Landgericht Hildesheim
Beschl. v. 03.04.2008, Az.: 27 BRs 5/02 FA

1 Berufsrichter; Abgrenzung; altes Recht; andere Maßregel; Beendigung; Besetzung; ein Richter; Entbehrlichkeit; Entlassung; Entziehungsanstalt; erledigte Unterbringung; freiheitsentziehende Maßregel; Führungsaufsicht; Gesetzesänderung; Inkrafttreten; Maßregelvollzug; nachträgliche Entscheidung; neues Recht; Neuregelung; Stichtag; Strafvollstreckungskammer; Vollzugsbeginn; Überweisung

Bibliographie

Gericht
LG Hildesheim
Datum
03.04.2008
Aktenzeichen
27 BRs 5/02 FA
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 55053
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Bei nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine (erledigte) Unterbringung in einer Entziehungsanstalt beziehen, ist die Strafvollstreckungskammer auch dann mit einem Richter besetzt, wenn der Verurteilte zwischenzeitlich in den Vollzug einer anderen Maßregel überwiesen worden war.

2. Die Führungsaufsicht über einen Verurteilten, der sich nach vorheriger Entlassung aus dem Straf- oder Maßregelvollzug am 18. April 2007 erneut im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel befundet hat, ist wegen des Inkrafttretens des Gesetzes zur Reform der Führungsaufsicht von Amts wegen für beendet zu erklären.

Tenor:

Es wird festgestellt, daß die über den Verurteilten mit der Entlassung aus der Unterbringung im Maßregelvollzug am 17. Dezember 1997 eingetretene Führungsaufsicht seit dem 18. April 2007 beendet ist.

Gründe

1

I. Gegen den Verurteilten war 1996 die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden, wenig später wurde der Untergebrachte in den Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus überwiesen. 1997 ist die Unterbringung für erledigt erklärt worden und der Verurteilte entlassen worden. Seit 2001 befindet er sich erneut im Maßregelvollzug; gegen ihn ist in jenem Jahr die seitdem ununterbrochen vollzogene Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden.

2

Die Kammer - besetzt mit einem Richter - hat festgestellt, daß die mit der 1997 erledigten Unterbringung über den Verurteilten eingetretene Führungsaufsicht seit dem 18. April 2007 beendet ist.

3

II. In dieser Führungsaufsichtssache hat die Kammer in der Besetzung nach § 78b Abs. 1 Nr. 2 GVG zu entscheiden. Im Urteil vom 11. April 1996 ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden. Auch wenn diese Unterbringung später in einem psychiatrischen Krankenhaus vollzogen wurde, ändert dies nicht die Rechtsnatur dieser Unterbringung (§ 67a Abs. 4 S. 1 StGB, vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl., Rn. 9 zu § 67a StGB). Dementsprechend in der Formel des (hier oberlandesgerichtlichen) Erledigungsbeschlusses vom 11. Dezember 1997 auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt erklärt worden.

4

2. Es war von Amts wegen festzustellen, daß die am 17. Dezember 1997 über den Verurteilten eingetretene Führungsaufsicht seit dem 18. April 2007 beendet ist.

5

Am 18. April 2007 trat das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung (BGBl. I, S. 513) in Kraft, mit dem unter anderem § 68e StGB neu gefaßt worden ist. Nach Abs. 1 Nr. 1 der Neufassung endet nunmehr - anders als nach bisheriger Rechtslage - eine Führungsaufsicht mit dem Beginn des Vollzugs einer freiheitsentziehenden Maßregel.

6

Auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neufassung bestehende Führungsaufsichten ist nach Auffassung der Kammer mangels Übergangsregelung die Neufassung in der Weise anzuwenden, daß am Tage des Inkrafttretens der Neuregelung als Tag eine zuvor eingetretene Führungsaufsicht geendet hat, wenn sich der Verurteilte an jenem Tag (erneut) im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel befindet (vgl. OLG Nürnberg, Beschluß v. 04.02.2008, 1 Ws 792/07, juris). Es war gerade Zweck des vorgenannten Gesetzes, Führungsaufsichten zu beenden, die wegen Vollzuges einer freiheitsentziehenden Maßregel entbehrlich sind (vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl., Rn. 5 zu § 68e StGB). Mit demselben Gesetz ist nämlich auch geregelt worden, daß in jedem Fall der Entlassung aus dem Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel Führungsaufsicht eintritt (§ 67d Abs. 4 StGB n. F.).