Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 09.01.2008, Az.: 8 C 5500/07
Kostenentscheidung bei sog. "Losanträgen" im NC-Verfahren; Hochschulzulassung, Losantrag; Losantrag, NC-Verfahren; NC-Verfahren, Losantrag
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 09.01.2008
- Aktenzeichen
- 8 C 5500/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 45453
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2008:0109.8C5500.07.0A
Rechtsgrundlagen
- § 154 I VwGO
- § 155 I 1 VwGO
- § 88 VwGO
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Auch mit sog. "Losanträgen" wird bei natürlicher Betrachtungsweise eine Regelung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) begehrt, welche sich nicht nur in der Teilnahme an einem Vergabeverfahren (Losverfahren) erschöpft, sondern zugleich auch die sofortige Aufnahme des Studiums nach Maßgabe des Losergebnisses anordnet.
- 2.
Die Kostenentscheidung der einstweiligen Anordnung, mit welcher die Hochschule verpflichtet wird, zusätzliche Studienplätze nach Maßgabe einer ausgelosten Rangfolge an Antragsteller zu vergeben, muss daher die Wahrscheinlichkeit der Zuweisung eines Studienplatzes berücksichtigen.
Gründe
Die von der Antragstellerin gegen die Einschränkung ihrer Beteiligung an der Vergabe von acht freien Studienplätzen der Zahnmedizin erhobenen Einwendungen veranlassen die Kammer nicht, den Beschlussausspruch der einstweiligen Anordnung in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO zu Gunsten der Antragstellerin zu ändern.
Die Antragstellerin hat im vorliegenden Verfahren beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, zur Verteilung weiterer Studienplätze gemäß der Sach- und Rechtslage des Wintersemesters 2007/2008 im Studiengang Zahnmedizin, 1. Fachsemester ein Auswahlverfahren (Losverfahren) durchzuführen, und zwar im Umfang von 10 % der in der Zulassungszahlen-Verordnung für das Wintersemester 2007/2008 zuletzt festgesetzten Zulassungszahl, und sie an diesem Auswahlverfahren (Losverfahren) zu beteiligen und ihr einen Studienplatz zuzuweisen, sofern sie einen entsprechenden Rangplatz gemäß den Feststellungen des Gerichts erhält.
Die Bedeutung des Sachantrags war sowohl für den Umfang der zu erlassenden Anordnung als auch die Abschätzung des Erfolgsanteiles für die Kostenentscheidung Gegenstand der Beratung und Beschlussfassung der Kammer über das vorliegende Rechtsschutzbegehren. Da der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin in einem Parallelverfahren (8 C 5391/07) in Auseinandersetzung mit hierzu ergangener Rechtsprechung auf die Bedeutung des "reinen Losantrags" hingewiesen hatte, konnte die Kammer nach § 88 VwGO über das ausdrücklich geäußerte Petitum der Antragstellerin, an der Vergabe von (nur) acht zusätzlichen Studienplätzen beteiligt und im Fall des Loserfolgs zum Studium der Zahnmedizin zugelassen zu werden, nicht hinausgehen. Sie konnte gerade im Hinblick auf die abweichende Auffassung der Antragstellerin zur Bedeutung des Sachantrags für die Kostenfolge (§ 154 Abs. 1 VwGO) nicht unterstellen, dass die Antragstellerin abweichend vom Wortlaut ihres Sachantrags und ihrer überschlägigen Kapazitätsabschätzung auch die Einbeziehung in die Vergabe weiterer freier Studienplätze verfolgen wollte.
Der danach auf Antrag der Antragstellerin insoweit einzuschränkende Entscheidungsausspruch steht auch nicht im Widerspruch zu der auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO gestützten anteiligen Teilung der Kosten. Soweit sich Antragsteller in anderen anhängig gewesenen Eilverfahren auf die Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins vom November 2007 im Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 1464/07 berufen haben, folgt die Kammer der in dieser Stellungnahme vertreten Rechtauffassung zur Inhaltsbestimmung der Rechtsschutzbegehren mit sog. "Losanträgen" und der daraus folgenden Anwendung des § 154 Abs. 1 VwGO nicht. Die Rechtsauffassung des Deutschen Anwaltvereins verkennt, dass auch diese Recht Suchenden ebenso wie die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens zur Sicherung ihres Rechts auf Zugang zum Studium in einem NC-Fach eine Regelung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) begehren, welche sich nicht in der Teilnahme an einem Vergabeverfahren (Losverfahren) erschöpft, sondern zugleich auch die sofortige Aufnahme des Studiums ermöglichen soll. Dementsprechend ist die Antragsgegnerin in dem (Sammel-) Beschluss der Kammer vom 21. Dezember 2007 nicht nur verpflichtet worden, innerhalb einer Woche nach Zustellung des Beschlusses eine Rangfolge unter den Antragstellerinnen und Antragstellern auszulosen. Untrennbarer Bestandteil der Regelung der einstweiligen Anordnung ist auch die Verpflichtung der Antragsgegnerin, die ziffernmäßig bestimmte Anzahl von Antragstellerinnen oder Antragsteller nach Maßgabe ihres Rangplatzes und der Nachrückerregelung vorläufig zum Studium der Zahnmedizin im ersten Fachsemester zuzulassen. Hierzu hat die Kammer bereits im (Sammel-) Beschluss vom 21. Dezember 2007 darauf hingewiesen, dass eine einstweilige Anordnung ohne die entsprechende Verpflichtung zur vorläufigen Zulassung der ausgelosten Antragstellerinnen und Antragsteller zum Studium aus Sicht der Recht Suchenden wertlos und damit nicht sachdienlich wäre, denn sie eignete sich nicht, den aus Art. 12 Abs. 1 GG hergeleiteten Anspruch auf Zulassung zum Studium zu sichern. Zugleich hat die Kammer auf die Fassungen der Sachanträge aller Antragstellerinnen und Antragsteller, die dieser Überlegung Rechnung tragen, hingewiesen und ausgeführt, dass sog. "reine" und damit bei Aufdecken eines Kapazitätsrestes stets im Sinne von § 154 Abs. 1 VwGO im vollen Umfang erfolgreiche "Losanträge" im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch tatsächlich nicht gestellt werden. Vielmehr umfassen alle Sachanträge ausdrücklich den eigentlichen Kern der Rechtschutzbegehren, nämlich den Anordnungsanspruch auf vorläufige Zulassung zum Studium nach Maßgabe des gerichtlich angeordneten Vergabeverfahrens. Das ist auch vorliegend der Fall und entspricht bei natürlicher Betrachtungsweise dem Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin.