Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 21.03.2002, Az.: 3 A 82/01
Anmeldung; Auftragsverhältnis; Delegation; Kostenerstattung; Umzug
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 21.03.2002
- Aktenzeichen
- 3 A 82/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 42322
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 107 BSHG
- § 111 Abs 2 BSHG
- § 96 Abs 1 BSHG
- § 111 SGB 10
- § 4 Abs 1 BSHGAG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Verzieht eine Person innerhalb des Gebietes eines Landkreises von einer Mitgliedsgemeinde in eine andere, kann der dem Landkreis zustehende Erstattungsanspruch aus § 107 BSHG insgesamt von einer gemäß § 96 Abs. 1 BSHG, § 4 Abs. 1 Nds. AG BSHG herangezogenen Mitgliedsgemeinde wirksam angemeldet werden. Eine zweite Anmeldung ist nicht erforderlich.
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, die von dem Kläger an Herrn Werner C. in der Zeit vom 14.07.1995 bis 30.06.1997 aufgewendete Sozialhilfe in Höhe von insgesamt 7154,19 Euro (13.992,38 DM) an diesen zu erstatten.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt vom Beklagten eine Erstattung gemäß § 107 BSHG.
Herr Werner C. erhielt von der Gemeinde C. im Auftrag des Beklagten laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG. Am 07.07.1995 zog er nach S. um und stellte bei der zuständigen Samtgemeinde N., welche im Namen und Auftrag für den Kläger handelt, einen Antrag auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. In der Folgezeit erhielt Herr C. vom 14.07.1995 bis 29.02.1996 Leistungen seitens der Samtgemeinde N. in Höhe von insgesamt 4.812,68 DM.
Zum 01.03.1996 verzog er in die Stadt K., wo er wiederum laufende Hilfe zum Lebensunterhalt erhielt.
Mit Schreiben vom 09.07.1996 machte die Samtgemeinde N. bei der Gemeinde C. in Bezug auf die an Herrn C. geleisteten Zahlungen einen Erstattungsanspruch gemäß § 107 BSHG geltend. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass ab dem 01.03.1996 für die weitere Bearbeitung dieser Angelegenheit die ebenfalls namens und im Auftrage des örtlich zuständigen Trägers der Sozialhilfe, des Klägers, tätige Stadt K. zuständig sei. Mit Schreiben vom 28.06.1999 bezifferte die Samtgemeinde N. gegenüber dem Beklagten die für Herrn C. geleisteten Zahlungen in der Zeit vom 14.07.1995 bis 29.02.1996 bzw. 01.03.1996 bis 14.07.1997 auf insgesamt 14.260,11 DM. Unter dem 25.01.2001 lehnte der Beklagte gegenüber der Samtgemeinde N. eine Kostenerstattung ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass für den Zeitraum vom 15.07.1995 bis 29.02.1996 von der Samtgemeinde N. lediglich 4.812,68 DM geleistet worden seien. Da diese Summe unter der Bagatellgrenze gemäß § 111 BSHG liege, sei eine Erstattung nicht möglich. Für weitere Zeiträume der Hilfegewährung liege keine wirksame Anmeldung eines Kostenerstattungsanspruches gemäß § 111 SGB X vor. Erstattungsberechtigt sei grundsätzlich der Kläger als örtlicher Träger der Sozialhilfe. Dieser habe die Aufgabe zur Durchführung der Kostenerstattung auf seine Mitgliedsgemeinden delegiert. Dementsprechend sei die Anmeldung durch die Samtgemeinde N. wirksam erfolgt. Dies könne jedoch im Rahmen der Heranziehung nur für die im eigenen Bereich der Samtgemeinde anfallenden Kosten erfolgen. Verziehe ein Hilfeempfänger innerhalb des Bereiches des Klägers, bleibe der Kostenerstattungsanspruch für diesen dem Grunde nach zwar bestehen, allerdings nur, wenn die nunmehr zuständige Gemeinde ihrerseits gegenüber dem kostenerstattungspflichtigen Träger den Anspruch anmelde. Anderenfalls hätte dies zur Folge, dass die Samtgemeinde N. Aufgaben aus dem Zuständigkeitsbereich der Stadt K. wahrnehme.
Mit der am 07.03.2001 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung trägt er vor, als örtlicher Sozialhilfeträger gemäß § 1 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des BSHG sei er - ungeachtet der Heranziehung der Samtgemeinde N. und der Stadt K. durch öffentlich-rechtlichen Vertrag (§ 4 AG BSHG) - aktiv legitimiert, da er Inhaber des Kostenerstattungsanspruches gemäß § 107 BSHG geblieben sei. Die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach dieser Vorschrift lägen vor, insbesondere sei der Erstattungsanspruch ordnungsgemäß und fristgerecht in voller Höhe angemeldet worden. Es sei weder tatsächlich noch rechtlich ausgeschlossen, dass eine von ihm auch zur Durchführung von Kostenerstattungsangelegenheiten herangezogene Gemeinde - wie die Samtgemeinde N. - auch gleichzeitig für eine andere, in seinem Zuständigkeitsbereich liegende und ebenfalls entsprechend herangezogene Gemeinde - die Stadt K. - Kostenerstattung geltend mache. Beide Gemeinden handelten in seinem Namen und Auftrag im Rahmen eines durch öffentlich-rechtlichen Vertrages begründeten Delegationsverhältnisses im Sinne von § 4 Abs. 1 AG BSHG. Er bleibe weiterhin zuständiger örtlicher Sozialhilfeträger. Die Ausgestaltung des Delegationsverhältnisses und seines Umfanges bleibe allein ihm vorbehalten. Ob und inwieweit er selbst oder möglicherweise - wie hier - eine von zwei für die Sozialhilfegewährung herangezogenen Gemeinden in gegenseitiger Absprache nach außen hin als die für die Kostenerstattung zuständige Stelle gegenüber dem kostenerstattungspflichtigen Sozialhilfeträger auftrete, ändere nichts an seiner Kostenerstattungsberechtigung. Entscheidungserheblich sei allein, dass der Beklagte durch die Mitteilung der Samtgemeinde N. vom 09.07.1996 im Sinne des § 111 SGB X über die maßgeblichen Umstände in Kenntnis gesetzt worden sei. Die Tatsache, dass ab März 1996 eine andere von ihm herangezogene Gemeinde innerhalb seines Trägerbereiches für die Hilfegewährung "zuständig" gewesen sei, ändere nichts daran, dass eine Kostenerstattung auch dieser Aufwendungen durch eine andere Gemeinde für ihn als örtlichen Sozialhilfeträger habe geltend gemacht werden können. Dieser "Zuständigkeitswechsel" innerhalb seines Bereiches stelle keine wesentliche Änderung im Sinne von § 111 SGB X dar, die eine neue Anmeldung bedingt hätte. Welche Gemeinde in einem solchen Fall die Kostenerstattung dem Grunde nach gegenüber dem kostenerstattungspflichtigen Sozialhilfeträger vollziehe, bleibe allein seiner Entscheidung und Regelung als örtlichem Sozialhilfeträger vorbehalten. Dieses von ihm zugelassene und geduldete "Verfahren" sei allein aus verwaltungsökonomischen Gründen erfolgt. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 96 BSHG, da diese Vorschrift lediglich das Verhältnis zwischen Leistungsbehörde und Hilfesuchenden bzw. Hilfeempfängern, mithin das Leistungsverhältnis, betreffe, nicht jedoch das Verhältnis zwischen Sozialhilfeträgern im Rahmen eines Kostenausgleichs. Da sowohl er als auch der Beklagte der Niedersächsischen Vereinbarung zum gegenseitigen Verzicht auf die Geltendmachung von Kostenerstattung nach § 107 BSHG mit Wirkung vom 01.07.1997 beigetreten seien, sei die ursprünglich geltend gemachte Erstattungssumme um den im Juli 1997 gezahlten Betrag gemindert worden.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, die von ihm an Herrn W. C., wohnhaft in 3 H., D. 12, in der Zeit vom 14.07.1995 bis 30.06.1997 aufgewendete Sozialhilfe in Höhe von insgesamt 13.992,38 DM an ihn zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf sein Schreiben vom 25.01.2001 an die Samtgemeinde N. Außerdem widerspreche die Rechtsauffassung des Klägers den Regelungen des § 96 BSHG. Zwar führe die generelle Beauftragung der kreisangehörigen Gemeinde zu keiner Änderung der sachlichen Zuständigkeit, wohl aber zu einer Begrenzung der örtlichen Zuständigkeit auf den Gemeindebezirk. Bei der Heranziehung der Gemeinden handele es sich um ein Mandat (Vollmacht lediglich zur Kompetenzausübung, Verbleib der Kompetenz beim Auftraggeber). Dies setze allerdings voraus, da hierdurch die Rechtsstellung des Hilfesuchenden berührt werde, dass die Beauftragung in geeigneter Form veröffentlicht werde. Ausgehend davon, dass die gesetzlich vorgesehene Veröffentlichung dieser Heranziehung im Landkreis Helmstedt erfolgt sei, könnten somit die herangezogenen Gemeinden auch nur für ihr eigenes Gemeindegebiet örtlich zuständig sein und kostenerstattungsrelevante Erklärungen abgeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie die Verwaltungsvorgänge der Beteiligten sowie der Verwaltungsvorgänge der Stadt K. und der Samtgemeinde N. Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der Beratung.
II.
Die zulässige Leistungsklage, über die die Kammer im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) entscheiden kann, ist begründet. Dem Kläger steht gemäß § 107 BSHG gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Erstattung an Herrn W. C. gezahlter Sozialhilfeleistungen für die Zeit vom 14.07.1995 bis 30.06.1997 in Höhe von insgesamt 7.154,19 EUR (13.992,38 DM) zu.
Gemäß § 107 Abs. 1 BSHG ist dann, wenn eine Person vom Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltes verzieht, der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort erforderlich werdende Hilfe außerhalb von Einrichtungen im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG zu erstatten, wenn die Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedarf. Die Verpflichtung entfällt, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten keine Hilfe zu gewähren war und endet spätestens nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Aufenthaltswechsel (Abs. 2). Diese Voraussetzungen liegen - auch nach Ansicht der Beteiligten - unzweifelhaft vor. Herr C. hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt ursprünglich in der Gemeinde C., im Bereich des Beklagten, war in den Bereich der Samtgemeinde N. bzw. der Stadt K., welche beide zum Gebiet der Klägerin gehören, verzogen und hat innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel im streitigen Zeitraum ohne Unterbrechungen Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten.
Dem Kläger steht ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe der gesamten im umstrittenen Zeitraum von ihm bzw. seinen Mitgliedsgemeinden aufgewendeten Sozialhilfeleistungen zu. Dem Anspruch steht insbesondere nicht die Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG entgegen; der Anspruch ist in voller Höhe wirksam gemäß § 111 SGB X geltend gemacht worden.
Die Kammer stellt insoweit auf § 111 Abs. 2 BSHG in der zum Zeitpunkt der Geltendmachung der Kostenerstattung im Juni 1996 geltenden Fassung ab. Danach sind Kosten unter 5.000,00 Deutsche Mark bezogen auf einen Zeitraum der Leistungsgewährung von bis zu 12 Monaten außer in den Fällen einer vorläufigen Leistungsgewährung nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG nicht zu erstatten. Nach Aufhebung von § 112 BSHG gilt auch für einen Kostenerstattungsanspruch aus § 107 BSHG die Ausschlussfrist des § 111 SGB X entsprechend. Dementsprechend ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht.
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist mit der schriftlichen Anmeldung des Erstattungsanspruches durch die Samtgemeinde N. bei der Gemeinde C. am 09.07.1996 nicht nur die unterhalb der Bagatellgrenze liegende, von der Samtgemeinde N. selbst aufgewendete Summe in Höhe von 4.812,68 DM wirksam im Sinne von § 111 SGB X geltend gemacht worden, sondern die gesamte, auch die anschließende Zahlung der Stadt K. beinhaltende Summe in Höhe von insgesamt 13.992,38 DM. Insbesondere ist die Frist von 12 Monaten eingehalten worden. Sie beginnt bei Zahlung von laufenden Leistungen nach dem BSHG mit Ablauf des ersten Bewilligungszeitraumes und wirkt dann für den gesamten zukünftigen Zeitraum, in dem ohne wesentliche Unterbrechung Sozialhilfe gewährt wird (vgl. LPK, BSHG: vor § 103 Rn. 24). Nach Aufnahme der laufenden Zahlungen für Herrn C. am 14.07.1995 begann die Frist demnach am 31.07.1995, weshalb die Anmeldung gegenüber der Gemeinde C. bzw. dem Beklagten am 09.07.1996 rechtzeitig erfolgt ist.
Die Anmeldung ist auch im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden. Sie setzt voraus, dass das Erstattungsbegehren unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird und ausreichend deutlich wird, welche Leistungen zu erstatten sind. Es müssen zumindest die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruches maßgeblich sind, sowie der betroffene Zeitraum hinreichend konkret mitgeteilt werden (vgl. BSG, Urt. v. 23.02.1999 - B 1 KR 14/97 R - FEVS 51, 112). Diesen Voraussetzungen genügt das Schreiben der Samtgemeinde N. vom 09.07.1996, welches sich auf § 107 BSHG bezieht und den Leistungsempfänger, dessen bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen jetzigen gewöhnlichen Aufenthalt sowie den Beginn des Bedarfs nennt. Unschädlich ist insbesondere, dass die zu erstattende Summe noch nicht exakt genannt wurde, da dies zu diesem Zeitpunkt bei laufenden Leistungen nach dem BSHG regelmäßig noch nicht möglich ist.
Entgegen der Ansicht des Beklagten machte der Umzug des Herrn C. von der Samtgemeinde N. in den Bereich der Stadt K. keine neue Anmeldung des Erstattungsanspruches seitens der Stadt K. erforderlich. Zwar ist anerkannt, dass bei einer Änderung der Hilfeart oder einem Hinzutreten einer weiteren Sozialhilfeleistung eine neue Anmeldung erforderlich ist (vgl. LPK, a.a.O., vor § 103, Rn. 24). Diese Notwendigkeit ergibt sich aus Sinn und Zweck von § 111 SGB X, der eine Schutzvorschrift zugunsten des Kostenerstattungspflichtigen darstellt. Denn mit der Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruches soll der Kostenerstattungspflichtige alle Ansprüche gesondert prüfen können; er soll relativ kurze Zeit nach der Leistungserbringung durch den Kostenerstattungsberechtigten wissen, welche Ansprüche auf ihn zukommen (vgl. Schroeder/Printzen, SGB X: § 111 Rn. 2 unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts; Schellhorn, BSHG: § 111 SGB X Rn. 12). Da sich allein der Umzug innerhalb des Gebietes des Klägers als eigentlichem Sozialhilfeträger unter Weitergewährung gleichartiger Sozialhilfeleistungen nicht wesentlich auf den späteren Kostenerstattungsanspruch auswirkte, war eine erneute Geltendmachung im Sinne von § 111 SGB X nicht erforderlich. Der gewöhnliche Aufenthalt im Sinne von § 107 BSHG bezieht sich auf den Bereich des Sozialhilfeträgers und nicht die politische Gemeinde, weshalb die Kostenerstattungspflicht des Beklagten dementsprechend nicht durch den Umzug innerhalb des Gebietes des Klägers endete (vgl. Hinweise zur Sozialhilfe 107.2.1).
Die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruches in voller Höhe durch die Samtgemeinde N. im Juli 1996 war auch nicht deshalb unwirksam, weil die Samtgemeinde N. eine solche Erklärung nicht hätte wirksam abgeben können. Gemäß § 96 Abs. 1 BSHG sind örtliche Träger der Sozialhilfe die kreisfreien Städte und die Landkreise. Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Landkreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung von Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können. Von dieser Ermächtigung ist in Niedersachsen Gebrauch gemacht worden. Insoweit bestimmt § 4 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes (Nds. AG BSHG), dass die Landkreise zur Durchführung der ihnen als örtlichen Trägern der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben durch Satzung oder öffentlich-rechtlichen Vertrag kreisangehörige Gemeinden und Samtgemeinden heranziehen können. Auf dieser Grundlage hat der Kläger durch öffentlich-rechtliche Verträge mit seinen Mitgliedsgemeinden die ihm als örtlichem Träger der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben auf diese übertragen. Bei dieser Form der Heranziehung handelt es sich nicht um eine Delegation, da diese eine Kompetenzverschiebung im Sinne einer gleichzeitigen Abgabe und Übernahme einer Zuständigkeit mit der Maßgabe, dass der Delegationsnehmer im eigenen Namen entscheidet, voraussetzt (vgl. Mergler/Zink, BSHG: § 96 Rn. 16). Im vorliegenden Verfahren werden die Mitgliedsgemeinden des Klägers bei der Ausführung der Sozialhilfeaufgaben (lediglich) im Auftrag und im Namen des Klägers tätig. Es handelt sich dementsprechend bei dem Verhältnis zwischen dem eigentlichen Sozialhilfeträger und den herangezogenen Gemeinden um ein besonderes öffentlich-rechtliches Auftragsverhältnis, was dazu führt, dass die Landkreise trotz der Heranziehung der Gemeinden weiter örtlich und sachlich zuständig und demgemäß für die ordnungsgemäße Hilfegewährung verantwortlich bleiben. Die herangezogenen Gemeinden sind für den Vollzug zuständig. Im Rahmen dieser Vollzugszuständigkeit sind sie auch berechtigt bzw. verpflichtet (s. § 2 der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Samtgemeinde N. bzw. der Stadt K. vom 15.12.1986), vorrangige Ansprüche überzuleiten, Unterhaltspflichtige heranzuziehen und sämtliche Kostenersatz-, Kostenerstattungs- und sonstige Erstattungsansprüche geltend zu machen (vgl. LPK, BSHG: § 96 Rn. 4). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Mitgliedsgemeinden abhängig von allgemeinen Weisungen der Landkreise in deren Namen und Auftrag Aufgaben ausführen. Dementsprechend kann ein weiterhin grundsätzlich allein dem Landkreis zustehender Erstattungsanspruch aus § 107 BSHG, auch dann wenn er sich aus Leistungen unterschiedlicher herangezogener Gemeinden zusammensetzt, durch eine einmalige Geltendmachung im Sinne von § 111 SGB X gegenüber dem Kostenerstattungspflichtigen wirksam werden. Welche Befugnisse der Kläger den herangezogenen Gemeinden im Rahmen des besonderen Auftragsverhältnisses im Sinne von § 4 Abs. 1 Nds. AG BSHG überträgt, liegt in seiner Kompetenz.
Der Beklagte als Kostenerstattungspflichtiger wird damit auch nicht in ungerechtfertigter Weise benachteiligt. Wie oben bereits ausgeführt, werden seine Interessen durch die Frist nach § 107 BSHG und die entsprechende Geltung von § 111 SGB X gewahrt. Der Erstattungspflichtige soll vor länger zurückliegenden und noch nicht geltend gemachten Erstattungsansprüchen geschützt werden. Die Ausschlussfrist des § 111 SGB X soll ihm die Möglichkeit einräumen, sich in seinem Haushaltsgebaren darauf einzurichten, dass nicht geltend gemachte Erstattungen nicht für Zeiträume geleistet werden müssen, die länger als ein Jahr zurückliegen (vgl. BSG, Urt. v. 06.04.1989 - 2 RU 34/88 - recherchiert in Juris). Wenn ein Umzug von einer Mitgliedsgemeinde eines Landkreises zu einer anderen Mitgliedsgemeinde den Kostenerstattungspflichtigen nicht von seiner Erstattungspflicht befreit (s.o.), würde es eine ungerechtfertigte Besserstellung des Kostenerstattungspflichtigen darstellen, wenn in einem solchen Fall zwei gesonderte Anmeldungen im Sinne von § 111 SGB X zu fordern wären. Im vorliegenden Fall war den Interessen des Beklagten deshalb ausreichend Genüge getan, indem die Samtgemeinde N. bereits bei der Anmeldung des Erstattungsanspruches auf die weitere Bearbeitungszuständigkeit der Stadt K. hingewiesen hatte.
Nach alledem ist der Leistungsklage stattzugeben und der Beklagte zu verpflichten, die für Herrn C. aufgewendete Sozialhilfe in der zwischen den Beteiligten nicht streitigen Höhe von insgesamt 7.154,19 € (13.992,38 DM) an den Kläger zu erstatten.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO in der vor dem 01.01.2002 geltenden Fassung, da die Klage vor diesem Zeitpunkt anhängig geworden ist (s. § 194 Abs. 5 VwGO in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung, BGBl. 2001, I, S. 3987).
Gründe, die Berufung zuzulassen (vgl. § 124 VwGO), sind nicht ersichtlich.