Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.03.2007, Az.: 8 LA 177/06

Möglichkeit einer "ganztägigen und hauptberuflichen" Weiterbildung i.S.v. § 38 Abs. 3 Kammergesetz für Heilberufe (HKG) bei einer vollzeitbeschäftigten Chefärztin; Erfordernis des Durchlaufens der für eine Weiterbildung vorgeschriebenen Weiterbildungsabschnitte; "Ganztägigkeit" als notwendiges Kriterium einer Weiterbildung; Möglichkeit einer Aufspaltung der ärztlichen Tätigkeit in eine "Teilzeitweiterbildung" und eine sonstige ärztliche Tätigkeit; Hoheitliche Bescheinigung des Erwerbs besonderer Kenntnisse und Fertigkeiten auf einem speziellen medizinischen Bereich mit dem erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
14.03.2007
Aktenzeichen
8 LA 177/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 13229
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2007:0314.8LA177.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 22.11.2006 - AZ: 5 A 469/05

Fundstellen

  • ArztR 2007, 277 (Kurzinformation)
  • MedR 2007, 444-447 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)

Amtlicher Leitsatz

Eine vollzeitbeschäftigte Chefärztin - hier einer neurologischen Abteilung - kann sich nicht gleichzeitig "ganztägig und hauptberuflich" i. S. v. § 38 Abs. 3 HKG weiterbilden.

Gründe

1

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO nicht gegeben sind.

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Die Klägerin möchte die Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" gemäß Nummer 13 des V. Abschnittes der Weiterbildungsordnung der Beklagten vom 6. Februar 1993, zuletzt geändert am 13. März 2004 (= WBO 1993), führen. Dies setzt den erfolgreichen Abschluss einer entsprechenden Weiterbildung voraus. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 HKG ist diese Voraussetzung gegeben, wenn nach abgeschlossener Berufsausbildung die für Weiterbildung vorgeschriebenen Weiterbildungsabschnitte durchlaufen worden sind und der Arzt vor dem Prüfungsausschuss der Kammer durch Zeugnisse und eine mündliche Prüfung nachgewiesen hat, dass er die erforderlichen Erkenntnisse und Fertigkeiten besitzt.

3

Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil (GesR 2007, 81) entschieden, dass die Klägerin schon die erstgenannte Voraussetzung nicht erfülle, also die vorgeschriebenen Weiterbildungsabschnitte nicht ordnungsgemäß durchlaufen habe. Ihr sei deshalb zu Recht die Zulassung zu der in § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HKG vorgesehenen mündlichen Prüfung versagt worden; die Klägerin dürfe die begehrte Zusatzbezeichnung nicht führen. Dabei könne offen bleiben, welche Fassung der Weiterbildungsordnung vorliegend anzuwenden sei. Sowohl nach § 4 Abs. 6 Satz 1 (und 2) WBO 1993 als auch nach der insoweit inhaltlich übereinstimmenden Regelung in § 4 Abs. 6 der Weiterbildungsordnung vom 27. November 2004 (WBO 2004) sei nämlich u. a. die Weiterbildung zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung "(grundsätzlich) ganztägig und in hauptberuflicher Stellung" durchzuführen, sofern - wie vorliegend - in den nachfolgenden Abschnitten der Weiterbildungsordnung nichts Abweichendes geregelt sei. Die Klägerin habe sich jedoch weder "in hauptberuflicher Stellung" noch "ganztägig" weitergebildet. Die hauptberufliche Stellung der Klägerin sei vielmehr die einer Chefärztin. Daneben oder in diese Tätigkeit integriert könne nicht zugleich eine Weiterbildung in der von der Weiterbildungsordnung der Beklagten geforderten strukturierten Art und Weise durchgeführt werden. Damit erfülle die Klägerin auch nicht das weiter notwendige Kriterium der "Ganztägigkeit".

4

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen aus den von der Klägerin dargelegten Gründen nicht.

5

Dabei ist zunächst klarzustellen, dass der Klägerin das Recht zum Führen der Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" nur noch übergangsweise auf der Grundlage der Weiterbildungsordnung der Beklagten in der bis zum Ende April 2005 geltenden Fassung, also der WBO 1993, gewährt werden kann. Die von der Kammerversammlung am 27. November 2004 beschlossene und mit Wirkung ab dem 1. Mai 2005 in Kraft getretene aktuelle Fassung der Weiterbildungsordnung (WBO 2004) kennt nämlich die alleinige Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" nicht mehr, sondern bildet aus dieser und der weiteren vormals selbständigen Zusatzbezeichnung "Balneologie und Medizinische Klimatologie" (Abschnitt V Nr. 2 WBO 1993) in Abschnitt C Nr. 32 WBO 2004 eine neue, einheitliche Zusatzbezeichnung der "Physikalischen Therapie und Balneologie". Damit ist allerdings auch für die Zukunft die Zuerkennung der bisherigen Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" nicht ausnahmslos ausgeschlossen, sondern in Übergangsfällen weiterhin möglich. Gemäß § 20 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 WBO 2004 können nämlich Kammermitglieder, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Weiterbildungsordnung, also am 1. Mai 2005, in einer Weiterbildung zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung befunden haben, diese Weiterbildung nach den Bestimmungen der bisherigen Weiterbildungsordnung, also der WBO 1993, innerhalb einer Frist von drei Jahren abschließen und die Zulassung zur Prüfung beantragen. Dementsprechend steht auch der Klägerin grundsätzlich noch die Möglichkeit offen, nach Maßgabe der insoweit übergangsweise weiter geltenden Weiterbildungsordnung 1993 die Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" zu erwerben und dann gemäß § 20 Abs. 2 WBO 2004 zukünftig auch zu führen. Dazu hätte die Klägerin allerdings mit einer entsprechenden Weiterbildung vor dem 1. Mai 2005 beginnen und diese " ganztägig und hauptberuflich" durchlaufen müssen, woran es vorliegend aus den zutreffend vom Verwaltungsgericht genannten Gründen mangelt. Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.

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§ 4 Abs. 6 WBO 1993 geht auf § 38 Abs. 3 und 4 HKG zurück. § 38 Abs. 3 und 4 HKG dient wiederum - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - der Umsetzung der Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 (ABl. EG Nr. L 165 S. 1). Für die Auslegung des § 38 Abs. 3 und 4 HKG ist daher auf die zu Grunde liegende Bestimmung der vorgenannten Richtlinie zurückzugreifen. Sie bestimmt wiederum in ihrem Anhang 1 Nummer 1 zu Artikel 24, an dessen Stelle mit Wirkung ab dem 20. Oktober 2007 der im Wesentlichen inhaltsgleiche Artikel 25 Abs. 3 der Richtlinie 2005/36/EG (ABl. EG Nr. L 255 S. 22) tritt, dass ein vollzeitbeschäftigter Arzt in der Weiterbildung dieser seine "volle berufliche Tätigkeit" zu widmen habe. Diese Vorgabe gilt europarechtlich zwar nur für die Weiterbildung zum Facharzt, nicht auch für eine solche zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung. Innerstaatlich wird jedoch in § 38 Abs. 3 Satz 1 HKG die vorgenannte Voraussetzung der "Hauptberuflichkeit" auch auf den Erwerb einer Zusatzbezeichnung übertragen, soweit die Weiterbildungsordnung nichts Abweichendes bestimmt (vgl. Quaas/Zuck, Medizinrecht, S. 212, Rn. 34). Als anrechenbare Weiterbildungszeit in Vollzeit scheidet somit auch bezogen auf den Erwerb einer Zusatzbezeichnung ein Zeitraum aus, in welchem der Arzt "nebenher" noch eine andere ärztliche Tätigkeit ausübt, etwa in eigener Praxis (vgl. Narr, Ärztliches Berufsrecht, W 54) oder - wie hier die Klägerin nach ihren Angaben - als Chefärztin.

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Ebenso wenig lassen § 38 Abs. 3 und 4 HKG sowie die darauf beruhende Regelung in § 4 Abs. 6 WBO 1993 die von der Klägerin beanspruchte Aufspaltung der ärztlichen Tätigkeit in eine "Teilzeitweiterbildung" einerseits und eine sonstige ärztliche Tätigkeit im Übrigen zu. Eine Teilzeitweiterbildung ist nach geltendem Recht (Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 93/16/EWG, § 38 Abs. 4 Satz 1 HKG, § 4 Abs. 6 Satz 3 WBO 1993; Art. 22 a und 25 der Richtlinie 2005/36/EG erlauben zukünftig weitergehende innerstaatliche Ausnahmen) nur in persönlich begründeten Fällen zulässig, insbesondere zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf (vgl. Narr, a. a. O., W 93), also etwa bei gleichzeitiger Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen. Auch eine "ärztliche Weiterbildung auf Teilzeitbasis erfolgt unter den gleichen Bedingungen wie die Weiterbildung auf Teilzeitbasis, von der sie sich nur durch die Möglichkeit unterscheidet, die Beteiligung an den ärztlichen Tätigkeiten" zeitlich zu beschränken (Anhang I Nr. 2 zu Art. 25 der Richtlinie 93/16/EWG). Wie Artikel 25 Abs. 2 der Richtlinie 93/16/EWG ausdrücklich betont, muss die Weiterbildung auf Teilzeitbasis dasselbe Niveau wie die Vollzeitausbildung haben und darf nicht durch die Ausübung einer privaten Erwerbstätigkeit beeinträchtigt werden (vgl. EuGH, Urt. v. 25.2.1999 - C-131/97 -, Rn. 40). Ein Ausnahmefall, der eine Weiterbildung auf Teilzeitbasis rechtfertigt, ist demnach jedenfalls nicht gegeben, wenn der Arzt - wie hier die Klägerin - seinem Beruf ohnehin vollzeitig bei demselben Arbeitgeber nachgeht. In diesem Fall hat er eben der Weiterbildung nach dem o. a. Grundsatz seine gesamte berufliche Kraft zu widmen und ist dafür "angemessen zu vergüten". Hingegen steht es ihm nicht frei, sich stattdessen aus wirtschaftlichen Gründen nur teilweise weiterzubilden und im Übrigen in sonstiger Weise ärztlich tätig zu sein oder etwa zwei Weiterbildungen gleichzeitig zu absolvieren. Letzteres schließt § 4 Abs. 6 Satz 6 WBO 1993 in Übereinstimmung mit den Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 13/1700, S. 65) ausdrücklich aus. § 4 Abs. 6 Satz 1 WBO 1993 sowie § 38 Abs. 3 und 4 HKG sind daher der von der Klägerin in ihrem Zulassungsantrag geltend gemachten "Auslegung" nicht zugänglich, dass eine Weiterbildung auch dann noch "hauptberuflich" durchlaufen werde, wenn sie zwar im Rahmen eines anderweitigen ärztlichen Tätigkeitsverhältnisses erfolge und daher auch andere ärztliche Tätigkeiten wahrgenommen werden, aber die weiterbildungsbezogenen ärztlichen Tätigkeiten zeitlich überwiegen.

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Dieses Verständnis von § 4 Abs. 6 WBO 1993 sowie § 38 Abs. 3 und 4 HKG hält auch dem von der Klägerin erhobenen Vorwurf des "Formalismus" stand. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung wird der Erwerb besonderer Kenntnisse und Fertigkeiten auf einem speziellen medizinischen Bereich hoheitlich bescheinigt. Das dadurch in der Öffentlichkeit erweckte Vertrauen in die besondere Qualifikation des Arztes ist auch in Ansehung seiner Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG nur dann gerechtfertigt, wenn in dem vorangegangenen Verfahren hinreichend sorgfältig und umfassend das Vorliegen der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten festgestellt worden ist. Hierzu sind in den §§ 34 ff. HKG und der darauf beruhenden, die Einzelheiten regelnden Weiterbildungsordnung umfangreiche Vorkehrungen getroffen worden, insbesondere für die den wesentlichen Teil der Weiterbildung ausmachende formalisierte Weiterbildung durch einen dazu gemäß § 37 HKG speziell ermächtigten Arzt. Dass der "Weiterbildungsassistent" dabei seine volle berufliche Kraft in die Weiterbildung zu investieren hat, soll nicht nur sicherstellen, dass er sich tatsächlich die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten aneignen kann, sondern auch gewährleisten, dass er die maßgebliche ärztliche Tätigkeit umfassend und nicht nur ausschnittsweise kennenlernt (vgl. EuGH, Urt. v. 9.9.2003 - C-25/02 - zu der aus diesem Grund bezogen auf einige Abschnitte europarechtlich zwingend, d.h. ausnahmslos in Vollzeitausbildung zu erbringende Allgemeinarztausbildung). Nur wenn eine diesen Voraussetzungen genügende Weiterbildung abgeschlossen ist, dies in einem Zeugnis des dazu ermächtigten Arztes ordnungsgemäß belegt wird und sich schließlich der Prüfungsausschuss der Kammer aufgrund des Zeugnisses und einer ergänzenden mündlichen Prüfung (vgl. Senatsbeschl. v. 20.4.2006 - 8 LA 15/05 -, GesR 2006, 379 ff. = MedR 2006, 598 ff.) davon überzeugt hat, dass der Arzt die erforderliche Qualifikation besitzt, ist die Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen. Ist hingegen - wie vorliegend - ein Weiterbildungsgang nicht ordnungsgemäß durchlaufen worden, so fehlt es eben auch an der Grundlage für die von der Klägerin vorgetragene Behauptung, sie habe sich die notwendigen Kenntnisse im Bereich der Physikalischen Therapie anderweitig angeeignet. Wenn der Satzungsgeber für den Erwerb einer Zusatzbezeichnung geringere Anforderungen für ausreichend erachtet, hat er dies ausdrücklich geregelt. So kann etwa nach Abschnitt V Nr. 8 WBO 1993 für den Erwerb der Zusatzbezeichnung "Homöopathie" die 1-jährige Weiterbildung bei einem hierzu ermächtigten Arzt an einem Krankenhaus durch eine theoretische und praktische Beschäftigung mit homöopathischen Heilverfahren über mindestens 3 Jahre unter Anleitung eines hierzu ermächtigten Arztes ersetzt werden. Eine vergleichbare Regelung fehlt bewusst für die hier in Rede stehende Zusatzbezeichnung, ohne dass darin ein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu erkennen ist.

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Die Klägerin kann also schon deshalb nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen werden, weil sie zwar vollzeitig ärztlich tätig gewesen ist, aber jedenfalls, auch nach eigenen Angaben, nicht ihre volle ärztliche Arbeitskraft der Weiterbildung gewidmet hat. Ob sie unter der gebotenen Aufsicht zumindest überwiegend auf dem Gebiet der Physikalischen Therapie tätig gewesen ist - wie sie unter Bezugnahme auf die zweite (!) Ergänzung ihres von Herrn Dr. C. als weiterbildungsermächtigtem Arzt erstellten Weiterbildungszeugnisses geltend macht -, braucht deshalb nicht näher geklärt zu werden.

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Außerdem kann die von der Klägerin im Rahmen ihrer Chefarzttätigkeit ausgeübte Beschäftigung auf dem Gebiet der Physikalischen Therapie noch aus einem weiteren Grund nicht als ordnungsgemäßer Weiterbildungsgang im Sinne der Weiterbildungsordnung 1993 anerkannt werden. Wie die Beklagte zutreffend bereits in dem angefochtenen Ausgangsbescheid angeführt hat, muss die Weiterbildung in der durch die Weiterbildungsordnung vorgegebenen strukturierten Form erfolgen. Die Weiterbildung ist also unter verantwortlicher Leitung des von der Ärztekammer dazu ermächtigten Arztes in der Weiterbildungsstätte durchzuführen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 WBO 1993). Der ermächtigte Arzt ist gemäß § 8 Abs. 5 WBO 1993 verpflichtet, die Weiterbildung persönlich zu leiten sowie zeitlich und inhaltlich entsprechend dieser Weiterbildungsordnung zu gestalten. Wie sich der Satzungsgeber diese nähere inhaltliche Gestaltung des Weiterbildungsverhältnisses zwischen dem ermächtigten Arzt und dem "Weiterbildungsassistenten" vorstellt, wird aus den mit Wirkung vom 1. Februar 2002 in die Weiterbildungsordnung 1993 eingefügten Bestimmungen des § 4 a und des § 8 Abs. 8 Satz 4 WBO (vgl. dazu Scholz, Niedersächsisches Ärzteblatt, Februar 2002) deutlich. Danach hat der weiterbildungsermächtigte Arzt ein gegliedertes, als "Logbuch" bezeichnetes Weiterbildungsprogramm aufzustellen, dem Weiterzubildenden auszuhändigen und mit ihm nach Abschluss eines Weiterbildungsabschnitts, mindestens jedoch einmal jährlich, ein Gespräch zu führen, in welchem der Stand der Weiterbildung von beiden dokumentiert wird und noch bestehende Defizite aufgezeigt werden sollen. Die Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungsabschnitte ist zudem von dem in der Weiterbildung befindlichen Arzt zu dokumentieren.

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Dass diesen Vorgaben vorliegend genügt worden wäre, ist nicht zu erkennen. Es lässt sich schon nicht feststellen, wann genau die "Weiterbildung" der Klägerin begonnen und abgeschlossen worden sein soll. Trotz ausdrücklicher Bitte um Konkretisierung durch die Beklagte im Verwaltungsverfahren ist insoweit keine nähere Zeitangabe erfolgt. Es ist dem Senat daher auch nicht möglich, verlässlich festzustellen, ob sich der hier in Betracht kommende Zeitraum für die "Weiterbildung" im Bereich der Physikalischen Therapie nicht mit einem weiteren von der Beklagten anerkannten Weiterbildungsgang der Klägerin überschnitten hat und ab welchem Abschnitt ihrer "Weiterbildung" im Bereich der Physikalischen Therapie die Klägerin im Einzelnen den vorgenannten, ab dem 1. Februar 2002 geltenden Dokumentationspflichten hätte nachkommen müssen. Ebenso wenig ergibt sich aus den dazu vorgelegten Unterlagen, dass die Klägerin überhaupt auf dem Gebiet der Physikalischen Therapie im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 WBO unter verantwortlicher Leitung des dazu von der Ärztekammer ermächtigten Arztes, nämlich Herrn Dr. C., tätig geworden ist. Diese "verantwortliche Leitung" erfordert zwar keine dauernde Überwachung des sich in der Weiterbildung befindlichen Arztes. Ihm dürfen jedoch nur solche Tätigkeiten zur selbständigen Erledigung zugewiesen werden, die er nach seinem Kenntnisstand beherrscht. Aufgaben, die Spezialkenntnisse voraussetzen, erfordern eine entsprechende Unterweisung und Einarbeitung. Das Maß der einem in Weiterbildung befindlichen Arzt einzuräumenden Selbständigkeit erweitert sich mit dem Fortschritt der Weiterbildung. Im gleichen Umfang verringert sich auch der Grad der notwendigen Überwachung durch den ermächtigten, anleitenden Arzt (vgl. Narr, a. a. O., W 121). Die Einräumung einer partiellen und zunehmenden Selbständigkeit des in der Weiterbildung befindlichen Arztes beseitigt jedoch nicht die verantwortliche Überwachung seiner Tätigkeit. Dazu bedarf es auch einer, in den Einzelheiten in der Weiterbildungsordnung nicht vorgegebenen individuellen (arbeits-)vertraglichen Ausgestaltung, insbesondere also der Einräumung eines Weisungsrechts des ermächtigten Arztes gegenüber dem sich in der Weiterbildung befindlichen Arzt zur Durchsetzung des hierarchischen Prinzips (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 24.5.1993 - 9 S 3136/90 -, MedR 1993, 472 ff.). Hieran mangelt es vorliegend. Die Klägerin ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 ihres Dienstvertrages "in ihrer ärztlichen Verantwortung bei der Diagnostik und Therapie unabhängig und nur dem Gesetz verpflichtet" (gewesen). Gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 ihres Dienstvertrages ist sie zwar im Übrigen an die Weisungen des Geschäftsführers und des Ärztlichen Direktors gebunden. In welchem Umfang im Einzelnen diese Einschränkung ihre Unabhängigkeit "im Übrigen" begrenzt hat, kann vorliegend jedoch dahinstehen. Denn für eine ordnungsgemäße Weiterbildung auf dem Gebiet der Physikalischen Therapie hätte sie jedenfalls den Weisungen des jeweils weiterbildungsermächtigten Arztes in dieser Funktion, nicht aber des Geschäftsführers oder des Ärztlichen Direktors unterworfen sein müssen. Eine solche Einschränkung ihrer Weisungsfreiheit enthält ihr Dienstvertrag jedoch nicht. Er erwähnt eine Weiterbildung der Klägerin nicht einmal, sondern bestimmt in § 17 Satz 1, dass die Versorgung der stationären Patienten stets Schwerpunkt ihrer Tätigkeit sein muss.

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Aus den vorgenannten Gründen bestehen daher keine Zweifel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO daran, dass das Verwaltungsgericht die Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen hat.

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Zugleich ergibt sich daraus, dass die vorliegende Rechtssache weder besondere rechtliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist noch Fragen aufwirft, die sich aus den vorgenannten Materialien nicht bereits im Zulassungsverfahren beantworten lassen und dem Rechtsstreit eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vermitteln.