Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 14.12.2007, Az.: 7 B 3307/07

Beschilderung; Beseitigung; Beseitigungsanordnung; Eigentümer; Einrichtung; Fiktion; Gefahr; Gefahrenabwehr; Gefährdung; Gemeinde; Gemeingebrauch; Nutzung; Parkplatz; Sache; Schild; Straße; Straßenbaulast; Straßenbaulastträger; Straßenverkehr; Verkehrsfläche; Verkehrsschild; Verkehrszeichen; Verkehrsübergabe; Widmung; Widmungsfiktion; Zustimmung; öffentliche Sache

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
14.12.2007
Aktenzeichen
7 B 3307/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 71864
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 03.03.2008 - AZ: 12 ME 3/08

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Dritte sind verpflichtet, ihre Schilder und Hindernisse zur Verhinderung öffentlichen Verkehrs auf einem öffentlichen Parkplatz auf einem Grundstück, das sie in Erbbaurecht besitzen, zu beseitigen. wenn dieser Parkplatz durch die Widmungsfiktion gemäß § 6 Abs. 6 NStrG Teil der öffentlichen Straße ist.

Gründe

I.

1

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 12. November 2007 (Az. 7 A 3308/07) gegen die Anordnung der Entfernung aller Schilder und Hindernisse, die die Antragstellerin auf den westlichen Parkflächen am Ende der … Straße vor deren Abknicken nach Osten aufgestellt hat, durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 5./9. November 2007 ist zulässig, aber unbegründet.

2

Nach § 80 Abs. 1 VwGO hat u.a. eine Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde - wie hier - gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der angefochtenen Verfügung im öffentlichen Interesse angeordnet hat. Diese Anordnung ist formell nicht zu beanstanden. Ihre schriftliche Begründung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO. Hiernach reichen pauschale und formelhafte Formulierungen grundsätzlich nicht aus (Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Februar 2007, § 80 Rn. 178). Die Begründung kann ausnahmsweise auf die Begründung des zu vollziehenden Verwaltungsaktes selbst Bezug nehmen, wenn aus dieser bereits die besondere Dringlichkeit auch der Regelung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 VwGO hervorgeht und die Interessenabwägung der Behörde klar (insbesondere auch hinsichtlich des spezifischen Grundes für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist) erkennbar ist (Kopp/Schenke, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2007, § 80 Rz. 86). Die Antragsgegnerin hat unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe die sofortige Vollziehbarkeit der eingangs bezeichneten Anordnungen in ausreichendem Maß schriftlich begründet. Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles und der allgemeinen Gründe des Bescheides genügt es für die Annahme des überwiegenden öffentlichen Vollzugsinteresses, dass die Antragsgegnerin mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung ihrer Verfügungen der Öffentlichkeit die sofortige Benutzung des fraglichen Parkplatzes ermöglichen will.

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In materieller Hinsicht ist für den Erfolg eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO entscheidend, ob das private Interesse eines Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage höher als das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes zu bewerten ist. Bei dieser Interessenabwägung sind mit der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen Zurückhaltung auch die Aussichten des Begehrens im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Bei einem offensichtlich Erfolg versprechenden Rechtsbehelf überwiegt das Suspensivinteresse des Betroffenen jedes denkbare öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache offensichtlich keinen Erfolg haben wird, insbesondere wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist. An der sofortigen Vollziehung eines mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtmäßigen Verwaltungsaktes besteht nämlich regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse.

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In dem hier zu überprüfenden Umfang ist der angegriffene Bescheid offensichtlich rechtmäßig. Die Antragsgegnerin ist berechtigt, von der Antragstellerin zu verlangen, dass sie die von ihr aufgestellten Schilder und Hindernisse auf den Parkflächen westlich der Fahrbahn der ...Straße in Leer-Bingum beseitigt. Die Ermächtigung der Antragstellerin zum Erlass der entsprechenden Anordnung ergibt sich aus 11 Nds. SOG i.V.m. §§ 33 Abs. 2, 32 Abs. 1 StVO. Die Antragsteller durfte für ihre Verfügung auf die allgemeine Regelung des Polizeirechts zurückgreifen, weil das Straßenverkehrs- und das Straßenrecht keine speziellen Ermächtigungen für Maßnahmen zur Beseitigung der aufgestellten Verkehrsschilder enthalten (s. § 3 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nds. SOG).

5

Nach § 11 Nds. SOG kann die Verwaltungsbehörde die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr (§ 2 Nr. 1 a Nds. SOG) abzuwehren. Eine Gefahrenlage, welche die Behörde zum Einschreiten berechtigt, besteht auch dann, wenn Rechtsvorschriften verletzt werden (s. VG Braunschweig, Urteil vom 18. Februar 2004 - 6 A 586/02 - V.n.b.). So ist der Fall hier gelagert. Die Antragstellerin hat durch Maßnahmen, deren Beseitigung die Antragstellerin nunmehr verlangt, gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen. Hinsichtlich der Schilder auf dem Parkplatz ergibt sich dies aus § 33 Abs. 2 Satz 1 StVO. Nach dieser Vorschrift dürfen Einrichtungen, die Zeichen oder Verkehrseinrichtungen gemäß § 36 bis 43 StVO gleichen, mit ihnen verwechselt werden können oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dort nicht angebracht oder sonst verwendet werden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können. Dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift „an sich“ durch die Beschilderung des Parkplatzes am Ende der ...Straße durch die Antragstellerin erfüllt sind, ist zwischen den Beteiligten letztlich unstreitig und durch die Lichtbilder von der Örtlichkeit bei den Verwaltungsvorgängen (Blatt 1 bis 3 Beiakte A, Blatt 58 ff. Beiakte B) hinreichend belegt. Es ist offenkundig, dass die Schilder der Antragstellerin auf dem Parkplatz das Zeichen 314 zu § 42 StVO, das die Antragsgegnerin dort aufgestellt hat, i.S.v. § 33 Abs. 2 Satz 1 StVO beeinträchtigen können. Das Zeichen 314 erlaubt das Parken (hier: ohne Beschränkung der Parkerlaubnis) für den öffentlichen Verkehr, während die Schilder der Antragstellerin ausdrücklich der Einschränkung des ruhenden Verkehrs in diesem Bereich dienen. Die Schilder der Antragstellerin können sich auch i.S.v. § 33 Abs. 2 Satz 1 StVO auf den Verkehr auswirken. Das ist nach Wortlaut und Zweck der Regelung immer dann anzunehmen, wenn ein Schild durch den Anschein amtlichen Charakters negative Folgen für Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs haben kann. Dabei ist nicht eine konkrete Gefährdung erforderlich. Es genügt, wenn - wie hier - ausgehend vom Gesamteindruck eines flüchtigen Betrachters die ernsthafte Gefahr einer Beeinträchtigung besteht (VG Braunschweig, a.a.O. m.w.N.). Rechtsgrundlage für die Anordnung der Antragsgegnerin hinsichtlich der „Hindernisse“ auf dem Parkplatz am westlichen Ende der ...Straße ist § 32 Abs. 1 StVO. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist es u. a. verboten, Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Nach Satz 2 dieser Vorschrift hat der für solche verkehrswidrigen Zustände Verantwortliche sie unverzüglich zu beseitigen. Diese Gefährdung oder Erschwerung des Verkehrs im westlichen Bereich der ...Straße ist zwischen den Beteiligten unstrittig; die Antragstellerin hat in diesem Bereich u. a. Ketten (vor Stellplätzen) angebracht, die die An- und Abfahrt auf den Parkflächen am Ende der ...Straße für den öffentlichen Verkehr wenn nicht verhindern, so doch zumindest erschweren (sollen). Ein Hindernis i.S.v. § 32 Abs. 1 StVO sind auch betriebsfähige, indes zu verkehrsfremden Zwecken auf Straßen stehende Fahrzeuge, wie der Hänger, den das Lichtbild der Antragsgegnerin vom 24. Oktober 2007 in der Einfahrt zu dem fraglichen Parkplatz zeigt (Blatt 51 Beiakte A - s. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 32 Rz. 6 bis 8 m.w.N.).

6

Streitig ist zwischen den Beteiligten lediglich, ob die Antragstellerin zu diesen Einschränkungen des Verkehrs auf den Parkflächen an der ...Straße berechtigt war. Dies ist nach Überzeugung des Gerichts nicht der Fall. Die fraglichen Teile der ...Straße sind öffentliche Straße und dem Gemeingebrauch gemäß § 14 NStrG gewidmet. Dies folgt daraus, dass die ...Straße in Leer-Bingum ausweislich des Bestandsverzeichnisses der Antragsgegnerin vom 4. Januar 1970 in ihrer vollen vorhandenen Länge von 775 m bis zum Anleger (der Antragstellerin) und damit auch der an ihr westlich später angebaute Parkplatz straßenrechtlich für den Gemeingebrauch mit Kraftfahrzeugen gewidmet ist. Von einer Darstellung seiner diesbezüglichen Entscheidungsgründe sieht das Gericht ab und nimmt auf die zutreffenden straßenrechtlichen Erwägungen in dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 21. November 2007 Bezug.

7

Ergänzend ist in straßenrechtlicher Hinsicht auf Folgendes hinzuweisen: Die hier strittige Widmung des Parkplatzes westlich der Fahrbahn der ...Straße kurz vor ihrem Ende als öffentliche Straße und für den Gemeingebrauch mit Kraftfahrzeugen ergibt sich aus § 6 Abs. 6 NStrG. Nach dieser Vorschrift gilt der neue Straßenteil durch die Verkehrsübergabe als gewidmet, wenn eine Straße verbreitert, begradigt, unerheblich verlegt oder ergänzt wird und die Voraussetzungen von § 6 Abs. 2 NStrG vorliegen; in diesem Fall bedarf es einer öffentlichen Bekanntmachung nach § 6 Abs. 3 NStrG nicht. Die Voraussetzungen von § 6 Abs. 2 NStrG liegen hier vor. Nach dieser Vorschrift ist u. a. Voraussetzung für die Widmung, dass der Eigentümer und ein sonstiger zur Nutzung dinglich Berechtigter der Nutzung zugestimmt hat. Diese Regelung von § 6 Abs. 2 NStrG ist hier einschlägig. Die Antragsgegnerin war zu der Zeit, in der die hier strittige Parkplatzfläche angelegt und ihrer Nutzung übergeben worden ist, zwar Trägerin der Straßenbaulast, aber nicht Eigentümerin des diesem Parkplatz dienenden Grundstücks i.S.v. § 6 Abs. 2 NStrG. Diese Rechtsstellung hatte seinerzeit die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin hinsichtlich der strittigen Fläche durch den Erbbaurechtsvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin und der Antragsgegnerin vom 26. April 1984 erlangt. Durch diesen Vertrag ist die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zur dinglichen Nutzung der Fläche berechtigt worden (s. Wendrich, Nds. Straßengesetz, 4. Aufl. 2000, § 6 Rz. 6). Voraussetzung für die Widmung zum Gemeingebrauch ist daher die Zustimmung dieses zur Nutzung dinglich Berechtigten zur Widmung gewesen. Diese Zustimmungserklärung lässt sich nicht als Mitwirkung an einem Verwaltungsakt ansehen, kann aber auch nicht nach den Regeln des Zivilrechts beurteilt werden. Sie ist vielmehr eine besondere Willenserklärung des öffentlichen Rechts. Sie bedarf keiner Schriftform und kann konkludent abgegeben werden (Wendrich, NStrG, Kommentar, 4. Aufl. 2000, § 6 Rz. 10). Eine solche Zustimmungserklärung der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin ist in den gesamten Umständen zu sehen, die in den Jahren 1985 bis 1988 zur Planung öffentlicher Förderung und Herstellung des hier streitigen Parkplatzes geführt haben. Insoweit verweist das Gericht auf die zutreffende Darstellung der Vorgänge Blatt 3/4 des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 21. November 2007, der den Inhalt der diesbezüglichen Verwaltungsvorgänge (Beiakte C) zutreffend wiedergibt. Es war seinerzeit für alle Beteiligten offenkundig fraglos, dass die nunmehr strittige Fläche als Fläche für den öffentlichen (ruhenden) Verkehr hergestellt und benutzt werden solle. Damit sind die Anforderungen von § 6 Abs. 2 NStrG erfüllt.

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Auch im Übrigen greift hier die „Widmungsfunktion“ von § 6 Abs. 6 NStrG. Mit der Baumaßnahme „Herstellung des Parkplatzes an der Westseite der Fahrbahn der ...Straße“ ist seinerzeit die öffentliche Straße im Sinne dieser Vorschrift wenn nicht verbreitert, so doch jedenfalls lediglich ergänzt i.S.d. § 6 Abs. 6 NStrG worden. Des Weiteren kommt es bei der Widmungsfiktion nach § 6 Abs. 6 NStrG nicht allein darauf an, dass eine Straße, wie die ...Straße durch den strittigen Parkplatz, im technischen Sinne verbreitert bzw. ergänzt wird. Für den Eintritt der Widmungsfiktion müssen weitere Umstände hinzutreten. Für diese ist wiederum der Zweck dieser Vorschrift maßgeblich. Sie soll das straßenrechtliche Verfahren vereinfachen (Wendrich, NStrG, Kommentar, 4. Aufl. 2000, § 6 Rz. 10).Bei unerheblichen Änderungen einer Straße galt schon früher, dass die Widmung neu hinzukommende Teile der Straße auf dem Eigentum des gleichen Trägers der Straßenbaulast unter dem Gesichtspunkt der Anwachsung umfasst. Bereits vor der Einführung § 6 Abs. 6 NStrG entsprechender Regelungen in einige Straßengesetze hatten Verwaltungslehre und Rechtsprechung versucht, die widmungsrechtlichen Probleme, die bei einer baulichen Veränderung einer Straße auftreten, durch die „Elastizität der Widmung“ zu lösen. Danach erfasste die Widmung einer Straße auch bestimmte Änderungen, Ergänzungen und Verlegungen, da sich die Widmung in räumlich-gegenständlicher Hinsicht auf eine Straße hinsichtlich ihrer Bestandteile erstreckt und die geänderten oder neuen Straßenteile der bestehenden und gewidmeten Straße straßenrechtlich nur „zuwachsen“. Die Reichweite dieser Elastizität war hingegen umstritten, was nun im Hinblick auf § 6 Abs. 6 NStrG nicht vertieft zu werden braucht. Jedenfalls hat die Widmungsfiktion von § 6 Abs. 6 NStrG in Anknüpfung an die unstrittigen Grundsätze der Elastizität der Widmung bestimmte ungeschriebene Grenzen. Die Widmungsfiktion setzt voraus, dass die verkehrliche Bedeutung der Anlage insgesamt sich nicht ändert und ihre Einstufung gleich bleibt. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, da der Anbau des Parkplatzes an die Fahrbahn der ...Straße ihre Widmung als Gemeindestraße nicht berührte. Zudem macht auch der Wortlaut der Vorschrift deutlich, dass die Änderung an das bereits früher in der Natur Vorhandene der Straße unmittelbar anknüpfen muss. Auf die Verlängerung einer bestehenden Straße über ihren bisherigen Endpunkt hinaus beispielsweise dürfte § 6 Abs. 6 NStrG keine Anwendung finden (zu alledem Bay. VGH, Urteil vom 24. Oktober 2005 - 6 B 01.2416 -, zitiert nach juris, zur wortgleichen Vorschrift von Art. 6 Abs. 7 Bay. StrWG). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, da der strittige Parkplatz an der vorhandenen Fahrbahn der ...Straße unmittelbar angebaut ist und diese nicht im Rechtssinne verlängert.

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Anders als das Rechtsinstitut der Elastizität der Widmung verlangt die Widmungsfiktion nach § 6 Abs. 6 NStrG allerdings nicht, dass die zusätzlichen Flächen der öffentlichen Straße im gleichen Eigentum wie die bisherigen Flächen stehen. Dies folgt aus dem Verweis von § 6 NStrG auf § 6 Abs. 2 NStrG. Dadurch wird ausdrücklich ermöglicht, dass auch andere Flächen von der Widmungsfiktion umfasst werden.

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Fehl geht die Annahme der Antragstellerin, dass sie auf Grundlage privaten Rechts den Gemeingebrauch in diesem öffentlichen Straßenraum einschränken darf. Gemäß § 6 Abs. 4 NStrG wird die Widmung durch privatrechtliche Verfügungen oder die der Straße dienenden Grundstücke oder Rechte an ihnen nicht berührt. Dies gilt auch für das Pacht-/Erbbauchrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten.

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Das Gericht hat erwogen, ob die Antragstellerin jedenfalls teilweise die strittigen Schilder auf den Parkflächen westlich der Fahrbahn der ...Straße aufstellen durfte, weil diese eine ihr erlaubte Sondernutzung der öffentlichen Straße in diesem Bereich gewährleisteten. Anknüpfungspunkt für diese Überlegung ist der Umstand, dass die Antragsgegnerin offenkundig über Jahre geduldet hatte, dass die Antragstellerin insbesondere in den Wintermonaten die Parkflächen lange für das Abstellen von Schiffen nutzt. Dieser Sachverhalt hat nach Überzeugung der Kammer indes nicht zu einem Sondernutzungsrecht für die Antragstellerin an den Parkflächen i.S.v. § 18 Abs. 1 NStrG geführt. Dies ergibt sich aus formellen Erwägungen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 NStrG bedarf die hier in Rede stehende Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Diese Erlaubnis setzt einen Antrag voraus (Wendrich, NStrG, a.a.O., § 18 Rz. 3). Einen solchen Antrag hat die Antragstellerin nicht gestellt, und sie ist offenkundig auch der Auffassung, dass sie einer Erlaubnis für das Lagern der Boote und anderer Sachen auf dem Parkplatz nicht bedarf. In einem solchen Fall kann in dem faktischen Verhalten der zuständigen Behörde - hier: Duldung des Lagerns von Schiffen und anderen Sachen durch die Antragstellerin oder ihrer Rechtsvorgängerin auf dem fraglichen Parkplatz - von vornherein nicht auf die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis geschlossen werden. Gegen seinen Willen darf dem Bürger, wenn er - wie hier - nicht zu einem Antrag verpflichtet ist, ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt nicht aufgedrängt werden (VG Berlin, Urteil vom 1. Dezember 2004 - 1 A 235.03 -, zitiert nach juris, ausdrücklich für den Fall einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis).