Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 27.09.2018, Az.: 11 U 36/18
Höhe der Verzinsung eines Schadensersatzanspruchs unter Kaufleuten
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 27.09.2018
- Aktenzeichen
- 11 U 36/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 70070
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 19.01.2018 - AZ: 9 O 20/16
Rechtsgrundlage
- § 288 Abs. 2 BGB
Redaktioneller Leitsatz
Ein Anspruch auf Verzinsung in Höhe von 9%-Punkten über dem Basiszinssatz besteht gem. § 288 Abs. 2 BGB nur im Falle des Verzuges mit einer Entgeltforderung. Handelt es sich hingegen um einen Schadensersatzanspruch, so tritt gem. § 288 Abs. 1 BGB eine Verzinsung in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ein.
In dem Rechtsstreit
1. W. L. GmbH & Co. KG, ...,
2. W. L. Beteiligungs GmbH, ...,
Beklagte und Berufungsklägerinnen,
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Anwaltsbüro ...,
gegen
U. GmbH ...,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
Beteiligte:
1. K. GmbH, ...,
2. L. GmbH, ...,
3. Z. GmbH, ...,
Nebenintervenientinnen,
Prozessbevollmächtigte zu 1:
Anwaltsbüro ...,
Prozessbevollmächtigte zu 2:
Anwaltsbüro ...,
Prozessbevollmächtigter zu 3:
Rechtsanwalt ...,
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle im schriftlichen Verfahren mit einer Erklärungsfrist bis zum 19. September 2018 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie die Richter am Oberlandesgericht ... und ... für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. Januar 2018 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Verden teilweise dahin abgeändert, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden, an die Klägerin 11.832,58 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2015 sowie errechnete Zinsen für den Zeitraum vom 25. April bis 17. Dezember 2015 in Höhe von 320,72 € sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 7,50 € und 805,20 € vorgerichtliche Inkassokosten zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 2.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einem Frachtvertrag auf Schadensersatz in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage zum größten Teil stattgegeben und insbesondere auch - antragsgemäß - Verzugszinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugesprochen. Gegen diesen Teil der erstinstanzlichen Entscheidung wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung.
Auf die Darstellung des Tatbestands im Einzelnen wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO verzichtet.
II.
Die Berufung ist im Wesentlichen begründet.
Der Senat hat den Parteien mit Beschluss vom 6. August 2018 den folgenden Hinweis erteilt:
"Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass die Berufung Erfolg haben dürfte. Tatsächlich dürfte der ihr zustehende Verzinsungsanspruch gemäß § 288 Abs. 1 BGB nur in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz bestehen.
Ein Anspruch auf die begehrte und vom Landgericht zugesprochene Verzinsung in Höhe von neun Prozentpunkten über Basiszinssatz besteht gemäß § 288 Abs. 2 BGB nur, wenn sich der Schuldner mit einer Entgeltforderung in Verzug befindet. Entgeltforderungen sind Forderungen, die auf Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für eine Leistung, das heißt insbesondere die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen im weiten Sinne gerichtet sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2017 - III ZR 545/16, juris Rn. 31 m. w. N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 288 Rn. 8 i.V.m. § 286 Rn. 27). Schadensersatzansprüche sind keine Entgeltforderungen in diesem Sinne (BGH, Urteil vom 21. April 2010 - XII ZR 10/08, juris Rn. 20; Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 30. Juni 2016 - 1 U 66/16, juris Rn. 74).
Das Landgericht hat der Klägerin - ausschließlich und insofern rechtskräftig - Schadensersatz bzw. Entschädigung wegen Warenverlusts zugesprochen, wie sich aus den im angefochtenen Urteil (auf Seite 9) genannten Anspruchsnormen sowie der weiteren Begründung (vgl. LGU Seite 10 Absatz 2; Seite 13 Abs. 2, 4 und 5) ergibt. Folglich liegt eine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB nicht vor.
Die Rechtslage wird nicht durch den von der Klägerin in ihrer Berufungserwiderung betonten Umstand verändert, dass der Verzinsungsanspruch keine unmittelbare Folge des Warenverlusts ist, sondern des Zahlungsverzugs. Der Zahlungsverzug ist lediglich die selbstverständliche Grundvoraussetzung eines Anspruchs auf Verzugszinsen. Die Anspruchsnorm des § 288 Abs. 2 BGB setzt darüber hinaus ein weiteres Tatbestandsmerkmal voraus, nämlich das Vorliegen einer Entgeltforderung, das im Streitfall nicht erfüllt ist."
Diesen Ausführungen ist die Klägerin binnen der allen Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO eingeräumten Frist zur Einreichung von Schriftsätzen nicht entgegengetreten. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass für eine weitergehende Begründung.
Den von der Klägerin bereits errechneten Zinsbetrag für den Zeitraum vom 25. April bis 17. Dezember 2015 haben die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung auf der Grundlage des richtigen Zinssatzes von fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz neu bestimmt. Diese Berechnung trifft zu.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Schutzanordnungen gemäß § 711 ZPO haben zu unterbleiben, weil die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen. Das einzig in Betracht kommende Rechtsmittel, die Nichtzulassungsbeschwerde, ist gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO nicht zulässig, weil die Beschwer der Parteien die Grenze von 20.000 € nicht übersteigt.
2. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 2 GKG.