Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 17.01.2008, Az.: 2 A 6654/06
Voraussetzungen zur Verringerung der Altersgrenze nach den niedersächsischen Landesvorschriften bezüglich beamteter Polizeivollzugskräfte; Altersgrenzen für den Polizeivollzugsdienst in Niedersachsen
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 17.01.2008
- Aktenzeichen
- 2 A 6654/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 12418
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2008:0117.2A6654.06.0A
Rechtsgrundlage
- § 228 Abs. 2 S. 1, 2 NBG
Verfahrensgegenstand
Altersgrenze für den Polizeivollzugsdienst
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 2. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2008
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Hüper,
den Richter am Verwaltungsgericht Goos,
den Richter am Verwaltungsgericht Borchert sowie
die ehrenamtlichen Richter und
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 16.932,50 EUR.
Tatbestand
Der am B. geborene Kläger steht als Polizeivollzugsbeamter im Dienste des Landes Niedersachsen.Er wendet sich gegen den Rechtsstandpunkt der Beklagten, dass er die gesetzliche Altersgrenze für den Eintritt in seinen Ruhestand erst mit Vollendung des 61. Lebensjahres erreicht.
Der Kläger wurde mit Wirkung vom C. als Beamter auf Widerruf zum Grenzjäger ernannt und in den Dienst des Bundesgrenzschutzes eingestellt. Hier absolvierte er eine Grundausbildung und war in der Folgezeit als Kraftfahrer, kurzfristig als Hilfsausbilder und sodann als Wart für Unterkunft und Verpflegung eingesetzt. Mit Ablauf des Monats Oktober 1976 schied der Kläger aufgrund der Beendigung seiner Dienstzeit als Polizeihauptwachtmeister im BGS aus dem Dienst des Bundes aus.
Mit Wirkung vom D. wurde der Kläger zum Polizeihauptwachtmeister unter Übernahme in den Polizeidienst des Landes Niedersachsen ernannt. Seit diesem Zeitpunkt ist er - soweit ersichtlich ununterbrochen - beim Polizeikommissariat E. tätig. Zunächst leistete der Kläger dort Dienst im Streifendienst bzw. als Sachbearbeiter im Einsatz- und Streifendienst, und zwar auch noch nach erfolgtem Aufstieg und seiner Ernennung zum Polizeikommissar im Februar 1998.
Mit Bescheid vom F. wurde dem Kläger wegen seines ständigen Einsatzes im Wechselschichtdienst bis auf weiteres eine Zulage auf der Grundlage des § 22 Abs. 1 Erschwernis- Zulagenverordnung (EZulV) gewährt. Die damalige Bezirksregierung Hannover hob diesen ihren Bescheid unter dem G. mit Wirkung vom H. auf. Gleichzeitig wurde dem Kläger vom genannten Tage ab eine Schichtzulage gemäß § 20 Abs. 2 EZulV gewährt. Dem liegt zugrunde, dass dem Kläger mit Verfügung der Bezirksregierung Hannover vom I. ein neuer Dienstposten übertragen worden war. Mit Bescheid vom J. hob die Bezirksregierung Hannover ihren Bescheid vom G. mit Wirkung vom K. auf. Das Polizeikommissariat E. hatte nämlich mitgeteilt, dass der Kläger seit dem genannten Tage nicht mehr die Voraussetzung zur Zahlung einer Erschwerniszulage erfülle. Dem Kläger war beim Polizeikommissariat E. im Kriminal- und Ermittlungsdienst der Dienstposten eines Sachbearbeiters übertragen worden, und zwar nach den Ermittlungen der Beklagten im Bereich der Verkehrsdelikte.
Unter dem L. zeigte der Kläger an, dass er voraussichtlich die Voraussetzungen für die Verringerung der Altersgrenze nach § 228 Abs. 2 NBG erfülle. Er gab dazu an, dass er seit dem M. Dienst in insoweit anrechenbaren Verwendungen versehen habe.
Mit Bescheid vom N. teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er die Mindestzeit von 25 Jahren nicht erfüllt habe, die für eine verringerte Altersgrenze abzuleisten seien. Aus einem internen Vermerk der Beklagten geht hervor, dass mit Ausnahme einer einwöchigen Abordnung des Klägers im April 1987 die Dienstzeiten vom M. bis zum O. als im Wechselschichtdienst geleistet anerkannt werden. Dies umfasst einen Zeitraum von insgesamt 228 Monaten, entsprechend 24 Jahren.
Gegen den ihm am P. zugestellten Bescheid hat der Kläger am 14.09.2006 Klage erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, dass er auch ab dem H. ständig im Wechselschichtdienst tätig gewesen sei, und legt dazu eine Bescheinigung des Polizeikommissariats E. vom Q. vor. Dort wird dem Kläger bescheinigt, in der Zeit vom R. in der V. Dienstabteilung nach einem Dienstplan Dienst versehen zu haben der einen Schichtdienst im täglichen Wechsel Früh/Spät und am Freitag/Samstag Nachdienst von 19:00 bis 3:00 Uhr vorsah. Der Kläger trägt dazu erläuternd vor, im Gegensatz zur ursprünglichen Planung habe er in E. nicht immer eine Woche lang Früh-, Spät- oder Nachtdienst geleistet, sondern in jeder Woche habe eine dieser drei Schichten anfallen können, was allein vom Vorhandensein des Personals abhängig gewesen sei. Der Wechsel von einer dieser Schichten in eine andere in einer Woche sei die Regel gewesen, da die V. Dienstabteilung quasi eine Verfügungstruppe gewesen sei. Ferner werde die Zeit beim Bundesgrenzschutz zu berücksichtigen sein.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom N. festzustellen, dass er die Voraussetzungen für die Verringerung der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand nach § 228 Abs. 2 NBG (mit Vollendung des 60. Lebensjahres am S.) erfüllt.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen
und verteidigt den ergangenen Bescheid. Erläuternd führt sie dazu aus, als anrechnungsfähige Zeiten kämen nur solche des Wechselschichtdienstes in Betracht. Solche Zeiten entsprächen der Regelung des § 22 Abs. 1 EZulV, die eine Zulage gewähre. Eine solcherart konkrete Festlegung der Dienststunden habe es für den Kläger ab November 2000 nicht mehr gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Personalakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Verpflichtungsklage auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung durch die Beklagte, dass er die Voraussetzungen zur Verringerung der Altersgrenze gemäß § 228 Abs. 2 NBG erfüllt und die gesetzliche Altersgrenze für den Eintritt in seinen Ruhestand bereits mit Vollendung des 60 Lebensjahres erreicht.
Die Klage bleibt nicht bereits deshalb ohne Erfolg, weil der Kläger die formellen Voraussetzungen für die Herabsetzung der Altersgrenze nicht erfüllt hat. Nach § 228 Abs. 2 Satz 2 NBG hätte der Kläger spätestens vier Jahre vor Erreichen der in Satz 1 genannten (verringerten) Altersgrenze, im Falle des Klägers also vor Erreichen des 60. Lebensjahres - mithin spätestens mit der Vollendung des 56. Lebensjahres - anzuzeigen gehabt, dass er mit Erreichen dieser Altersgrenze die Mindestzeit von 25 Jahren in den genannten Einsatzgebieten erbracht haben würde. Mit der Anzeigepflicht des § 228 Abs. 2 Satz 2 NBG verfolgt der Gesetzgeber hauptsächlich den Zweck sicherzustellen, dass die Polizeiverwaltung den entsprechenden Personalnachwuchs rechtzeitig aussuchen und ausbilden kann (vgl. Begründung zum Änderungsantrag der Fraktionen der Regierungsparteien vom November 2005 zur T.). Diese Anzeigepflicht konnte der Kläger jedoch nicht erfüllen. Denn er hat sein 56. Lebensjahr am U. vollendet. Die neugefasste Vorschrift des § 228 NBG ist hingegen erst am 01.01.2006 in Kraft getreten. Die Vierjahresfrist konnte der Kläger somit nicht einhalten. Offensichtlich hat der Gesetzgeber übersehen, dass für die Beamten des Geburtsjahrgangs 1949 eine rechtzeitige Anzeige gar nicht möglich war. Im Hinblick darauf sieht der Runderlass des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 15.03.2006 (Az.: ) zu § 228 NBG für die Beamten des Geburtsjahrgangs 1949 eine Frist zur Anzeige bis zum V. vor. Der Kläger hat seine Anzeige im Schreiben vom L. gegenüber der Beklagten, dort eingegangen am W., innerhalb der durch den Runderlass gesetzten Frist abgegeben. Unabhängig von der Frage, ob diese durch Runderlass angeordnete Fristsetzung rechtliche Bindungswirkung für die betroffenen Beamten erzeugen kann, ist von einer rechtzeitigen Anzeige auszugehen, denn der Umstand, dass dem Kläger eine Anzeige innerhalb der gesetzlichen Frist nicht möglich war, darf ihm jedenfalls nicht zum Nachteil gereichen.
Die Klage ist aber deshalb unbegründet, weil die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Verringerung der Altersgrenze des Klägers, die dieser regulär mit der Vollendung des 61. Lebensjahres, also am X. erreicht, nach § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG nicht vorliegen.
Nach § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG verringert sich die Altersgrenze nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 um ein Jahr, wenn der Polizeivollzugsbeamte mindestens 25 Jahre im Wechselschichtdienst, im Spezialeinsatzkommando, im Mobilen Einsatzkommando, in der Polizeihubschrauberstaffel oder im kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereich tätig gewesen ist. Der Kläger war aber nicht 25 Dienstjahre in den in § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG genannten Einsatzbereichen tätig. Er war zu keiner Zeit im Spezialeinsatzkommando, im Mobilen Einsatzkommando oder in der Polizeihubschrauberstaffel eingesetzt. Er war lediglich in der Zeit vom M. bis zum O., also genau 24 Dienstjahre, im Wechselschichtdienst tätig. Die sonstigen Tätigkeiten des Klägers sind nicht den in § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG umschriebenen Einsatzbereichen zuzuordnen.
Die Kammer braucht nicht zu entscheiden, ob für die Verringerung der Altersgrenze anrechenbare Dienstjahre auch solche sein können, die der Beamte im Dienste eines anderen Dienstherrn zurückgelegt hat. Der Wortlaut des Gesetzes enthält eine solche Einschränkung jedenfalls nicht. Der Kläger hat insoweit zwar darauf hingewiesen, dass auch seine Dienstzeiten beim Bundesgrenzschutz unter dem Blickwinkel § 228 Abs. 2 NBG zu betrachten seien. An einem substantiierten Vortrag fehlt es hingegen, welche der von ihn dort geleisteten Zeiten möglicherweise den Einsatzbereichen zugeordnet werden könnten, die zum Erreichen der Frist von 25 Jahren dienen. Aus der von der Kammer beigezogenen Personalakte des Klägers, wie sie von der Bundesgrenzschutzverwaltung geführt wurde, ergeben sich solche Zeiten nicht. Im Gegenteil sprechen die dort dokumentierten Einsatzbereiche des Klägers, er war dort während seiner 8-jährigen Dienstzeit als Kraftfahrer, kurzfristig als Hilfsausbilder und die längste Zeit als Wart für Unterkunft und Verpflegung tätig, nicht dafür, dass er seinen Dienst im Grenzschutz im Wechselschichtdienst oder im (bundespolizeilichen) Kriminalermittlungsbereich geleistet hat.
Wechselschichtdienst hat der Kläger nur in der Zeit von November 1976 bis Oktober 2000 geleistet, mithin in einem Zeitraum, der die geforderten 25 Dienstjahre nicht erreicht. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Dienst des Klägers im Einsatz und Streifendienst beim Polizeikommissariat E. in der Zeit vom H. bis zum Y. kein Wechselschichtdienst im Sinne des § 228 Abs. 2 S. 1 NBG war. Dabei geht die Kammer davon aus, dass diese Zeit, auch wenn 9 Tage im Monat November 2001 fehlen, nach der Berechnungsweise der Beklagten 12 volle Monate darstellen und bei gegenteiliger als von der Kammer vertretener Rechtsauffassung geeignet wären, die Frist von 25 Jahren zu erfüllen. Der Begriff des Wechselschichtdienstes knüpft erkennbar an die Regelung in der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen vom 03.12.1998 (BGBl. I S. 3497) an, die auf der Grundlage des § 47 BBesO erlassen wurde. § 20 EZulV gewährt Beamten Zulagen für Dienst, der sie zeitlich und gesundheitlich besonders in Anspruch nimmt und differenziert dabei zwischen Wechselschichtdienst und Schichtdienst. Eine Wechselschichtzulage erhalten Beamte nach § 20 Abs. 1 EZulV, die ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt sind, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird) vorsieht, und sie dabei in je 5 Wochen durchschnittlich mindestens 40 Dienststunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leisten. Eine demgegenüber verringerte "schlichte" Schichtzulage erhalten Beamte, wenn sie ständig Schichtdienst leisten, der in § 20 Abs. 2 EZulV als Dienst nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht, definiert wird. Die damals für den Kläger zuständige Bezirksregierung Hannover hat mit rechtsbeständig gewordenem Bescheid vom G. verfügt, dass dem Kläger mit Wirkung vom H. die Wechselschichtzulage entzogen und ihm stattdessen eine (geringere) Schichtzulage gem. § 20 Abs. 2 EZulV gewährt wird. Der Kläger räumt ein, dass ihm die Wechselschichtzulage "gekürzt" worden sei, rechtlich handelt es sich bei dem Vorgang jedoch um den vollständigen Entzug der Wechselschichtzulage, für die stattdessen die Schichtzulage gewährt wird. Ob diese besoldungsrechtliche Regelung konstitutiv ist für die von der Kammer zu entscheidende Frage, ob der Kläger in der Zeit von November 2000 bis November 2001 Wechselschichtdienst geleistet hat oder nicht, braucht nicht beantwortet zu werden. Nach der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung des Leiters des Polizeikommissariats E. vom Q. sowie aus den eigenen Angaben des Klägers, die er in der Befragung im Termin zur mündlichen Verhandlung zu seiner Dienstleistung in der hier streitigen Zeit gemacht hat, ergibt sich nämlich zur Überzeugung der Kammer, dass der Kläger keinen Wechselschichtdienst geleistet hat.
Die von ihm vorgelegte Bescheinigung sagt dazu aus, dass der Dienstplan einen Schichtdienst im täglichen Wechsel früh-spät und am Freitag/Samstag Nachtdienst von 19 - 6 Uhr vorsah. Erläuternd und ergänzend hat der Kläger dazu im Termin erklärt, er sei häufig auch während einer Woche von einer Schicht in die andere gewechselt, tatsächlich sei dies eher der Regelfall gewesen. Die Spätschicht habe um 22 Uhr, die Nachtschicht um 3 Uhr geendet. Die nächste Schicht habe um 7 Uhr in der Früh begonnen. Von 19 - 22 Uhr seien sowohl die Kollegen des Spätdienstes wie auch des Nachtdienstes anwesend gewesen. Aus diesen Angaben ergibt sich, dass der Kläger Wechselschichtdienst im Sinne des § 22 Abs. 1 EZulV und des § 228 Abs. 2 NBG nicht geleistet hat. Wechselschichtdienst ist nämlich durch zwei besondere Erfordernisse gekennzeichnet. Der Begriff erfordert einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit und knüpft damit an die individuellen Gegebenheiten der Arbeitszeitverteilung an. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn der Anfangs- und/oder Endzeitpunkt mehrerer Dienstschichten unterschiedlich festgelegt sind (BverwG, Urt. v. 21.08.1997, ZBR 1998, 100; Urt. v. 21.03.1996, Buchholz 240.1 Nr. 17). Des weiteren muss aber, um den bloßen Schichtdienst zum Wechselschichtdienst zu machen, hinzukommen, dass der Wechselschichtdienst in wechselnden Arbeitsschichten ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Da der einzelne Beamte selbstverständlich nicht ununterbrochen arbeiten kann und darf, ist dieses Erfordernis auf die Organisation in der jeweiligen Dienststelle bezogen. In ihr muss aufgrund eines Schichtplanes ununterbrochen gearbeitet werden. Dieses Erfordernis ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 EZulV und ist als solches in der Rechtsprechung des Nds. OVG geklärt (vgl. U. v. 27.06.1996- 5L2141/95 bis 5 L 2149/95 -; B. v. 19.121997 -). An einer solchen, ununterbrochene Dienstleistung vorsehenden Schichtplangestaltung fehlte es im Polizeikommissariat E.. Dort ging nämlich um 3 Uhr die Nachtschicht zu Ende, die nächsten 4 Stunden waren für alle Beamte dienstfrei, erst um 7 Uhr begann der Dienst für die Beamten, die zur Frühschicht eingeteilt waren. Bei einer solchen Arbeitszeitgestaltung fehlt es an einem Schichtplan, der ununterbrochen Arbeitszeit festsetzt. Damit ist aber das Tatbestandsmerkmal des Wechselschichtdienstes für diesen Zeitraum nicht erfüllt.
Die vom Kläger seit November 2000 bis heute geleistete Dienstzeit kann auch nicht deshalb auf die 25 Jahresfrist des § 228 Abs. 2 NBG angerechnet werden, weil er im Sinne dieser Rechtsvorschrift im kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereich tätig (gewesen) ist. Allerdings wäre es mit dem Wortlaut des § 228 Abs. 2 S. 1 NBG vereinbar, jedwede kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit, also auch eine solche in dem Bereich der Verkehrsdelikte, als Tätigkeit im kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereich zu qualifizieren. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung zu seiner konkreten Tätigkeit ausgeführt, der Dienstabteilung, der er angehöre, sei der Aufgabenbereich der Verkehrsdelikte übertragen worden. Sein Dienst bestehe im Wesentlichen aus der Aufnahme von Unfällen vor Ort einschließlich der Spurensicherung sowie in der Überwachung des fließenden Verkehrs. Zu seinen Obliegenheiten habe aber auch die Bearbeitung von Verkehrsstraftaten gehört, etwa bei Unfallflucht. Hier seien Zeugen zu vernehmen, Spuren zu sichern und gegebenenfalls Sachverständige einzuschalten.
Die Auslegung des gerichtlich vollumfänglich nachprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriffs des "kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereichs" ist jedoch nicht auf den Wortlaut der Vorschrift beschränkt. Vielmehr ergibt sich der Bedeutungsgehalt eines solchen unbestimmten Rechtsbegriffs aus der Zweckbestimmung und Zielsetzung der jeweiligen gesetzlichen Regelung sowie aus dem systematischen Zusammenhang, in den der Begriff hineingestellt ist (vgl. BVerwG Urt. v. 30.03.2006 - 2 C 23.05 - ZBR 2006, 349-351; Urt. v. 09.02.1972 - 6 C 20.69 - BVerwGE 39, 291 und Urt. v. 29.04.2004 - 2 C 21.03 - Buchholz 237.95 § 88a SHLBG Nr. 1).
Die damit gebotene Auslegung der Vorschrift nach Sinn und Zweck unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs ergibt, dass unter Tätigkeit im kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereich im Sinne des § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG der Einsatz von Polizeivollzugsbeamten in einem in physischer und psychischer Hinsicht besonders belastenden Bereich über einen Zeitraum von mindestens 25 Jahren zu verstehen ist. Der Gesetzgeber hat nämlich mit der Aufzählung der Einsatzbereiche des Wechselschichtdienstes, des Spezialeinsatzkommandos, des Mobilen Einsatzkommandos und der Polizeihubschrauberstaffel vier Tätigkeitsfelder aufgeführt, die ersichtlich mit erhöhten psychischen oder physischen Belastungen für die Polizeibeamten verbunden sind.
So verrichten Beamte, die im Wechselschichtdienst verwendet werden, ihren regulären Dienst ständig nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in wechselnde Arbeitsschichten vorsieht, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Dabei finden die von dem Schichtdienstleistenden geforderte ständige Umstellung des Arbeits- und Lebensrhythmus sowie die damit verbundenen gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen eine besoldungsrechtliche Anerkennung durch die Erschwerniszulage nach § 20 Abs. 1 EZulV (vgl. BVerwG Urt. v. 21.03.1996 - 2 C 24.95 -, Buchholz 240.1 BBesO Nr. 17). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die sich auf entsprechende arbeitsmedizinische Gutachten und Untersuchungen beruft, kann davon ausgegangen werden, dass Beamte sich nicht an diesen unregelmäßigen Lebensrhythmus anpassen oder gewöhnen können, andauernde Nachtarbeit die ausreichende Regeneration durch Schlaf am Tag mindert, Nachtarbeit die Funktion des Verdauungstraktes beeinträchtigt und Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, vegetative Störungen, Krankheiten der Kreislauforgane sowie Schlafstörungen begünstigt (vgl. BVerwG Urt. v. 25.01.2007 - 2 C 28.05 ZBR 2007, 307-311).
Auch Polizeivollzugsbeamte im Spezialeinsatzkommando und im Mobilen Einsatzkommandos sind im Rahmen ihrer Tätigkeit erhöhten Belastungen ausgesetzt. Denn sie werden überwiegend zur Bewältigung gefährlicher Konfliktlagen eingesetzt, die besonders hohe Anforderungen an ihre körperliche und mentale Konstitution stellen. Im Vergleich zum "normalen" Polizeidienst sind diese Spezialeinsätze mit besonderen physischen und psychischen Belastungen verbunden (vgl. BVerwG Urt. v. 25.01.2007 - 2 C 28.05 a.a.O., S. 18).
Schließlich sind auch Polizeivollzugsbeamte in der Polizeihubschrauberstaffel erhöhten Belastungen ausgesetzt. So werden an die in der Polizeihubschrauberstaffel eingesetzten Piloten vergleichbar den Piloten anderer Luftfahrzeuge besondere Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit gestellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.11. 2004 - 1 BvR 2459/04 - MDR 2005, 341-342). Auch das übrige, von § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG ebenso einbezogene, nichtfliegende Personal der Polizeihubschrauberstaffel ist deutlich erhöhten Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit und zugleich den gesteigerten Gefahren ausgesetzt, die mit den ohnehin nur in besonderen Situationen in Betracht kommenden Einsätzen der Polizeihubschrauberstaffel regelmäßig verbunden sind.
Die vom Gesetzgeber als Ausnahmevorschrift zu § 228 Abs. 1 NBG gestaltete Regelung des § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG zielt daher mit diesen vier genannten Tätigkeitsfeldern ihrem Sinn und Zweck nach erkennbar darauf ab, für diejenigen Polizeivollzugsbeamten, die in einer über das Maß des durchschnittlichen Polizeivollzugsbeamten hinausgehenden Weise in physischer und psychischer Hinsicht besonders belastende Tätigkeiten über einen Zeitraum von mindestens 25 Jahren wahrgenommen haben, als entsprechenden Ausgleich dieser erhöhten Belastungen die Altersgrenze zum Eintritt in den Ruhestand um ein Jahr zu verringern. Die besonderen gesundheitlichen Belastungen, die über viele Jahre der Dienstausübung entstehen und ein früheres Nachlassen der Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Lebensalter herbeiführen können, sollen über eine ausnahmsweise Verringerung der Altersgrenze zum Eintritt in den Ruhestand angemessen kompensiert werden.
Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der weitere in § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG genannte Begriff des "kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereichs" ebenfalls nur solche Ermittlungstätigkeiten erfasst, die in vergleichbarer Weise physisch oder psychisch besonders belastend sind. Der Sinngehalt des § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG ist insofern teleologisch zu reduzieren, als vor die Worte des "kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereichs" gedanklich die Worte "in vergleichbarer Weise gesundheitlich belastend" - darunter fallen sowohl psychische als auch physische Belastungen - hineinzulesen sind. Diese restriktive Auslegung des Tatbestandsmerkmals "kriminalpolizeilicher Ermittlungsbereich" ist auch im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Vorschrift des § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG angezeigt.
Schließlich ergibt auch eine systematische Auslegung der Vorschrift des § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG, dass es für die Position des Klägers, jedwede kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit sei als Tätigkeit im kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereich zu qualifizieren, keinen wirklich tragfähigen Anhaltspunkt gibt. Es hätte nämlich der Erwähnung der Tätigkeitsfelder des Spezialeinsatzkommandos bzw. des Mobilen Einsatzkommandos in § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG nicht bedurft, wenn der Begriff des kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereichs so verstanden würde, wie es der Kläger für zutreffend hält, weil dann auch diese Einsatzbereiche dem kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereich zuzurechnen wären. Nur die gebotene einschränkende Auslegung des Tatbestandsmerkmals "kriminalpolizeilicher Ermittlungsbereich" führt dazu, dass sämtlichen der in Rede stehenden Vorschrift aufgeführten Tätigkeitsfeldern eigenständige Einsatzbereiche zugeordnet werden können.
Dieses Verständnis der Norm entspricht unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des § 228 NBG auch dem gesetzgeberischen Willen. Mit dem ersten Entwurf zur Einführung des § 228 Abs. 1 NBG sollte ursprünglich die Altersgrenze für Polizeivollzugsbeamte, die bislang mit der Vollendung des 60. Lebensjahres erreichten, nach Geburtsjahrgängen abgestuft - jedoch ohne Ausnahme - angehoben werden. Dem lag die Überlegung zugrunde, dass sich die Annahme, Polizeivollzugsbeamte seien mit Vollendung des 60. Lebensjahres im Allgemeinen den erhöhten Anforderungen des Polizeidienstes - insbesondere aber des Wechselschichtdienstes - nicht mehr gewachsen, aufgrund der eingetretenen Änderungen in den polizeilichen Organisationsstrukturen und Aufgabenbereichen sowie im Hinblick auf die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen durch den technischen Wandel nicht mehr aufrechterhalten lasse (vgl. LTDrs. 15/2170 S. 8). Demgegenüber sah der zweite und letztlich umgesetzte Entwurf der Neufassung des § 228 NBG die Aufnahme eines Ausnahmetatbestandes vor, der durch einen Änderungsantrag der Fraktionen der Regierungsparteien zur LTDrs. 15/2170 vom November 2005 mit dem heutigen § 228 Abs. 2 NBG entsprechend formuliert wurde. Damit sollte den unterschiedlichen Belastungssituationen innerhalb der Polizei Rechnung getragen und den Polizeivollzugsbeamten, die 25 Jahre einer besonders belastenden Tätigkeit nachweisen, als Kompensation die Verringerung der Altersgrenze ermöglicht werden. Dabei wurde darauf abgestellt, dass ein Einsatz im Wechselschichtdienst, im Spezialeinsatzkommando, im Mobilen Einsatzkommando und in der Polizeihubschrauberstaffel bereits in der Verordnung des Bundes über die Gewährung von Erschwerniszulagen (EZulV) als zulagenwürdig und damit belastend erwähnt wird. Darüber hinaus wurde auch im kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereich die psychische Belastung in bestimmten Tätigkeitsfeldern als eine besondere Herausforderung bewertet.
Die Tätigkeit des Klägers als Sachbearbeiter für Verkehr im Einsatz- und Streifen- bzw. Kriminalermittlungsdienst ist keine Funktion, die vergleichbare hohe gesundheitliche Belastungen mit sich bringt wie der Einsatz in den übrigen in § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG aufgeführten Tätigkeitsfeldern. Dabei wird nicht verkannt, dass der Kläger nicht zuletzt durch entsprechende Schulungen ein speziell ausgebildeter Fachmann ist und eine verantwortungsvolle Aufgabe innerhalb der kriminalpolizeilichen Ermittlungsarbeit wahrnimmt. Der Kläger ist damit den erhöhten Belastungen ausgesetzt, die dem Beruf des Polizeivollzugsbeamten typischerweise innewohnen und die aus diesem Grunde zu einer gegenüber den sonstigen Landesbeamten herabgesetzten Altersgrenze geführt haben (§ 228 Abs. 1 Satz 1 NBG). Aber einer vergleichbaren Belastung wie Polizeivollzugsbeamte, die 25 Jahre im Wechselschichtdienst, im Spezialeinsatzkommando, im Mobilen Einsatzkommando oder in der Polizeihubschrauberstaffel eingesetzt sind, unterliegen Beamte, die wie der Kläger vornehmlich den fließenden Verkehr überwachen oder in Verkehrsstrafsachen ermitteln, nicht. Solche Ermittlungen und Überwachungstätigkeiten verlangen typischerweise keinen anstrengenden körperlichen Einsatz. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass der Kläger im Rahmen dieses Dienstes besonderen psychischen Belastungen ausgesetzt wäre. Dabei bedarf es auch keiner abschließenden Klärung, ob die Tätigkeitsfelder im kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereich im Sinne des § 228 Abs. 2 NBG auf die drei Aufgabengebiete Todesursachenermittlung, Sexualdelikte und Verdeckte Ermittlungen i.S.d. § 22 EZuLV beschränkt werden können, wie es in dem von dem Beklagten zur Begründung seiner Entscheidung angeführten Runderlass des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 15.03.2006 (Az.: LPP 5.21 - 03102/228) vorgesehen ist. Ob eine Verengung des "kriminalpolizeilichen Ermittlungsbereichs" ausschließlich auf die drei in dem Runderlass genannten Aufgabengebiete, wie es die Formulierung durch das vorangestellte "nur" nahe legt, eine zutreffende Auslegung ist, mag Zweifeln begegnen. Diesen ist hier aber nicht weiter nachzugehen, weil die Tätigkeit im Bereich der für Verkehrssachen zuständigen Dienstabteilung jedenfalls nicht als gesundheitlich besonders belastende kriminalpolizeiliche Ermittlungstätigkeit im Sinne des § 228 Abs. 2 Satz 1 NBG zu bewerten ist.
Da der Kläger - neben den insoweit unstreitig anzuerkennenden 24 Jahren im Wechselschichtdienst - bis zum Erreichen seines 60. Lebensjahres am S. die ihm insofern noch fehlenden weiteren 12 Monate absehbar nicht mehr in einem der geforderten Tätigkeitsbereiche wird ableisten können, war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf § 167 VwGO.
Das Gericht hat die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Der Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG.
Goos
Dr. Hüper