 12. März 2003 ist zu Recht ergangen. Der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2001 ist nicht zu beanstanden.

16

Soweit der Kläger die Erweiterung seines Praxisbudgets begehrt, ist die Klage zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an der Klagebefugnis. Grundlage für die von dem Kläger begehrte Erweiterung seines Praxisbudgets ist die Ziffer 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Nr. 4 EBM-Ä 1997 (im folgenden: Ziffer 4.3 EBM). Diese Vorschrift gibt der Kassenärztlichen Vereinigung die Möglichkeit, auf Antrag des Vertragsarztes im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs eine Erweiterung des Praxis- und/oder Zusatzbudgets zu gewähren. Der Regelung in Ziffer 4.3 EBM kommt nicht nur ein objektiv-rechtlicher Charakter zu, sondern sie begründet auch ein subjektives Recht des betroffenen Arztes auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung über die Erweiterung eines Praxis- bzw. Zusatzbudgets bei Vorliegen der in der Norm geregelten Voraussetzungen. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Entscheidung über eine Aussetzung bzw. Erweiterung des Budgets auf Antrag des einzelnen Arztes ergeht und immer nur bezogen auf eine einzelne Praxis erfolgen kann (BSG, Urt.v. 16. Mai 2001, Az: B 6 KA 53/00 R - SozR 3-2500 § 87 Nr. 31).

17

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Honorarbescheid ist rechtmäßig. Soweit die Beklagte die Erweiterung des Praxisbudgets abgelehnt hat und sich dabei von der Erwägung hat leiten lassen, dass eine solche Erweiterung schon deshalb nicht in Betracht komme, weil der Kläger im streitigen Quartal nicht an der Schmerztherapie-Vereinbarung teilgenommen habe, ist dies von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

18

Dass die Beklagte den Antrag des Klägers auf Erweiterung seines Praxisbudgets ablehnen durfte, weil er nicht an der Schmerztherapie-Vereinbarung teilgenommen hat und auch nicht die Voraussetzungen für eine Teilnahme erfüllte, lässt sich dem Wortlaut der Ziffer 4.3 EBM allerdings nicht unmittelbar entnehmen. Nach dem Wortlaut der Ziffer 4.3 EBM ist eine Erweiterung des Praxis- oder Zusatzbudgets allein an die Voraussetzung der "Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs" geknüpft. Ein besonderer Versorgungsbedarf im Sinne dieser Bestimmung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann gegeben, wenn die einzelne Praxis eine von der Typik der Arztgruppe nachhaltig abweichende Praxisausrichtung, einen besonderen Behandlungsschwerpunkt bzw. eine Konzentration auf die Erbringung von Leistungen aus einem Teilbereich des Fachgebiets aufweist, für das der Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist (vgl. BSG, Urt.v. 16. Mai 2001, a.a.O.). Indizien für eine entsprechende Spezialisierung sind ein gegenüber dem Durchschnitt der Fachgruppe signifikant erhöhter Anteil der betroffenen Leistungen am Gesamtpunktzahlvolumen sowie eine im Leistungsangebot bzw. in der Behandlungsausrichtung der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung (vgl. ebenfalls BSG, Urt.v. 16. Mai 2001, a.a.O.). Im vorliegenden Fall könnte eine in diesem Sinne von der Typik der Arztgruppe nachhaltig abweichende Praxisausrichtung gegeben sein, weil sich der Kläger in seiner ambulanten Praxis von dem umfassenden Aufgabenbereich der Anästhesiologie nahezu ausschließlich auf den Teilbereich Schmerztherapie spezialisiert und Leistungen im Sinne des Abschnitts D II. "Anästhesien/Narkosen bei operativen Eingriffen" (Ziffern 451 - 496) des EBM im Quartal IV/1999 nur in einem einzigen Fall (Ziffer 462) erbracht hat. Es bedarf hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung der Frage, ob sich angesichts dieser Zahlen bezüglich der Praxisausrichtung des Klägers von einem besonderen Versorgungsbedarf sprechen lässt. Denn der Erweiterung des Praxisbudgets nach Ziffer 4.3 steht entgegen, dass der Kläger weder an der "Vereinbarung über die ambulante Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten (Anlage 12 zum Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen - EKV-Ä - [DÄBl. Heft 23 S. 1277] - Schmerztherapie-Vereinbarung -) teilgenommen hat noch nachgewiesen hat, dass er in dem streitbefangenen Quartal in seiner Praxis chronisch schmerzkranke Patienten den Vorgaben der Schmerztherapie-Vereinbarung entsprechend behandelt hat.

19

Dass die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung (die mittlerweile durch die zum 01. April 2005 von den Partnern der Bundesmantelverträge gemäß § 135 Abs. 2 SGB V abgeschlossene Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten abgelöst worden ist) Voraussetzung für die Gewährung einer Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets ist, lässt sich der von den Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung am 19. November 1996 getroffenen Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets entnehmen. In dieser Vereinbarung heißt es unter Ziffer 4: Abschn. A I B 4.3 EBM wird dahingehend ausgelegt, dass die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes die Budgets insbesondere dann erweitern oder aussetzen kann, wenn nachfolgend genannte Krankheitsfälle oder spezifische Betreuungsleistungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellen: - Betreuung von HIV-Patienten - onkologische Erkrankungen - Diabetes - Mukoviszidose - Schmerztherapie (Teilnehmer an der Schmerztherapie-Vereinbarung) - kontinuierliche Patientenbetreuung in beschützenden Einrichtungen - erheblich über dem Arztgruppendurchschnitt liegender Überweisungsanteil.

20

Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um einen Vertrag mit normativer Wirkung, der auch den Senat in seiner Auslegung der hier in Rede stehenden Regelung der Ziffer 4.3 EBM bindet (zur Rechtsnatur der Vereinbarungen der Partner der Bundesmanteltarifverträge und zu deren Befugnis, Vereinbarungen zur Umsetzung des EBM-Ä zu schließen, BSG SozR 3-2500 § 72 Nr. 8 S. 17 - 19; vgl. auch Urt. vom 16. Mai 2001, a.a.O.).

21

Soweit die Vereinbarung vom 19. November 1996 vorsieht, dass Ärzte, die schmerztherapeutisch tätig sind, eine Erweiterung des Praxis- und/oder Zusatzbudgets dann beanspruchen können, wenn sie an der Schmerztherapie-Vereinbarung teilnehmen, erfüllt der Kläger diese Voraussetzungen nicht. Er hat weder in dem streitbefangenen Quartal noch später an der Schmerztherapie-Vereinbarung teilgenommen. Eine von dem Kläger erhobene Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Genehmigung seiner Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung hat das SG Bremen abgewiesen. Die Berufung des Klägers gegen diese Entscheidung wurde mit Urteil des Senats vom heutigen Tag (L 3 KA 118/03) abgewiesen.

22

Allerdings enthält die in Rede stehende Vereinbarung vom 19. November 1996 keinen Ausschlusstatbestand in dem Sinne, dass eine Budgeterweiterung zur Behandlung von Schmerzpatienten von vornherein nicht in Betracht kommt, wenn der behandelnde Arzt an der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht teilnimmt. Denn der Wortlaut der Vereinbarung ("insbesondere") lässt darauf schließen, dass in ihr nur (Regel-)Beispiele aufgeführt werden. Mithin kann die Vereinbarung nicht so verstanden werden, dass außerhalb der ausdrücklich erfassten Tatbestände eine Budgeterweiterung schlechthin nicht in Betracht kommt. Andererseits haben die Vertragspartner mit der Normierung des Regelbeispiels deutlich zum Ausdruck gebracht, dass nicht jegliche schmerztherapeutische Tätigkeit eines Vertragsarztes einen Anspruch auf Erweiterung des Praxis- und/oder Zusatzbudgets auslösen kann, sondern nur Schmerztherapie einer bestimmten Ausrichtung und Qualität. Der Senat versteht die in Rede stehende Bestimmung deshalb wie folgt: Ziffer 4.3 EBM ist auf der Grundlage der Vereinbarung vom 19. November 1996 so auszulegen, dass die Kassenärztliche Vereinigung das Budget eines schmerztherapeutisch tätigen Arztes erweitern kann, wenn dieser Arzt an der Schmerztherapie-Vereinbarung teilnimmt oder wenn er - ohne formell an der Schmerztherapie-Vereinbarung teilzunehmen - Schmerzpatienten, die unter die Schmerztherapie-Vereinbarung fallen, also chronisch Schmerzkranke, behandelt und dabei eine Versorgung gewährleistet, die in ihrer Qualität den Anforderungen der Schmerztherapie-Vereinbarung, die einen erhöhten sachlichen Standard vorsieht (vgl. § 2), in etwa entspricht.

23

Die von dem Kläger mit Schriftsatz vom 13. April 2005 vorgelegten Unterlagen belegen nicht, dass der Kläger bei seiner Behandlung von Schmerzpatienten in dem 4. Quartal 1999 eine Versorgung geleistet hat, die in ihrer Qualität den Anforderungen der Schmerztherapie-Vereinbarung entspricht. Soweit umfangreiche "Patienteneinzelauswertungen" vorgelegt werden, handelt es sich um reine Abrechnungsunterlagen, die weder eine Anamnese noch Angaben zum Behandlungsverlauf enthalten. Diesen Belegen kann weder entnommen werden, ob es sich um chronisch-schmerzkranke Patienten handelte, noch welche therapeutischen Maßnahmen im Einzelfall von dem Kläger ergriffen worden sind.

24

Soweit der Kläger für 21 Patienten weitergehende Angaben zu den erhobenen Befunden und den ergriffenen Behandlungsmaßnahmen vorgelegt hat, genügen auch diese nicht den höheren sachlichen Anforderungen. Denn zum einen hat der Kläger nur für einen Teil seiner Patienten die angeforderten Unterlagen vorgelegt, obwohl er aufgefordert worden war, für sämtliche 133 Behandlungsfälle qualifizierte Angaben vorzulegen. Selbst wenn man sich im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand auch mit einer geringeren Anzahl an Dokumentationen zufrieden geben sollte, so reicht es doch nicht, nur für 21 Patienten die erforderlichen Angaben vorzulegen, weil damit kein annähernd vollständiges Bild der Tätigkeit des Klägers ermöglicht wird. Zum anderen lässt sich anhand der vorgelegten Unterlagen nicht feststellen, dass die von dem Kläger angeführten Patienten den Vorgaben der Schmerztherapie-Vereinbarung entsprechend behandelt worden sind. Denn das in der Schmerztherapie-Vereinbarung für chronisch schmerzkranke Versicherte der Ersatzkassen vorgesehene besondere Versorgungsangebot durch hierfür qualifizierte Vertragsärzte ging über den gewöhnlichen Leistungsumfang der vertragsärztlichen Versorgung hinaus. Unter anderem war in § 2 Nr. 4 die Aufstellung eines inhaltlich und zeitlich gestuften Therapieplans vorgeschrieben. Nach § 2 Nr. 7 der Schmerztherapie-Vereinbarung umfasst die Versorgung Schmerzkranker indikationsbezogen die Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer Maßnahmen bzw. deren Durchführung, und zwar - Psychotherapie gemäß den Psychotherapie-Richtlinien - manuelle Therapie - physikalische Therapie - übende Verfahren wie Autogenes Training - Hypnose. Nach § 2 Nr. 8 umfasst die Versorgung Schmerzkranker außerdem eine ausführliche Dokumentation jedes Behandlungsfalles einschließlich standardisierter Anamnese und Behandlungsverlauf mit Angaben zu - Art und Schwere der Erkrankung - psychosomatischen Auswirkungen und Verlauf - therapeutischen Maßnahmen - Kontrolle des Verlaufes nach standardisierten Verfahren.

25

Die von dem Kläger vorgelegten Unterlagen lassen nicht erkennen, dass seine Behandlung schmerzkranker Patienten in der Vergangenheit diesen Vorgaben entsprochen hat. So enthalten die Unterlagen nicht die vorgeschriebenen inhaltlich und zeitlich gestuften Therapiepläne. Flankierende therapeutische Maßnahmen wie eine Psychotherapie hat der Kläger in keinem der 21 dokumentierten Fälle eingeleitet. Der Kläger hat regelmäßig die Einleitung einer Psychotherapie für nicht erforderlich gehalten, und zwar jeweils mit textbausteinartigen, kaum voneinander abweichenden und äußerst knappen Begründungen. Es handelt sich bei den vorgelegten Unterlagen auch nicht um eine ausführliche Dokumentation im Sinne der Schmerztherapie-Vereinbarung. Hinsichtlich der psychischen und psychosomatischen Auswirkungen der Schmerzen fehlt es an einer präzisen Befunderhebung. Der Kläger hat sich in seinen Dokumentationen vielfach damit begnügt, den körperlichen Zustand des Patienten zu beschreiben, hinsichtlich der psychischen Komponente finden sich in vielen Fällen allenfalls recht vage Hinweise zu den von ihm erhobenen Befunden. Es genügt jedenfalls nicht, wenn der Kläger in sämtlichen dokumentierten Fällen standardmäßig angibt, der Schmerz habe bei dem Patienten seine Leit- und Warnfunktion verloren (vgl. jeweils Buchstabe k), ohne diesen Befund weiter zu begründen, und wenn er die Frage nach den psychopathologischen Veränderungen bei dem Patienten und nach deren Entwicklung im Laufe der Behandlung in allen 21 Fällen nur mit wenigen Stichworten beantwortet.

26

Auch in dem mit Urteil vom heutigen Tage abgeschlossenen Verfahren L 3 KA 118/03, in dem es dem Kläger um die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung ging, hat der Kläger keine Unterlagen vorgelegt, die erkennen ließen, dass er im 4. Quartal 1999 den Vorgaben des § 2 Schmerztherapie-Vereinbarung entsprechend schmerzkranke Patienten behandelt hat. Somit erfüllt der Kläger weder ein Regelbeispiel nach der von den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung am 19. November 1996 getroffenen Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets, noch ist seine Tätigkeit einem der dort aufgeführten Regelbeispiele gleichzustellen. Damit muss die Berufung ohne Erfolg bleiben.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG (in der im vorliegenden Verfahren noch anzuwendenden bis zum 01. Januar 2002 maßgeblichen Fassung).

28

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.