Landgericht Hildesheim
Beschl. v. 01.09.2008, Az.: 7 S 41/08

Rückübertragung einer Kraftfahrzeugversicherung aus ungerechtfertigter Bereicherung sowie auf Übertragung des Schadensfreiheitsrabatts eines Ehegatten

Bibliographie

Gericht
LG Hildesheim
Datum
01.09.2008
Aktenzeichen
7 S 41/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 34213
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHILDE:2008:0901.7S41.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Peine - 31.01.2008 - AZ: 5 C 383/07

Fundstellen

  • FamRZ 2009, 608-609 (Volltext mit red. LS)
  • NJW-RR 2009, 1446-1447

In dem Rechtsstreit
...
hat die Zivilkammer 7 des Landgerichts Hildesheim
am 01.09.2008
durch
den xxxxx,
den Richter am Landgericht xxxxx und
den Richter am Landgericht xxxxx
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 05.03.2008 für die von ihr beabsichtigte Berufung gegen das am 31.01.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Peine wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

I.

Die von der Beklagten beabsichtigte Berufung gegen ihre Verurteilung zur Übertragung des bei der xxxxx bestehenden KfZ-Versicherungsvertrages mit der Versicherungsschein-Nr. 253351/07 hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO.

2

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückübertragung der Kraftfahrzeugversicherung aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB.

3

1.

Nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB ist der Empfänger einer Leistung zu deren Rückgabe an den Leistenden verpflichtet, wenn der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt. Für einen Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung reicht zwar die nur einseitige Erwartung des Leistenden nicht aus; erforderlich ist vielmehr eine tatsächliche Einigung der Beteiligten über den bezweckten Erfolg, die jedoch nicht den Charakter einer vertraglichen Bindung haben darf (vgl. BGH NJW 1989, 2747; OLG Frankfurt, FamRZ 2005, 1833). Eine Willenseinigung über den Zweck der Leistung setzt auch keine ausdrückliche Erklärung der an der Vermögensverschiebung beteiligten Personen voraus; sie kann vielmehr stillschweigend zu Stande kommen. Eine solche stillschweigende Einigung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der andere dies erkennt und durch die Annahme zu verstehen gibt, dass er die Zweckbestimmung billigt. In einem solchen Fall muss der Empfänger, wenn er die Leistung nicht unter der ihm bekannten Voraussetzung annehmen will, dies nach Treu und Glauben offenbaren, andernfalls kommt die von § 812 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 BGB vorausgesetzte Zweckbestimmung zu Stande (vgl. BGH, a.a.O.). So liegt der Fall hier. Die Parteien haben sich am 18.12.2006 getrennt, kurze Zeit nachdem der Kläger der Beklagten seine Kfz-Versicherung mit dem günstigen Schadensfreiheitsrabatt von 35% übertragen hatte. Der von dem Kläger beabsichtigte Zweck der Übertragung, der Beklagten die kostengünstige Nutzung eines Geschäftsfahrzeugs für die Erwirtschaftung des Familieneinkommens zu ermöglichen, ist durch die unmittelbar folgende Trennung der Parteien nicht erreicht worden.

4

2.

Ein Anspruch der Beklagten gemäß § 1353 Abs. 1 BGB ihrerseits auf Übertragung des Schadensfreiheitsrabatts, der als Rechtsgrund für die Leistung des Klägers in Betracht kommt, besteht aber nicht.

5

Die Zivilgerichte sind für die Entscheidung zuständig (OLG Stuttgart, FamRZ 1989, 763).

6

Aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB folgt eine Rechtspflicht der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft und zur Verantwortung füreinander. Dabei hat § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB als Generalklausel für das Eherecht eine ähnliche Bedeutung wie § 242 BGB für das Vertragsrecht. In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass ein Ehegatte dem anderen aus der ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet sein kann, den vom anderen erzielten Schadensfreiheitsrabatt einer Kraftfahrzeugversicherung im Falle der Trennung zu übertragen (vgl. nur LG Freiburg, FamRZ 2007, 146; LG Flensburg, NJW-RR 2006, 1300; Wacke, in MüKo, BGB, 4. Aufl., § 1353 Rn. 28). Voraussetzung dafür ist aber, dass der Pkw, der über die jeweils streitgegenständliche Versicherungspolice versichert war, von dem einen Ehegatten ausschließlich genutzt wurde und lediglich aus formalen Gründen oder wegen der Möglichkeit der kostengünstigeren Versicherung die Versicherungspolice auf den Namen des anderen, den Pkw tatsächlich nicht nutzenden Ehegatten abgeschlossen war (LG Freiburg, a.a.O.). Dies ist hier bereits nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten nicht der Fall. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die bei der xxxxx abgeschlossene KfZ-Versicherung bereits für den dem Kläger seit 1975 gehörenden VW-Käfer bestand. Nach ihrem eigenen Vortrag verfügte die Beklagte erst im Jahr 1982 über den Führerschein, so dass der Kläger auch in der seit dem 28.08.1980 bestehenden Ehe den Pkw fast 2 Jahre ausschließlich allein nutzte. Des weiteren hat die Beklagte während der Ehe das jeweils vorhandene Fahrzeug auch während der Erziehungszeiten für die 1984 und 1990 geborenen Söhne nicht ausschließlich genutzt. Vielmehr hat der Kläger den Pkw in diesen Zeiten für die Fahrten zu seiner Arbeitsstätte in Braunschweig verwendet. Nach den Angaben der Beklagten ist der Kläger erst 1992 arbeitslos geworden. Im Übrigen ist zwischen den Parteien streitig, wer bei den gemeinsamen Fahrten zu den jeweils in Braunschweig liegenden Arbeitsplätzen in dem Zeitraum von 1982 bis 1990 gefahren ist. Die Beklagte hat insoweit auch keinen Beweis für ihre Behauptung angetreten.

7

Selbst wenn die Kammer unterstellt, dass die Beklagte seit der Arbeitslosigkeit des Klägers im Jahr 1992 und auch während dessen späterer Selbstständigkeit bis zur Trennung der Parteien am 18.12.2006 den in dieser Zeit bei der xxxxx versicherten Mercedes-Benz ausschließlich genutzt hat, besteht für sie kein Anspruch aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn dieser auf Treu und Glauben beruhende Anspruch gründet darauf, dass der Schadensfreiheitsrabatt nur formal im Vermögen des einen Ehegatten entstanden ist, während der andere Ehegatte diesen durch die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs "erzielt" hat (LG Freiburg, a.a.O.). Nach dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der Öffentlichen Versicherung Braunschweig vom 07.05.2008 (Bl. 111 d.A.) bestand bis zum 17.03.1993 die Schadensfreiheitsklasse 7 mit einem Beitragssatz von 50%, ab dem 23.03.1993 bis zum 17.11.2006 änderte sich die Schadensfreiheitsklasse 21 mit einem Beitragssatz von 30% nicht mehr. Die Beklagte hätte insoweit nur zu einem geringen Teil einen zusätzlichen Schadensfreiheitsrabatt verdient. Demnach ist davon auszugehen, dass der Schadensfreiheitsrabatt überwiegend ausschließlich durch den Kläger oder durch gemeinsame Nutzung des Fahrzeugs durch die Parteien erzielt wurde, so dass ein Ausgleich im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft nach § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB nach Treu und Glauben nicht erforderlich ist.

8

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 1 Nr. 1a) GKG, 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.