Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 01.12.2021, Az.: 3 U 99/21

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
01.12.2021
Aktenzeichen
3 U 99/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 71368
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 09.04.2021 - AZ: 16 O 315/20

In dem Rechtsstreit
L. AG, ...,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
gegen
1. Rechtsanwalt und Notar A. R., ...,
Beklagter und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
2. R. G. Rechtsanwälte PartG mbH, ...,
Beklagte,
Prozessbevollmächtigte:
...,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2021 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 100.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Februar 2021 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz werden den Parteien wie folgt auferlegt:

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese selbst zu 58 % und der Beklagte zu 1) zu 42 %, die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen die Klägerin zu 16 % und der Beklagte zu 1) zu 84 %, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 16 % und der Beklagte zu 1) zu 84 %.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die jeweils unterlegene Partei kann die Zwangsvollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin aus notarieller Amtspflichtverletzung.

Die Klägerin betreibt Leasinggeschäfte mit mobilen und immobilen Wirtschaftsgütern aller Art (vgl. Handelsregisterausdruck vom 13. Juli 2020, Anlage K 1, Bl. 5 ff. d. A.).

Die f. GmbH aus H. (im Folgenden: Leasingnehmerin) richtete über die B. F. GbR eine Leasinganfrage an die Klägerin zur Finanzierung einer Digitaldruckmaschine. Die Klägerin teilte der Vermittlerin mit Schreiben vom 13. Oktober 2017 (Anlage K 9, Bl. 13 d. A.) mit, der Leasingvertrag sei unter folgender Auflage genehmigt:

" [...]

BÜ H. O. S..

Eintragung einer Briefgrundschuld auf dem Wohnhaus eingetragen im GB von B., Blatt 12496, nach Vorl. Abt. III i.H.v. 281.210,53 €

Abtretung von Rangübertragungsansprüchen der X Bank

Zweckerklärung"

Die Leasingnehmerin bestellte daraufhin mit Kaufvertrag vom 18. Oktober 2017 von der G. G. GmbH (im Folgenden: Verkäuferin) die Digitaldruckmaschine zum Preis von 129.000,00 € netto. Sie unterzeichnete am selben Tag ein Vertragsformular der Klägerin (Anlage K 2, Bl. 6 R ff. d. A.), mit welchem sie ihr hinsichtlich der bestellten Maschine den Abschluss eines Leasingvertrags mit Andienungsrecht anbot.

Die Klägerin teilte der Verkäuferin mit Schreiben vom 23. Oktober 2017 (Anlage K 10, Bl. 24 ff. d. A.) mit, dass sie unter folgenden Voraussetzungen in die Bestellung der f. GmbH eintreten werde:

"- [...]

- Leasingvertrag, BÜ v. H. O. S., SEPA, Zweckerklärung müssen im Original vorliegen

- Eintragung einer Briefgrundschuld auf dem Wohnhaus

- [...]"

Der geschäftsführende Gesellschafter der Leasingnehmerin, O. H. S., hatte bereits am 18. Oktober 2017 die geforderte selbstschuldnerische Bürgschaft (Anlage K 13, Bl. 20 d. A.) unterzeichnet. Am 20. Oktober 2017 hatte ferner sein Sohn M. S. eine von der Klägerin verfasste Erklärung (Anlage K 14, Bl. 21 ff. d. A) mit dem Titel

"Grundschuld

Zweckerklärung zur Sicherung der Geschäftsverbindung mit Abtretung der Rückgewähransprüche sowie Übernahme der persönlichen Haftung"

unterzeichnet. Sie enthielt eine Zweckerklärung für eine Grundschuld über 100.000,00 €, mit welcher sein Hausgrundstück in B. (Grundbuch von B., Bl. 12496) belastet werden sollte.

Mit Übernahmeerklärung vom 1. November 2017 (Anlage K 5, Bl. 9 d. A.) bestätigten die Leasingnehmerin und die Verkäuferin der Klägerin, dass die Leasingnehmerin die Digitaldruckmaschine erhalten hatte. Die Verkäuferin stellte der Klägerin mit Rechnung vom 2. November 2017 (Anlage K 3, Bl. 7 f. d. A.) gemäß ihrem Bestelleintritt den Kaufpreis für die Maschine von 129.000,00 € netto (= 153.510,00 € brutto) in Rechnung. Die Klägerin teilte der Leasingnehmerin daraufhin mit Schreiben vom 8. November 2017 (Anlage B 2, Bl. 59 R d. A.) mit, dass sie den Leasingvertrag annehme. Sie nahm zugleich eine "Vertragsendabrechnung" vor, der zufolge die Leasingnehmerin eine einmalige Anzahlung von 23.026,50 € sowie monatliche Leasingraten von 2.576,05 € zu leisten hatte. Am 9. November 2017 unterzeichnete die Klägerin ferner den Leasingvertrag (vgl. Anlage K 2, Bl. 6 R ff. d. A.).

Der Beklagte zu 1) beglaubigte am 10. November 2017 die Unterschrift von M. S. auf der Zweckerklärung der Klägerin. Mit E-Mail (Anlage B 1, Bl. 59 d. A.) sowie Schreiben vom selben Tag (Anlage K 15, Bl. 24 d. A.) teilte er der Klägerin mit, er übersende als Anlage eine beglaubigte Kopie der "Grundschuldbestellungsurkunde vom 10. November 2017 - UR.-Nr. 2811/2017". Das Original habe er dem Amtsgericht H. zum Vollzug eingereicht. Tatsächlich waren der E-Mail und dem Schreiben lediglich eine Kopie der Zweckerklärung mit Unterschriftsbeglaubigung sowie das Eintragungsersuchen an das Amtsgericht H. beigefügt.

Am 13. November 2017 zahlte die Klägerin unter Verrechnung der Anzahlung den Restkaufpreis von 130.483,50 € an die Verkäuferin aus (Anlage K 4, Bl. 8 R d. A.).

Das Grundbuchamt teilte dem Beklagten zu 1) mit Zwischenverfügung vom 16. November 2017 (vgl. Bl. 97 d. Grundakten) mit, dass eine Eintragung der Grundschuld auf der Grundlage der vorgelegten Zweckerklärung nicht möglich sei, weil insbesondere ein entsprechender Antrag sowie eine Bewilligung der Eigentümer fehle. Der Beklagte zu 1) entwarf deshalb eine Grundschuldbestellungsurkunde und bat M. S. mit E-Mail vom 28. November 2017 (Anlage B 3, Bl. 60 d. A.), einen Termin zur Beurkundung zu vereinbaren. M. S. lehnte die Bestellung der Grundschuld jedoch ab.

Im April 2018 geriet die Leasingnehmerin mit der Zahlung der Leasingrate in Verzug (vgl. Urteil des Landgerichts H. im beigezogenen Verfahren 4 O 206/18). Die Klägerin kündigte daraufhin mit Schreiben vom 18. April 2018 (Anlage K 6, Bl. 9 R f. d. A.) den Leasingvertrag und forderte Schadensersatz von 124.876,33 €. Da über das Vermögen der Leasingnehmerin das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (vgl. Anlage K 8, Bl. 12 R d. A.) und der Bürge O. H. S. am 25./26. Februar 2018 verstorben war (vgl. Bl. 116 der Grundakte), nahm die Klägerin M. S. aus dem in der Zweckerklärung enthaltenen Schuldanerkenntnis in Anspruch. Das Landgericht H. wies ihre Klage mit Urteil vom 9. Mai 2019 (Az. 4 O 206/18) ab. Die Berufung der Klägerin wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts C. vom 3. Februar 2020 (Az. 9 U 73/19) zurückgewiesen. Die Klägerin verwertete ferner die Digitaldruckmaschine, die zum Preis von 22.000,00 € netto an die Verkäuferin versteigert wurde (Anlage K 17, Bl. 25 ff. d. A.).

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, der Beklagte zu 1) habe seine Amtspflichten verletzt. Sie habe im Vertrauen darauf, dass die vermeintlich zur Eintragung eingereichte Grundschuld zur Eintragung kommen würde, den Leasingvertrag mit der Leasingnehmerin geschlossen und die Zahlung an die Verkäuferin geleistet.

Da im Grundbuchverfahren das Prioritätsprinzip gelte, wäre sie bei ordnungsgemäßer Bestellung der Grundschuld schon mit Stellung des Eintragungsantrags hinreichend geschützt gewesen.

Die Leasingnehmerin habe vor Bestellung der Grundschuld keine Ansprüche aus dem Leasingvertrag gehabt, weil ihr gegenüber eine Auflage zur Bestellung der Grundschuld bestanden habe.

Mit einer nennenswerten Zahlung aus dem Insolvenzverfahren sei nicht zu rechnen. Der Bürge sei ohne Erben verstorben.

Die Versäumnisse des Beklagten zu 1) seien kausal für den eingetretenen Schaden. Wäre die Grundschuld tatsächlich eingetragen worden, hätte sie sich in Höhe von mindestens 100.000,00 € befriedigen können.

Wegen der Subsidiarität der Notarhaftung sei sie gezwungen gewesen, zunächst M. S. in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte zu 1) müsse ihr deshalb auch die Kosten des Vorprozesses ersetzen.

Ihre zunächst auch gegen die Beklagte zu 2) erhobene Klage hat sie mit Schriftsatz vom 25. Januar 2021 zurückgenommen.

Der Beklagte zu 1) hat vortragen lassen, M. S. habe ihn am Vormittag des 10. November 2017 angerufen und gefragt, ob er noch am selben Tag für eine Unterschriftsbeglaubigung vorbeikommen könne. Herr S. habe ihm in dem Termin das unterschriebene Formular der Klägerin präsentiert und seine Unterschrift anerkannt. Dies habe er - der Beklagte zu 1) - mit seinem Beglaubigungsvermerk bestätigt. Anschließend habe er die Erklärung beim Grundbuchamt eingereicht, weil er wegen der Überschrift "Grundschuld" irrtümlich davon ausgegangen sei, sie enthalte auch die Bewilligung für die Eintragung der Grundschuld.

Die Bezeichnung der Erklärung als Grundschuldbestellung sei zwar falsch gewesen, habe jedoch keine Konsequenzen gehabt.

Die Klägerin sei weder formell Beteiligte der Unterschriftsbeglaubigung noch persönlich zugegen gewesen. Sie habe zudem positive Kenntnis davon gehabt, dass es sich bei der Zweckerklärung nicht um eine Grundschuldbestellungsurkunde gehandelt habe, weil sie sie selbst erstellt habe. Seine Mitteilung habe auch kein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründen können, dass die Grundschuld tatsächlich eingetragen und werthaltig sein würde.

Es fehle im Übrigen an einem kausalen Schaden. Die Klägerin habe den Leasingvertrag mit der Leasingnehmerin unstreitig bereits vor seinem Schreiben unterzeichnet und seinen Abschluss gerade nicht von der vorherigen Eintragung der Grundschuld abhängig gemacht. Die Leasingnehmerin habe aus dem Vertrag einen Anspruch auf Überlassung der Digitaldruckmaschine gehabt. Um diese Verpflichtung erfüllen zu können, habe die Klägerin in den Kaufvertrag eintreten und den Kaufpreis zahlen müssen.

Auch den Eintritt in den Kaufvertrag habe die Klägerin nicht von der Eintragung der Grundschuld abhängig gemacht, weil die Übernahme der Maschine unstreitig bereits am 1. November 2017 erfolgt sei.

Die Schadensberechnung der Klägerin sei fehlerhaft, weil sie die noch nicht fälligen Raten nicht abgezinst habe und sich ihre Forderung auch nicht durch den vertraglich vereinbarten Restwert erhöhen könne. Sie müsse sich zudem den Restwert der Digitaldruckmaschine schadensmindernd anrechnen lassen, der per 1. April 2019 noch 96.298,78 € betragen habe.

Wegen des weitergehenden Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Schadensersatz aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO zu, weil es jedenfalls an einem kausalen Schaden fehle.

Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin den Kaufpreis an die Verkäuferin auch gezahlt hätte, wenn die fehlerhafte Mitteilung des Beklagten vom 10. November 2017 nicht erfolgt wäre. Denn sie habe den Leasingvertrag mit der Leasingnehmerin bereits am 9. November 2017 geschlossen. Aus diesem Leasingvertrag sei sie verpflichtet gewesen, der Leasingnehmerin die Digitaldruckmaschine zu überlassen. Hierfür habe sie wiederum den Kaufpreis an die Verkäuferin zahlen müssen. Die Auflagen aus dem Schreiben an die B. F. GbR (Anlage K 9, Bl. 13 d. A.) habe die Klägerin nicht zum Gegenstand des Leasingvertrags gemacht. Der Leasingvertrag sei zudem schon durch die Übernahme vom 1. November 2017 faktisch durchgeführt worden.

Auch wenn man unterstellte, der Beklagte zu 1) habe den Auftrag gehabt, eine Grundschuldbestellung zu beurkunden, sei kein Schaden feststellbar. Denn der Beklagte sei auf die Mitwirkung des Sicherungsgebers M. S. angewiesen gewesen. Da dieser sich unstreitig geweigert habe, die später entworfene Grundschuldbestellungsurkunde zu unterzeichnen, sei davon auszugehen, dass er auch zuvor nicht bereit gewesen sei, eine Grundschuld zu bestellen. Die Druckmittel der Klägerin seien auch am 10. November 2017 schon sehr eingeschränkt gewesen. Denn sie habe sich bereits zuvor verpflichtet, der Leasingnehmerin die Digitaldruckmaschine zu überlassen. Auch die Übernahme der Maschine sei schon am 1. November 2017 erfolgt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie meint, der Leasingvertrag sei erst nach der Mitteilung des Beklagten zu 1) wirksam zustande gekommen. Hierzu behauptet sie, ihre Mitarbeiterin J. S. habe das unterzeichnete Vertragsformular erst am 13. November 2017, dem Tag der Kaufpreiszahlung, an die Leasingnehmerin versandt.

Selbst wenn der Vertrag schon früher zustande gekommen sein sollte, wäre sie nicht verpflichtet gewesen, den Kaufpreis an die Verkäuferin zu zahlen. Denn die Leasingnehmerin sei verpflichtet gewesen, die Grundschuld beizubringen. Dies sei mit der Vermittlerin B. F. GbR vereinbart gewesen, die die Auflage an die Leasingnehmerin weiter gegeben habe. Bei lebensnaher Auslegung des Leasingvertrags nach dem Willen der Parteien sei die Beibringung der Grundschuld geschuldet gewesen. Dies zeige sich auch an dem Verhalten des Sicherungsgebers M. S., der ohne eine entsprechende Vertragspflicht den Beklagten nicht aufgesucht und die Eintragung der Grundschuld beantragt hätte.

Die vorzeitige Übernahme der Digitaldruckmaschine sei auf eigenes Risiko der Verkäuferin geschehen, die die Auslieferung vorgenommen habe, bevor die vertraglichen Grundlagen geklärt gewesen seien.

Der Sicherungsgeber M. S. habe den Beklagten zu 1) beauftragt, auf seinem Grundstück eine Grundschuld entsprechend ihren Wünschen einzutragen. Dies ergebe sich auch aus der E-Mail vom 10. November 2017 (Anlage K 18, Bl. 216 Bd. II d. A.). Hätte der Beklagte zu 1) diesen Auftrag sogleich ordnungsgemäß erfüllt, wäre die Briefgrundschuld an rangnächster Stelle eingetragen worden (vgl. Grundbuchauszüge, Anlagen K 1 und K 2 zur Berufungsbegründung, Bl. 143 ff. d. A.). Sie wäre auch werthaltig gewesen, weil der Verkehrswert allein des Gebäudes seinerzeit 448.340,70 € betragen habe.

Die spätere Weigerung des Sicherungsgebers M. S., die Grundschuld zu bestellen, sei allein darauf zurückzuführen gewesen, dass die Leistungspflichten aus dem Leasingvertrag zu diesem Zeitpunkt bereits erfüllt gewesen seien.

Die Digitaldruckmaschine habe lediglich zu dem geringen Preis von 22.000,00 € an die Verkäuferin veräußert werden können, weil ein Dongle, eine Art USB-Stick, der zur Inbetriebnahme erforderlich sei, nicht mehr auffindbar gewesen sei. Bezüglich des in der Kündigung vom 18. April 2018 ausgewiesenen Betrages sei bereits eine Abzinsung vorgenommen worden. Auf die Aufstellung auf Seite 4 f. im Schriftsatz vom 13. Oktober 2021 (Bl. 209 f. Bd. II d. A.) wird Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin wird auf die Berufungsbegründung vom 14. Juli 2021 (Bl. 134 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hannover vom 9. April 2021, Az. 16 O 315/20, abzuändern und

  1. 1.

    den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an sie 100.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Januar 2020 zu zahlen,

  2. 2.

    den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an sie weitere 19.586,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 1) stellt unstreitig, dass ihn M. S. zwecks Bestellung einer Grundschuld aufgesucht habe und er irrigerweise bei Beglaubigung der Unterschrift des M. S. davon ausgegangen sei, die vorgelegte Zweckerklärung enthalte alle hierfür notwendigen Erklärungen. Hierzu behauptet er, M. S. sei für den Fall, dass er - der Beklagte zu 1) - eine Grundschuldbestellungsurkunde entworfen und ihn über den Inhalt der Urkunde, die Bedeutung einer Grundschuldbestellung und die daraus resultierenden Risiken aufgeklärt hätte, zur Bestellung einer Grundschuld nicht bereit gewesen. Ferner meint der Beklagte zu 1), die fehlerhafte Mitteilung vom 10. November 2017 sei nicht kausal für den Schaden geworden, da die Klägerin die maßgeblichen Vermögensdispositionen bereits vor der Mitteilung getroffen habe. Der Beklagte zu 1) bestreitet, dass eine Wertminderung der Druckmaschine durch den Verlust eines Dongles eingetreten sei.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 16. September 2021 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M. S. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 3. November 2021 (Bl. 254 ff. Bd. II d. A.) Bezug genommen.

II.

1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 1) ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. §§ 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG, 15 Abs. 3 Satz 1 GBO in Höhe von 100.000,00 € zu.

a) Der Beklagte hat seine auch gegenüber der Klägerin bestehenden Amtspflichten verletzt.

aa) Indem der Beklagte zu 1) unstreitig in Kenntnis des Umstands, dass der Zeuge S. ihn mit einer Grundschuldbestellung beauftragt hatte, die Unterschrift des Zeugen S. unter der Zweckerklärung beglaubigte, ohne entgegen §§ 17 Abs. 1 BeurkG, 15 Abs. 3 GBO zu überprüfen, ob die Zweckerklärung alle für die Eintragung einer Grundschuld in das Grundbuch notwendigen Erklärungen enthält, hat er seine Amtspflichten verletzt.

bb) Diese Amtspflichten oblagen dem Beklagten zu 1) vorliegend auch gegenüber der Klägerin.

Amtspflichten obliegen dem Notar gegenüber denjenigen, für die er tätig wird. Im Rahmen eines Beurkundungsgeschäfts sind das die an der Beurkundung Beteiligten i. S. d. § 17 Abs. 1 BeurkG, unter bestimmten Umständen auch bloß mittelbar Beteiligte, und zwar dann, wenn sie aus Anlass einer Beurkundung dem Notar eigene Belange anvertrauen. Auch dritten Personen gegenüber, also solchen, die zu dem Notar überhaupt nicht in Verbindung treten, können Amtspflichten nach § 19 Abs. 1 BNotO bestehen. Dazu gehören nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes alle Personen, deren Interesse nach der besonderen Natur des Amtsgeschäfts davon berührt wird und in deren Rechtskreis dadurch eingegriffen werden kann, auch wenn sie durch die Amtshandlung nur mittelbar und unbeabsichtigt betroffen werden. Dies bedeutet zwar nicht, dass der Notar irgendeine Pflicht zur Belehrung und Beratung des an dem Geschäft weder unmittelbar noch mittelbar beteiligten Dritten hat; wohl aber kann es dessen Interesse gebieten, die Beteiligten zuverlässig zu belehren und das Amtsgeschäft ordnungsgemäß auszuführen. Indessen trifft den Notar eine Amtspflicht gegenüber einem unbeteiligten Dritten nur unter der Voraussetzung, dass die Amtstätigkeit nach Art und Zweckbestimmung des Geschäfts gerade auch dem Schutz seiner Interessen dient. Die unter dieser Voraussetzung mögliche Einbeziehung Dritter in den Amtspflichtbereich gilt nicht nur für die Beurkundungstätigkeit, sondern grundsätzlich für jede Amtshandlung des Notars, mithin auch für die beratende und betreuende Tätigkeit (BGH, Urteil vom 11. Februar 1983, V ZR 300/81, Rn. 20 f. m. w. N.; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 1997, IX ZR 163/96, Rn. 16).

Die Klägerin hat den Beklagten im vorliegenden Fall zwar nicht ersucht, die Grundschuld zu bestellen. Sie war an der vermeintlichen "Grundschuldbestellung" auch nicht beteiligt, weil hierzu nur eine entsprechende Erklärung des Sicherungsgebers beurkundet oder beglaubigt werden musste. An der notariellen Verhandlung nahm die Klägerin ebenfalls nicht teil.

Die Klägerin ist dennoch eine "andere" i. S. d. § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO, weil die ordnungsgemäße Bestellung der Grundschuld gerade auch dem Schutz ihrer Interessen gedient hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 1978, VU ZR 171/77, Rn. 13, juris, zur Einreichung eines Antrags auf Eintragung einer Sicherungshypothek). Denn die Grundschuld hätte nach ihrer Eintragung im Grundbuch ihre Forderungen gegenüber der Leasingnehmerin besichert.

b) Bei wirksamer Beurkundung der Grundschuldbestellung wäre die Grundschuld an der gewünschten Rangstelle eingetragen worden. Eintragungshindernisse sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Aus den vorgelegten Grundbuchauszügen (Bl. 143 ff. d. A.) geht zudem hervor, dass in der fraglichen Zeit keine Eintragungen zugunsten Dritter erfolgten, die den Rang der Grundschuld verschlechtert hätten.

c) Die Klägerin hat auch den wegen des fahrlässigen Handelns des Beklagten zu 1) anwendbaren Subsidiaritätsgrundsatz des § 19 Abs. 1 S. 2 BnotO gewahrt.

aa) Die Klägerin hat versucht, sich zunächst beim Zeugen S. aus den von diesem im Rahmen der Unterzeichnung der Zweckerklärung abgegebenen Zweckerklärung schadlos zu halten. Das Verfahren ist rechtskräftig zulasten der Klägerin abgeschlossen.

bb) Eine Inanspruchnahme des Bürgen und der Leasingnehmerin war der Klägerin nicht zumutbar.

Jede rechtliche oder rein tatsächliche Möglichkeit der Ersatznahme schließt die Notarhaftung aus (BGH, Urteil vom 3. Juli 2008 - III ZR 189/07 Rz. 12, juris; BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 240/98 Rz. 15, juris m. w. N.). Die Verfolgung der Ersatzmöglichkeit muss aber für den Geschädigten zumutbar sein und auch wirtschaftlich begründete Aussicht auf Erfolg bieten (BGH vom 3. Juli 2008 a. a. O.; BGH, Urteil vom 11. November 2004 - III ZR 101/03 Rz. 12, juris). Eine Unzumutbarkeit liegt grundsätzlich vor, wenn in absehbarer Zeit keine Befriedigung zu erwarten ist. Weitläufige, unsichere und im Ergebnis zweifelhafte Wege braucht der Geschädigte nicht einzuschlagen (BGH, Urteil vom 11. November 2004 a. a. O. m. w. N.).

Eine Inanspruchnahme der Leasingnehmerin kommt danach nicht in Betracht, da über ihr Vermögen unstreitig das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der Anspruch daher jedenfalls in absehbarer Zeit nicht realisierbar ist (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 9. März 1995 - 1 U 186/94, BeckRS 9998, 90021); BeckOK BNotO/Schramm BNotO § 19 Rn. 130 m. w. N.).

Ebenso ist auch der Anspruch gegen den Bürgen unsicher, da dieser bereits vor Eintritt des Sicherungsfalls verstorben ist und Erben jedenfalls nicht bekannt sind.

d) Der Klägerin ist durch die Amtspflichtverletzung des Beklagten zu 1) ein nach den §§ 249 ff. BGB ersatzfähiger Schaden in Höhe von 100.000,00 € entstanden.

Maßgeblich hierfür ist, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßen Verhalten des Notars genommen hätten und wie die Vermögenslage des Betroffenen sein würde, wenn der Notar die Pflichtverletzung nicht begangen, sondern pflichtgemäß gehandelt hätte (BGH, Urteil vom 10. Juli 2008 - III ZR 292/07 Rz. 14, juris m. w. N.).

aa) Soweit die Klägerin einen Schaden wegen der fehlenden Möglichkeit der Vollstreckung in die Grundschuld geltend macht, ist dieser Schaden auf die Amtspflichtverletzung des Beklagten zu 1) zurückzuführen (hierzu unter (1)). Hinsichtlich der Kosten des gegen den Zeugen S. geführten Prozesses fehlt es dagegen an einer haftungsausfüllenden Kausalität (hierzu unter (2)).

(1) Durch die Amtspflichtverletzung des Beklagten zu 1) in Gestalt der fehlenden Umsetzung des Auftrags des Zeugen S., eine Grundschuldbestellung vorzunehmen, ist der Klägerin ein Schaden entstanden.

(a) Nach dem hypothetischen Kausalverlauf wäre ohne die Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) zugunsten der Klägerin eine Grundschuld für das Grundstück des Zeugen S. eingetragen worden, aus der sich die Klägerin hätte befriedigen können, da der Zeuge S. nach dem nunmehr unstreitigen Vortrag der Parteien gerade zwecks Bestellung einer Grundschuld an seinem Grundstück beim Beklagten zu 1) erschienen war.

(b) Der Beklagte zu 1) konnte eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs dergestalt, dass der Zeuge S. im Falle des Entwurfs einer Grundschuldbestellungsurkunde durch den Beklagten zu 1) und die daraus resultierende Belehrung über den Inhalt der Urkunde und die Folgen einer Grundschuldbestellung nicht mehr bereit gewesen sei, eine entsprechende Erklärung abzugeben, nicht beweisen.

(aa) Beweisbelastet für eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs ist der Beklagte zu 1).

Grundsätzlich ist es Aufgabe des Geschädigten, auch die haftungsausfüllende Kausalität zu beweisen. Immer dann, wenn sich der Schädiger - wie hier - bei einer grundsätzlich feststehenden Kausalität auf einen abweichenden Kausalitätsverlauf und damit auf eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs stützt, ist er für die dahingehenden Tatsachen beweisbelastet (BGH, Urteil vom 23. Januar 2020 - III ZR 28/19 Rz. 13, juris).

(bb) Den ihm obliegenden Beweis hat der Beklagte zu 1) auch unter Berücksichtigung des im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität erleichterten Beweismaßes des § 287 ZPO nicht erbracht.

Zwar hat der Zeuge S. ausgesagt, er glaube nicht, dass er eine Grundschuldbestellung unterschrieben hätte, wenn der Beklagte zu 1) noch am 10. November 2017 eine solche vorbereitet hätte, insbesondere nicht, wenn ihn der Beklagte zu 1) darüber aufgeklärt hätte, dass der Gläubiger einer Grundschuld das Grundstück versteigern könne, und damit den Vortrag des Beklagten zu 1) bestätigt.

Die Ausführungen des Zeugen S. sind für den Senat jedoch nicht überzeugend.

Für den Senat ist der Eindruck entstanden, als habe sich der Zeuge bei seiner Aussage durch seine heutige Sicht auf die Geschehnisse im November 2017 leiten lassen und - unbewusst - nicht seine damalige Situation wiedergegeben.

Hierfür sprechen auch die Angaben des Beklagten zu 1) aus dessen persönlicher Anhörung. Dieser hat ausgeführt, der Zeuge S. habe unter dem Druck seines Vaters gestanden und hätte am 10. November 2017 alles unterschrieben, was ihm vorgelegt worden wäre.

Der Zeuge vermochte nicht plausibel zu erklären, aus welchem Grund er, obwohl er den Beklagten zu 1) mit dem als Grundschuldbestellung überschriebenen Formular der Klägerin aufsuchte, seiner Erinnerung nach den Termin am 15. November 2017 abgesagt hat, zumal er nach eigener Aussage unter dem Druck seines Vaters gestanden habe, der davon ausgegangen sei, dass die Druckmaschine für die Rettung des Unternehmens existentiell gewesen sei. Die dahingehenden Bekundungen des Zeugen, wonach er Gerüchte zu der Maschine vom Verkäufer gehört habe und in der Vergangenheit erworbene andere Maschinen vom Verkäufer häufig defekt gewesen seien, bleiben vage und erklären nicht, warum der Zeuge bei den entsprechenden Bedenken den Beklagten zu 1) überhaupt aufgesucht hat.

Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang auch die Aussage des Zeugen, er habe sich - wahrscheinlich nach dem Notartermin - mit seiner Lebensgefährtin besprochen, die ihm davon abgeraten habe, die Grundschuld zu bestellen. Es ist lebensfremd, dass der Zeuge erst nach dem Notartermin - einem Termin, bei dem im Vorhinein auch aus Laiensicht erkennbar ist, dass dort regelmäßig wichtige rechtserhebliche Erklärungen abgegeben werden - mit seiner Lebensgefährtin über die Grundschuldbestellung gesprochen haben will. Die Behauptung, seine Lebensgefährtin habe ihn dazu bewegt, den Termin am 15. November 2017 abzusagen, ist auch nicht in Einklang mit seiner Aussage zu bringen, er sei schon am 10. November 2017 nicht bereit gewesen, die Grundschuldbestellung vorzunehmen.

Gegen eine Glaubhaftigkeit der Aussage spricht im Übrigen, dass dem Zeugen die Kerntatsache, nämlich sein fehlender Wille zur Bestellung einer Grundschuld, noch erinnerlich sein will, während er sich wegen nahezu aller Begleitumstände auf Erinnerungslücken beruft. Die Schilderung des Zeugen bleibt auch in der zeitlichen Abfolge nicht nachvollziehbar. So ist nach seiner Aussage nicht ersichtlich, wofür es eines weiteren Termins am 15. November 2017, den er wegen Bedenken gegen die Grundschuldbestellung abgesagt haben will, bedurft hätte, zumal der Beklagte zu 1) selbst vorgetragen hat, dass er den Termin am 15. November 2017 aus seinem Kalender gestrichen habe, weil am 10. November 2017 vermeintlich alles Erforderliche veranlasst worden sei. Der Zeuge konnte diesen Umstand auf Nachfragen nicht plausibel machen.

Danach lässt die Aussage des Zeugen S. auch unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände des Einzelfalls keine Überzeugungsbildung nach § 287 ZPO dahingehend zu, dass der Zeuge S. am 10. oder 15. November 2017 nicht bereit gewesen sei, eine Grundschuldbestellung vornehmen zu lassen.

Dabei hat der Senat nicht unberücksichtigt gelassen, dass als feststehend zu erachten ist, dass sich der Zeuge S. Ende November, nachdem der Beklagte zu 1) ihn um eine Terminsvereinbarung zwecks Grundschuldbestellung gebeten hatte, geweigert hat, eine Grundschuldbestellung vorzunehmen. Dies lässt sich jedoch damit erklären, dass der Leasingvertrag zu diesem Zeitpunkt bereits in Vollzug gesetzt worden war und damit auch nicht mehr der Druck seines Vaters - der nach den insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen der wesentliche Grund für das Aufsuchen des Beklagten zu 1) gewesen war - auf dem Zeugen lastete.

(cc) Weiterer Beweis war nicht zu erheben. Den Beweisantritten aus den Schriftsätzen des Beklagten zu 1) vom 12. Oktober 2021 und vom 25.Oktober 2021 zur Vernehmung der Zeugin F. war nicht nachzugehen, da sich die Beweisantritte jeweils auf die Zeit Ende November 2017 beziehen, in denen der Zeuge S. unstreitig nicht mehr zu einer Grundschuldbestellung bereit war. Diesen Umstand hat der Senat bei der Würdigung nach § 287 ZPO berücksichtigt.

(2) Hinsichtlich der für den gegen den Zeugen S. geführten Rechtsstreit von der Klägerin aufgewendeten Kosten liegt dagegen ein den Zurechnungszusammenhang unterbrechendendes Verschulden der Klägerin vor.

Die Klägerin hat in ihrer vorformulierten Zweckerklärung eine unwirksame Klausel für die persönliche Haftung des Sicherungsgebers verwendet. Dieses eigene Verschulden unterbricht den Zurechnungszusammenhang zu der Pflichtverletzung des Beklagten (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 21. Februar 1978, VI ZR 8/77, Rn. 12 ff., zur eigenen Verantwortlichkeit eines Geschädigten für Rechtsverfolgungskosten, die dadurch entstanden sind, dass er vergeblich versucht hat, eine von dem Notar geschaffene unklare Rechtslage zu seinem Vorteil auszunutzen). Denn sowohl die Klage als auch die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung der Klägerin wurden allein wegen der Verwendung der unwirksamen Klausel ab- bzw. zurückgewiesen. Hätte die Klägerin eine wirksame Klausel verwendet, wäre der Zeuge S. verurteilt und ihm die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden. Bereits aus diesem Grund scheidet auch ein auf Ersatz der Kosten des Vorprozesses gerichteter Anspruch der Klägerin gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 1 BNotO wegen der unrichtigen Mitteilungen des Beklagten zu 1) an die Klägerin vom 10. November 2017 aus.

bb) Der ersatzfähige Schaden der Klägerin beläuft sich auf 100.000,00 €, da in dieser Höhe ohne die Amtspflichtverletzung des Beklagten zu 1) eine Grundschuld zugunsten der Klägerin eingetragen worden wäre und die hierdurch gesicherten Forderungen der Klägerin gegen die Leasingnehmerin einen Betrag von 100.000,00 € übersteigen.

(1) Die Klägerin hat auf den Hinweis des Senats vom 16. September 2021 mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2021 eine Aufstellung der abgezinsten im Zeitpunkt der Kündigung noch ausstehenden Leasingraten vorgelegt. Der hieraus ersichtlichen Forderungshöhe von 124.876,33 € ist der Beklagte zu 1) nur insoweit entgegengetreten, als dass er der Ansicht ist, die Schlussrate in Höhe von 11.637,11 € sei nicht geschuldet, da es sich hierbei um den vereinbarten Restwert handele, die Maschine jedoch bei der Klägerin verblieben sei.

Dieser Einwand griffe indes nur dann durch, wenn sich die Klägerin im Wege der Vorteilsausgleichung nicht ohnehin einen höheren Restwert bzw. Veräußerungserlös der Druckmaschine schadensmindernd anrechnen lassen müsste. Denn andernfalls würde man den Restwert zweifach zulasten der Klägerin berücksichtigen.

Einen solchen höheren Veräußerungserlös hat die Klägerin jedoch erzielt, indem sie die Druckmaschine zu einem Kaufpreis von 22.000,00 € veräußert hat. Einen höheren Wert musste sich die Klägerin dagegen nicht anrechnen lassen.

(a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Vorteilsausgleiches der Schädiger trägt (BGH, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12 -, BGHZ 200, 350-362 Rz. 22; BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - IX ZR 122/04 Rz. 14, juris, jeweils m. w. N.).

(b) Dieser Darlegungslast ist der Beklagte zu 1) nicht nachgekommen. Er hat sich darauf beschränkt, auf die Mitteilung der Y Bank vom 15. März 2019, wonach sich der Restwert der Druckmaschine zum 1. April 2019 auf 96.298,78 € belaufe, Bezug zu nehmen.

Hier ist zu berücksichtigen, dass ein möglichst hoher Verkaufserlös für die Klägerin der einfachste Weg war, den durch die Insolvenz der Leasingnehmerin eingetretenen Schaden zu mindern. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Druckmaschine bewusst unter Wert verkauft hat, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat hierzu unbestritten vorgetragen, sie habe die Druckmaschine über einen Versteigerer weltweit angeboten und hierdurch den Kaufpreis von 22.000,00 € erzielt. Der Beklagte zu 1) hätte vor diesem Hintergrund konkret vortragen müssen, welcher Käufer einen höheren Preis gezahlt hätte. Ein Berufen auf den von der Bank mitgeteilten Restwert genügt demgegenüber nicht. Die von einer Bank mitgeteilte Restwertsumme resultiert regelmäßig aus dem vor der Finanzierung eines Gegenstandes berechneten durchschnittlichen Wertverlust entsprechender Geräte nach bestimmten Zeitabschnitten, ohne den tatsächlichen Zustand des konkreten Geräts oder zwischenzeitliche Änderungen auf dem Gebrauchtmarkt zu berücksichtigen. Dass die Bank vorliegend vor der Restwertmitteilung die der Leasingnehmerin überlassene Druckmaschine untersucht und den Wert anhand einer aktuellen Marktanalyse festgelegt hat, trägt der Beklagte zu 1) nicht vor.

Auf den etwaigen Verlust eines Dongles kommt es insoweit nicht an. Selbst wenn die Ausführungen des Beklagten zu 1) dahin zu verstehen sein sollten, dass die Klägerin für den Verlust des Dongles verantwortlich sein sollen, fehlt es ihnen an hinreichender Substanz.

Zwar kann dem Geschädigten bei der Frage der Vorteilsausgleichung eine sekundäre Darlegungslast zukommen (BGH, Urteil vom 4. April 2014 a. a. O.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Schädiger jedenfalls Anhaltspunkte vorträgt, die einen höheren Vorteil in Betracht kommen lassen. Entsprechende Anhaltspunkte sind dem Vortrag des Beklagten zu 1) nicht zu entnehmen.

Auch mit seiner Behauptung, die Klägerin hätte einen Ersatzdongle beschaffen müssen, genügt der Beklagte zu 1) seiner Darlegungslast nicht, da er schon nicht darlegt, welche Kosten für einen Ersatzdongle angefallen wären.

(2) Die eingetragene Grundschuld wäre werthaltig gewesen. Der Sicherungsgeber konnte das Grundstück mit Vertrag vom 22. Juni 2018 zum Preis von 625.000,00 € veräußern (vgl. Bl. 104 ff. d. Grundakten). Da der Grundschuld der Klägerin nur eine Grundschuld zugunsten der X Bank AG von 281.210,53 € vorrangig gewesen wäre, wäre die Klägerin (aller Voraussicht nach) in voller Höhe befriedigt worden.

cc) Ein anspruchminderndes Mitverschulden der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht.

Ein Mitverschulden liegt nur dann vor, wenn der Geschädigte durch ein Handeln oder Unterlassen gegen eine Obliegenheit zum Schutz der eigenen Rechtsgüter und Interessen verstoßen hat. Bei der Konkretisierung der Obliegenheiten des Geschädigten ist zu beachten, dass nicht jedes Verhalten, welches vorhersehbar zu einer Gefährdung oder Schädigung der eigenen Rechtsgüter und Interessen führt, eine Kürzung des Schadensersatzanspruchs nach § 254 BGB rechtfertigen kann. Erforderlich ist vielmehr eine umfassende Interessenabwägung zwischen den jeweiligen Parteien (BeckOGK/Looschelders, 1.9.2021, BGB § 254 Rn. 90).

Gemessen an diesen Maßstäben fehlt es an einem Mitverschulden der Klägerin.

(1) Der Umstand, dass es die Klägerin unterlassen hat, sich (wirksam) anderweitig gegen einen Ausfall der Forderungen der Leasingnehmerin abzusichern, kann entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1) ein Mitverschulden nicht begründen. Es wäre schon nicht zu beanstanden gewesen, wenn sich die Klägerin auf keine andere Weise gegen einen Forderungsausfall abgesichert hätte. Auf die Wirksamkeit einer anderweitigen Absicherung kann es daher nicht ankommen.

(2) Ein Mitverschulden der Klägerin liegt auch nicht darin begründet, dass sie den Leasingvertrag bereits in Vollzug gesetzt hat, ohne dass eine Nachricht des Grundbuchamts über die Eintragung der Grundschuld vorlag. Es liegt schon keine Obliegenheitsverletzung der Klägerin vor. Die Klägerin ist grundsätzlich frei darin, Verträge abzuschließen und in Vollzug zu setzen. Ihr kann nicht abgefordert werden, für sämtliche Verträge Sicherheiten zu verlangen und den Abschluss von Verträgen, die ihrer auf Gewinnerzielung gerichteten Tätigkeit dienen, bis zur Gestellung von Sicherheiten hinauszuzögern. Die Klägerin kann grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihre Vertragspartner ihre Pflichten aus den Leasingverträgen erfüllen. Schließlich kann die Gestellung einer Sicherheit auch im laufenden Vertragsverhältnis erforderlich werden und der Leasingnehmer sich - auch ohne entsprechende vertragliche Verpflichtung - zur Gestellung einer Grundschuld bereiterklären. Der Notar hat im Übrigen regelmäßig keine Kenntnis davon, welcher Sachverhalt der von ihm beglaubigten oder beurkundeten Grundschuldbestellung zugrunde liegt. Es ist für seine Tätigkeit auch ohne Bedeutung.

2. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 2 BGB.

Zu einem Verzugseintritt vor Rechtshängigkeit hat die Klägerin nicht vorgetragen. Ihrem Vortrag ist nicht zu entnehmen, dass sie den Beklagten zu 1) vor Klageerhebung zum Ersatz des ihr entstandenen Schadens aufgefordert hätte. Soweit sich die Klägerin auf eine Entbehrlichkeit der Mahnung nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB stützt, fehlt es - unbeachtlich des Umstands, dass bei einem Schadensersatzanspruch eine Abrede über die Leistungszeit regelmäßig fehlen dürfte - auch insoweit an Darlegungen. Ein vorheriger Hinweis des Senats bzgl. dieser Nebenforderung war entbehrlich, § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Die Klägerin kann auch nicht einen über den Zinssatz des § 288 Abs. 1 BGB hinausgehenden Zinssatz verlangen. § 288 Abs. 2 BGB bezieht sich allein auf Entgeltforderungen. Eine Entgeltforderung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Forderung auf die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die vom Gläubiger erbrachte oder erst noch zu erbringende Leistung gerichtet ist (BGH, Urteil vom 21. April 2010 - XII ZR 10/08 Rz. 23, juris m. w. N.). Schadensersatzforderungen fallen nicht hierunter (BGH, Urteil vom 21. April 2010 a. a. O. Rz. 20; OLG Celle, Urteil vom 27. September 2018 - 11 U 36/18 Rz. 7, juris; MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, BGB § 286 Rn. 82).

3. Die Schriftsätze der Parteien vom 15. und 18. November 2021 boten keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO.

III.

1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Wegen der erstinstanzlich erklärten Rücknahme der Klage gegen die Beklagte zu 2) war hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz nach den Grundsätzen der Baumbach'schen Kostenformel zwischen den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Parteien zu differenzieren.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Anlass zur Zulassung der Revision gibt diese auf den Umständen des Einzelfalls beruhende Entscheidung gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht.