Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 20.12.2007, Az.: 2 A 963/06
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 20.12.2007
- Aktenzeichen
- 2 A 963/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 62297
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2007:1220.2A963.06.0A
Fundstellen
- AbfallR 2008, 42
- MuA 2008, 99
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 2. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2007 durch den Richter am Verwaltungsgericht Osterloh als Vorsitzenden, den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Menzel und den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Kalmer sowie die ehrenamtlichen Richter Frau Eilers und Herr Findeisen
für Recht erkannt:
Tenor:
Der im Auftrage des Beklagten von der Stadt Norderney erlassene "Abgaben-Steuern-Gebühren-Jahresbescheid 2006" vom 14. Februar 2006 wird hinsichtlich der Festsetzung der Abfallentsorgungsgebühren aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger, der Eigentümer des Hausgrundstücks U. 40, 26548 Norderney ist, auf dem sich zwei Ferienwohnungen befinden, wendet sich gegen die Erhebung von Abfallentsorgungsgebühren durch den Beklagten für das Jahr 2006.
Mit "Abgaben-Steuern-Gebühren-Jahresbescheid 2006" vom 14. Februar 2006 setzte die Stadt Norderney im Auftrage des Beklagten Gebühren für einen "Biobehälter 20 L, 14-tg." in Höhe von 114,00 € und für einen "Biobehälter 35 L, 14-tg." in Höhe von 133,00 €, insgesamt in Höhe von 247,00 € fest. In den beiden zuerst genannten Beträgen ist nach den Angaben des Beklagten in der Klageerwiderung jeweils eine Grundgebühr in Höhe von 78,00 € enthalten.
Der Kläger hat am 16. Februar 2006 Klage erhoben.
Er macht im Wesentlichen geltend: Die Satzung verstoße gegen höherrangiges Recht. So werde für Einpersonengrundstücke die gleiche Grundgebühr erhoben wie bei einer als eine Benutzungseinheit eingestufte Hotelanlage. Die Ungleichheit bestehe darin, dass bei einem Einpersonengrundstück weniger Abfall erzeugt werde als bei einem Hotel und daher die öffentliche Einrichtung Abfallbeseitigung typischerweise in sehr viel geringerem Umfang in Anspruch genommen werde.
Der Kläger beantragt,
den im Auftrage des Beklagten von der Stadt Norderney erlassenen "Abgaben-Steuern-Gebühren-Jahresbescheid 2006" vom 14. Februar 2006 hinsichtlich der Festsetzung der Abfallentsorgungsgebühren aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erwidert im Wesentlichen: Es liege kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz deshalb vor, weil bei Einpersonengrundstücken die gleiche Grundgebühr erhoben werde wie bei einer als eine Benutzungseinheit eingestufte Hotelanlage. Insoweit nehme er Bezug auf die Urteile des Nds. OVG vom 24. Juli 1998 (9 L 2722/96 und 9 K 6907/95 ). Unter dem Gesichtspunkt der Typengerechtigkeit sei die Erhebung einer einheitlichen Grundgebühr gerechtfertigt, da die Anzahl der Gewerbebetriebe oder vergleichbarer Einrichtungen, z.B. die von dem Kläger aufgeführten Pensionen und Hotels, die mehr Abfall erzeugten als die übrigen Anschlusspflichtigen, in seinem Bereich deutlich unter 10 % der Gesamtheit der Anschlusspflichtigen liege und somit eine gestaffelte Grundgebührenhöhe nicht geboten erscheine. So würde bei rund 95 000 anschlusspflichtigen Benutzungseinheiten ein erheblicher Verwaltungsmehraufwand entstehen, sofern man auf die Größe der Wohnungen bzw. Gewerbebetriebe abstellen wolle, der seinerseits zu einer allgemeinen Verteuerung des Abfallbeseitigungssystems führen würde. Er weise in diesem Zusammenhang auch auf die Entscheidung des Nds. OVG vom 26. März 2003 (9 KN 439/02 ) hin.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angegriffene, im Auftrage des Beklagten von der Stadt Norderney erlassene "Abgaben-Steuern-Gebühren-Jahresbescheid 2006" vom 14. Februar 2006 ist hinsichtlich der Festsetzung der Abfallentsorgungsgebühren rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
Der Beklagte verfügt nicht über ein wirksames Satzungsrecht für die Heranziehung des Klägers zu Abfallentsorgungsgebühren. Die Gebührensätze der Satzung des Beklagten über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung im Landkreis Aurich (Abfallgebührensatzung) vom 14. Dezember 2005 (Amtsblatt für den Landkreis Aurich vom 23. Dezember 2005, S. 209) -AGS 2006 - sind nichtig, weil sie höherrangigem Recht widersprechen.
In der Rechtsprechung ist es geklärt, dass dem Satzungsgeber bei der Bemessung von Abfallentsorgungsgebühren ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet ist, dessen Grenzen mit Blick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) erst dann überschritten sind, wenn die Gebührenregelung nicht mehr durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Von daher gesehen kann der kommunale Satzungsgeber je nach den Umständen des Einzelfalles eine Auswahl unter den verschiedensten Gebührenmodellen treffen, ohne dass sich aus dem Gleichheitsgrundsatz eine Präferenz für einen bestimmten Gebührenmaßstab ergibt. Zur Wahl stehen neben mengen- oder gewichtsorientierten auch personen-, haushalts- oder grundstücksbezogene Gebührenmaßstäbe (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2000 - 11 C 7.00 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ 2002, 199 ff.). Die abfallbeseitigungspflichtige Körperschaft hat dabei neben dem Erfordernis, zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung anzuhalten, auch zahlreiche andere Kriterien zu berücksichtigen, die - wie etwa die Notwendigkeit einer geordneten Abfallentsorgung sowie das Vorhandensein einer Kalkulationssicherheit - einer zu starken Gebührendifferenzierung je nach der Menge des tatsächlich anfallenden Abfalls entgegenstehen können. So kann es sachgerecht sein, durch die Festlegung von Mindestentleerungen sicherzustellen, dass der Abfall in regelmäßigen Zeitabständen abgefahren und der Gebührenpflichtige nicht verleitet wird, sich seiner Restabfälle zwecks Minderung der Gebührenlast verbotswidrig zu entledigen. Auch die Zulässigkeit einer Mindestgebühr nach § 12 Abs. 6 Satz 3 Niedersächsisches Abfallgesetz (NAbfG) in der hier anzuwendenden Fassung vom 5. November 2004 (GVBl.S. 417) verdeutlich, dass bei der Gebührengestaltung eine bestimmte Mindestinanspruchnahme durchaus unterstellt werden darf und der niedersächsische Gesetzgeber die Nachteile, die im Hinblick auf eine Abfallvermeidung mit Mindestentleerungen verbunden sein können, durchaus in Kauf genommen hat. § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG richtet sich daher nicht an jede einzelne Teilregelung einer Gebührensatzung, sondern ist bereits beachtet, wenn die Gebührengestaltung in ihrer Gesamtheit hinreichend Anreize zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung bietet (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26. März 2003 - 9 KN 439/02 -, juris, Rn. 22, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf KStZ 2004, 36 f. = NVwZ-RR 2004, 891 ff.).
Des Weiteren ist die Gleichbehandlung aller Grundstücke bzw. gemäß der jeweiligen Satzung festgelegten Benutzungseinheiten durch die Erhebung einer pauschalen Grundgebühr grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Vorhaltekosten (Fixkosten) für die Abfallentsorgung sind in der Regel unabhängig von der jeweils zu entsorgenden Menge an Abfall zu einem ganz wesentlichen Teil durch invariable Kosten für das Vorhalten des Abfallbeseitigungs-systems bedingt. Deshalb dürfen beispielsweise grundsätzlich Ein-Personen-Haushalte ebenso behandelt werden wie Mehr-Personen-Haushalte, obwohl Letztere das Abfallbeseitigungssystem typischerweise stärker in Anspruch nehmen, und Wohngrundstücke dürfen Gewerbegrundstücken gleich gestellt werden, obwohl die Art und Menge des Abfalls bei beiden Gruppen unterschiedlich sein kann. Des Weiteren dürfen gewerblich genutzte Grundstücke im Verhältnis zueinander gleich behandelt werden, obwohl sie bezüglich der Größe, der Zahl der im Betrieb Beschäftigten und/oder der Art der gewerblichen Betätigung erhebliche Unterschiede aufweisen können. Wenn aber die Vorhaltekosten deshalb steigen, weil das verstärkte Aufkommen von Abfall größere Vorhalteleistungen erfordert, so dass mehr Fahrzeuge eingesetzt und mehr Beschäftigte angestellt werden müssen, kann die sachliche Rechtfertigung dafür, auch die Erzeuger von wenig Abfall gleichermaßen über die Grundgebühr zu den Vorhaltekosten heranzuziehen, in Zweifel gezogen werden. Dieser Grenzbereich ist allerdings regelmäßig nicht überschritten, wenn über die Grundgebühr nicht mehr als 30 % der Gesamtkosten der Abfallbeseitigung abgedeckt werden (vgl. Nds. OVG, Urteile vom 20. Januar 2000 - 9 L 2396/99 -, juris, Rn. 10, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NdsVBl 2000, 271 ff. = NVwZ-RR 2001, 128 f., und vom 24. Juni 1998 - 9 L 2722/96 -, juris, Rn. 31, mit Veröffentlichungshinweis auf NdsVBl 1998, 289 = NdsRpfl 1999, 26 = KStZ 1999, 172, unter Hinweis auf das in dem Parallelverfahren 9 K 6907/95 ebenfalls am 24. Juni 1998 erlassene Urteil, aufgehoben vom BVerwG aus anderen Gründen durch Beschluss vom 4. Dezember 1998 - 8 B 184/98 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf NVwZ-RR 1999, 336; Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: Sept. 2007, § 6 Rn. 755b, der sinngemäß ausführt, werde als Grundgebührenmaßstab die angeschlossene Wohnung bzw. der angeschlossene Gewerbebetrieb gewählt, sei eine gleich hohe Grundgebühr zulässig, wenn über die Grundgebühr nicht mehr als 30 % der Gesamtkosten der Abfallentsorgung abgedeckt würden; Rosenzweig/Freese, NKAG, Komm., Stand: August 2005, § 5 Rn. 353: 30 %; vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12. März 2003 -4 K 7/01 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf KStZ 2003, 193 ff. = ZKF 2003, 281 f., [OVG Mecklenburg-Vorpommern 12.03.2003 - 4 K 7/01] das hinsichtlich einer einheitlichen Grundgebühr sinngemäß ausgeführt hat, die Vorhaltekosten der Abfalleinrichtung machten nach den Kalkulationsunterlagen 62 % aus und die Heranziehung der Gebührenpflichtigen zu diesen Fixkosten mit einem Anteil von 20 % sei unbedenklich; Schulte/Wiesemann in Driehaus, a.a.O., Rn. 336d: 20 %).
Hiervon ausgehend verstoßen die Gebührensätze der AGS 2006 gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und damit gegen höherrangiges Recht. Dabei kann unentschieden bleiben, bei welchem Grenzwert der dargestellte - zulässige - Bereich konkret überschritten wird. Nach Auffassung der Kammer liegt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG jedenfalls dann vor, wenn - wie hier - der von der einheitlichen Grundgebühr abzudeckende Anteil am Gesamtgebührenaufkommen mehr als 50 % und damit deutlich mehr als 30 % beträgt. Nach der vom Beklagten vorgelegten Übersicht über den Gebührenbedarf 2006 belief sich dieser Anteil auf (abgerundet) 50,18 % (Grundgebühr: 7 436 188 €, Restabfall: 2 387 115 €, Bioabfall: 4 993 825 €). Im Übrigen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die von der Grundgebühr abzudeckenden Kosten auf andere Gründe als auf das verstärkte Aufkommen von Abfall zurückzuführen sind.
Nicht ersichtlich ist, dass die Erwägungen zur zulässigen Höhe einer einheitlichen Grundgebühr seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Abfallgesetzes, des Niedersächsischen Bodenschutzgesetzes und des Gesetzes über die Regelung von Zuständigkeiten im Gewerbe- und Arbeitsschutzrecht sowie in anderen Rechtsgebieten vom 12. Dezember 2002 (GVBl.S. 802) am 1. Januar 2003 nicht mehr gelten sollen. Insbesondere lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien Entsprechendes nicht entnehmen. Die maßgebenden Ausführungen zur Änderung des § 12 Abs. 2 Satz 2 und 6 Abs. 3 NAbfG in dem am 11. Dezember 2002 ausgegebenen schriftlichen Bericht lauten (LT-Drs. 14/4007):
(zu Abs. 2 Satz 2)
"Der empfohlenen Änderung liegt folgende Problematik zugrunde: Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung aus dem gesetzlichen Gebot, die Vermeidung und Verwertung von Abfällen durch die Gebührengestaltung zu fördern, den Schluss gezogen, mit der Gebührengestaltung müsse ein spürbarer Anreiz zur Abfallvermeidung und -verwertung geschaffen werden. Deshalb dürfe die Höhe der Grundgebühr nicht mehr als 50 v.H. der gesamten Gebührenbelastung des Gebührenpflichtigen ausmachen. Dies ist laut Begründung der Ausschussmitglieder der SPD-Fraktion für diejenigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger problematisch, bei denen der Anteil der verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (der sog. Fixkosten) deutlich über 50 v.H. der Gesamtkosten liegt, etwa wegen hoher Deponiekosten. Diese Entsorgungsträger würden durch die Rechtsprechung gezwungen, den variablen (mengen- oder volumenabhängigen) Teil ihrer Gebühren mit Festkosten zu belasten, was zu Schwierigkeiten und Ungerechtigkeiten in der Gebührenkalkulation führe.
Zur Beseitigung dieses Problems hatte die SPD-Fraktion im federführenden Ausschuss zunächst vorgeschlagen, Absatz 2 Satz 2 nicht in eine "Soll"-, sondern in eine "Kann"-Vorschrift umzuwandeln. Die Vertreter der SPD-Fraktion erklärten, diese Ausgestaltung des Absatzes 2 Satz 2 als Ermessensvorschrift entziehe zwar der genannten Rechtsprechung die rechtliche Grundlage, stelle aber den im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) angeordneten Vorrang von Vermeidung und Verwertung nicht infrage. Demgegenüber lehnten die Vertreter der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Vorschlag mit der Begründung ab, dieser führe im Ergebnis dazu, dass die bisherigen erfolgreichen Bemühungen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, über die Gebühren Anreize zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen zu schaffen, künftig nicht mehr fortgesetzt würden.
Der Ausschuss für innere Verwaltung hörte im Rahmen der Mitberatung zu dieser Problematik Vertreter des Niedersächsischen Landkreistages an. Diese erläuterten die Schwierigkeiten einiger Kommunen bei der Gebührenkalkulation nach der derzeitigen Rechtslage und vertraten die Auffassung, die Möglichkeit, eine höhere Grundgebühr als 50 v.H. zu erheben, könne im jeweiligen Einzelfall auch aus Gründen der Gebührengerechtigkeit erforderlich sein. Sie betonten aber, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Vermeidung und Verwertung von Abfällen auch dann weiterhin fördern würden, wenn Absatz 2 Satz 2 in eine Ermessensvorschrift umgewandelt würde. Der Ausschuss für innere Verwaltung schloss sich daraufhin der Empfehlung des Ausschusses für Umweltfragen zu Absatz 2 Satz 2 an. Ein Antrag des Vertreters der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in Absatz 2 Satz 2 die Förderung der Vermeidung von Abfällen in einer Soll-Vorschrift vorzugeben und nur in Bezug auf die Förderung der Verwertung von Abfällen das freie Ermessen zu eröffnen, war zuvor mit den Stimmen von SPD und CDU abgelehnt worden.
Aufgrund des abschließenden Beratungsdurchgangs empfiehlt der federführende Ausschuss für Umweltfragen nunmehr einstimmig, Absatz 2 Satz 2 so zu fassen, dass die Gebührengestaltung die Vermeidung und Verwertung von Abfällen fördern "soll". Die Ausschussmitglieder sind sich einig, dass diese "Soll"-Vorschrift den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern in Verbindung mit den zu Absatz 6 empfohlenen Änderungen ausreichend Spielraum lässt, um bei Bedarf den Grundgebührenanteil auch über 50 v.H. festzusetzen, wenn ihre Fixkosten entsprechend hoch sind (siehe hierzu auch die Ausführungen zu § 6 - neu)."
(zu Abs. 6 Satz 3)
"In Satz 3 wird ausdrücklich zugelassen, dass die Grundgebühren in begründeten Fällen 50 v.H. des gesamten Gebührenaufkommens übersteigen dürfen. Dieser Vorschlag korrespondiert mit der Empfehlung zu Absatz 2 Satz 2 und soll sicherstellen, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, deren Entsorgungsanlagen hohe Fixkosten verursachen, diese Kosten im Rahmen der Erhebung der Grundgebühr grundsätzlich uneingeschränkt berücksichtigen können. Dabei soll jedoch nicht das Verhältnis von Grundgebühr zu variablem Gebührenanteil im Einzelfall maßgeblich sein, sondern es wird auf das Verhältnis sämtlicher Grundgebühren zum gesamten Gebührenaufkommen abgestellt.
Die SPD-Fraktion hatte ursprünglich angeregt, in Absatz 6 Satz 3 eine Grundgebühr von bis zu 75 v.H. zuzulassen. Die Vertreter der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen waren der Ansicht, dass diese Obergrenze in ihrer Höhe nicht nachvollziehbar sei. Vor allem sei bei einer solchen Angabe zu befürchten, dass sie den öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern einen Anreiz bieten würde, den Rahmen von 75 v.H. für die Grundgebühr in jedem Fall auszuschöpfen. Bei einem sehr hohen Grundgebührenanteil sei außerdem eine Benachteiligung kleiner Haushalte zu befürchten. Die Vertreter der SPD-Fraktion wiesen demgegenüber darauf hin, dass auch die beantragte Neuregelung nichts daran ändere, dass in die Grundgebühr nur tatsächlich anfallende Festkosten einbezogen werden dürften.
Die Vertreter des Niedersächsischen Landkreistages erklärten in der Anhörung durch den mitberatenden Ausschuss für innere Verwaltung (vgl. oben zu Absatz 2), dass die Obergrenze von 75 v.H. nicht zwingend erforderlich sei und möglicherweise auch eine Grenze von 65 v.H. dem Regelungsziel gerecht würde. Der Innenausschuss empfahl daraufhin einstimmig, die Obergrenze von 75 v.H. zu streichen und stattdessen eine Überschreitung des Grundgebührenanteils von 50 v.H. in begründeten Fällen zuzulassen. Damit wird zwar nicht ausgeschlossen, dass die Grundgebühren 75 v.H. betragen können, wenn dies im Einzelfall erforderlich ist. Es soll aber dem Missverständnis entgegengewirkt werden, ein solch hoher Grundgebührenanteil sei generell zulässig. Der federführende Ausschuss schloss sich dieser Empfehlung in der zweiten Beratung an."
Diesen Ausführungen lässt sich klar entnehmen, dass die Regelungen in § 12 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 6 Satz 3 NAbfG sicherstellen sollen, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, deren Entsorgungsanlagen hohe Fixkosten verursachen, diese Kosten im Rahmen der Erhebung der Grundgebühr grundsätzlich uneingeschränkt berücksichtigen können (vgl. zur seit 1. Januar 2003 geltenden Rechtslage: Nds. OVG, Urteil vom 7. Juni 2004 - 9 KN 502/02 -, juris, Rn. 27 und 32, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NordÖR 2004, 310 ff. [OVG Niedersachsen 07.06.2004 - 9 KN 502/02] = NdsVBl 2004, 267 ff. = NdsRpfl 2004, 259 ff.). Dies hat indes nichts mit der hier wesentlichen - davon strikt zu trennenden - Frage zu tun, ob die Erhebung einer einheitlichen Grundgebühr gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt.
Der Hinweis des Beklagten auf den Grundsatz der Typengerechtigkeit führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Das Nds. OVG zog diesen Grundsatz in seinem oben genannten Urteil vom 24. Juni 1998 nur als weiteren Beleg für seine Auffassung heran, dass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in jenem Fall nicht vorliege (a.a.O., Rn. 36 f.). Die Anwendung dieses Grundsatzes kann aber nicht den Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG kompensieren, dass über die Erhebung einer einheitlichen Grundgebühr ein unangemessen hoher Teil der Gesamtkosten abgedeckt wird. Insofern ist es unerheblich, wenn die Anzahl der Gewerbebetriebe oder vergleichbarer Einrichtungen, z.B. die von dem Kläger aufgeführten Pensionen und Hotels, die mehr Abfall erzeugten als die übrigen Anschlusspflichtigen, im Bereich des Beklagten im Jahre 2006 deutlich unter 10 % der Gesamtheit der Anschlusspflichtigen betragen hätten. Offen bleiben kann nach alledem auch, ob im niedersächsischen Abfallbeseitigungsgebührenrecht der Grundsatz der Zulässigkeit von Typisierungen, nach der nur zahlenmäßig bedeutsame, nämlich 10 % oder mehr der Gesamtfälle ausmachende Fallgestaltungen speziell geregelt werden müssen, weiterhin uneingeschränkt gilt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 2005 - 10 C 4.04 - juris, Rn. 20, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ 2006, 589 ff. [BVerwG 01.12.2005 - BVerwG 10 C 4.04]; bejahend dagegen das Nds. OVG, Urteil vom 26. März 2003 - 9 KN 439/02 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf KStZ 2004, 36 f. = NVwZ-RR 2004, 891 ff., auch einsehbar in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG).
Die Kammer brauchte dem Beklagten auch nicht den beantragten Schriftsatznachlass zu gewähren (der Antrag wurde durch Beschluss in der mündlichen Verhandlung abgelehnt). Für die tatsächliche und rechtliche Erörterung der Streitsache ist nach § 104 Abs. 1 VwGO grundsätzlich die mündliche Verhandlung der eigentliche Ort. Wie sich der Verhandlungsniederschrift entnehmen lässt, wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Dabei wurde auf das Urteil des Nds. OVG vom 24. Juni 1998 (konkret angesprochen wurde das Urteil im Verfahren 9 L 2722/96) und auf die Problematik hinsichtlich der Höhe der einheitlichen Grundgebühr hingewiesen. Zwar eröffnet das Prozessrecht einem Beteiligten, der in der Verhandlung erstmals mit einer Rechtsauffassung konfrontiert wird, zu der er nicht aus dem Stand sachgerecht Stellung zu nehmen vermag, verschiedene Möglichkeiten, um seine Belange zur Geltung zu bringen und zu verhindern, dass seine Rechtsverfolgung beeinträchtigt wird. So kann er darauf hinwirken, dass die Sitzung unterbrochen oder die Verhandlung vertagt wird (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -). Kann sich ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihm nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann das Gericht überdies auf seinen Antrag nach § 283 Satz 1 Halbs. 1 ZPO in Verbindung mit § 173 Satz 1 VwGO eine Frist bestimmen, in der er die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Februar 2000 - 4 B 13.00 -, juris, Rn. 3, mit Veröffentlichungshinweis auf Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 29). Der Umstand, dass der Beklagte die in der mündlichen Verhandlung in Anlehnung an das Urteil des Nds. OVG vom 24. Juni 1998 dargelegte vorläufige Auffassung der Kammer nicht geteilt bzw. die Ausführungen des Nds. OVG zur Höhe einer einheitlichen Grundgebühr (möglicherweise) missverstanden hat, hat aber nicht dazu geführt, dass er nicht aus dem Stand sachgerecht Stellung nehmen konnte. Der Beklagte hat insbesondere das in der mündlichen Verhandlung genannte Urteil des Nds. OVG vom 24. Juni 1998 gekannt; er zitierte im Verfahren sogar aus diesem bzw. aus dem am selben Tag in dem beim Nds. OVG anhängig gewesenen Verfahren 9 K 6907/95 ergangenen Urteil umfangreich (s. Schriftsatz vom 1. Juni 2006, S. 7 bis 9). Außerdem hat der Kläger die Erhebung einer einheitlichen Grundgebühr gerügt und dabei konkret Einpersonengrundstücke und eine Hotelanlage verglichen (s. Schriftsatz vom 11. April 2006, S. 10). Des Weiteren war es für den Beklagten nicht notwendig, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Abgesehen davon lagen die Voraussetzungen des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 Satz 1 Halbs. 1 ZPO nicht vor. Danach kann das Gericht auf den Antrag eines Beteiligten, wenn er sich in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären kann, weil es ihm nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, eine Frist bestimmen, in der der Beteiligte die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
Der genannte Fehler führt zwangsläufig dazu, dass der Gebührenmaßstab insgesamt unwirksam ist. Wenn nämlich die Grundgebühr wesentlich niedriger hätte festgesetzt werden müssen, hätte es dem Beklagten als Satzungsgeber oblegen, nach seinem Ermessen die Zusatzgebühren höher festzusetzen.
Die Klage hat nach alledem Erfolg.
Zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten wird allerdings noch auf Folgendes hingewiesen, auch wenn es hierauf rechtlich nicht mehr ankommt:
Die Regelungen in § 4 Abs. 7 sowie § 19 Abs. 5 bis 7 der Satzung über die Abfallentsorgung für den Landkreis Aurich vom 14. Dezember 2005 (Abfallentsorgungssatzung - AES 2006 -) (Amtsblatt für den Landkreis Aurich vom 23. Dezember 2005, S. 180) sind aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Einwand des Klägers nicht durchgreift, die Satzung des Beklagten sei nicht verständlich, weil in § 4 Abs. 7 Nr. 4 bis 6 AES 2006 von eingetragenen Vereinen, Pensionen, Schulen usw. die Rede sei, d.h. der Plural verwendet werde. Vielmehr ist hinreichend deutlich, dass die in § 4 Abs. 7 Nr. 4 bis 6 AES 2006 genannten Objekte jeweils für sich eine Benutzungseinheit darstellen, also z.B. eine Pension oder eine Schule.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist es rechtlich auch zulässig, bei der Bemessung der Zahl der auf einem anzuschließenden Grundstück vorzuhaltenden Bio-Abfallbehälter an den Begriff der Benutzungseinheit insbesondere in Gestalt einer Ferienwohnung anzuknüpfen. Es deutet angesichts der Berechnungen des Nds. OVG in seinem Beschluss vom 8. Juni 2000 (- 9 L 863/99 -, V.n.b.) Überwiegendes darauf hin, dass es mit seiner Aussage, es bestünden ernstliche Zweifel, ob es rechtlich zulässig sei, bei der Bemessung der Zahl der auf dem anzuschließenden Grundstück vorzuhaltenden Bio-Abfallbehälter an den Begriff der Benutzungseinheit anzuknüpfen, allein die damals geltenden speziellen Satzungsbestimmungen im Blick hatte. Im Jahre 2006 galten indes im Bereich des Beklagten davon abweichende Regelungen. Sie machen deutlich, dass beispielsweise Inhaber von fünf in einem Haus eingerichteten Ferienwohnungen auf der Insel Norderney lediglich Füllraum von insgesamt 100 l für 2 Wochen vorhalten mussten (z.B. in der Gestalt von zwei Bioabfallnormeimern mit je 50 l Füllraum gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 AES 2006 oder von einer grünen Bioabfall-Rolltonne mit einem Gesamtaufnahmevolumen von 120 l unter Nutzung des Füllstrichs bei 100 l nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AES 2006), wenn ein entsprechender Antrag im Sinne von § 19 Abs. 6 AES 2006 gestellt wurde. Dabei liegt es auf der Hand, dass der Nachweis im Sinne von § 19 Abs. 6 Satz 2 AES unschwer geführt werden kann, wenn es sich hinsichtlich der Ferienwohnungen um denselben Eigentümer handelt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass beispielsweise vier Ferienwohnungen nur für die Aufnahme von 8 Personen ausgestattet sind, ist ein vorzuhaltender Füllraum für Bioabfälle von insgesamt 80 l für 2 Wochen wahrscheinlich noch nicht zu beanstanden.
Ferner ist wahrscheinlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte mehrere Ferienwohnungen nicht als einen einheitlich geführten Gewerbebetrieb und damit nicht als eine Benutzungseinheit ansieht. Bei den Abfällen der Nutzer von Ferienwohnungen handelt es sich nicht um gewerbliche Abfälle, sondern um Abfälle aus privaten Haushaltungen im Sinne von § 3 Abs. 2 AES 2006, § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Darunter sind Abfälle zu verstehen, die in privaten Haushalten regelmäßig im Rahmen der üblichen privaten Lebensführung anfallen und entfernt werden müssen, wobei es nicht auf die Beschaffenheit, sondern auf die Herkunft des Abfalls ankommt. Eine private Haushalts- und Lebensführung ist typischerweise mit dem Wohnen verbunden und setzt ein selbständiges Wirtschaften voraus. Sie muss jedoch nicht in einer Wohnung stattfinden, sondern es kann sich auch um einen Ort handeln, an dem der Abfallerzeuger nur vorübergehend einen privaten Haushalt führt, wie dies z.B. in Ferienwohnungen, Ferien- oder Wochenendhäusern oder auch auf Campingplätzen der Fall ist. Abfallrechtlich ohne Belang ist es, ob der Inhaber einer oder mehrerer Ferienwohnungen oder vergleichbarer Unterkünfte gegenüber den jeweiligen Nutzern als Gewerbetreibender auftritt. Allein die gewerbliche Vermietung führt - was gleichermaßen für den Fall der gewerblichen Wohnungsvermietung gilt -nicht dazu, dass der bei den Nutzern anfallende Abfall zum gewerblichen Abfall wird. Als Besitzer der Abfälle ist beispielsweise der Eigentümer einer Ferienwohnung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG zu deren Überlassung an die zuständige Behörde verpflichtet. Sein Besitz im Sinne von § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG, d.h. die tatsächliche Sachherrschaft über die Abfälle, ergibt sich daraus, dass die Nutzer der Ferienwohnungen ihre Abfälle auf dem Grundstück des Eigentümers in von diesem hierfür bereitgestellten Behältern sammeln (vgl. OVG Berlin-Brandenburg , Beschluss vom 12. April 2006 - 12 S 1.06 -, juris, Rn. 4; VG Freiburg, Urteil vom 23. Juli 1998 - 3 K 1217/97 -, juris, danach veröffentlicht in Städte- und Gemeinderat 1999, 37). Darüber hinaus ist es wahrscheinlich nicht zu beanstanden, dass der Begriff der Wohnung in § 4 Abs. 7 Nr. 1 Sätze 2 und 3 AES 2006 als die Summe der in sich abgeschlossenen Räume (Raumeinheit) definiert wird, welche die Führung eines Haushaltes ermögliche und Kochgelegenheit, Wasserversorgung und WC erfordere (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 21. April 1997 - 8 B 87.97 -, juris, Rn. 6, das ausgeführt hat, eine Wohnung ohne Küche oder ohne Wohnraum oder ohne jegliche Sanitäreinrichtung würde dem Wohnungsbegriff nicht genügen und wäre für den Aufenthalt von Menschen ungeeignet; weitergehend das Nds. OVG, Urteil vom 11. Juli 2007 - 9 LB 5/07 -, juris, Rn. 36, auch einsehbar in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG, zum Begriff der Zweitwohnung im Zweitwohnungsteuerrecht). Gleichzeitig ergibt sich aus vorstehenden Erwägungen, dass - wie der Kläger vorgetragen hat - Hotelzimmer und Personalunterkünfte nicht zwingend als jeweils separate Benutzungseinheiten einzustufen sind. Zutreffend ist es allerdings, dass jedenfalls Campingunterkünfte auf Dauerstandplätzen und abgeschlossene Appartements in Hotels jeweils eine Benutzungseinheit darstellen, wenn sie nach Maßgabe vorstehender Ausführungen die Führung eines Haushalts ermöglichen (s. § 4 Abs. 5 Nr. 1 AES). In diesem Zusammenhang spricht Überwiegendes dafür, dass der Beklagte, wenn er an dem Begriff der Benutzungseinheiten festhalten will, wahrscheinlich zu überprüfen hat, ob die Benutzungseinheiten abschließend erfasst worden sind.
Des Weiteren steht § 4 Abs. 7 AES 2006 der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. November 2001 nicht entgegen (- 9 B 50.01 -, juris, Rn. 8-12, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ-RR 2002, 217 = KStZ 2002, 75). Abgesehen davon hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass § 9 Abs. 1 AGS 2006 für Wohnungen bzw. Ferienwohnungen unter bestimmten Voraussetzungen eine (Teil-)Erstattung der Zusatzgebühr gemäß § 2 Abs. 3 AGS 2006 vorsieht.
Die Vorschriften des § 19 Abs. 5 und 7 AES 2006 stehen des Weiteren nicht im Widerspruch zu § 4 Abs. 1, 2 und 6 AES 2006. Es ist zwar zutreffend, dass § 4 Abs. 1 und 2 AES 2006 den Anschluss- und Benutzungszwang regeln und Abs. 6 den Begriff des Grundstücks im Sinne der der Satzung konkretisiert. Rechtlich sind Anschluss- und Benutzungszwang aber davon zu unterscheiden, welcher Gebührenmaßstab gewählt wird. Hierzu gehört, dass die Höhe der Gebühren von der Anzahl der Benutzungseinheiten i.S.d. § 4 Abs. 7 AES 2006 abhängig ist (s. §§ 2 Abs. 5 Satz 2 AGS 2006 für die Grundgebühr und insbesondere §§ 19 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 7 AES 2006, 2 Abs. 3 und 4 AGS 2006 für die Zusatzgebühren).
Der Einwand des Klägers, die Gebührenerhebung sei willkürlich und verletzte das Gleichbehandlungsgebot, weil der Beklagte auf dem Festland ansässigen Gebührenpflichtigen zweimal im Jahr eine "kostenlose" Sammlung von Baum-, Strauch- und Heckenschnitt anbiete, ist ebenfalls rechtlich unerheblich. Denn es ist schon nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um ein Angebot handelt, auf das nach den Bestimmungen der AES ein Anspruch besteht und das bei der Gebührenkalkulation berücksichtigt worden ist. Gemäß § 7 Abs. 2 AES 2006 sind kompostierbare Abfälle, soweit sie nicht eigenkompostiert werden (§ 4 Abs. 3) bzw. aus anderen Herkunftsbereichen nicht selber einer zugelassenen Verwertung zugeführt werden, an den bekannt gegebenen Abfuhrterminen in den nach § 19 zugelassenen Abfallbehältern bereitzustellen. Für die Sammlung von kompostierbaren Abfällen, insbesondere wenn diese vorübergehend verstärkt anfallen, dürfen neben den festen Bioabfall-Rolltonnen bzw. Bioabfallnormeimern nur grüne Bioabfall-Zusatzsäcke mit entsprechendem Aufdruck des Landkreises verwendet werden, die bei den Abfallsackvertriebsstellen käuflich zu erwerben sind (s. § 19 Abs. 9 AES 2006). Die Gebühr beträgt für jeden Sack 2,00 € (§ 2 Abs. 9 AGS 2006). Im Übrigen hat der Beklagte vorgetragen, der vorgelegten Pressemitteilung sei zu entnehmen, dass er beabsichtige, am 9. Juni und 10. November 2006 den anfallenden Baum-, Strauch- und Heckenschnitt auch auf der Insel Norderney kostenlos einzusammeln. Eine Einsammlung auf der Insel Norderney sei bisher nicht erforderlich gewesen, da sich auf dem Gelände der alten Deponie Norderney eine Annahmestelle für Grünabfälle befunden habe. Durch die erfolgte Sanierung der alten Deponie seine diese Annahmeflächen entfallen, so dass nunmehr eine flächendeckende Einsammlung vorgesehen sei. Rechtlich unerheblich ist es, ob der Beklagte erst aufgrund der Ausführungen des Klägers in diesem Verfahren entsprechend gehandelt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.