Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 04.12.2007, Az.: 7 A 602/06

Ausbilder; Facharzt; Facharztbezeichnung; Facharztprüfung; Prüfung; Schwerpunktbezeichnung; Schwerpunktprüfung; Visceralchirurgie; Vollständigkeit; Weiterbildung; Weiterbildungsermächtigung; Weiterbildungsverfahren; Zulassung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
04.12.2007
Aktenzeichen
7 A 602/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 71860
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Anspruch auf Zulassung zur Prüfung für eine Schwerpunkt- bzw. Facharztbezeichnung im Bereich der Visceralchirurgie setzt die Durchführung eines vollständigen Weiterbildungsverfahrens nach der Weiterbildungsordnung (WBO) der niedersächsischen Ärztekammer voraus. Hierfür ist es zwingend erforderlich, dass der den Antragsteller ausbildende Arzt bereits während der Zeit der Weiterbildung über eine Weiterbildungsermächtigung verfügt.

2. Einschlägige berufspraktische Tätigkeiten können nicht als gleichwertige Weiterbildung gemäß § 10 WBO 2005 anerkannt werden.

Tatbestand:

1

Der Kläger beantragt seine Zulassung zur Prüfung für die Führung der ärztlichen Schwerpunkt- bzw. Facharztbezeichnung Viszeralchirurgie.

2

Der 1941 geborene Kläger wurde 1976 als Arzt approbiert. Im Jahr 1984 erwarb er die Facharztbezeichnung Chirurgie und 1987 die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie. Seit dem 1. Juni 1996 leitet er die Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie der Ammerland-Klinik Westerstede und verfügt seit Oktober 2003 über die volle Weiterbildungsermächtigung im Gebiet Chirurgie. Vor der Übernahme der jetzigen Abteilungsleitung war er in der Allgemeinchirurgischen Klinik der Städtischen Kliniken Oldenburg bei Professor H. tätig. Professor H. erhielt unter dem 22. März 1999 die Weiterbildungsermächtigung im Schwerpunkt Viszeralchirurgie.

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Mit Schreiben vom 20. Mai 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung der Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen (WBO) vom 1. Oktober 1996. Er berief sich auf seine visceralchirurgische Tätigkeit in der Ammerland-Klinik Westerstede und auf verschiedene Tätigkeiten in den Jahren 1983 bis 1996.

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Über den Antrag auf Anerkennung der Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie beriet der Ausschuss Ärztliche Weiterbildung der Beklagten in seiner Sitzung am 24. August 2005. Mit Schreiben vom 5. September 2005 teilte die Beklagte dem Kläger als Ergebnis der Tagung des Weiterbildungsausschusses mit, dass die Anerkennung der beantragten Schwerpunktbezeichnung nicht befürwortet werden könne, da als Weiterbildung nur Tätigkeiten unter Anleitung eines Weiterbilders anerkannt werden könnten. Diese Voraussetzungen seien bei ihm nicht erfüllt. Eine gleichwertige Weiterbildung könne der Kläger ebenfalls nicht vorweisen. Auch habe er maßgebliche Übergangsfristen verstreichen lassen.

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In seiner darauf folgenden Stellungnahme (Bl. 49 der Beiakte A) stützte sich der Kläger auf seine Tätigkeit bei Professor H., weil dieser nach Einführung der Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie die Ermächtigung zur Weiterbildung erhalten habe und dies rückwirkend zu berücksichtigen sei. Zudem beruft er sich auf eine Anerkennung der Weiterbildung eines ihm bekannten anderen Arztes - Dr. K. - und den Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Ausschuss Ärztliche Weiterbildung I. und II. Instanz beriet nochmals über den Antrag des Klägers am 23. November 2005 und befürwortete diesen erneut nicht.

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Mit Bescheid vom 3. Januar 2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus, dass eine Anerkennung einer Arztbezeichnung gemäß § 35 Niedersächsisches Kammergesetz für die Heilberufe (HKG) auf Antrag erhalte, wer eine Weiterbildung nach §§ 37 und 38 HKG erfolgreich abgeschlossen habe. § 37 Abs. 1 Satz 1 HKG definiere Weiterbildung als Tätigkeit unter verantwortlicher Leitung eines Weiterbildungsermächtigten in einer Weiterbildungsstätte. Inhalt und Umfang der Weiterbildung seien in der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen (WBO) geregelt. Eine Weiterbildung in der Viszeralchirurgie könne der Kläger nicht belegen. Die Bezeichnung Viszeralchirurgie sei mit der WBO vom 1. Oktober 1996 (im Folgenden WBO 1996) eingeführt worden. Auf Tätigkeiten vor dem 1. Oktober 1996 hätte sich der Kläger im Rahmen der damaligen Übergangsvorschriften in § 21 WBO 1996 berufen können. Danach sei auch ohne eine Tätigkeit bei einem Weiterbildungsermächtigten, aber im neuen Gebiet oder Teilgebiet, eine Anerkennung neuer Bezeichnungen möglich gewesen. Diese Übergangsbestimmungen seien bis zum 1. Oktober 1998 befristet gewesen. Da der Kläger innerhalb der Frist keinen Antrag gestellt habe, sei sein Antrag nunmehr verfristet. Auch eine spätere Tätigkeit bei einem Weiterbildungsermächtigten habe der Kläger nicht belegen können. Die Weiterbildungsermächtigung des Ausbilders müsse selbstverständlich für den Zeitraum gelten, in der die Weiterbildung erfolge. Die vom Kläger angegebene Tätigkeit bei Professor H. könne hierbei nicht berücksichtigt werden, da Professor H. erst fast drei Jahre nach dem Ausscheiden des Klägers aus den Städtischen Kliniken Oldenburg zur Weiterbildung in dem Schwerpunkt Viszeralchirurgie ermächtigt worden sei. Auch auf § 35 Abs. 2 Nr. 2 HKG (Anerkennung aufgrund eines gleichwertigen Weiterbildungsganges) könne sich der Kläger nicht berufen, weil ein solcher Weiterbildungsgang nach Einführung der Teilgebietsbezeichnung absolviert sein müsse. Ebenso greife der Hinweis auf eine Anerkennung des Dr. K. nicht. Dessen Fall sei mit demjenigen des Klägers nicht vergleichbar.

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Am 7. Februar 2006 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Anerkennung der Schwerpunkt- bzw. Facharztbezeichnung Viszeralchirurgie, dieses Mal auch nach der WBO 2005 und den Übergangsvorschriften. Mit Bescheid vom 31. Mai 2006 lehnte die Beklagte auch den zweiten Antrag auf Anerkennung der Schwerpunkt-/Facharztbezeichnung Viszeralchirurgie nach den Übergangsbestimmungen der Weiterbildungsordnung vom 1. Mai 2005 ab.

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Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2006 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 3. Januar 2006 und mit Schriftsatz vom 19. Juni 2006 (7 A 3332/06) gegen den Bescheid vom 31. Mai 2006 erhoben. Durch Beschluss vom 7. Juli 2006 wurden die Verfahren 7 A 602/06 und 7 A 3332/06 verbunden und unter dem Aktenzeichen 7 A 602/06 fortgeführt.

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Zur Begründung seiner Klage trägt er vor: Er habe bei seiner Antragstellung versehentlich lediglich einen Antrag nach der WBO vom 1. Oktober 1996 gestellt. Die zum 1. Mai 2005 in Kraft getretene neue WBO (im Folgenden: WBO 2005) sei ihm inhaltlich nicht bekannt gewesen. Sein Antrag habe sich jedoch auch auf die in Betracht kommenden Übergangsbestimmungen sowie die WBO 2005 stützen sollen. Sein Antrag sei zu Unrecht abgelehnt worden. Erst mit der WBO vom 1. Oktober 1996 sei die Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie eingeführt worden. Nach der Übergangsbestimmung in § 21 Abs. 4 WBO 1996 habe bei Einführung einer neuen Arztbezeichnung die Anerkennung zum Führen dieser Arztbezeichnung erlangt werden können bei Nachweis von einer entsprechenden Tätigkeit innerhalb der letzten acht Jahre vor der Einführung. Er sei sich zwar bewusst gewesen, dass Anträge nach den Übergangsvorschriften gemäß § 23 Abs. 11 WBO innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der WBO hätten gestellt werden müssen; gleichwohl sei er der Auffassung, dass ihm aufgrund seiner hervorragenden Qualifikation die Schwerpunktbezeichnung zuerkannt werden könne.

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Mit der WBO 2005 sei die Facharztbezeichnung Viszeralchirurgie eingeführt worden. Nach den Übergangsbestimmungen sei geregelt gewesen, dass Kammermitglieder, die bei Inkrafttreten der Weiterbildungsordnung die Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie besitzen, berechtigt seien, die entsprechende Facharztbezeichnung zu führen. Nach § 20 Abs. 5 WBO habe bei Einführung einer neuen Bezeichnung in die Weiterbildungsordnung auf Antrag und nach bestandener Prüfung die Anerkennung zum Führen dieser Bezeichnung erhalten, wer in dem jeweiligen Gebiet innerhalb der letzten acht Jahre vor der Einführung mindestens die gleiche Zeit regelmäßig an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen tätig war, welche der jeweiligen Mindestdauer der Weiterbildung entspreche. Diese Voraussetzungen erfülle er. Bei dem Facharzt für Viszeralchirurgie handele es sich um eine neue Bezeichnung im Sinne der Weiterbildungsordnung. In § 20 Abs. 3 WBO 2005 sei geregelt, dass Kammermitglieder, die sich bei Inkrafttreten der WBO 2005 in einer Facharztweiterbildung befänden, nach den Bestimmungen der bisherigen WBO innerhalb einer Frist von zehn Jahren nach Inkrafttreten der WBO 2005 die Zulassung zur Prüfung beantragen können. In § 20 Abs. 4 WBO 2005 sei geregelt, dass für den Erwerb anderer Bezeichnungen Abs. 3 mit der Maßgabe entsprechend gelte, dass die Frist drei Jahre betrage. Daraus ergebe sich, dass mit Bezeichnung der Schwerpunkt, Facharzt etc. gemeint sei und nicht die Viszeralchirurgie. Die Bezeichnung Facharzt sei somit eine neue Bezeichnung im Sinne von § 20 Abs. 5 WBO. Die Beklagte habe deshalb auf Basis des § 20 Abs. 5 WBO 2005 seine bisherigen nachgewiesenen Tätigkeitszeiten zu prüfen, was sie bisher versäumt habe, und er sei zur Prüfung zuzulassen.

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Sein Antrag habe erhebliche Bedeutung für ihn. Nur mit dem entsprechenden Schwerpunkt - bzw. Facharzttitel könne er die Weiterbildungsermächtigung für dieses Gebiet erhalten.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 3. Januar 2006 zu verpflichten, ihn zur Prüfung zur Führung der Schwerpunktbezeichnung „Viszeralchirurgie“ zuzulassen,

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hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 31. Mai 2006 zu verpflichten, ihn zur Prüfung für den Facharzt „Viszeralchirurgie“ zuzulassen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie erwidert: Dem Kläger stehe weder ein Anspruch auf Anerkennung der Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie nach der WBO 1996 bzw. der Facharztbezeichnung Viszeralchirurgie nach der WBO 2005 noch ein Anspruch auf Zulassung zur Prüfung zur Erlangung des Titels zu. Der Kläger sei unstreitig niemals bei einem zur Weiterbildung in der Viszeralchirurgie ermächtigten Arzt tätig gewesen. Eine Tätigkeit unter Anleitung eines nicht zur Weiterbildung ermächtigen Arztes könne schon begrifflich keine Weiterbildung im Sinne der Weiterbildungsordnung darstellen. Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich bei der Facharztbezeichnung Viszeralchirurgie nicht um eine neue Bezeichnung im Sinne des § 20 Abs. 5 WBO. Der Kläger hätte sich vielmehr nach den Übergangsbestimmungen der WBO 1996 richten müssen. Sinn und Zweck des § 20 Abs. 5 WBO sei es, den Erwerb neuer Bezeichnungen zeitnah mit der Einführung der neuen Bezeichnung zu ermöglichen, indem für eine Übergangsfrist nicht auf eine Weiterbildung unter einem ermächtigten Weiterbilder, den es folgerichtig noch nicht geben könne, sondern auf eine entsprechende Tätigkeit in dem Gebiet oder in dem Bereich der neuen Bezeichnung abgestellt werde. War bereits eine Weiterbildung unter einem entsprechenden Weiterbildungsermächtigten möglich, seien die Übergangsbestimmungen nicht anzuwenden. So liege es im Falle des Klägers. Die Übergangsbestimmung vom 1. Mai 2005 diene dazu, dass Ärzte mit der Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie nunmehr berechtigt seien, stattdessen die Facharztbezeichnung Viszeralchirurgie zu führen. Zum 1. Oktober 1996 sei die Bezeichnung Viszeralchirurgie als Schwerpunktbezeichnung in die WBO eingeführt worden. Soweit die WBO zum 1. Mai 2005 die Bezeichnung nunmehr in Form einer Facharztbezeichnung regele, bedeute dies keine neue Bezeichnung, sondern lediglich eine neue Einstufung der Qualität bzw. Kennzeichnung nach § 3 Abs. 1 HKG. Hierfür gelte § 20 Abs. 5 WBO jedoch nicht. Die vom Kläger angeführten Vergleichsfälle seien mit seinem nicht vergleichbar.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg. Sie dürfte bereits unzulässig sein. Zwar mag die Klageänderung in der mündlichen Verhandlung - der Kläger will die Beklagte nicht mehr verpflichten, ihm die Führung der Schwerpunktbezeichnung Visceralchirurgie zu gestatten, sondern begehrt seine Zulassung zur Prüfung für die Führung der Schwerpunktbezeichnung bzw. des Facharztes Viszeralchirurgie - grundsätzlich zulässig sein, da die Beklagte eingewilligt hat (§ 91 Abs. 1 Halbsatz 1 VwGO). Es sprechen auch beachtliche Gesichtspunkte dafür, dass diese Klageänderung an sich sachdienlich ist, da es im Falle des Klägers nicht denkbar erscheint, dass die Beklagte verpflichtet ist, ohne eine solche Prüfung seinen erfolgreichen Abschluss der hier streitigen Weiterbildung anzuerkennen. Allerdings dürfte es für dieses Begehren an der für die Verpflichtungsklage zwingenden Voraussetzung der vorherigen erfolglosen Antragstellung bei der Beklagten (§ 68 Abs. 2 VwGO) fehlen. Der Kläger hat bislang bei der Beklagten die Zulassung zur Prüfung noch nicht beantragt; diese konnte demgemäß das neue Begehren des Klägers auch nicht bescheiden. Die angefochtenen Bescheide vom 3. Januar 2006 und 31. Mai 2006 lehnen Anträge des Klägers ab, mit denen dieser unmittelbar das Recht zur Führung der Schwerpunktbezeichnung bzw. Facharztbezeichnung Visceralchirurgie erlangen will. Dieses Begehren ist inhaltlich ein aliud zu den Anträgen des Klägers am Schluss der mündlichen Verhandlung am 4. Dezember 2007. Allerdings hat das Gericht die Beteiligten nicht darauf hingewiesen, dass der Kläger vor einer entsprechenden Verpflichtungsklage sein neues Begehren eventuell an die Beklagte hätte herantragen müssen, was jedenfalls schriftlich bisher nicht geschehen ist. Auch hat die Beklagte im Verwaltungsverfahren den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass er sinnvollerweise seine Zulassung zu der Prüfung hätte beantragen müssen. Das Gericht stützt seine Entscheidung gleichwohl letztlich nicht auf seine mit den Beteiligten nicht erörterten Zweifel an der Zulässigkeit der Klage, sondern - auch um einen weiteren Rechtsstreit zu vermeiden - darauf, dass die Klage jedenfalls unbegründet ist.

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Im Einzelnen gilt Folgendes:

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Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Zulassung zur Prüfung für die Führung der Schwerpunktbezeichnung Visceralchirurgie steht dem Kläger nicht zu. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2006 lehnt es zu Recht ab, die berufliche Tätigkeit des Klägers als Weiterbildung in dem Bereich der Visceralchirurgie nach den Weiterbildungsverordnungen anzuerkennen. Damit erfüllt der Kläger auch nicht die Voraussetzungen für die nunmehr begehrte Zulassung zu der Prüfung.

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Die Anforderungen für die Zulassung zu dieser Prüfung ergeben sich aus den §§ 34 ff. des Kammergesetzes für die Heilberufe - HKG - i.V.m. der Weiterbildungsverordnung der Beklagten.

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Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 HKG können Kammermitglieder, die durch Weiterbildung besondere Kenntnisse in einem bestimmten beruflichen Gebiet oder Teilgebiet oder andere zusätzliche Kenntnisse erworben haben, nach Maßgabe dieses Gesetzes neben ihrer Berufsbezeichnung weitere Bezeichnungen u. a. als Zusatzbezeichnung führen. Die Kammer legt gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 HKG in ihrer Weiterbildungsordnung u. a. diese Zusatzbezeichnungen fest, soweit dies im Hinblick auf die wissenschaftliche Entwicklung und zur angemessenen Versorgung u. a. der Bevölkerung erforderlich ist. Mit der WBO 1996 wurde die Schwerpunktbezeichnung Visceralchirurgie und durch die WBO 2005 Facharzt für Visceralchirurgie eingeführt.

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Eine Zusatzbezeichnung darf nach § 35 Abs. 1 Satz 1 HKG nur führen, wer hierfür eine Anerkennung durch die Kammer erhalten hat. Die Anerkennung erhält nach § 35 Abs. 2 HKG auf Antrag, wer eine Weiterbildung nach den §§ 37 und 38 HKG erfolgreich abgeschlossen hat (Nr. 1) oder in einem von den §§ 37 und 38 HKG abweichenden Weiterbildungsgang eine Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen hat und deren Gleichwertigkeit nachweist (Nr. 2). Die Weiterbildung in den Gebieten oder Teilgebieten wird nach § 37 Abs. 1 Satz 1 HKG unter verantwortlicher Leitung von Kammermitgliedern, die die Kammer hierzu ermächtigt hat, in Weiterbildungsstätten durchgeführt. Die Weiterbildungsordnung kann gemäß Satz 4 Halbsatz 1 dieser Vorschrift vorsehen, dass auch die Weiterbildung zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung unter der verantwortlichen Leitung ermächtigter Kammermitglieder durchgeführt wird. Die Weiterbildung hat gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 HKG erfolgreich abgeschlossen, wer nach abgeschlossener Berufsausbildung

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1. die für die Weiterbildung vorgeschriebenen Weiterbildungsabschnitte durchlaufen hat und

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2. vor dem Prüfungsausschuss der Kammer durch die Zeugnisse nach § 38 Abs. 5 und eine mündliche Prüfung nachgewiesen hat, dass er die erforderlichen besonderen Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt.

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Gemäß § 41 Abs. 1 (Nrn. 7 und 8) HKG regelt die Beklagte in ihrer Weiterbildungsordnung das Nähere zur Ausgestaltung der Weiterbildung, insbesondere die Anforderungen an die Zeugnisse nach § 38 Abs. 5 HKG sowie Einzelheiten des Prüfungsverfahrens.

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Ausgehend von diesen Regelungen hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf Anerkennung der Schwerpunktbezeichnung Visceralchirurgie mit Bescheid vom 3. Januar 2006 zu Recht abgelehnt. Sie ist auch nicht verpflichtet, den Kläger zur mündlichen Prüfung zuzulassen.

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Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Zulassung zur Prüfung für die Anerkennung der Schwerpunktbezeichnung Visceralchirurgie nach § 35 Abs. 2 Nr. 1, 2 HKG i.V.m. der am 1. Mai 2005 in Kraft getretenen Weiterbildungsordnung vom 27. November 2004 - WBO 2005 - noch nach der bis dahin geltenden Fassung der Weiterbildungsordnung vom 6. Februar 1993 in der Fassung vom 1. Oktober 1996 - WBO 1996 - zu.

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Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 Nr. 1 HKG sind nicht erfüllt. Der Kläger hat nicht das reguläre Weiterbildungsverfahren zum Erwerb der Zusatzbezeichnung Visceralchirurgie unter verantwortlicher Leitung ermächtigter Kammermitglieder (§§ 37 Abs. 1 Nr. 2, 38 HKG i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 7, 7 WBO 1996 bzw. § 5 Abs. 2, Abschnitt B Ziffer 6.8 WBO 2005) absolviert. Es fehlt an der erforderlichen Weiterbildung bei einem hierzu ermächtigten Arzt. Die von dem Kläger bei Prof. H. ausgeübte Tätigkeit kann ebenso wie die im Rahmen seiner Chefarzttätigkeit ausgeübte Beschäftigung auf dem Gebiet der Visceralchirurgie nicht als ordnungsgemäßer Weiterbildungsgang im Sinne der WBO 1996 anerkannt werden. Wie die Beklagte zutreffend bereits in dem angefochtenen Ausgangsbescheid angeführt hat, muss die Weiterbildung in der durch die Weiterbildungsordnung vorgegebenen strukturierten Form erfolgen. Die Weiterbildung ist unter verantwortlicher Leitung eines von der Beklagten dazu ermächtigten Arztes in der Weiterbildungsstätte durchzuführen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 WBO 1996). Der ermächtigte Arzt ist gemäß § 7 Abs. 4 WBO 1996 verpflichtet, die Weiterbildung persönlich zu leiten sowie zeitlich und inhaltlich entsprechend dieser Weiterbildungsordnung zu gestalten. Vorliegend ist der Kläger jedoch nicht durch einen zur Weiterbildung ermächtigten Arzt weitergebildet worden. Prof. H. wurde erst 3 Jahre, nachdem der Kläger dessen Abteilung verlassen hatte, selbst zur Weiterbildung ermächtigt. Für eine Rückwirkungsfiktion dergestalt, dass die Jahre des Klägers in der Klinik von Prof. H. aufgrund der späteren Weiterbildungsberechtigung bereits als Weiterbildung anerkannt werden können, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 7 WBO 1996 kein Raum. Eine Weiterbildung muss aus den o.g. Gründen stets durch einen bereits zur Ausbildung qualifizierten Weiterbilder erfolgen.

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Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zulassung zur Prüfung für die Schwerpunktbezeichnung Visceralchirurgie nach § 35 Abs. 2 Nr. 2 HKG i.V.m. § 17 Abs. 1 WBO 1996 bzw. § 10 WBO 2005. Danach erhält, wer in einem von der Weiterbildungsordnung abweichenden Weiterbildungsgang eine Weiterbildung abgeschlossen hat, auf Antrag die Anerkennung durch die Ärztekammer, wenn die Weiterbildung gleichwertig ist. Bei Vorliegen der Voraussetzungen einer gleichwertigen Weiterbildung erfolgt diese Anerkennung erst nach erfolgter erfolgreicher mündlicher Prüfung (§§ 13 ff. WBO 1996 bzw. §§ 11 ff. WBO 2005), zu welcher der Kläger mit seinem Hauptantrag zugelassen werden will. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen nach den Regelungen über die gleichwertige Weiterbildung jedoch nicht. Er hat keine Weiterbildung in einem abweichenden Weiterbildungsgang abgeschlossen. Ihm geht es um die Anerkennung einschlägiger berufspraktischer Tätigkeit als Weiterbildung in dem Bereich, für den er auch die Zusatzbezeichnung begehrt. Die Regelungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO 1996 und des § 10 WBO 2005 sind jedoch nicht einschlägig, wenn die Ärzte von Anfang an die Möglichkeit hatten, den regulären Weiterbildungsgang zu durchlaufen (vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 22. November 2005 - 5 A 469/05 - V.n.b.; VG Stade, Urteil vom 21. Dezember 1998 - 6 A 1929/97 - V.n.b.). Diese Konstellation ist im Fall des Klägers gegeben, da dieser seinen Antrag auf Anerkennung der Schwerpunktbezeichnung Visceralchirurgie erst im Mai 2005 stellte, diese jedoch als Bezeichnung bereits durch die WBO 1996 eingeführt wurde. Dem Kläger wäre es daher unbenommen gewesen, unter einem zugelassenen Weiterbilder die Ausbildung vor 2005 im regulären Weiterbildungsgang zu absolvieren.

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Mit seiner gegenteiligen Ansicht, es komme allein darauf an, dass er die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitze und der Antrag daher nicht allein aus formalen Gründen abgelehnt werden könne, kann der Kläger nicht durchdringen. Die in der jeweiligen WBO genannten Anforderungen beinhalten keinen bloßen Formalismus, sondern stellen ein wesentliches Instrument zur Gewährleistung der Qualität der ärztlichen Weiterbildung dar. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung wird der Erwerb besonderer Kenntnisse und Fertigkeiten auf einem speziellen medizinischen Bereich hoheitlich bescheinigt. Das dadurch in der Öffentlichkeit erweckte Vertrauen in die besondere Qualifikation des Arztes ist auch in Ansehung seiner Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG nur dann gerechtfertigt, wenn in dem vorangegangenen Verfahren hinreichend sorgfältig und umfassend das Vorliegen der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten festgestellt worden ist. Hierzu sind in den §§ 34 ff. HKG und der darauf beruhenden, die Einzelheiten regelnden Weiterbildungsordnung umfangreiche Vorkehrungen getroffen worden, insbesondere für die den wesentlichen Teil der Weiterbildung ausmachende formalisierte Weiterbildung durch einen dazu gemäß § 37 HKG speziell ermächtigten Arzt. Nur wenn eine diesen Voraussetzungen genügende Weiterbildung abgeschlossen ist, dies in einem Zeugnis des dazu ermächtigten Arztes ordnungsgemäß belegt wird und sich schließlich der Prüfungsausschuss der Kammer aufgrund des Zeugnisses und einer ergänzenden mündlichen Prüfung (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14. März 2007 - 8 LA 177/06 - V.n.b.) davon überzeugt hat, dass der Arzt die erforderliche Qualifikation besitzt, ist die Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen. Der Kläger ist nicht diesen Vorgaben entsprechend, insbesondere nicht durch einen anerkannten Weiterbilder, ausgebildet worden.

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Dass der Kläger sich - wovon die Kammer überzeugt ist - in seiner täglichen Arbeit zunächst in der Abteilung von Prof. H. und später als Abteilungsleiter und Chefarzt die entsprechenden Kenntnisse im Bereich der Visceralchirurgie angeeignet hat und er qualifiziert ist, reicht zur Erfüllung der Voraussetzungen der Weiterbildung und zur Erlangung der erstrebten Zusatzbezeichnung nicht aus (vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 22. November 2006 - 5 A 469/05 -; ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 14. März 2007 - 8 LA 177/06 - V.n.b.). Nur durch einen für alle Ärzte in gleicher Weise geregelten Erwerb einer Qualifikation nach dem ärztlichen Berufsrecht wird die für die Qualitätssicherung erforderliche Strukturqualität der ärztlichen Tätigkeit und Weiterbildung gewährleistet (VG Saarlouis, Urteil vom 13. Februar 2006 - 1 K 11/05 - zitiert nach juris).

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Nach den genannten Grundsätzen liegen die Voraussetzungen einer gleichwertigen Weiterbildung nach § 17 WBO 1996 bzw. § 10 WBO 2005 nicht vor. Ein Anspruch des Klägers auf Zulassung zur Prüfung gemäß §§ 13 ff. WBO 1996 bzw. §§ 11 ff. WBO 2005 besteht nicht. Der Hauptantrag ist mithin unbegründet.

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Auch der Hilfsantrag, mit welchem der Kläger einen Anspruch auf Zulassung zur Prüfung für den Facharzt für Visceralchirurgie erstrebt, bleibt ohne Erfolg.

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Entgegen der Auffassung des Klägers kommt eine Zulassung zur Prüfung auf Anerkennung der Facharztbezeichnung Visceralchirurgie nach den Übergangsbestimmungen des § 20 WBO 2005 nicht in Betracht. Sie sind hier allein maßgeblich, da der Kläger (unstreitig) die Frist aus § 21 Abs. 11 WBO 1996 versäumt hat.

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§ 20 Abs. 5 WBO 2005 regelt, dass, wer bei Einführung einer neuen Bezeichnung in diese Weiterbildungsordnung in dem jeweiligen Gebiet, Schwerpunkt oder in dem von der jeweiligen zusätzlichen Weiterbildung oder Zusatzbezeichnung abgedeckten Bereich innerhalb der letzten acht Jahre vor der Einführung mindestens die gleiche Zeit regelmäßig an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen tätig war, welche der jeweiligen Mindestdauer der Weiterbildung entspricht, auf Antrag und nach bestandener Prüfung die Anerkennung zum Führen dieser Bezeichnung erhalten kann. Aus § 20 Abs. 3 WBO 2005, welcher die Facharztweiterbildung regelt, und § 20 Abs. 4 WBO 2005, welcher sich mit dem Erwerb anderer Bezeichnungen befasst, schließt der Kläger, mit Bezeichnung im Sinne von § 20 Abs. 5 WBO 2005 sei der Schwerpunkt oder Facharzt gemeint und nicht das Fachgebiet, hier die Visceralchirurgie. Da der Facharzt für Visceralchirurgie erst durch die WBO 2005 eingeführt worden sei und die Schwerpunktbezeichnung ersetze, liege eine neue Bezeichnung im Sinne von § 20 Abs. 5 WBO 2005 vor und die Beklagte sei daher verpflichtet gewesen, seine bisherigen Tätigkeiten zu überprüfen.

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Diese Annahme geht fehl. Für die Auslegung der Vorschrift ist, wie es auch die Beklagte zurecht getan hat, § 34 HKG ergänzend heranzuziehen. Gemäß § 34 Abs. 2 HKG sind die Gebiete, in denen besondere Kenntnisse erworben werden können, in der Weiterbildungsordnung festzulegen. Daraus ergibt sich, dass mit diesen Gebieten die Bezeichnungen im Sinne des § 20 Abs. 5 WBO 2005 gemeint sind, mithin die jeweiligen medizinischen Fachgebiete wie eben die Visceralchirurgie. Gestützt wird diese Auslegung durch die Übergangsbestimmung in Ziffer 6.8 der WBO 2005, in der es heißt, dass Kammermitglieder, welche bei Inkrafttreten dieser Weiterbildungsordnung die Schwerpunktbezeichnung Visceralchirurgie besitzen, berechtigt sind, statt dessen die entsprechende Facharztbezeichnung zu führen. Diese Aussage findet ihre rechtliche Grundlage in § 20 Abs. 2 WBO 2005. Würde mit neuer Bezeichnung im Sinne von § 20 Abs. 5 WBO 2005, wie es der Kläger vorträgt, die Facharztbezeichnung gemeint sein, wäre die Vorschrift des § 20 Abs. 4 WBO 2005 unverständlich. Diese dient jedoch, wie aus der Übergangsbestimmung in 6.8 deutlich wird, gerade für die Fälle, in denen sich ein Kammermitglied in einer Schwerpunktweiterbildung befindet und damit eine andere Bezeichnung als diejenige des Facharztes nach Abs. 3 anstrebt. Die neue Bezeichnung kann daher nur das medizinische Fachgebiet betreffen, für welches Facharzt-, Schwerpunkt- oder sonstige Anerkennungen erlangt werden können. Für die Situation des Klägers, in welcher die Bezeichnung Visceralchirurgie bereits seit 1996 in der WBO vorgesehen ist, greift die Übergangsbestimmung damit nicht und begründet für ihn keinen Anspruch auf Zulassung zur Prüfung.

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Auch lässt sich ein Anspruch nicht aus dem Gleichheitsgrundsatz herleiten. Die Beklagte hat hinsichtlich des vom Kläger erwähnten Falles des Dr. L. glaubhaft dargestellt und durch die Vorlage ihrer Unterlagen bewiesen, dass in dessen Fall im Gegensatz zum Fall des Klägers die Voraussetzungen für die Anerkennung der Schwerpunktbezeichnung Visceralchirurgie gegeben waren. Dr. L. hat die Zweijahresfrist der § WBO 1996 eingehalten und erhielt die Bezeichnung unter Bezugnahme auf die Übergangsvorschriften. Hingegen ist der Fall des Dr. K., was das Gericht nicht verkennt, inhaltlich demjenigen des Klägers sehr ähnlich. Auch Dr. K. hat keinen formalen Weiterbildungsgang durchlaufen, sondern beruft sich auf eine Tätigkeit bei Prof. R. an der Universitätsklinik in Marburg, welcher erst vier Jahre nach Tätigkeitsende des Dr. K. bei ihm die Weiterbildungsermächtigung für Visceralchirurgie erhielt. Der Beklagte erkannte in dieser Tätigkeit eine gleichwertige Weiterbildung nach § 10 WBO 2005, da Dr. K. die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Weiterbildung von der Landesärztekammer Hessen bestätigt worden waren. Da auch der Kläger sich auf die Tätigkeit bei einem Arzt (Prof. H.) berief, welcher erst nach dem Ausscheiden des Klägers aus der Klinik zur Weiterbildung ermächtigt wurde, sind die Situationen vergleichbar. Allerdings verhilft dies dem Kläger nicht zu einem Anspruch auf Gleichbehandlung. Nach den o.g. Grundsätzen für die gleichwertige Weiterbildung dürfte die Entscheidung im Fall des Dr. K. dem Regelungsgehalt des § 10 WBO 2005 widersprechen. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht, so dass die Beklagte nicht zu einer weiteren der WBO widersprechenden Entscheidung verpflichtet werden kann.

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Nach alledem ist die Beklagte nicht verpflichtet, den Kläger zur Prüfung für die Anerkennung der Schwerpunkt- bzw. Facharztbezeichnung Visceralchirurgie zuzulassen.